Samstag, 13. Oktober 2018

DIE TAFELRUNDE - Leseprobe


DIE TAFELRUNDE

Leseprobe zu „Der Höhlenmensch – Affenmenschen sorgen sich um die Zukunft unseres Planeten“

Eine politische Satire

Mitten auf dem Marktplatz in der Nähe der Kirche wurde tatsächlich – organisiert von BENNO – ein RUNDER TISCH aufgebaut. Dazu zwanzig  Stühle. Neugier treibt etliche Einwohner herbei. Filmkulisse? Bürgerverein mit Sitzungstisch? Zirkus? Runder Tisch, das war doch schon mal. Und war gescheitert. Was soll das? Kann daraus ein Chor gestemmt werden? So fragen Vorübergehende oder gucken, ob hier ein neuer Markt entsteht. An ihm sollen, nicht wie bei König Artus im 12. Jahrhundert, wie es heißt, nicht nur Auserwählte und kluge Leute Platz nehmen, sondern jeder der will. Der was zu sagen hat. Der Fragen hat. Der schimpfen will, protestieren – alles ist erlaubt, jede Meinung gefragt. So steht es auf einem Plakat an der Seite vom Tisch. Beginn: 17 Uhr. DIDA und DADA und BENNO schauen auf die Uhr. Zehn Minuten vor Diskussionsbeginn. So haben sie sich das ausgemalt. Doch noch bleiben die Stühle leer.  Man geht vorüber und geht schnell weiter. Haben die Menschen genug von Gesprächen, vom Fragen stellen?

Da hat DIDA als junge Frau die rettende Idee: Wir bitten die benachbarte Gaststätte, Kaffee und Kuchen auf den runden Tisch zu stellen. Ohne Bezahlung. Die Idee war gut, die Gastronomen sahen eine Möglichkeit, ihre Produkte anzubieten. Mit dem Werbespruch, sie auch in der Gaststätte zu besuchen. Also nahmen so nach und nach paar Leutchen Platz und langten eifrig zu.
„Wir sind hier zusammengekommen, um unserem so reichen Land Dank zu sagen für all die Mühe, das Volk in eine glückliche Zukunft zu führen“ So sprach der zuvor eingeladene Bürgermeister, seines Zeichens ein älterer Herr aus der alten Ost-Garde. „He, schmiere uns hier keine politische Rede auf die Stullen“, rief ein ebenfalls bejahrter Mann. Andere klatschten. BENNO biss sich auf die Lippen. Dann ergriff er das Wort.

Jeder ist so frei. Pluralismus. Erinnerung: Besuch im Bundestag. Liebig, Die Linke, locker. Schwingt sich auf einen Tisch, statt ans Rednerpult zu treten. Oha!! Frage an ihn: Wie lernen Abgeordnete? Bezugnehmend auf Parteilehrjahre und Politschulung im Land des östlichen Vortrupps? Er: Gar nicht. Jeder liest, wie er kann und mag. Wir haben dafür eine große Bibliothek. Liebig schwelgt in Beliebigkeit. Die Zustimmung hält sich in Grenzen.

Doch dann machen etliche aus ihrem Herzen keine Mördergrube. Sie verweisen auf zu wenig Geld. In der Pflege. Bei Lehrern. Bei Piloten. Einige loben das Land. Noch nie seien sie so unbehelligt gewesen. Jeder dürfe seine Meinung sagen. Meinungsfreiheit und Demokratie stünden hoch im Kurs. Und so schämt sich auch ein gewisser Pfarrer nicht, zu behaupten, Kriege seien Gottes Fügung. Da ändere der Mensch daran wenig. Eine etwas untersetzte Frau im mittleren Alter stimmte ihm zu und klagte lediglich darüber, das in der Geschichte stets alles „drunter und drüber“ gegangen sei. Eine offenbar feinere Frau aus der „gehobenen Gesellschaft“ meinte zu den Obdachlosen, diese seien ja selbst Schuld und die würde sie überhaupt nicht beachten. „Sollen sie doch in ihrem Dreck liegenbleiben.“ Empörung in der Tafelrunde. Sie wehrt sich entschieden. Jeder dürfe wohl seine Meinung sagen. Ein älterer Mann von Schrot und Korn klagte dagegen die Meinungsfreiheit an. Zucht und Ordnung würden auf der Strecke bleiben. Er fand es vernünftig, dass 1956 die Kommunisten verboten wurden, denn die hätten allen Unfrieden seit 1917 erst in die Welt gebracht. Stummes Kopfnicken von einigen, die besonders glatte Gesichter hatten und hasserfüllt zugleich. Den Vogel schoss eine Mutter mit drei Kindern ab, die alle neben ihr saßen, indem sie auf die Frage von Mitstreitern an der Tafelrunde, wie durch mehr Fackelzüge, Lampions bei Demonstrationen, weltweiten Protesten gegen die Gewaltherrschaft einer gewissen KRAKE im Keller der Festung ihrem todbringenden Treiben ein Ende bereitet werden könnte. Die Mutter schüttelte den Kopf: „Na, dann kommt eben Krieg!“ Sagt es und wird puterrot im Gesicht...

DIDA überlegte indessen krampfhaft, wie sie diese mehr oder wenigen guten Eindrücke, diesen Wortschwall von Widersprüchen und Uneinigkeit zwischen den Menschen einordnen soll. Freiheit des Wortes einerseits – Zwiespalt zwischen den Leuten andererseits. Ja, Entfremdung. Einer gegen den anderen? Wo doch man im Ausland immer wieder beschwörend hört von Politikern, dass man zusammenhalten müsse. Wofür und wogegen?

Auch BENNO war ratlos geworden. In seiner Kindheit hatte er etwas anderes erlebt. Aber er sah keinen Ausweg. Und glaubte auch nicht daran, dass der Besuch von DIDA und DADA, die das menschliche Wesen erforschen wollten, einen Sinn macht. Schon deswegen nicht, da doch die Menschheit nicht zurückkehren könne in die Höhlengemeinschaft.

DADA war weniger befangen. Ihn störte nur sein plötzlicher und nicht eingeplanter Aufenthalt im Keller der Meditierenden. Was war das? Er bleibt neugierig. Vielleicht wird er während des Aufenthaltes in diesem menschlichen Land noch eine Antwort finden. Von BENNO ist sie nicht zu erwarten. Dieser lehnt sicherlich jegliche Abweichung hin zum Spirituellen ab. Das führt, so wie die Religion, nur in die Irre. Er verwendete sogar den Begriff Klassenkampf, den aber niemand mehr so richtig ernst nahm.

Das Rundtischgespräch wird plötzlich unterbrochen. Männer mit Schlips und dunkler Sonnenbrille stürmen herein. Bilden einen Gang. Es nähert sich der Tafel eine Person. An ihrer Seite erkennt die hellköpfige DIDA jene schöne Frau im Garten vor der Festungsmauer, die andächtig und mit inniger Liebe Kohlköpfe mit der Gießkanne begoss. Und nun zweifelte DIDA, ob so eine Gefälligkeit für zukünftige Mordsoldaten noch etwas mit Schönheit zu tun hat. Ihre Gedanken werden vom lauten Klatschen einiger Untertanen unterbrochen. Man erkennt sie sofort - die Königin des Landes. Ein Pressesprecher erklärt, die Mächtigste im ganzen Land möchte sehr gerne mit dem Volk sprechen. Sozusagen einen Bürgerdialog führen, wozu ihr in der großen weltmännischen Politik als absolut marktkonforme Macherin keine Gelegenheit geboten wird. Man staunt, hängt sie von Meinungen anderer ab? Sie hält die Hände gespreizt, lächelt in die Runde und ermuntert die an der Tafel Sitzenden, ihre Meinung zu sagen, zum Beispiel zur Politik im Großen und Ganzen. Eine Aufforderung, die für die Leute überraschend kommt. Fragt sie doch sonst auch nur ihre Partei der Gottanbeter und jeweils mit einem scheelen Blick auf die Banken und Manager der Konzerne.

Doch dann bricht ein Sturm los. Fragen über Fragen. Auf alle gibt es ähnliche Antworten: Wir schaffen das und ich werde mich mit anderen darüber unterhalten und mir Rat holen. Unzufriedene Gesichter neben glatten Ja-Sagern und angepassten Untertanen.

Eine ältere Frau sagt, sie höre von mehr Geld für Pflegepersonal, für Piloten usw., aber was macht denn die Regierung gegen das zu heiße Klima? Auch darüber werde gründlich nachgedacht meint die Herrscherin und man sei auf einem guten Weg.

Eine andere Frau, Männer sind oft zu feige, spricht das Thema Krieg/Frieden an. Ob die Verantwortlichen nur noch die sogenannte „Ausrüstung“ im Blickfeld habe, die ja eigentlich Aufrüstung heißen solle?

Ja, wissen sie, uns, der erprobten langjährigen Koalition, liegt das alles auch sehr am Herzen. Uns geht es, wie die Königin schwört, um das Wohl des Volkes, und da brauchen wir die Industrie. Schon wegen des Wachstums für alle.

Großes Gelächter. Sie: Ich will, dass wir zusammenhalten!
Man brüllt vor Lachen.

Da kommt eine Frage von einem, der im Politischen beschlagen genug ist: „Warum unterstützen Sie als Königin jene, die vorhaben in den Weltraum umzuziehen und dabei sogar neueste Waffen mitnehmen wollen?“

Keiner merkt, wie es im Gesicht der Königin zuckt. Sie vergisst sogar ihr sonst so typisches Lächeln. Und gewohnt, die mächtigen Überseeleute in Schutz zu nehmen, antwortet sie sehr ernst, um dem Volk am Tisch und im Fernsehen keinen Schreck einzujagen: Man müsse sich doch gegen den stärker aufkommenden Sonnenwind militärisch wappnen. “Gegen die Sonne?“ fragt ein anderer. Ja, irgendeinen Feind braucht man doch...
Schweigend verlassen die Frauen und Männer die Tafelrunde. Irgendetwas läuft hier schief. Aber was?






Harry Popow: „DER HÖHLENMENSCH“. © Copyright by Harry Popow, Verlag: epubli, Druck: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin, ISBN: 9783746760780/78469, Seiten: 254, Preis: 15,99 Euro
https://www.epubli.de/shop/buch/DER-H%C3%96HLENMENSCH---EILMELDUNG--AFFENMENSCHEN-SORGEN-SICH-UM-DIE-ZUKUNFT-UNSERES-PLANETEN-Eine-Satire-Harry-Popow-9783746760780/78469




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