Freitag, 19. Oktober 2018

ALARMRUF: Frieden mit Russland



Der große Krieg – Frieden mit Russland ist unsere einzige Chance


VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 19. OKTOBER 2018

von Klaus von Raussendorff – http://www.rubikon.news

Käme es zu einem großen Krieg, wären die ausländischen Militärbasen in Deutschland eine große Gefahr für die deutsche Bevölkerung. Freundschaftliche Beziehungen zwischen Russland und Deutschland im Rahmen der entstehenden polyzentrischen Weltordnung sind die realistische Alternative zur aggressiven Durchsetzung westlicher Vorherrschaft und globaler Chaos-Politik.

Warum es besser für uns Deutsche ist, mit Russland in Frieden und Freundschaft zu leben, scheint derzeit besonderer Begründungen zu bedürfen. Die in europäisch-atlantischen Weltmachtfantasien befangenen Eliten Deutschlands sind auf einem gefährlichen anti-russischen Kurs. Es tut daher Not, sich einige wichtige Aspekte unseres großen Nachbarlandes im Osten vor Augen zu halten.

Russland ist ein interessanter Partner für jedes Land…



Russland vertritt eine realistische Betrachtungsweise der aktuellen Weltlage. So erklärte der russische Außenminister Sergei Lawrow am 28. September 2018 vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen (VN):

„Heute sehen wir den Zusammenprall zweier gegensätzlicher Trends. Auf der einen Seite gewinnen die polyzentrischen Prinzipien der Weltordnung an Stärke und neue wirtschaftliche Wachstumszentren nehmen Gestalt an. Wir sehen Nationen, die darum kämpfen, ihre Souveränität zu erhalten und die Entwicklungswege einzuschlagen, die ihrer ethnischen, kulturellen und religiösen Identität gemäß sind. Auf der anderen Seite sehen wir das Bestreben einer Reihe westlicher Staaten, die bemüht sind, ihren Status als selbsternannte „Welt-Führer“ beizubehalten und die unumkehrbare Bewegung hin zu Multipolarität, die objektiv stattfindet, zu verlangsamen. Dazu ist ihnen jedes Mittel recht, einschließlich politischer Erpressung, wirtschaftlichem Druck und brutaler Gewalt.“

Russland verfolgt dementsprechend eine Politik der Schaffung einer neuen Weltordnung auf der Basis polyzentrischer Prinzipien, sowohl im Rahmen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, der Organisation der BRICS-Staaten und der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit als auch in seinen Beziehungen zu allen Staaten der Welt.

Russland blockiert den Missbrauch des VN-Sicherheitsrats, dies umso entschlossener nach der Aggression gegen Libyen durch Frankreich, Großbritannien und die USA.

Russland unterstützt Länder, die ihre nationale Souveränität und territoriale Integrität verteidigen. Seine diplomatischen und militärischen Fähigkeiten waren ausschlaggebend dafür, die westliche Strategie gewaltsamer Regierungsumstürze in Syrien endlich einmal zu stoppen.

Russland ist in seiner föderalen Staatsordnung auch vorbildlich für eine Politik des harmonischen Zusammenlebens verschiedener ethnischer Gemeinschaften. Bezeichnenderweise ist der Staatsname „Rossijskaja Federazija“, was in korrekter deutscher Übersetzung nicht „Russische Föderation“ sondern „Russländische Föderation“ heißt.

Russland bietet allen großen Religionen der Welt einen Platz in der Kultur des Landes.

Russland ist bekannt für sein starkes Nationalbewusstsein. Es pflegt die besten nationalen Traditionen aus allen Epochen seiner Geschichte, einschließlich der Sowjetzeit.

Russland existiert in einer Gesellschafts- und Staatsform, die nicht zuletzt auch durch die sozialistische Vergangenheit geprägt ist. Kennzeichnend ist, dass die Entwicklungsrichtung maßgeblich nicht durch kapitalistische Partikularinteressen sondern durch die Bedürfnisse der großen Mehrheit der Menschen bestimmt wird. Nicht die Diktatur angeblich effizienter Märkte entscheidet, sondern letztlich die Willensbildung in demokratisch gewählten politischen Instanzen.

Russland verfügt über ein Militärwesen, das seinen legitimen Interessen und seiner Rolle in der Welt angemessen ist. In seiner Jahresansprache am 1. März 2018 stellte Präsident Wladimir Putin sechs hypermoderne Waffensysteme vor. „Diese Waffen blockieren die USA“, schrieb der „Stern“ vom 05. März 2018. Daher scheint hier ein kleiner Exkurs unerlässlich. Es geht um folgende Systeme:

- Hyperschallrakete „Kinschal“, zu Deutsch: Dolch. Die Rakete fliegt mit 10-facher Schallgeschwindigkeit, wird von einem Abfangjäger abgefeuert, hat eine Reichweite von 2.000 Kilometern und kann in jeder Flugphase Ausweichmanöver durchführen. Sie kann sowohl konventionelle wie atomare Sprengköpfe tragen. Kein Abwehrsystem ist in der Lage, die Kinschal-Rakete abzufangen. Eine Salve von 5 bis 6 solcher Raketen würde genügen, jede Flugzeugträger-Kampfgruppe zu zerstören. Um seine vier Meere vor gegnerischen Marineeinheiten zu sichern, braucht Russland als Träger dieser Hyperschallraketen etwa hundert modernisierte Abfang-Kampfjets der Version MiG-31K. Zehn solcher Abfangjäger mit „Kinschal“-Raketen an Bord sollen mittlerweile einsatzbereit sein.



- Hyperschallgleiter „Avangard“. Dieser wird von einer Interkontinentalrakete in die äußere Atmosphäre gebracht und stürzt von dort mit 20-facher Schallgeschwindigkeit auf die Erde zurück. Seine Fähigkeit zu abrupten Kursänderungen und seine hohe Geschwindigkeit machen es unmöglich, ihn abzufangen. Seine Oberfläche erhitzt sich in der Atmosphäre auf bis zu 2.000 Grad. Dazu der russische Präsident: „Wie ein Meteorit, wie ein glühender Ball stürzt sich ‚Avangard‘ auf sein Ziel“. Laut Putin und anderen Offiziellen befindet sich der „Avangard“ bereits in der Serienproduktion.



- Atomgetriebener Marschflugkörper. Das Geschoss hat durch seinen Atomantrieb eine praktisch unbegrenzte Reichweite, ist schwer zu entdecken und durch kein existierendes oder absehbares Abwehrsystem auszuschalten. Das Geschoss sei, so Putin, im Herbst 2017 getestet worden, habe aber noch keinen Namen. Westliche Experten verweisen darauf, dass die USA das Projekt eines atomgetriebenen Marschflugkörpers in den 1950er Jahren verfolgt, aber verworfen hätten, und bezweifeln daher Putins Aussage.


- Unter-Wasser-Torpedo „Poseidon“. Das ist ein neuer interkontinentaler, atomgetriebener, autonomer Torpedo. Er hat eine Tauchtiefe von bis zu 1.000 Metern und eine Geschwindigkeit von 100 bis 185 Kilometer pro Stunde, er ist damit schneller als die schnellsten Schiffe und Torpedos. Das Gerät kann einen atomaren Sprengkopf tragen und sowohl Flugzeugträger wie Küstenziele treffen.


- Tarnkappen-Mehrzweckkampfflugzeug „Suchoi Su-57“. Zwei dieser Modelle absolvierten laut russischem Verteidigungsministerium Test- und Kampfeinsätze in Syrien vom Militärflugplatz Hmeimim aus.


- Thermonukleare Interkontinentalrakete „Sarmat”. Sie soll die „Wojewoda“-Rakete ablösen. Sie verfügt über ein weit größeres Wurfgewicht als ihre Vorgängerin, trägt 10 schwere oder 15 leichtere atomare Sprengköpfe oder 24 „Avangard“-
- Hyperschallgleiter. Laut Putin hat sie auch eine größere Reichweite und kann sowohl über den Südpol als auch über den Nordpol fliegen. Es wird erwartet, dass sie 2020 einsatzbereit ist.

Mit diesen Systemen hat Russland nach Meinung des „Stern“ bei der Entwicklung von neuen Hyperschallwaffen „die Nase vorn“. Die eigentliche Gefahr aber bestehe für den Westen nach Meinung des Blatts darin, dass Russland derartige Systeme anderen Staaten anbieten könnte. Wie in letzter Zeit verlautet verhandeln die Türkei, Indien und Iran bereits über die Lieferung von S400-Raketen, des besten Raketenabwehrsystems seiner Art. Washington sucht dies zu verhindern und droht mit Sanktionen. Denn die Fähigkeiten der USA, weltweit militärische Gewalt einzusetzen, würden dadurch erheblich gemindert. Seit wenigen Tagen verfügen die syrischen Streitkräfte nunmehr über das S300-Abwehrsystem, wodurch die Russen nach Expertenmeinung eine Art informeller Nicht-Überflugzone über Syrien errichtet haben. Netanjahu nannte dies „unverantwortlich“. Israel hat häufig Ziele in Syrien bombardiert; dies ist als Unterstützung militärischer Gruppen zu werten, die in letzter Zeit Niederlagen gegen die syrische Regierung erlitten haben.

Soweit der Exkurs über Russlands militärische Möglichkeiten, der keineswegs überflüssig ist, wenn man nur bedenkt, dass Ursula von der Leyen am 6. Juli 2018 im ZDF-Morgenmagazin ohne Scheu vor der eigenen Lächerlichkeit davon redete, der Westen müsse den Dialog mit Russland „aus der Position der Stärke“ führen. Was bedeutet eine solche Sprache? Totale Geschichtsvergessenheit? Pfeifen im Walde? Neigung zu Suizid?

… in einer entstehenden neuen Weltordnung



Unübersehbar vollziehen sich tiefgreifende Veränderungen in der Welt. Aktuelle Buchtitel lauten „Zeitenwende in der Weltpolitik“ von Sigmar Gabriel und „Deutschland im Umbruch“ von Willi Wimmer. Aber immer noch scheint in Deutschland unter den meisten Politikern, Medienmachern und Konzerngewaltigen die Vorstellung zu überwiegen, es gebe keine Alternative zu der in den letzten Jahrzehnte im Innern und nach außen betriebenen Durchsetzung neoliberaler Politik. Man preist Deutschland als „Exportweltmeister“, auch wenn die deutschen Exportüberschüsse in anderen Ländern Arbeitslosigkeit und Auswanderung verstärken. Man redet sich ein, Deutschland müsse in EU und NATO „mehr Verantwortung“ übernehmen. Man hält die so genannten „westlichen Werte“ immer noch für das Maß aller Dinge. Es sind derartige euro-atlantisch drapierte, in Wirklichkeit bornierte nationalistische Vorstellungen, die den anti-russischen Kurs ideologisch befeuern.

Dagegen erschien in diesen Tagen der Sammelband „Warum wir Frieden und Freundschaft mit Russland brauchen“, herausgegeben von Adelheid Bahr: ein „Aufruf für eine neue Friedenspolitik“. Die Liste der Beteiligten ist eindrucksvoll, sie umfasst weitgehend alle, die sich in letzter Zeit für gute deutsch-russische Beziehungen prominent ausgesprochen haben. Wie Recht hat doch Gabriele Krone-Schmalz, wenn sie fragt: „Wäre es nicht intelligent, ein Land wie Russland mit seinen Erfahrungen und seiner Geschichte an den Überlegungen zu beteiligen, wie man diesen Fehlentwicklungen (der Weltwirtschaftsordnung) begegnen kann? Was wäre denn, wenn man gemeinsam nach Antworten auf Fragen suchen würde, die Deutsche, Russen und viele andere gleichermaßen beschäftigen?“

Bis allerdings solche Einsichten das Regierungshandeln bestimmen, bedarf es wohl noch erheblicher politischer Anstrengungen.

Auf dem Präsentierteller



Dazu könnte nicht zuletzt auch die Friedensbewegung beitragen. Die Friedenskräfte in Deutschland sind bekanntlich bunt und vielfältig, aber noch keineswegs eine wirkliche politische Kraft. Unterschiedliche Gruppen agieren gegen verschiedene Aspekte des Militarismus: gegen Auslandseinätze der Bundeswehr, gegen die Erhöhung der Rüstungsausgaben auf 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, gegen die Militärbasis Ramstein als logistische Drehscheibe weltweiter Aggression, gegen Atomwaffen der USA in Büchel, gegen Bundeswehr-Werbung in Schulen und auf öffentlichen Plätzen et cetera.

Sollte Washington einen komplizierten Konflikt irgendwo auf der Welt durch einen direkten militärischen Angriff auf russische Einrichtungen zu einem großen Krieg eskalieren, wären die ausländischen Militärbasen in Deutschland fast unausweichlich Angriffsziele russischer Raketen. Derzeit existieren in unserem Land über 30 ausländische Militärstützpunkte mit 40.000 Mann Personal. Die wichtigsten Standorte der USA befinden sich in Ramstein, Spangdahlem, Wiesbaden und Stuttgart. Man fragt sich, warum das tödliche Risiko dieser mörderischen Installationen längst nicht angemessen thematisiert wird. Diese Gefahr ist nicht schicksalhaft, es wäre relativ einfach, sie aus der Welt zu schaffen, sofern beispielsweise die neue Sammlungsbewegung „#aufstehen“ den erforderlichen politischen Druck entfalten würde.

Dazu müsste die deutsche Regierung vom souveränen Recht Deutschlands Gebrauch machen, die völkerrechtliche Grundlage dieser ausländischen Truppenstationierung auf deutschem Boden zu kündigen. Der „Vertrag über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland“ vom 23. Oktober 1954 gilt zwar auch nach dem Abschluss des Zwei-plus-Vier-Vertrages vom 12. September 1990 weiter. Der so genannte Truppenstationierungsvertrag kann aber nach völkerrechtlicher Wiederherstellung der vollen Souveränität Deutschlands gekündigt werden, und zwar aufgrund einer durch Notenwechsel vom 25. September 1990 getroffenen Vereinbarung. Die Kündigungsfrist beträgt zwei Jahre.

Würde die Aufkündigung des Truppenstationierungsvertrages zu einer zentralen Forderung oppositioneller Kräfte gemacht werden, würde die Mitgliedschaft Deutschlands in der NATO und den militärischen Strukturen der EU damit quasi automatisch in Frage gestellt. Die Friedensbewegung bekäme mit dieser Forderung genau das Kettenglied in die Hand, das mit allen anderen Aspekten der Kriegsgefahr zusammenhängt. Ähnlich dem Protest gegen die Stationierung der US-amerikanischen Pershing-Raketen könnte die Konzentration auf die Forderung nach Kündigung des Truppenstationierungsvertrages die Friedensbewegung zu einer einheitlichen und erst dadurch wirkungsvollen politischen Kraft werden lassen. Darin läge ein grandioser Beitrag zu Frieden und Freundschaft mit Russland.

Anmerkungen:
Der Text entspricht einem Redebeitrag bei der Veranstaltung des DDR-Kabinetts Bochum am 7. Oktober 2018 zur Erinnerung an den 69. Jahrestag der DDR

Klaus  von Raussendorff
Klaus von Raussendorff, Jahrgang 1936, ist ehemaliger BRD-Diplomat und DDR-Geheimdienstoffizier. Er studierte Germanistik, Theaterwissenschaft sowie Geschichte und verpflichtete sich mit 21 Jahren, als „Kundschafter des Friedens“ in den westdeutschen Auswärtigen Dienst einzutreten. Zwischen 1961 und 1990 war er unter anderem an den Botschaften in Beirut, Freetown und Jakarta sowie den Vertretungen bei der OECD und der UNESCO eingesetzt. Es folgten publizistische Tätigkeit und Engagement in Solidaritätsinitiativen für Jugoslawien, Palästina, Irak und Syrien. Er ist Mitglied im Deutschen Freidenker-Verband.
https://www.rubikon.news/artikel/der-grosse-krieg-2





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