Revolution mit Zukunft
Eine Konferenz in Berlin zu 100 Jahren Roter Oktober
Von Roman Stelzig | Ausgabe vom 27. Oktober 2017
Geleitet vom Anspruch, Wissen über Geschichte als Instrument zur Gestaltung der Gegenwart zu gebrauchen, veranstalteten die DKP, der Rotfuchs Förderverein und die SDAJ am 21.10. im Kino Babylon in Berlin eine Konferenz zum Thema „100 Jahre Oktoberrevolution“ unter dem Motto: „Revolution hat Zukunft“.
Und darin waren sich alle einig: Die Große Sozialistische Oktoberrevolution ist nicht nur ein Ereignis der Geschichte, sondern ein historischer Schritt in die Zukunft – vergleichbar mit der Eröffnungsszene eines Schauspiels, in dem die Masse der Ausgebeuteten die Bühne als herrschende Klasse betritt, um alle ökonomischen, sozialen und politischen Verhältnisse umzugestalten, und dessen letzter Akt noch nicht vorüber ist. „In diesem Sinne“, bewahrheitet sich das Urteil Rosa Luxemburgs, „gehört die Zukunft überall dem Bolschewismus.“
Welche tragische Rolle darin das Scheitern der deutschen Revolution spielte, hob der Historiker des Rotfuchs Fördervereins, Götz Dieckmann, hervor. Der mutige Aufbruch des russischen Proletariats gründete sich auf der Hoffnung, dass die Arbeiter Deutschlands ihm zu Hilfe kommen würden. Dass das nicht geschah, beeinflusste nicht nur die Revolution, sondern die Geschichte Europas, und Clara Zetkin bezeichnete den Faschismus später als eine Strafe für das Ausbleiben der Revolution in Deutschland. Beifall erntete Götz Dieckman für die Feststellung, dass deutsche Kommunisten dem Urteil der Geschichte nicht ehrlos ausgesetzt sind, wovon die Januarkämpfe 1919 oder der Hamburger Aufstand zeugen.
Das Mitglied des Ältestenrates der Partei „Die Linke“, Bruno Mahlow, verteidigte die Bedeutung der Oktoberrevolution vor den Angriffen des Antikommunismus. Ihre Leistungen müssen Linke würdigen und ihren Verlauf nach ihren Herausforderungen und Bedingungen beurteilen. Den Aufbau des Sozialismus in der Sowjetunion solle man verstehen als „Aufbruch in gesellschaftliches Neuland“, für den keine Konzepte bereit standen. Tragischer als Stalin sei der Zerfall des Sozialismus. Auf ähnliche Weise stellte der Autor Dietmar Dath die Machtfrage als Kern des Urteils über die Oktoberrevolution heraus. Denn „Sozialismus ohne Macht macht nichts“. Seine Geschichte habe bewiesen, dass sich die Herrschaft des Kapitalismus und seine Nachschubwege nicht zerbrechen lassen ohne politische Gewalt. Nicht nur als Ergebnis des Ersten Weltkrieges führe die Oktoberrevolution zu dem Grundsatz: Der Kampf für den Frieden muss in den Kampf für den Sozialismus münden. Sonst bricht der Kampf für den Frieden ab.
Patrik Köbele, der Vorsitzende der DKP, stellte die Rolle der Kommunistischen Partei für den Kampf um den Sozialismus heraus. Sie sei Trägerin einer Weltanschauung, aus der sich eine politische Strategie und Taktik ableitet, ohne die kein Bruch mit dem Kapitalismus möglich ist. Ohne es auszusprechen, machte er Bezüge zu aktuellen Debatten deutlich und legte wesentliche Gedanken der antimonopolistischen Strategie der DKP in der Gegenwart dar.
Eine Grußbotschaft sendete der Internationale Sekretär der Kommunistischen Partei Venezuelas, Carolus Wimmer, und ging darin auf die Situation in seiner Heimat ein. Denn die Probleme der Strategie und Taktik, die 1917 auftauchten, stehen dort auf der Tagesordnung, und ihre Fragen nach Macht und Revolution sind noch nicht gelöst. Über den Verlauf der 19. Weltfestspiele der Jugend in Sotschi berichteten Genossen der SDAJ mit einer Bildpräsentation und sparten darin nicht an deutlichen Worten, um die widersprüchliche Rolle des russischen Staates als Veranstalter kritisch zu benennen.
Kulturell begleitet wurde die Konferenz von Ellen Schernikau mit einer Lesung aus dem Werk ihres Sohnes Ronald M. Schernikau, der Rotfuchs-Singegruppe sowie Achim Bigus und Erich Schaffner, die mit einem gemeinsamen Auftritt für eine Premiere sorgten. Nicht nur die ehemaligen Mitglieder des Berliner Ensembles „Nikolai Bersarin“ wurden im Publikum beim Singen beobachtet und sorgten für eine frohe Stimmung im Saal.
Auf einer Podiumsdiskussion debattierten Ellen Brombacher von der Kommunistischen Plattform der Partei Die Linke, Wolfgang Dockhorn vom Rotfuchs Förderverein, Florian Hainrich, Bundesgeschäftsführung der SDAJ, Torsten Schöwitz, der Vorsitzende der KPD, Patrik Köbele und Bruno Mahlow unter der Moderation von Stefan Huth, Chefredakteur der „jungen Welt“, Fragen der aktuellen Politik und Bündnisarbeit. Der Wunsch nach gemeinsamem politischen Handeln kam darin genauso zum Ausdruck wie Unterschiede in der Sicht aufeinander und der Wahrnehmung der politischen Rollen verschiedener Akteure.
Bedenkt man die schweren Bedingungen und geringen Kräfte, unter denen der Oktoberrevolution an ihrem 100. Jahrestag gedacht wurde, ist die Konferenz, der ungefähr 500 Gäste beiwohnten, als großer Erfolg zu sehen, der nur möglich war durch die aufopferungsvolle Arbeit vieler Genossen. Auch wenn sich kritisch bemerken lässt, dass noch viele Widersprüche und Probleme, die mit der Geschichte der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution verbunden sind, nicht angesprochen worden sind – in ihrer historischen Bedeutung, in der optimistischen Stimmung aller Beteiligten an der Konferenz und ihrem solidarischen Handeln bei der Bewältigung praktischer Probleme liegt das Unterpfand für die Zuversicht: „Wir sind das Bauvolk der kommenden Welt. Wir sind der Sämann, die Saat und das Feld. Wir sind die Schnitter der kommenden Mahd. Wir sind die Zukunft und wir sind die Tat.
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