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In Kasan hat sich die Weltordnung gewendet
VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 30. OKTOBER 2024 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR
von Thierry Meyssan – http://www.voltairenet.org
Der BRICS-Gipfel in Kasan hat das Ende der Vorherrschaft der G7 über die
Welt eingeläutet. Die angelsächsischen Regeln, die die internationalen
Beziehungen organisierten, werden nach und nach durch die von jeder
Partei eingegangenen Verpflichtungen, die nun eingehalten werden müssen,
ersetzt werden. Diese Revolution führt uns zurück zu den Versuchen
Russlands und Frankreichs im Jahr 1899, ein Völkerrecht zu begründen,
welches durch die Atlantikkonferenz und das Doppel-Monopol
Vereinigte-Staaten/Vereinigtes Königreich untergraben wurde.
Vom 22. bis 24. Oktober 2024 hat in Kasan (Russland) der XVI. Gipfel der
erweiterten BRICS-Staaten stattgefunden [1]. Neben den neun Staats- und
Regierungschefs, die dieser Organisation bereits angehören, haben elf
weitere teilgenommen, und etwa zwanzig weitere Staaten haben ihre
Beitrittsanträge eingereicht.
Dieses Ereignis ist der Höhepunkt der Strategie, die 2009 vom
brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva, dem russischen
Regierungspräsidenten Wladimir Putin, dem indischen Premierminister
Manmohan Singh und dem chinesischen Präsidenten Hu Jintao begonnen
wurde. Diese vier Männer hatten eine Vorstellung von internationalen
Beziehungen auf der Grundlage der Charta der Vereinten Nationen, die es
jedem Land ermöglichen, sich zu entwickeln. Für sie ging es nicht darum,
sich gegen den westlichen Imperialismus der G8 zu wehren (der Russland
bis zum westlichen Staatsstreich auf dem Maidan angehörte), sondern
einen anderen Weg zu beschreiten, ohne die Angelsachsen.
Wladimir Putin hat bei der Schaffung dieses Korpus der wirtschaftlichen
Zusammenarbeit eine zentrale Rolle gespielt, so wie Zar Nikolaus II.
1899 bei der Erfindung des Völkerrechts eine solche gespielt hatte [2].
Es war Putin, der den ersten Gipfel in Jekaterinburg organisiert hat,
obwohl es Präsident Dmitri Medwedew war, der Russland dort vertrat.
In einem Interview anlässlich des Kasan-Gipfels bekräftigte Wladimir
Putin unter Berufung auf die Worte des indischen Premierministers
Narendra Modi, dass „die BRICS-Staaten keine antiwestliche, sondern eine
nicht-westliche Organisation sind“.
In ihrer Abschlusserklärung befassen sich die Staats- und Regierungschefs mit vier unterschiedlichen Themen [3]:
• Multilateralismus;
• Zusammenarbeit für Stabilität und Sicherheit;
• Wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit;
• Zwischenmenschlicher Austausch.
Multilateralismus
Nachdem sie bemerkt haben, dass unabhängig von den westlichen
Machtzentren neue Zentren entstehen, bekräftigen sie ihr Bekenntnis zur
Charta der Vereinten Nationen, an deren Ausarbeitung alle beteiligt
waren, mit Ausnahme der Vereinigten Arabischen Emirate, die ja noch
nicht unabhängig waren. Dann plädieren sie für eine Reform der UNO und
ihrer Agenturen, damit sich ihre Institutionen an die aktuelle Welt
anpassen und neue Mächte integrieren. Sie nennen zwar kein Datum für
eine Reform des UN-Sicherheitsrats und des Internationalen Währungsfonds
(IWF), setzen aber eine Frist bis 2025 für die Reform der
Welthandelsorganisation (WTO) und des Direktoriums der Internationalen
Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD).
Sie bewerten die außerhalb des Sicherheitsrats getroffenen „Sanktionen“,
ob nun politischer oder wirtschaftlicher Natur, als „illegale
einseitige Zwangsmaßnahmen“.
Sie unterstützen die Arbeit des Weltklimarats (IPCC), kommentieren aber
nicht die Schlussfolgerungen, die der Westen daraus zieht. Sie erklären
sich zutiefst besorgt über seine Versuche, die Sicherheit mit der Agenda
des Klimawandels zu verknüpfen. Später im Text (§ 83) verurteilen sie
die Nutzung des Klimavorwands, um einseitige, strafende und
diskriminierende protektionistische Maßnahmen durchzusetzen. Darüber
hinaus unterstützen sie die Zusammenarbeit im Kampf gegen die
Treibhausgase gemäß Artikel 6 des Pariser Abkommens (§ 85). Man erinnere
sich jedoch, dass die Russische Akademie der Wissenschaften die
westliche, anthropogenetische [durch Menschen verursachte] Auslegung des
Klimawandels zurückweist.
Sie verpflichten sich zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte,
einschließlich des Rechts auf Entwicklung, und der Grundfreiheiten im
Rahmen der Grundsätze der Gleichheit und der gegenseitigen Achtung. Sie
verpflichten sich ebenfalls, den Kampf gegen Rassismus,
Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und die damit verbundene
Intoleranz, sowie die Diskriminierung aufgrund der Religion, des
Glaubens oder der Weltanschauung, und alle ihre zeitgenössischen Formen
in der ganzen Welt zu intensivieren, einschließlich der alarmierenden
Tendenzen zunehmender Hassreden.
Zusammenarbeit für Stabilität und Sicherheit
Sie einigen sich auf einen gemeinsamen Standpunkt angesichts der
aktuellen Konflikte, verweisen aber auf die Resolution 2686 (2023) des
Sicherheitsrats (in der Intoleranz und Hassreden verurteilt werden) und
die Resolution 46/182 (1991) der Generalversammlung der Vereinten
Nationen (über humanitäre Nothilfe). Sie erinnern auch an die
Notwendigkeit, die legitimen und vernünftigen Sicherheitsbedenken aller
Länder zu respektieren.
Es folgte eine lange Liste von Stellungnahmen.
• Gaza (§ 30)
Sie unterstreichen die dringende Notwendigkeit einer sofortigen,
umfassenden und dauerhaften Waffenruhe im Gazastreifen, der sofortigen
und bedingungslosen Freilassung aller Geiseln und Gefangenen beider
Seiten, die illegal in Gefangenschaft gehalten werden, der
Bereitstellung umfangreicher, nachhaltiger humanitärer Hilfe und der
Beendigung aller Aggressionen. Sie unterstützten jedoch die
Zwei-Staaten-Lösung (ursprünglich Lord Peels Kolonialplan), die ihnen
als die einzig mögliche friedliche Lösung erscheint.
• Libanon (§ 31-32)
Sie verurteilen den „vorsätzlichen terroristischen Akt“ der Detonation
von Piepsern und Walkie-Talkies am 17. September 2024. Sie verurteilen
auch die Angriffe auf UN-Mitarbeiter und die Bedrohung ihrer Sicherheit
und fordern den jüdischen Staat auf, diese Aktivitäten im Libanon
unverzüglich einzustellen. Sie sprechen sich für die strikte Einhaltung
der Resolution 1701 (2006) aus, weil klarsteht, dass diese in gleicher
Weise für Israel gilt, das sich daher hinter die „blaue Linie“
(Demarkationslinie) zurückziehen muss.
• Jemen (§ 33)
Sie sind für die Freiheit der Schifffahrt, aber anstatt Ansar Allah zu
verurteilen, wie es der Westen tut, wollen sie die Ursachen des
Konflikts bekämpfen und den Dialog und den Friedensprozess unter der
Schirmherrschaft der Vereinten Nationen unterstützen.
• Syrien (§ 34)
Sie bestehen darauf, dass die Souveränität und territoriale Integrität
Syriens strikt respektiert wird. Sie verurteilen die illegale
ausländische Militärpräsenz, die das Risiko eines umfassenden Konflikts
in der Region erhöht. Sie betonen, dass die illegalen „einseitigen
Sanktionen“ das Leid der syrischen Bevölkerung ernsthaft verschlimmern.
Sie sprechen sich auch (§ 43) gegen die israelische Besatzung des
syrischen Golan aus.
• Iran (§ 35 und 37)
Sie verurteilen den Angriff auf die diplomatischen Einrichtungen der
Islamischen Republik Iran in Damaskus. Sie erinnern daran, dass das
JCPOA-Abkommen vom Sicherheitsrat bestätigt wurde und die Vereinigten
Staaten sich nicht mehr so daraus zurückziehen können, wie sie es getan
haben.
• Ukraine (§ 36)
Sie betonen, dass alle Staaten in Übereinstimmung mit den Zielen und
Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen in ihrer Gesamtheit
handeln sollen (was der russischen Interpretation des Konflikts Recht
gibt). Sie beurteilen mit Befriedigung die einschlägigen Vorschläge
Chinas, Südafrikas und Indiens für Vermittlung und gute Dienste, die auf
eine friedliche Beilegung des Konflikts durch Dialog und Diplomatie
abzielen.
• Sudan (§ 40)
Sie verurteilen den Angriff der Truppen von Präsident Abdel Fattah
al-Burhan auf die Residenz des Missionsleiters der Botschaft der
Vereinigten Arabischen Emirate am 29. September 2024; ein Angriff, der
mit dem Angriff Israels auf die iranischen diplomatischen Einrichtungen
in Syrien vergleichbar ist. Sie rufen zu einem unverzüglichen,
dauerhaften und bedingungslosen Waffenstillstand auf.
• Afghanistan (§ 42)
Sie verteidigen das Prinzip eines unabhängigen, vereinten und
friedlichen Staates, ohne Terrorismus, Krieg und Drogen. Sie
unterstreichen die Notwendigkeit, dem afghanischen Volk dringend und
ununterbrochen humanitäre Hilfe zu leisten und die Menschenrechte aller
Afghanen, einschließlich Frauen, Mädchen und verschiedener ethnischer
Gruppen, zu schützen, wozu auch die Aufhebung wirksamer Verbote der
Sekundar- und Hochschulbildung gehört.
• Abrüstung (§§ 43-46)
Sie sind für eine Beschleunigung der Umsetzung der Resolutionen über die
Schaffung einer von Atomwaffen und anderen Massenvernichtungswaffen
freien Zone im Nahen Osten (d.h. für die Denuklearisierung Israels) in
Übereinstimmung mit dem iranischen Vorschlag.
Sie plädieren auch dafür, ein Wettrüsten im Weltraum zu verhindern, trotz des Widerstands der Vereinigten Staaten.
• Terrorismus (§§ 47-49)
Sie lehnen jeglichen Versuch ab, die Fragen des Kampfes gegen den
Terrorismus und den Einsatz terroristischer Gruppen zur Erreichung
politischer Ziele zu politisieren und betonen, dass nur die
BRICS-Staaten eine effektive Organisation in diesem Bereich sind – eine
direkte Anspielung auf die verdeckten Operationen der Vereinigten
Staaten und des Vereinigten Königreichs. Sie plädieren für die baldige
Verabschiedung des Allgemeinen Übereinkommens über den internationalen
Terrorismus im Rahmen der Vereinten Nationen.
• Grenzüberschreitende Kriminalität (§ 50-53)
Unter Russlands Initiative gehen die BRICS-Staaten die Probleme der
Drogen, der grenzüberschreitenden Kriminalität und der Korruption an,
indem sie eine koordinierte Reaktion der Strafverfolgungsbehörden
verstärken.
Wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit
Die BRICS-Staaten studieren zunächst die Notwendigkeit einer
Clearingstelle für den Austausch von Liquidität zwischen ihnen selbst
(ohne das von den NATO-stay-behind geschaffene SWIFT-System benutzen zu
müssen) und eines Rückversicherungssystems zur Sicherung des
Warentransports (ohne über angelsächsische Unternehmen gehen oder
indirekt von ihnen kontrolliert werden zu müssen).
Sie betrachten den Handel nicht durch die Brille des Freihandels oder
der Zölle, sondern durch die Brille der Sicherheit,
Widerstandsfähigkeit, Stabilität und Effizienz der Lieferketten. Im
vergangenen Jahr haben sie ein Programm zur Harmonisierung und
Koordinierung des Einsatzes der Informationstechnologie in Wirtschaft
und Handel (PartNIR) eingeführt.
Was den Kampf gegen Krankheiten anbelangt, begrüßen die BRICS-Staaten
zwar die Arbeit der Weltgesundheitsorganisation (WHO), entwickeln aber
ein eigenes Alarm- und Hilfssystem.
Was das geistige Eigentum anbelangt, beabsichtigen die BRICS, von dem
sie wissen, dass Urheberrechte und andere Patente heute die
Haupteinnahmequelle der Angelsachsen sind (und nicht ihre reale oder
finanzielle Produktion), dieses System wieder auf die Beine zu stellen,
indem sie den Fälschungen den Kampf erklären und auf unlautere Erhöhung
ihrer Profite verzichten. Sie beabsichtigen, die Zusammenarbeit bei
Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsprogrammen in den Bereichen
Biomedizin, erneuerbare Energien, Weltraum und Astronomie sowie Meeres-
und Polarwissenschaften zu verstärken.
Zwischenmenschlicher Austausch
Die BRICS-Staaten beabsichtigen vor allem, gegen die angelsächsische
Ideologie des Clash of civilisations [4] zu kämpfen, indem sie sich auf
zwei UN-Organisationen, UNICEF und die Allianz der Zivilisationen,
stützen. Sie wollen den menschlichen Austausch unter sich in den
Bereichen Medien, Kultur, Bildung, Sport, Kunst, Jugend,
Zivilgesellschaft, öffentliche Diplomatie und akademischer Austausch
intensivieren.
Die BRICS-Staaten wehren sich hier nämlich gegen einen Rückschritt: Das
Konzept des Krieges der Kulturen, das ein wesentlicher Bestandteil der
Rede von Präsident George Bush Jr. gewesen war, schien endgültig in
Vergessenheit geraten zu sein. Mit der Kandidatur von Kamala Harris, die
von den Neokonservativen unterstützt wird, kommt es wieder in Mode. Es
handelt sich einfach nur um eine angeblich gelehrte Form des alten
gewalttätigen Narratives der Jahre 1930-1945: Um zu überleben, haben die
Westmächte keine andere Wahl, als die anderen zu eliminieren.
Die auf dem Kasan-Gipfel präsenten Staats- und Regierungschefs,
Mitglieder und Gäste. Dieses Foto genügt, um die G7-Niederlage bei dem
Isolierungsversuch Russlands zu erkennen.
Bemerkungen zu diesem Gipfel
Dieser Gipfel fand statt, als die Welt aus erster Hand Zeuge der
ethnischen Säuberungen Israels wurde, zuerst in Gaza und dann im
Südlibanon. Gleichzeitig wendet sich die russische militärische
Spezialoperation zur Umsetzung der Resolution 2202 des Sicherheitsrats
(der Minsker Vereinbarungen) in der Ukraine zum Vorteil Moskaus. Die
ukrainische Armee wird den Winter nicht überstehen, und die „einseitigen
Zwangsmaßnahmen“ des Westens sind allesamt gescheitert. Entschuldigung,
vom Standpunkt des „Krieges der Kulturen“ aus gesehen, bedrohen die
Araber von Gaza und die Russen der Ukraine den Westen und müssen
eliminiert werden.
Die Teilnahme an den BRICS-Staaten erscheint daher wie eine Revolte
gegen die angelsächsische Weltordnung. Man kann daher nur enttäuscht
sein über den Rückzug des brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula
da Silva, der es nicht wagte, nach Kasan zu kommen und sich von seinem
Außenminister Mauro Vieira vertreten ließ. Brasilien ist jedoch
Gründungsmitglied der BRICS. Es stimmt jedoch, dass Brasilien beteiligt
ist, da es den Vorsitz der Neuen Entwicklungsbank innehat. Ihren Vorsitz
führt die ehemalige Präsidentin Dilma Youssef, die in einer
ferngesteuerten Operation der Vereinigten Staaten und Israels gestürzt
worden war.
Die gleiche Bemerkung muss gemacht werden zur Weigerung im letzten
Moment des saudi-arabischen Prinzen Mohammed bin Salman, für die eine
oder andere Seite Partei zu ergreifen und Kasan zu besuchen, obwohl sein
privilegierter Verbündeter, die Vereinigten Arabischen Emirate, jetzt
Mitglied der BRICS-Staaten sind und deren Präsident, Scheich Mohammed
bin Zayed Al Nahyan, anwesend war.
Russland hatte Kasan, die Hauptstadt Tatarstans, als Gastgeber des
Gipfels ausgewählt, weil diese dynamische Stadt sowohl die Integration
der Muslime in die Russische Föderation als auch die Fähigkeit Moskaus,
seine Macht zu übertragen, veranschaulicht.
An der wirtschaftlichen Front hat der Gipfel bei der Entdollarisierung
des internationalen Handels Fortschritte erzielt. Die BRICS-Staaten
bewegen sich auf einen digitalen Währungsstandard zu. Diskutiert wurden
Ideen für eine gemeinsame Steuerbehörde, ein Tribunal zur Schlichtung
von Wirtschaftsstreitigkeiten zwischen den Mitgliedsländern oder auch
die Idee einer Getreidebörse. Auch die Möglichkeit, eine unabhängige
grenzüberschreitende Abwicklungs- und Einlageninfrastruktur, „BRICS
Clear“, aufzubauen. Schließlich treiben die BRICS-Staaten die
Entwicklung eines Zahlungskartensystems namens „BRICS Pay“ voran, das
auf dem Kasan-Gipfel vorgestellt wurde. Seine Funktionsweise scheint
relativ klassisch zu sein: Die „BRICS Pay“-Karte soll es ermöglichen,
Zahlungen in Landeswährung über die Verwendung eines QR-Codes
abzuwickeln, indem eine elektronische Geldbörse belastet wird, die über
eine gleichnamige Anwendung gespeist wird, indem eine Visa-, MasterCard-
oder Mir-Bankkarte angehängt wird. Das Problem besteht darin, die volle
Souveränität zu bewahren und gleichzeitig an einer kollektiven Währung
teilzunehmen.
Der Gipfel hat vor allem auf politischer Ebene gezeigt, dass die
BRICS-Staaten die wechselnden westlichen Regeln, die von der G7 je nach
Ansprechpartner willkürlich festgelegt werden, ablehnen und es
vorziehen, das gegebene Wort, d.h. das Völkerrecht, zu respektieren. Die
Länder des „Globalen Südens“ (im Gegensatz zum „kollektiven Westen“)
sind sich der Verpflichtungen und Verträge, die von den Angelsachsen
unterzeichnet aber von ihnen schamlos verletzt wurden.
Der Westen ist tatsächlich der Ansicht, dass sich ein gewählter Staats-
oder Regierungschef im Namen der Demokratie nicht an die Unterschrift
seiner Vorgänger gebunden fühlen kann, während andere Staaten, ob
illiberale oder diktatorische in ihren Augen, die Pflicht dazu haben. So
hat Donald Trump zum Beispiel das JCPOA (Atomabkommen mit dem Iran)
aufgekündigt, das sein Vorgänger Barack Obama ausführlich ausgehandelt
hatte. Oder Joe Biden sah sich nicht an zwei von seinem Freund Barack
Obama unterzeichnete Dokumente gebunden, weder an das Istanbul-Dokument
(1999 [5]), noch an die Resolution 2202 (2015) zu den Minsker
Vereinbarungen. Er behauptet daher, Russland sei in die Ukraine
einmarschiert und verstoße gegen die UN-Charta, während viele spätere
Texte zeigen, dass Russland das einzige Land ist, das alle Prinzipien
buchstabengetreu befolgt hat.
Der IWF hat gerade seine Berechnungen revidiert und Russlands
Bruttoprodukt (BIP) in Kaufkraftparität auf den vierten Platz hinter
China, die Vereinigten Staaten und Indien gesetzt. Das russische BIP
stieg daher plötzlich um 23 % und verließ den 48. Platz, auf dem es
lange verweilte. Abgesehen von den wirtschaftlichen Realitäten (die
BRICS-Staaten repräsentieren 37 % des weltweiten BIP und 45 % der
Menschheit, während die G7 nur 29 % des BIP und 10 % der Weltbevölkerung
ausmachen) öffnete dieser Gipfel jedoch vielen sehbehinderten Menschen
die Augen. Die Welt ist umgekippt. Sie wird nicht mehr von Washington
und London dominiert.
Übersetzung
Horst Frohlich
Korrekturlesen : Werner Leuthäusser
[1] Offizielle Website des Kasaner Gipfels.
[2] „Welche internationale Ordnung?“, von Thierry Meyssan, Übersetzung
Horst Frohlich , Korrekturlesen : Werner Leuthäusser, Voltaire Netzwerk,
7. November 2023.
[3] “XVI BRICS Summit : Kazan Declaration”, Voltaire Network, 24 October 2024.
[4] „Der „Kampf der Kulturen““, von Thierry Meyssan, Übersetzung Sabine, Voltaire Netzwerk, 4. Juni 2004.
[5] „Istanbul-Dokument“, OSZE, 1999.
https://www.voltairenet.org/article221441.html
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