USA und Nato
üben Angriffskrieg gegen Russland“ – Ex-Agent Rupp über
westliche Großmanöver
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DEUTSCHLAND
09:00 13.03.2020Zum Kurzlink
Von Tilo Gräser
Das Manöver „Defender 2020“ und andere Kriegsspiele gehören zur US-Konfrontationsstrategie gegen Russland. Über die Hintergründe hat der Ex-Nato-Mitarbeiter und Ex-DDR-Top-Agent Rainer Rupp am Mittwoch in Berlin aufgeklärt. Er hat deutlich gemacht, wie gefährlich der Aufmarsch und die Aufrüstung gegen Russland sind.
Hinter der neuen Konfrontationspolitik der führenden westlichen Staaten gegenüber Russland, aber auch gegen China, stecken alte Gedanken. Das machte Rainer Rupp, ehemaliger Top-Spion der DDR bei der Nato, am Mittwoch in Berlin deutlich. Darauf beruhen aus seiner Sicht auch die neuen US-Großmanöver mit Nato-Unterstützung wie „Defender Europe 2020“, „Cold Response 2020“ oder „Defender Pacific 2020“.
Zwar wurden diese Manöver in Folge des sich ausbreitenden neuen Corona-Virus abgesagt bzw. „eingefroren“. Dennoch bleibt das provokative Motiv dieser westlichen Militärübungen an der russischen Grenze. Das beschrieb Ex-Nato-Mitarbeiter und Ex-DDR-Kundschafter Rupp in einer Veranstaltung des Berliner Freidenker-Verbandes.
Das größte US-Manöver seit 25 Jahren mit dem Titel „Defender“ (deutsch: Verteidiger) zu versehen, erinnere an das Orwellsche „Neusprech“, das die Begriffe umdrehe. Schon das faschistische Deutschland hatte den Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 offiziell gegenüber dieser als „Verteidigungsmaßnahme“ bezeichnet. Daran erinnerte zu Beginn der Veranstaltung Klaus Linder, Landesvorsitzender der Freidenker.
Untergehende Weltmacht bedrohlich
Offiziell hat Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg behauptet, die neuen Manöver würden sich nicht gegen Russland richten. Welchem andren Zweck sonst die größte Verlegung von US-Truppen in Europa nach Osten nach Ende des Kalten Krieges dienen würde, ist fraglich. Für Ex-Nato-Mitarbeiter Rupp ist die Stoßrichtung klar: Manöver wie „Defender 2020“ gehörten zu den Angriffsvorbereitungen von USA und Nato gegenüber Russland. Angesichts dessen „sollten eigentlich überall in Deutschland die Alarmglocken klingeln“.
Doch davon sei kaum etwas zu spüren, stellte der Ex-Agent fest, der zu den Initiatoren der Bewegung „Kein Aufmarschgebiet gegen Russland“ gehört. „Für das Manöver wird hauptsächlich das Territorium des liquidierten Friedensstaates DDR benutzt“, so Rupp. „Leider scheint die Mehrzahl der jungen Linken in Deutschland, die mehr vom Bauchgefühl des Gutmenschentums als vom Kopf gesteuert ist, den Ernst der Lage zu verkennen.“ Deshalb werde oft nicht gegen das Manöver an sich, sondern dagegen protestiert, dass damit der Corona-Virus verbreitet und mehr CO2 ausgestoßen wird.
Rupp beschreib, wie sich die Manöver in das zunehmend aggressive Verhalten der USA und des Westens gegenüber Russland und China seit mehreren Jahren einfügen. Die USA verhalten sich nach seinen Worten als untergehende Weltmacht wie „ein in die Enge getriebenes Tier“. Die transatlantischen Eliten würden mit allen Mitteln versuchen, den Untergang zu verhindern. Dazu gehöre auch, dass die atomare Abrüstung einseitig aufgekündigt wurde, was aber Russland zur Last gelegt werde.
Schweigen der deutschen „Qualitätsmedien“
Wie gefährlich die US-Politik ist, machte der Nato-Experte mit dem Hinweis darauf deutlich, dass das Pentagon, das US-Kriegsministerium, Ende Februar einen Atomkrieg gegen Russland übte. Kurz danach habe US-Air-Force-General Tod Wolters, Chef des US-Europa-Kommandos, vor dem US-Senat zur Frage des Atomwaffeneinsatzes gegen Russland erklärt: „Ich bin ein Fan der Politik des flexiblen Erstschlags.“ Rupp fragte: „Hat irgendjemand eine Kritik von deutscher Regierungsseite und von den sogenannten, selbsternannten deutschen Qualitätsmedien gegen dieses nukleare Säbelrasseln unseres Verbündeten gehört oder gelesen?“
Der Ex-Nato-Mitarbeiter erinnerte nicht nur daran, dass das von US-Präsident Barack Obama verkündete Programm, die US-Atomwaffen zu modernisieren, weitergeführt wird. Auf Grundlage seiner Kenntnisse stellte er klar, dass die USA seit Jahrzehnten von einem Atomkrieg gegen Russland auf europäischem Boden ausgehen und diesen planen. Dabei seien die Armeen der anderen Nato-Staaten als „Kanonenfutter“ am Boden vorgesehen, während die eigenen Truppen möglichst geschont werden sollten. Dieses Muster zeige sich auch bei den gegenwärtigen Manövern, mit denen di Verbündeten in die US-Kriegsstrategie eingebunden würden.
Drehbuch mit altem Muster
Beleg für die aggressive Politik Washingtons gegenüber Moskau und Peking sind laut Rupp Aussagen von US-Kriegsminister Mark Esper auf der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz (MSK). Nach dessen Worten bereiten sich die USA auf „Kriege mit hoher Intensität“ mit ihrem „Hauptherausforderer China und dann Russland“ vor.
„Ich kann es nur wiederholen“, sagte Rupp dazu: „Wenn vor dem Hintergrund des immer rücksichtsloseren Verhaltens der USA rund um den Globus ein Top-Kommandeur der Nato noch betont, er sei ein Fan eines flexiblen Erstschlages, dann sollte das höchst alarmierend sein.“ Zugleich stellte er fest: „Diese existenzielle Bedrohung der Menschheit scheint aber die Führer der selbsterklärten westlichen Wertegemeinschaft überhaupt nicht zu interessieren, solange sie den Status quo mit all ihren Privilegien erhalten können.“
Dagegen sei in Moskau der aggressive Charakter der US- und Nato-Manöver erkannt worden, die als destabilisierend und nicht vertrauensbildend eingeschätzt würden. „Das ist von Washington auch so gewollt“, hob Rupp hervor. Das US-Vorgehen folge einem Drehbuch, dass die Rand-Corporation entwickelt habe. Dieses sei in dem 2019 von der mit der Rüstungsindustrie verbunden US-Denkfabrik veröffentlichten Papier „Extending Russia – Competing from Advantageous Ground“ (deutsch: „Russland überdehnen – aus vorteilhafter Lage konkurrieren“) nachlesbar.
Grundgedanken aus dem Kalten Krieg
Darin werden laut Rupp „Mittel und Wege vorgestellt, wie Russland – ohne direkten Krieg zwischen den USA und Russland – zerstört und unterworfen werden kann“. Das basiere auf intensiven Debatten in der US-Elite, nachdem die Rand-Corporation 2016 festgestellt hatte, dass die Nato im Baltikum verwundbar sei. In der Folge habe das Pentagon die Mittel zur „Verstärkung der Abschreckung an der Ostfront der Nato“ ab 2017 deutlich auf 3,4 Milliarden Dollar erhöht.
Dabei spiele eine zentrale Rolle, US-Waffen und -Truppen nach Osteuropa zu verlegen, wie es jetzt mit dem gestoppten Manöver „Defender 2020“ geübt werden sollte. Rupp zitierte aus der Rand-Studie von 2019: „Zweck des Projektes war es, unter Ausnutzung russischer Schwachpunkte eine Reihe von möglichen Maßnahmen zu untersuchen, damit sich Russland militärisch oder wirtschaftlich übernimmt oder die dazu führen, dass das politische Ansehen und der Einfluss des Regimes schade erleidet.“
Was dem Grundgedanken führender US-Kreise aus dem Kalten Krieg, die Sowjetunion „totzurüsten“, folgt, schätzt Russland falsch ein, so Rupp. Auf Sputniknews-Nachfrage meinte er, dass Russland anders als die Sowjetunion mit diesem Druck besser umgehen könne und Ressourcen habe, diesem zu widerstehen. Solche Strategiepapiere wie das der Rand-Corporation zeugten von der „geringen intellektuellen Beweglichkeit“, die er schon in seiner Zeit in der Nato auf westlicher Seite erlebt habe.
Hochgefährliches Manöver-Szenario
Dennoch halte er den Versuch, „unterhalb der Schwelle eines direkten US-Krieges, Moskau bzw. Peking doch noch in die Anerkennung der US-Vorherrschaft zwingen zu können“, für hochgefährlich. Zu diesem Versuch würden auch die provokativen Manöver gehören. Wie gefährlich diese sind belegte er mit dem Szenario für „Cold Response 2020“ in Norwegen. Dabei sollten rund 18.000 Soldaten aus zehn Nationen nach Willen der US-Planer „ein hochintensives Kampfszenario“ üben.
Die Nato-Truppen hätten eine imaginäre russische Invasion in der nordnorwegischen Finnmark an der Grenze zu Russland zurückschlagen sollen. „Für dieses Szenario braucht man aber tatsächlich viel Phantasie“, betonte Rupp. „In der Einöde Nordnorwegens gibt es auf norwegischer Seite der Grenze absolut gar nichts zu holen, was die Russen auch nur im Entferntesten interessieren und hinter dem warmen Ofen hervorlocken könnte.“
Dagegen befinde sich dort auf russischer Seite im Norden ein „wichtiger Teil der Kronjuwelen der russischen strategischen Abschreckung“. Dazu gehöre unter anderem das Hauptquartier der russischen Nordflotte und mit Murmansk einer der Heimathäfen der russischen Atom-U-Boote. „Dieses Gebiet gehört zu einem der sensibelsten militärischen Bereiche Russlands. Diese Region in einem Handstreich zu erobern ist natürlich der Wunschtraum eines jeden eingefleischten Kalten Kriegers in Washington.“
Protest gegen Nato-Aufmarsch
Dieses Gebiet für eine offensive Kriegsübung auszuwählen ist für Rupp „in höchstem Maße provokativ und gefährlich. Das müsste eigentlich jedem vernünftigen Menschen klar sein.“ Im Ernstfall würde jeder militärische Erfolg der USA und der Nato in dieser Region „unmittelbar zu einem Nuklearkrieg führen“. Die russische Verteidigungsstrategie sehe in einem solchen Fall den Einsatz taktischer Atomwaffen vor.
Der ehemalige Nato-Mitarbeiter und Ex-Spitzenagent der DDR-Aufklärung hofft vor allem auf die Bevölkerung in Ostdeutschland. Er setzt darauf, dass die Menschen dort gegen den Missbrauch des einstigen DDR-Gebietes als Aufmarschgebiet gegen Russland protestieren. „Damit können sich Viele identifizieren“, erklärte er, warum er den entsprechenden Aufruf angestoßen hat.
„Wenn es um Krieg und Frieden geht, ist mir jeder wichtig, der mitdemonstriert, auch jene, die keine anderen Interessen haben.“ Rupp machte klar: „Der Krieg ist die schlimmste Plage der Menschheit überhaupt!“
Siehe auch: Manlio Dinucci - http://www.antikrieg.com
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