Dienstag, 29. April 2025

Ein Bedrohungsszenarium und die Rolle Deutschlands - Wolfgang Bittner

 Entnommen: https://rtnewsde.site/meinung/243523-berliner-koalitionsvertrag-verstoerende-offenbarung/

Von Wolfgang Bittner

Ein Bedrohungsszenarium und die Rolle Deutschlands

Seit Jahren schon befindet sich Deutschland auf einer abschüssigen Bahn in den Totalitarismus. Ein weiterer Schritt auf diesem Weg ist der Koalitionsvertrag der CDU/CSU mit der SPD vom 9. April 2025. Darin heißt es gleich zu Anfang:

"Klarheit über den richtigen Weg der nächsten Jahre erfordert zunächst Klarheit in der Standortbestimmung: Im Äußeren greifen die Gegner unserer liberalen Demokratie unsere Freiheit an. Autoritäre Mächte erstarken. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine bedroht auch unsere Sicherheit. Wir erleben hybride Angriffe auf unser Land mit dem Ziel, den Zusammenhalt in Deutschland zu zerstören, unsere Demokratie zu untergraben und unsere Sicherheit zu gefährden. Aber auch in unserem Land wird die Demokratie von ihren Gegnern täglich angegriffen."

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Allein schon diese "Standortbestimmung" verdeutlicht, wes Geistes diese Politiker sind, in deren Hände die deutsche Bevölkerung nach der Koalitionsbildung gefallen ist. Denn weder greifen äußere "Gegner unserer liberalen Demokratie unsere Freiheit an", noch bedroht der "russische Angriffskrieg gegen die Ukraine" unsere Sicherheit. Vielmehr bedroht der Kollektive Westen unter Führung der USA seit Jahren Russland, und der Ukraine-Krieg ist eine Folge existenzbedrohender Provokationen gegenüber Russland.

Es gibt auch nicht die hybriden Angriffe, von denen die Rede ist, vielmehr wird eine uns gefährdende Aggression und Hetze gegen Russland geschürt. Und von wem wird die Demokratie in unserem Land täglich angegriffen, wenn nicht von Politikern, die dabei sind, sie abzuschaffen, wie der Koalitionsvertrag in vielen Passagen beweist?

Weiter heißt es: "Im Inneren ist unsere Wirtschaft in einer anhaltenden Wachstumsschwäche. Das Leben in Deutschland ist komplizierter, teurer und anstrengender geworden." Warum das so ist, wird nicht gefragt und erst recht nicht beantwortet. Kein Wort über die gesprengten Ostsee-Pipelines und die dadurch verursachten ruinösen Energiepreise, die viele Unternehmen in die Insolvenz oder ins Ausland treiben.

Gleich darauf wird versprochen, die Regierung unter Friedrich Merz werde "Wohlstand für alle" schaffen, die Verteidigungs- und Abschreckungsfähigkeit stärken und "an der Seite der Ukraine stehen, die auch unsere Freiheit und die Prinzipien der regelbasierten Ordnung verteidigt". Das alles liest sich wie die Werbung eines Waschmittelkonzerns. Wohlstand für viele hatten wir beinahe schon, und Verteidigung oder Abschreckung waren sekundär, weil es keine potenziellen Angreifer gab. Das Bedrohungsszenarium ist erst im Zuge einer zerstörerischen Politik des Westens konstruiert worden.

Was aber verteidigt die Ukraine, die nach dem Putsch von 2014 unter das Regime von Nationalisten und Faschisten geraten ist und – angestachelt aus Washington – einen Krieg mit Russland provoziert hat? Und was ist das für eine "regelbasierte Ordnung", deren Prinzipien angeblich von der Ukraine verteidigt werden? Wer stellt die Regeln für eine derartige Ordnung auf? Ist denn die Charta der Vereinten Nationen, die das Völkerrecht im Sinne von Humanität und einem friedlichen Zusammenleben regelt, außer Kraft gesetzt? Und falls dem so ist: von wem?

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Kritiklos wird in dem Koalitionsvertrag mehrfach die Bindung zur NATO und zu den USA beschworen, auch zu Großbritannien und Frankreich; dagegen soll – in Anbiederung an Washington – die "destruktive Rolle" des "iranischen Regimes" in der Nahost-Region zurückgedrängt werden. Und Deutschland soll "wegen seiner geografischen Lage in Europa" als "zentrale Drehscheibe der NATO weiter ausgebaut" werden. Die Ausgaben für Verteidigung sollen "deutlich und stringent" steigen und für "eine Wehrerfassung und Wehrüberwachung die Voraussetzungen geschaffen werden".

Auf vielen Seiten des Papiers geht es ums Militär, um Aufrüstung, die Gegnerschaft zu Russland und die Unterstützung der Ukraine bis zum angestrebten Sieg gegen den Erzfeind in der Person Wladimir Putins.

Feindbild Russland

Die Hetze gegen Russland nimmt kein Ende. Während Wladimir Putin alles daran setzt, einen Krieg mit der NATO zu vermeiden, gehen die Provokationen der um die USA reduzierten westlichen Allianz weiter. Die Koalitionspartner sind der Ansicht: "Unsere Sicherheit ist heute so stark bedroht wie seit dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr." Das ist richtig, nicht aber die Schlussfolgerung: "Die größte und direkteste Bedrohung geht dabei von Russland aus, das im vierten Jahr einen brutalen und völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt und weiter massiv aufrüstet. Das Machtstreben von Wladimir Putin richtet sich gegen die regelbasierte internationale Ordnung."

De facto geht die größte und direkteste Bedrohung aber vom Westen aus, der seit Jahren einen Regime Change in Moskau anstrebt. Wladimir Putin hat seit seiner denkwürdigen Rede 2001 im Deutschen Bundestag immer aufs Neue die Kooperation angeboten und die Hand ausgestreckt. Er wurde zurückgewiesen, belogen (Minsker Verträge) und von den USA unter Barack Obama und Joseph Biden in einen Abnutzungskrieg mit der Ukraine getrieben.

Michail Gorbatschow hat 1990 wesentlich zur Vereinigung der DDR mit der BRD beigetragen, aber das wird heute ignoriert. Seinerzeit wurde der Zwei-plus-Vier-Vertrag abgeschlossen, der am 15. März 1991 in Kraft trat. Darin wurde erklärt, "dass von deutschem Boden nur Frieden ausgehen wird. Nach der Verfassung des vereinten Deutschland sind Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, verfassungswidrig und strafbar." Auch wurde der Verzicht auf atomare Waffen bekräftigt. Sollte das alles Makulatur sein?

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Jetzt versprechen die Koalitionspartner: "Die Ukraine werden wir umfassend unterstützen, sodass sie sich gegen den russischen Aggressor effektiv verteidigen und sich in Verhandlungen behaupten kann." Und der Verteidigungsminister sagt, Deutschland müsse bis 2029 "kriegstüchtig" sein. Das ist nichts Anderes als ein Verbrechen gegenüber der eigenen Bevölkerung und ein existenzbedrohender Irrweg.

Die Berliner Politiker haben in ihrer Mehrheit immer noch nicht realisiert, dass Donald Trump und Wladimir Putin miteinander sprechen und verhandeln, und dass die USA und Russland Frieden, mindestens aber keinen Krieg mehr wollen. Anstatt diese Situation zugunsten Deutschlands zu nutzen, zieht Friedrich Merz das eigene Land immer tiefer in die Auseinandersetzung mit Russland hinein.

Anlässlich eines Besuchs in Kiew im Dezember 2024 sagte er: "Wenn unsere Unterstützung für die Ukraine schwächer wird, dann wird dieser Krieg länger dauern. Wenn unsere Unterstützung für die Ukraine konsequent ist, dann wird dieser Krieg schneller enden." Er sprach sich dafür aus, Taurus-Marschflugkörper in die Ukraine zu liefern: "Unsere Position ist klar: Wir wollen ihre Armee in die Lage versetzen, Militärbasen in Russland zu erreichen …" Selenskij erwiderte: "Wir zählen auf stärkere, entschlossenere Taten Deutschlands, von Ihnen persönlich. Wir verlassen uns sehr darauf."

Mit Merz ist also eine Verlängerung des Ukraine-Krieges auf unabsehbare Zeit zu erwarten. Seine Bereitschaft, die ukrainische Armee mit Taurus zu beliefern, wiederholte er am 13. April 2025 in einem Interview bei Caren Miosga, in dem er auch auf seine Einstellung gegenüber dem russischen Präsidenten einging: Putin begehe "schwerste Kriegsverbrechen", er interpretiere "unsere Bereitschaft, mit ihm zu verhandeln, nicht als ernsthaftes Angebot, Frieden zu ermöglichen, sondern als Schwäche". Die ukrainische Armee müsse jetzt "aus der Defensive herauskommen" und zum Beispiel in die Lage versetzt werden, die Krim-Brücke zu zerstören.

Der Brüsseler Russland-Experte und Historiker Gilbert Doctorow warnte, Friedrich Merz mit seiner "kriegerischen Rhetorik" sei "der gefährlichste deutsche Führer seit Adolf Hitler". Er wolle Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefern und habe signalisiert, "dass die Ukraine die Taurus zur Zerstörung der Kertsch-Brücke und anderer Ziele auf der russischen Krim einsetzen dürfe". Die Russen hätten diese Aussagen sofort zur Kenntnis genommen, und sie seien "bereit, Deutschland einen vernichtenden Gegenschlag zu versetzen, wenn Merz seine Politik fortsetzt, die den schlimmsten deutschen Revanchismus widerspiegelt". Merz sei mit "seinen erklärten Plänen, Russland zu bestrafen, völlig außer Rand und Band geraten".

Auch der stellvertretende Vorsitzende des Sicherheitsrates der Russischen Föderation und ehemalige Präsident Dmitri Medwedew nannte Friedrich Merz einen Nazi, und Kreml-Sprecher Peskow beklagte einen fehlenden Willen der westeuropäischen Regierungen, "sich um Wege zu Friedensgesprächen zu kümmern". Sie seien "eher geneigt, die Fortsetzung des Krieges weiter zu provozieren".

Der persönliche Einsatz des Friedrich Merz für die Ukraine

Merz legt sich fest: Kertsch-Brücke mit Taurus zerstören und Russland ausbluten lassen
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Friedrich Merz gibt den Kiewer Machthabern mit seiner Unterstützung Auftrieb. Der ehemalige ukrainische Botschafter Andrei Melnyk, der den Faschisten Bandera verehrt und sich mit Beleidigungen und Dreistigkeiten hervorgetan hat, ist öffentlich mit einem geradezu irren Forderungskatalog an ihn herangetreten: Die Koalition möge einen Beschluss fassen "über die Finanzierung der Waffenlieferungen für die Ukraine in Höhe von mindestens 0,5 Prozent des BIP (21,5 Milliarden Euro pro Jahr) oder 86 Milliarden Euro bis 2029. … Die gleiche 0,5-Prozent-Regelung initiieren und durchführen auf EU-Ebene (372 Milliarden Euro bis 2029)" sowie "die sofortige Lieferung von 150 Taurus-Marschflugkörpern" und "30 Prozent der verfügbaren deutschen Kampfjets und Hubschrauber".

Es ist davon auszugehen, dass solche Forderungen nicht ohne Absprache mit Selenskij gestellt werden. Deutlicher lässt sich der Wahnsinn, der von der Kiewer Kriegsregierung ausgeht, nicht darstellen. Entlarvend ist die Belobigung, die Merz von Melnyk erfährt: "Sie wissen, wie sehr ich – als langjähriger Botschafter – den vertraulichen Austausch mit Ihnen als CDU-Vorsitzender und CDU/CSU-Fraktionschef im Bundestag immer geschätzt habe. Es wäre keine Übertreibung zu sagen, dass es uns im April 2022 dank Ihres persönlichen Einsatzes und dem massiven Druck seitens der Opposition im Parlament gelungen ist, Kanzler Scholz und die Ampel dazu zu bewegen, nach langem Zögern schwere Waffen an die Ukraine zu liefern. Auch Ihr mutiger Besuch in Kiew Anfang Mai 2022 – als erster deutscher Staatsmann – war ein starkes Zeichen, um die damalige Bundesregierung anzuspornen, der Ukraine viel stärker militärisch unter die Arme zu greifen."

Dem entspricht der folgende Passus im Koalitionsvertrag: "Die Ukraine als starker, demokratischer und souveräner Staat, der eigenständig und mit euro-atlantischer Perspektive über seine Zukunft bestimmt, ist von zentraler Bedeutung für unsere eigene Sicherheit. Wir werden deshalb unsere militärische, zivile und politische Unterstützung der Ukraine gemeinsam mit Partnern substanziell stärken und zuverlässig fortsetzen. Wir werden uns im engen Schulterschluss mit unseren Partnern für eine gemeinsame Strategie hin zu einem echten und nachhaltigen Frieden einsetzen, in dem die Ukraine aus einer Position der Stärke und auf Augenhöhe agiert. Dazu gehören auch materielle und politische Sicherheitsgarantien für eine souveräne Ukraine. Deutschland wird sich an dem Wiederaufbau der Ukraine beteiligen."

Merz und seinen Koalitionspartnern scheint völlig entgangen zu sein, oder sie wollen es einfach nicht wissen, dass die Ukraine ein ruinierter Staat (failed state) ist, dessen Machthaber ihre zum Teil zwangsrekrutierten Soldaten unter der Regie westlicher Bellizisten bis zur letzten Patrone gegen Russland kämpfen lassen wollen. Dass die Atommacht Russland nicht besiegt werden kann, ist den Anstiftern fremd, und sie planen bereits ihre Geschäfte beim Wiederaufbau der zerstörten Gebiete.

Wenn es im Koalitionsvertrag heißt, "das Ziel unserer Außen- und Sicherheitspolitik ist die Bewahrung eines Friedens in Freiheit und Sicherheit", sind das – wie aus den weiteren Absichtserklärungen hervorgeht – nichts als hohle Worte. Das gilt auch für das Bekenntnis zur NATO, das besonders hervorgehoben wird, ebenso wie zu den USA und zu Großbritannien: "Das transatlantische Bündnis und die enge Zusammenarbeit mit den USA bleiben für uns von zentraler Bedeutung. Wir stärken die Handlungsfähigkeit Europas, vertiefen bestehende strategische Partnerschaften, bauen insbesondere mit Ländern des Globalen Südens neue auf und unterstützen multilaterale Formate mit ganzer Kraft … Das Vereinigte Königreich ist einer der engsten Partner der EU und Deutschlands – bilateral und im Rahmen der NATO."

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Es ist fraglich, ob die Länder des Globalen Südens an strategischen Partnerschaften mit Kriegshetzern interessiert sind. Und transatlantisches Bündnis und enge Partnerschaft mit den USA? Offensichtlich haben Merz und seine Partner noch nicht begriffen, dass es sich damit seit der Präsidentschaft von Donald Trump um eine Schimäre handelt und sich Deutschland immer noch im Status einer bedingungslosen Kapitulation befindet und nach der UN-Charta ein Feindstaat gegenüber den Gegnern des Zweiten Weltkriegs ist, also auch gegenüber Russland.

Hinzu kommt in vielen Aussagen eine unglaubliche Impertinenz und Schamlosigkeit. Da heißt es beispielsweise: "Wir suchen in Abstimmung mit unseren Partnern nach Möglichkeiten, das eingefrorene russische Staatsvermögen zur finanziellen und militärischen Unterstützung der Ukraine wirtschaftlich zu nutzen." Was bedeutet das anderes, als Diebstahl, und zwar mit schwerwiegenden Folgen für die Sicherheit des globalen Finanzsystems. Damit wird das ohnehin schon rückläufige Vertrauen in die westlichen Pseudodemokratien endgültig verspielt.

Bedrohliche Vorstellungen zur Innenpolitik

Auch zur Innenpolitik enthält der Koalitionsvertrag in dem Kapitel "Bürokratierückbau, Staatsmodernisierung und moderne Justiz" äußerst brisante Ankündigungen. Es beginnt mit einer Floskel: "Die Modernisierung braucht neue Impulse. Die Koalition will in den kommenden vier Jahren zeigen, dass Deutschland zurück ist. Dafür müssen wir in vielen Bereichen besser werden und staatliche Entscheidungen, Prozesse und Strukturen modernisieren. Wir wollen als Bundesregierung zeigen, dass es geht, und vorangehen."

Dann aber heißt es: "Deutschland braucht eine echte Staatsreform." Und weiter: "Wir setzen auf konsequente Digitalisierung und 'Digital-Only': Verwaltungsleistungen sollen unkompliziert digital über eine zentrale Plattform ('One-Stop-Shop') ermöglicht werden, das heißt ohne Behördengang oder Schriftform. Jeder Bürger und jede Bürgerin erhält verpflichtend ein Bürgerkonto und eine digitale Identität. Wir werden die EUDI-Wallet für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen bereitstellen, mit der Identifikation, Authentifizierung und Zahlungen ermöglicht werden. Wer den digitalen Weg nicht gehen will oder kann, erhält Hilfe vor Ort."

Das klingt nach einem Schafstall, in dem jedes Schaf eine Marke ins Ohr gestanzt bekommt, auf der sämtliche persönliche Daten gespeichert sind. Der Wirtschaftsjournalist und Handelsblatt-Redakteur Norbert Häring schreibt dazu: "'Digital only' bedeutet, dass die althergebrachten Möglichkeiten zum Erhalt staatlicher Leistungen und von Beförderungsleistungen, sowie zur Erfüllung der vom Staat auferlegten Pflichten systematisch beseitigt werden, um die Menschen zu zwingen, ihre Angelegenheiten auf digitalem, automatisiert abzuwickelndem Weg zu erledigen. Das gilt denknotwendig auch für das Bezahlen, wo das Bargeld zu den abzuschaffenden analogen Lösungen gehört. Das bedeutet nicht nur, dass die Bürger lückenlos überwachbar werden. Es bedeutet auch, dass sie sich komplett an das System anpassen müssen, das die Bürokraten zusammen mit den Technokraten erdacht und programmiert haben."

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Häring befürchtet eine dystopische Entwicklung: "Das System bietet keine Menschen als Ansprechpartner mehr auf, die dafür sorgen können, dass es sich flexibel an die Bedürfnisse der Menschen anpasst, auch an Menschen mit speziellen Bedürfnissen, an die die Programmierer nicht gedacht haben, und an solche in speziellen Situationen. Mit anderen Worten: Die neue Regierung arbeitet intensiv an der Verwirklichung des Technokratentraums einer zentral gesteuerten Gesellschaft, aus der der Mensch als autonomer Entscheidungsträger eliminiert und stattdessen zu einem funktionierenden Rädchen in einer zentral gesteuerten sozialen Megamaschine gemacht wird."

Die Ankündigung eines verpflichtenden Bürgerkontos und einer digitalen Identität ist in der Tat beängstigend. Denn damit könnten staatliche Institutionen über alle Informationen sämtlicher Bürger verfügen. Wenn diese Informationen dann noch genutzt werden, "um auf mögliche Leistungsansprüche hinzuweisen und die Beantragung zu vereinfachen", gibt es keine Privatsphäre mehr. In vorgetäuschter Fürsorge bieten die Koalitionspartner an: "Wir werden dabei zunehmend antragslos arbeiten. Etwa nach der Geburt eines Kindes sollen Eltern automatisch einen Kindergeldbescheid erhalten."

Antragslos kann der Staat also Leistungen gewähren – folglich kann er sie aber auch aberkennen. Er kann den Bürgern helfen, er kann sie sogar vor "Desinformation" oder "Hass und Hetze" schützen, er kann sie aber auch von Informationen abschneiden, desinformieren, rügen, sanktionieren und bei Unbotmäßigkeiten bestrafen. Der Staat weiß alles, bedeutet das, und er kann damit nach Belieben umgehen. Das ist dann der Orwellsche Überwachungsstaat in Perfektion.

Dementsprechend wollen die Koalitionspartner einen "Kulturwandel und moderne Führung" einleiten, offenbar mit einer Führungselite: "Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sind Stabilitätsanker des deutschen Staates. Wir werden eine moderne und wertschätzende Führungskultur etablieren und fördern." Nachdem in höchst unsicheren Zeiten inzwischen viele Menschen Sicherheit im öffentlichen Dienst suchen, werden diese privilegierten Bürger dann die Herden anführen, die mit den Politikern, die einen derartigen Koalitionsvertrag abschließen, auf die Straße gehen, um für Demokratie oder Parteiverbote zu demonstrieren. Die Teilung der Gesellschaft schreitet schon länger voran, staatlich gelenkt könnte es explosiv werden. Aber dagegen wird sich gewappnet.

Dazu passt die Ankündigung: "Was die Feinde der Demokratie angeht, gilt der Grundsatz 'Null Toleranz'. Es ist die gesamtstaatliche und gesellschaftliche Verantwortung, jedweder Destabilisierung unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung entgegenzuwirken und dabei auch unsere Sicherheitsbehörden nicht allein zu lassen … Die Sicherheitsbehörden sollen für bestimmte Zwecke eine Befugnis zur Vornahme einer automatisierten (KI-basierten) Datenanalyse erhalten. Unter bestimmten, eng definierten Voraussetzungen bei schweren Straftaten wollen wir den Strafverfolgungsbehörden eine retrograde biometrische Fernidentifizierung zur Identifizierung von Täterinnen und Tätern ermöglichen."

Die problematische "biometrische Fernidentifizierung" wird demnach voraussichtlich Standard werden und die Verfolgung Andersdenkender unter dem Vorwand gesellschaftlicher Verantwortung zunehmen. Denn erfahrungsgemäß haben sich die Sicherheitsorgane weitgehend verselbständigt, Demokratiefeindschaft sowie "eng definierte Voraussetzungen" sind auslegbar, und unter "Destabilisierung unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung" können bereits systemkritische Äußerungen in Internetforen oder im geheimdienstlich kontrollierten privaten Mailverkehr fallen.

Die Kontrolle soll intensiviert werden: "Wir verschärfen die Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Plattformen, insbesondere bei systemischen Mängeln bei der Entfernung strafbarer Inhalte." Zu diesem Zweck soll die Medienaufsicht gesetzliche Vorgaben erhalten, anhand derer sie gegen "Fake News, Hass und Hetze" verstärkt vorgehen kann. Was als Desinformation aufgefasst wird, sollen die Social-Media-Plattformen aktiv bekämpfen, andernfalls drohen Strafen oder Sperrung. Regierungskritik wird also noch riskanter werden, zumal Denunziation und Meinungsmache gegen Kritiker zum Programm gemacht werden: "Die Unterstützung von Projekten zur demokratischen Teilhabe durch das Bundesprogramm 'Demokratie leben!' setzen wir fort."

Der Koalitionsvertrag: Es wird weiter gefaesert (Teil II)
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Der Koalitionsvertrag: Es wird weiter gefaesert (Teil II)
Deutschland soll eine "KI-Nation" werden, und die Sicherheitsbehörden sollen "KI-basiert" Daten analysieren dürfen, wobei offenbar auf Datenschutz verzichtet werden kann. Dafür braucht es dann wohl ein "offeneres und positiveres Datennutzungsverständnis", das anempfohlen wird. Für diejenigen, die sich verweigern oder ausscheren, gilt dann: "Im Rahmen der Resilienzstärkung unserer Demokratie regeln wir den Entzug des passiven Wahlrechts bei mehrfacher Verurteilung wegen Volksverhetzung."

Das Koalitionspapier wendet sich auch der Migration und Integration zu: "Deutschland als Einwanderungsland ist geprägt von Menschen unterschiedlicher Herkunft. Wir wollen ein einwanderungsfreundliches Land bleiben und eine qualifizierte Einwanderung in unseren Arbeitsmarkt attraktiv machen." Zu diesem Zweck seien legale Zugangswege zu schaffen. Die Integration soll intensiv gefördert werden, dagegen müsse die irreguläre Migration "reduziert" und Zurückweisung an den Staatsgrenzen auch bei Asylgesuchen ermöglicht werden.

Wieder viele hohle Worte und nur bescheidene Ansätze zur Lösung der wachsenden Probleme, die durch eine rechtswidrige "Einwanderungspolitik" entstanden sind. Deutschland ist nicht, wie die USA, Kanada, Australien oder Neuseeland, ein Einwanderungsland, es ist ein Zuwanderungsland und dieser Fehler der Merkelschen Migrationspolitik sollte endlich erkannt und behoben werden. Wenn jedes Land, in das Menschen aus anderen Bereichen der Welt einwandern wollen, ein Einwanderungsland wäre, dann würde zum Beispiel auch die Schweiz dazu gehören. Aber das würden die Schweizer sicherlich strikt ablehnen.

Der Weg in eine ungewisse Zukunft

Der Koalitionsvertrag soll Klarheit über den richtigen Weg der nächsten Jahre bringen. Stattdessen offenbart er beunruhigende, bedrohliche und zum Teil erschreckende Absichten einer politischen Gruppe, die sich anmaßt, die Bürger wie in einem Figurentheater zu lenken, zu kujonieren, zu überwachen und womöglich in einen Krieg zu führen. Darauf, das in die Wege zu leiten, sind die Koalitionspartner stolz.

Friedrich Merz, bis 2020 Aufsichtsratsvorsitzender der BlackRock Asset Management Deutschland, der die Ukraine mit Taurus-Marschflugkörpern beliefern will, sieht sich offenbar schon als oberster Kriegsherr im Kampf gegen Russland. Und der bisher eher farblose Co-Vorsitzende der SPD, Lars Klingbeil, renommiert: "Wir sind das wichtigste Land und das stärkste Land in Europa, und von uns geht Stabilität aus, wenn wir es hinkriegen, hier eine stabile Regierung zu haben."

Aber kaum war der Koalitionsvertrag unterzeichnet, gab es zwischen den Partnern schon Streit um den Mindestlohn und die Senkung der Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen. Und Stabilität in einem Land, das sich gerade selbst ruiniert? Großmachtstreben in einem Land, das sich nach wie vor als potenzieller Feindstaat im Status einer bedingungslosen Kapitulation befindet?

Klingbeil und Merz wollen die Ukraine in ihrem Krieg weiter mit Waffen und Geld unterstützen, und es ist davon auszugehen, dass Klingbeil sich letztlich der Absicht von Merz in der Taurus-Frage anschließen wird, obwohl die überwiegende Meinung in der SPD dagegen ist. Seinen geistigen Standort verrät er, wenn er sagt: "Ich war dabei – was ein echt bewegender Moment war – als der erste ukrainische Soldat einen Schuss mit einem Leopard-2-Panzer abgegeben hat" (RT DE berichtete).

Lars Klingbeil: ein neuer Tiefpunkt in der Geschichte der SPD
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Der Sohn eines Bundeswehrsoldaten, der in der Garnisonsstadt Munster aufwuchs, hält sich offensichtlich für einen begnadeten Politiker, wenn er von seiner "verdammt hohen Verantwortung" spricht und sinniert: "Ich glaube, wir sind gerade in einer historischen Phase, auf die man zurückguckt in zwanzig Jahren und sich fragt, hat man damals die richtigen Entscheidungen getroffen und die Weichen richtig gestellt." Er scheint, ebenso wenig wie sein Koalitionspartner, zu begreifen, wie sehr sie der Demokratie schaden und was sie "unserem Land" von dem sie ständig sprechen, antun.

Der Schriftsteller und Publizist Dr. jur. Wolfgang Bittner ist Autor zahlreicher Bücher, u.a. "Die Eroberung Europas durch die USA" und "Deutschland – Verraten und verkauft". Kürzlich ist im Verlag zeitgeist sein Buch "Niemand soll hungern, ohne zu frieren. So wie es ist, kann und wird es nicht bleiben" erschienen.


Donnerstag, 24. April 2025

Es wird kein Friedensabkommen mit der Ukraine geben - LZ

 Entnommen: https://linkezeitung.de/2025/04/24/es-wird-kein-friedensabkommen-mit-der-ukraine-geben/

Es wird kein Friedensabkommen mit der Ukraine geben

VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 24. APRIL 2025 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR

von Paul Craig Roberts – http://www.antikrieg.com

Es kann kein Friedensabkommen geben, wenn Präsident Trump nur vorschlägt, dass Russland die Krim behält, die es nicht im Krieg bekommen hat, sondern durch ein einstimmiges Votum der Krim-Bevölkerung für die Wiedervereinigung mit Russland, von dem die Krim abgetrennt worden war.

Trump hat den russischen Donbass, der ebenfalls für die Rückgabe an Russland gestimmt hat, und die anderen russischen Gebiete, die von russischen Streitkräften befreit und wieder in Russland eingegliedert wurden, nicht in die Vereinbarung einbezogen.

Mit anderen Worten: Außer der Krim hat Präsident Trump Präsident Putin bisher keines der ehemaligen russischen Gebiete angeboten, die jetzt wieder zu Russland gehören. Soll das heißen, dass Putin der Ukraine das Gebiet zurückgeben muss, aus dem russische Soldaten ukrainische Soldaten vertrieben haben? Waren Putins mehr als drei Jahre Krieg also völlig umsonst?

Zelensky selbst, der von Trump als ukrainischer Staatschef behandelt wird, obwohl seine Amtszeit abgelaufen ist und er rechtlich und verfassungsmäßig nicht mehr Präsident der Ukraine ist, erklärt, dass er über die Anerkennung der Krim als russisches Hoheitsgebiet nicht einmal diskutieren wird: Die Krim „ist unser Territorium, das Territorium der Menschen in der Ukraine. Wir haben über dieses Thema nichts zu reden.“

Um zu verstehen, wie absurd Zelensky ist, sollte man bedenken, dass die Krim seit dem Jahr 1700 der Stützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte ist, Russlands Zugang zum Mittelmeer.

Da Zelensky ein Veto einzulegen scheint, hat selbst Trumps Teilzugeständnis an Russland keine Chance.

Trump droht, dass er die Verhandlungen abbrechen wird. Das wäre eine gute Sache, wenn er amerikanische Waffen und Geld mitnimmt.

Zelensky bliebe es überlassen, mit Putin zu verhandeln, was vielleicht eine leichte Aufgabe ist, da Putin und Lawrow weiterhin für Verhandlungen plädieren und dabei ihre Verantwortung vernachlässigen, einen Krieg zu gewinnen, der in den USA und Europa schon viel zu lange andauert. Es scheint, dass Zelensky sich darauf verlässt, dass Großbritannien und Frankreich ihre Truppen schicken, um den Kampf gegen Russland fortzusetzen. Der französische Präsident spricht davon, den nuklearen Schutzschirm Frankreichs auf die Ukraine auszudehnen.

Putin und Lawrow scheinen eine Verhandlungslösung einem militärischen Sieg vorzuziehen. Würde der Kreml ein Abkommen akzeptieren, das von Russland verlangt, Erfolge auf dem Schlachtfeld aufzugeben, die mit einem hohen Preis an russischem Leben errungen wurden, dem Leben junger Männer, die verloren gegangen sind und für die Schaffung der benötigten russischen Bevölkerung nicht zur Verfügung stehen? Ist es Putins Hoffnung auf ein Großmachtabkommen, die den Konflikt in die Länge gezogen hat?

Ein Großmachtabkommen kommt nur unter Großmächten zustande, aber Präsident Putin hat den Westen davon überzeugt, dass Russland unentschlossen ist, keine Gewalt anwenden will und nur eine Verhandlungslösung für den Konflikt mit der Ukraine wünscht, für die Putin fast jeden Preis zahlen würde, egal wie groß die Demütigung ist.

Die Unfähigkeit Russlands, einen Krieg mit der Ukraine nach mehr als drei Jahren Kampf zu einem siegreichen Ende zu bringen, macht die Anerkennung Russlands als Großmacht für den Westen zunichte. Selbst Großbritannien und Frankreich trauen sich zu, Russland zu bekämpfen. Mehrere NATO-Länder erklären, dass sie sich auf einen Krieg mit Russland vorbereiten. Die baltischen Staaten verbieten sogar den russischen Schiffsverkehr.

Putins Kriegsführung hat den Westen davon überzeugt, dass er unentschlossen und kampfunwillig ist. Putin steht vor der Wahl: Kapitulieren oder einen Sieg erringen und den Frieden erzwingen.

erschienen am 23. April 2025 auf > Paul Craig Roberts‘ Website > Artikel


Sonntag, 20. April 2025

Russland und Iran - eine multipolare Achse - LZ

 Entnommen: https://linkezeitung.de/2025/04/20/die-multipolare-achse-russland-und-iran-bekraeftigen-strategische-allianz-nach-dem-vorbild-der-partnerschaft-zwischen-moskau-und-peking/

Die multipolare Achse: Russland und Iran bekräftigen strategische Allianz nach dem Vorbild der Partnerschaft zwischen Moskau und Peking

VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 20. APRIL 2025 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR


von Lucas Leiroz – https://strategic-culture.su

Übersetzung LZ

Das neue Abkommen bringt den Prozess der Schaffung eines formellen multipolaren Systems voran.

Am 16. April hat der russische Föderationsrat den Vertrag über eine umfassende strategische Partnerschaft mit der Islamischen Republik Iran ratifiziert, der von großer geopolitischer Bedeutung ist. Der Vertrag, der zunächst für 20 Jahre mit der Möglichkeit der Verlängerung gilt, besiegelt formell, was sich hinter den Kulissen bereits konsolidiert hat: eine solide, multidimensionale und zutiefst strategische Allianz zwischen Moskau und Teheran.

Dieses Abkommen ist mehr als nur eine Formalisierung freundschaftlicher Absichten. Es stellt eine institutionelle Konsolidierung einer Achse dar, die neben der bereits bestehenden umfassenden Partnerschaft zwischen Russland und China einen multipolaren Block bildet, der sich der zerfallenden westlichen Hegemonie widersetzt. Die Triade Moskau – Peking – Teheran ist nicht mehr nur eine informelle Vereinbarung, sondern eine politische, militärische und wirtschaftliche Architektur mit soliden Grundlagen, gemeinsamen Prinzipien und einer gemeinsamen strategischen Vision.

Ein Pakt, der über die symbolische Diplomatie hinausgeht

Der Vertrag, der im Januar dieses Jahres von Wladimir Putin und dem iranischen Präsidenten Masoud Pezeshkian persönlich vereinbart wurde, geht weit über zeremonielle Protokolle hinaus. Er legt konkrete Mechanismen für die Zusammenarbeit in den Bereichen Verteidigung, Sicherheit, Verkehr, Energie, Wissenschaft, Kultur und internationale Beziehungen fest. Einer der strategisch wichtigsten Punkte ist die Klausel, die es beiden Parteien untersagt, die jeweils andere Partei in irgendeiner Form bei einer militärischen Aggression zu unterstützen, wodurch eine solide Plattform für die Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich geschaffen wird.

Die Betonung der gemeinsamen Entwicklung des internationalen Nord-Süd-Verkehrskorridors, der Russland über iranisches Territorium mit dem Persischen Golf verbindet, stellt ebenfalls einen bedeutenden Schlag gegen die logistische und kommerzielle Hegemonie des Nordatlantiks dar. Dieses Infrastrukturprojekt in Verbindung mit Chinas Gürtel- und Straßeninitiative verschiebt die Gravitationszentren des Welthandels in Richtung der eurasischen Achse.

Ähnlichkeiten mit der Partnerschaft zwischen Moskau und Peking

Das Abkommen mit dem Iran spiegelt direkt die Grundlagen der umfassenden Partnerschaft zwischen Russland und China wider, die in den letzten Jahren als koordinierte Antwort auf die NATO-Erweiterung, die militärische Einkreisung der USA im Indopazifik und die wirtschaftliche Militarisierung durch Sanktionen geschaffen wurde. Genau wie mit Peking vereinbaren Moskau und Teheran nun eine „langfristige, gleichberechtigte und für beide Seiten vorteilhafte“ Zusammenarbeit.

Diese Symmetrie zwischen den Abkommen ist nicht zufällig. Sie spiegelt eine gemeinsame strategische Planung wider, die auf der Stärkung des Multilateralismus, der Ablehnung äußerer Einmischung und dem Aufbau einer multipolaren Weltordnung beruht – in der die Machtzentren nicht mehr in Washington, London oder Brüssel konzentriert sind.

Ende der Abhängigkeit vom Westen

Bei der Unterzeichnung des Vertrages machte Pezeshkian deutlich, dass Moskau und Teheran in der Lage sind, ihre eigene Sicherheit zu gewährleisten und die Zusammenarbeit auszubauen, ohne sich auf Dritte zu verlassen. Die Botschaft ist unmissverständlich: Die großen Zivilisationen des Ostens werden es nicht länger hinnehmen, als bloße Spielfiguren des Westens behandelt zu werden. Russland, China und der Iran haben verstanden, dass die Stärkung ihrer bilateralen und trilateralen Partnerschaften ein natürliches Gegenmittel zu wirtschaftlicher Erpressung, hybrider Kriegsführung und direkter oder indirekter Aggression durch die derzeitigen Machtzentren darstellt.

Eine neue Ordnung im Entstehen

Die Ratifizierung des Vertrages ist ein weiterer wichtiger Schritt zur Konsolidierung einer neuen internationalen Ordnung. Sie wird nicht mehr durch das einseitige Diktat einer erschöpften Macht bestimmt, sondern ist in Blöcken gemeinsamen Interesses, gegenseitiger Achtung zwischen souveränen Nationen und aktiver Ablehnung des finanziellen und militärischen Neokolonialismus verankert.

Es ist noch zu früh, um alle Folgen dieses Vertrags vorherzusagen, aber eines ist sicher: Die Welt, die aus diesem neuen Bündnis hervorgeht, wird sich radikal von der unterscheiden, die von den Architekten Washingtons nach 1991 gestaltet wurde. Das 21. Jahrhundert gehört nicht mehr dem Westen – es wird still und fest von einem Bündnis gestaltet, das nicht um Erlaubnis bittet, zu existieren.

https://strategic-culture.su/news/2025/04/19/multipolar-axis-russia-iran-confirm-strategic-alliance-theimage-of-moscow-beijing-partnership/

Dienstag, 15. April 2025

UNVERGESSENES - Leseproben - (Folge 3) - Harry Popow

 

ZUR BESINNUNG ...

 
UNVERGESSENES:
 
VOR DEM 80. JAHRESTAG DER BEFREIUNG
 
Leseproben aus
 
dem Buch
 
„VOLLTREFFER“
 
SEITE 39



1945: Weiße Armbinden

Donnerwetter, so ein Glück, sagen Mama und Papa, als sie ihr Mietwohnhaus in Berlin–Schöneberg unzerstört wiedersehen. Hier hat die Familie vor der Evakuierung gewohnt. Aber deren Wohnung in der dritten Etage links ist inzwischen besetzt, die Ziebells dürfen in die zweite Etage rechts. Aber noch heulen herzzerreißend und furchterregend die Sirenen. Nacht für Nacht, manchmal auch tagsüber. Sie müssen im Keller bleiben. Provisorisch sind Bettgestelle aufgebaut, manchmal liegen nur Matratzen da. Brot auf Zuteilung, gleich für mehrere Tage. Wenn irgendwo Bomben heulend und krachend in Häuser schlagen und die Erde bebt, dröhnt und stöhnt, dann bleibt das Herz stehen vor Angst. Jede Sekunde kann es auch das eigene Miethaus erwischen, jede Minute ...

Papa muss nun doch noch an die Front, zum Volkssturm, wie er sagt. Nach drei Tagen ist er wieder da. Dort, wo er sich melden sollte, seien schon die Russen. Wie froh die Kinder sind ... Henry hört, wie er Mama von Menschen berichtet, die an Laternen aufgehängt wurden, an ihnen ein Schild mit der Aufschrift: Ich bin ein Verräter. Es ist alles so schrecklich und gruselig. Eines Nachts nimmt Papa seinen Größten mit aufs Dach des Hauses. Der Ängstliche sieht die langen bläulich-weißen Strahlen der Scheinwerfer, die den Himmel nach Flugzeugen abtasten. Dann schrillen wieder die Sirenen. Henry schaut tapfer und zitternd. Papa lässt ihn wieder frei und Mama schimpft unten im Keller.
Nach vielen, vielen Tagen stehen an der Kellertür Soldaten, später erfährt Henry, es waren Mongolen. Sie wollen irgendetwas. Man holt Mama, sie sei doch Russin. Die Soldaten wollen nur etwas Tee, doch zuvor muss sie einen Schluck nehmen. Das ist selbstverständlich, sagt Mama, sie müssen vorsichtig sein, sind natürlich misstrauisch. Es muss der neunte Mai gewesen sein, Henry streift sich nach dem Aufstehen soeben lange Strümpfe über, da sagt seine Mutter ganz leise, als würde sie es noch nicht glauben, den folgenschweren Satz: „Ab heute ist Frieden.“ Sie drückt ihren Ältesten und hat Tränen in den Augen ...

Elektrischen Strom gibt es vorläufig nicht. Papa stellt ein Fahrrad in den Flur und auf den Kopf, drückt den Dynamo an die Reifen, legt Leitungen in die Küche und in die Wohnstube, und Henry darf die Pedalen schwingen. Die Lämpchen glimmen auf. Die Kinder sind stolz auf Papas Erfindungsgeist. Und froh und neugierig machen Henry, Sophia und Axel die Erzählungen von Mama über ihr Russland: über die Datsche ihrer Tante, über die Blumen, über Tanten, über deren Kuchen, über das viele Spielzeug von Mama, das man auf einem Foto sehen kann. Ihre Heimat darf den Kindern nun näher kommen, sie wird so vertraut werden, dass die Kinder sich wünschen, bald nach Moskau zu ziehen, so träumen sie von einer glücklichen Zukunft, die ihnen die warmherzigen Worte ihrer  Mutter eingibt. Das gräbt sich in Henrys Bewusstsein so fest ein, dass er in der Schule die Sowjetunion als „schon immer gut“ verteidigen wird gegen die Behauptung, sie hätte erst einmal eine Revolution machen müssen, bevor sie ganz prima wurde.

Bei Ziebells herrscht kurz darauf trotz der Freude über den Frieden schmerzliche Trauer. Berno, der zweijährige Bruder, hat Lungenentzündung, und, er schafft es nicht. Unser Bruder! Mama ist kraftlos auf den Fußboden gesunken im Hausflur und schluchzt und schluchzt herzzerreißend, die Kinder zittern und heulen. Damit nicht genug: Arnold, der jüngste, hat Keuchhusten. Er wird an den Beinen nach oben gehalten, wird mit Fett (Margarine oder?) eingerieben. Wie durch ein Wunder – er wird gerettet. Langsam erobern die Kinder der Ziebells wieder die Straße. Aber vor die Haustüre treten darf nur, wer eine weiße Armbinde trägt. Henry hat keine, will aber wissen, wie weit er sich hinauswagen darf. Also schneidet er sich zwei Streifen weißes Papier zurecht, befestigt sie an beiden Oberarmen. Tür auf und mal sehen, was da passiert. Er dreht seine Arme aber nach hinten. Auf der anderen Straßenseite hockt in einer Hausruine ein Soldat. Henry sieht den Lauf einer Waffe, der sich nach oben bewegt, direkt auf Henry. Der kriegt Schiss. Da streckt er seine zwei Arme mit den Binden vor. Der Lauf senkt sich wieder. Der Junge holt tief Luft, er ist fast stolz auf seine Mutprobe und dass er die geforderten Binden vorzeigen konnte. Mit paar Freunden zieht er zur nächsten Straßenecke. Dort war mal eine Panzersperre. Die sollte den „Feind“ aufhalten. Doch die Kinder sehen nur einen zerschossenen und niedergewalzten Trümmerhaufen. Knorke, wie die Russen das gemacht haben, bestätigen sie sich gegenseitig. In den Ruinen stinkt es. Brandgeruch. An einer Pumpe holen sich die Leute Wasser. Ein russisches Pferdefuhrwerk hält, Soldaten verteilen Schwarzbrot. „Chleb“ heißt das Brot, sagt die  Mutter. Sie ist so stolz auf ihre Landsleute, auf ihr großes Land. Und wieder muss sie davon berichten, von blühenden Bäumen im Garten ihrer Tante bei Moskau, von einem Bild voller Schönheit, wo das Edle und Gute zu Hause sind. Die Kinder glauben fest an ihre Erzählungen, besonders der Henry, der ewige Träumer. ein Bedürfnis nach Harmonie, nach Menschlichkeit, für Visionen ...


Format: 12 x 19 cm, Seitenanzahl: 484, ISBN: 111-2-0000-0001-6, 
Erscheinungsdatum: 23.09.2024 - EUR 36,95 
als Buch (https://www.united-pc.eu/home.html)











Samstag, 12. April 2025

UNVERGESSENES - (FOLGE 1) Leseproben - Harry Popow

ZUR BESINNUNG 

 

-- UNVERGESSENES:

VOR DEM 80. JAHRESTAG DER BEFREIUNG
Leseproben aus
dem Buch
„DER TRAUM
vom
MORGENROT“
SEITE 28

Ohrfeige für Henry

Kindheits- und Jugenderinnerungen der Mutter Tamara, und nicht nur ihre ... Henry erinnert sich: Ja, da war jenes Dorf Stemmnitz in Pommern, von dem seine Mutter schrieb. Es war ein kleines Dorf an der Wipper, nördlich von Schlawe, heute Slavno, das Henry und seine Geschwister Sophia, Axel und Berno in den Jahren 1942/43 kennenlernen sollten. Sie wohnten in Berlin-Schöneberg in der Wartburgstraße. Berlin lag wohl schon zunehmend unter dem Bombenhagel der Allierten. Jedenfalls wurden Frauen mit Kindern evakuiert. Die Eltern wählten Stemmnitz, da dort Verwandte des Vaters lebten. Eines Nachts mussten die Kinder sehr früh aus den Betten. Etwa um zwei Uhr. Knapp drei Stunden später sollte der Zug nach Stettin fahren. Ein Taxi brachte die Familie, auch Oma Emma, zum Stettiner Bahnhof: Regennässe. Kopfsteinpflaster. Ein verdunkeltes Bahnhofsgebäude. Zugqualm. Pfeiftöne. Müdigkeit. Man fror. Endlich Abfahrt. Umsteigen in Stettin. Wie lange waren sie unterwegs? Henry weiß es nicht mehr. Nur soviel, dass sie auf einem sehr abgelegenen kleinen Bahnhof ausstiegen. Soweit er sich erinnern kann, stand mitten im Dorf eine weiße Kirche mit einem hohen und schlanken Turm, die Straße führte rechts und links vorbei. Bauernhäuser mit riesigen Gehöften, mit Stallungen und großen Misthaufen. In der Nähe eine alte Windmühle. Die Familie kam auf einem Bauernhof in den oberen zwei Zimmern unter. Kopfsteinpflaster auf dem großen Hof, Kuhgebrüll, Schweinegekreische und Hühnergegacker. Auf der anderen Straßenseite haben Verwandte ihren Hof, ebenfalls Ziebells. Deren Tochter heißt Ruht und der Sohn Herrmann, der etwa siebzehn Jahre alt ist. Der nimmt den oft verträumten aber neugierigen Jungen mit zum Angeln an die Wipper. Einmal soll der Siebenjährige die Fische zum Hof bringen. Der spürt die Wichtigkeit dieses Auftrages und hofft, bald einen Abnehmer zu finden, um sich der Verantwortung zu entledigen. Aber im Hause des Onkels rührt sich nichts. Was tun? Henry kommt ein rettender Gedanke. Er legt die Fische auf ein umgedrehtes Holzfass. Er sieht nur seine Aufgabe, übersieht aber die in der Nähe schnatternden und aufgeregten Gänse. Sein Fehler? Nein, seine erste Erfahrung. Nämlich umsichtig sein. Für alle Fälle! Denn kaum kehrt der Stadtjunge ihnen den Rücken, fallen sie auch schon über die reiche Beute her. Sein großer Freund Herrmann hat später geschimpft, und der Kleine bekommt zur Strafe abends keinen Fisch ab. Überhaupt, Henry und seine Geschwister – sie fühlen sich als Stadtkinder sehr wohl auf dem Dorf, denn da riecht es – laut Henry - so gut nach Dung und Heu. Sehr wohl fühlt sich auch seine Schwester Sophia, denn sie wandert oft und gerne und man muss sie manchmal suchen. Wo treibt sie sich herum? Das hört Henry seine Mutter fragen. Man findet das eigenwillige Mädchen auf dem Friedhof, da hat sie sich die Blümchen auf den Grabstellen angesehen. Was sich besonders eingeprägt hat – das herrliche Vesper am Feldrand während der Ernte. Da gibt es immer Kaffee und Kuchen, meist Streuselkuchen.



Martin M., ebenfalls damaliger Schüler, schoss dieses Foto

der Dorfschule nachträglich zur Erinnerung im Jahre 1993


Im September muss Henry zur Schule, wie unangenehm. Eine Schiefertafel wurde besorgt und mehrere Griffel zum Schreiben. Der Gänsekiel, mit dem Henry so gerne geschrieben hätte, war nur für die größeren Kinder vorgesehen. Der Lehrer ist klein und dicklich, ein Herr Pommerening. Gelbe Uniform und Hakenkreuz am Ärmel, ein Ortsgruppenführer, wie aus den Reden der Eltern zu hören ist, und es klingt nicht gut. Eines Tages im Unterricht fragt er den Henry-Knirps, wer Hitler sei. Der erschrickt. Er weiß es so genau nicht. Das war kein Thema zu Hause. Und rund heraus gesteht er seine Unwissenheit. Da hat er plötzlich eine Ohrfeige im Gesicht, dann noch eine zweite auf die andere Wange. „Raus!“, brüllt der Dicke. Der gedemütigte Junge muss den Unterricht verlassen. Mama und eine Bekannte – Papa arbeitet in einem anderen Ort und ist selten zu Hause - schauen sich bedeutungsvoll an, sagen, dass es nicht so schlimm sei, den Namen dieses Hitler nicht zu wissen, und der Schuljunge, der tief beleidigte, denn Schläge sind den Ziebellkindern eine unbekannte Größe, atmet erleichtert auf. Irgendwann taucht der kleine Hakenkreuzmensch – es ist bereits abends - bei den Ziebells zu Hause auf. „Frau Ziebell, ich habe keine Nachricht von meinem Sohn an der Ostfront, haben sie keine Verbindung mit ihren Landsleuten ...?“ Mama ist schlau und auf der Hut. Sie zuckt mit den Schultern, sagt nichts. Wie auch, das wäre lebensgefährlich für sie gewesen, weiß Henry später.

Umschlaggestaltung: © Copyright by Harry Popow, 465 Seiten
Selbstverlag, ISBN:
Druck: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin


Format: 12 x 19 cm, Seitenanzahl: 484, ISBN: 111-2-0000-0001-6, Erscheinungsdatum: 23.09.2024
EUR 36,95 als Buch (https://www.united-pc.eu/home.html)  









Freitag, 11. April 2025

Koalitionsvertrag: Wie geht`s weiter im Ukraine-Krieg? LZ

 Entnommen: https://linkezeitung.de/2025/04/11/koalitionsvertrag-wie-gehts-weiter-im-ukraine-krieg/


Koalitionsvertrag: Wie geht’s weiter im Ukraine-Krieg?

VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 11. APRIL 2025 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR


Von Gert Ewen Ungar – https://rtnewsde.com

CDU und SPD haben sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Der Text widmet sich auch dem Ukraine-Krieg. Für die nächste Legislaturperiode haben sich die Koalitionäre vorgenommen, den Krieg fest in Europa zu verankern und den Konflikt zu eskalieren.

Die Koalitionäre haben sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Im Folgenden geht es um die Außenpolitik der künftigen Bundesregierung, wie sie im Koalitionsvertrag skizziert wird. Unter der Überschrift „Verantwortungsvolle Außenpolitik, geeintes Europa, sicheres Deutschland“ umreißen CDU und SPD, worauf sich die Deutschen und Europa unter einer künftigen kleinen großen Koalition einstellen müssen.

Einleitend heißt es da:

„Das Ziel unserer Außen- und Sicherheitspolitik ist die Bewahrung eines Friedens in Freiheit und Sicherheit.“

Das klingt gut und gibt Anlass zur Hoffnung. Allerdings macht das, was sich dann anschließt, klar, dass die künftige Bundesregierung nicht bereit ist, dem Bekenntnis zum Frieden auch politische Taten folgen zu lassen, die in der Lage wären, Frieden und Sicherheit wirklich herzustellen und zu festigen. Im Gegenteil, der Teil zum Ukraine-Konflikt macht deutlich, dass die Koalitionäre alles daran setzen werden, den Krieg zu verlängern und die Konfrontation zwischen Deutschland und Russland weiter zu eskalieren.

Anlass für diese Annahme ist die Übernahme zentraler Positionen aus Selenskijs sogenanntem Friedensplan in den Koalitionsvertrag. Damit wird ein Frieden faktisch dauerhaft verhindert, denn was Selenskijs „Friedensplan“ als Bedingung für Verhandlungen vorsieht, kommt de facto einer bedingungslosen Kapitulation Russlands gleich. Nur auf dieser Grundlage ist beispielsweise vorstellbar, dass ein Tribunal zur Aburteilung russischer Verbrechen eingesetzt wird. Genau diese Forderung steht im Koalitionsvertrag.

„Wir unterstützen die Einrichtung eines Sondertribunals, um das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine angemessen zu verfolgen und zu ahnden.“

Die Koalitionäre wollen nicht nur keinen Frieden, sie tun alles dafür, ihn zu verhindern. Dazu gehört auch, dass sie sich weiterhin dazu bekennen, die Ukraine in die NATO aufnehmen zu wollen. Das Festhalten Deutschlands am Kriegsgrund ist für die nächste Legislaturperiode festgeschrieben. SPD und CDU halten auch daran fest, dass die Ukraine durch Waffenlieferungen und durch finanzielle Unterstützung gegenüber Russland in „eine Position der Stärke“ versetzt werden soll.

Die Floskel von der Position der Stärke ist eine Chiffre für den Sieg über Russland. CDU und SPD wollen einen langen, verlustreichen Krieg auf Kosten der Ukraine. Dass Kiew den Verlauf des Krieges zu seinen Gunsten wenden kann oder gar über Russland siegt, gilt als ausgeschlossen.

Die Außenpolitik der künftigen Bundesregierung ist daher weder verantwortungsvoll noch dient sie dem Frieden. Im Gegenteil, sie ist im Kern auf Provokation Russlands ausgerichtet. Russland wird zum Feind erklärt.

„Die größte und direkteste Bedrohung geht dabei von Russland aus“, steht im Koalitionsvertrag. Die Möglichkeit, Streitigkeiten durch Gespräche zu lösen, ist nicht vorgesehen. Das Wort Diplomatie kommt in dem über 140 Seiten starken Dokument nicht ein einziges Mal vor. Russland ist immerhin einmal genannt: als Bedrohung. Dass die deutsche Einheit vor allem ein Geschenk Russlands an die Deutschen war und der in den letzten Dekaden geschaffene Wohlstand auf die energiepolitische Kooperation mit der Russischen Föderation zurückgeht, verschweigt der Koalitionsvertrag. Dankbarkeit fällt nicht unter die deutschen Tugenden.

Dafür will die künftige Bundesregierung Mittel und Wege finden, das eingefrorene russische Vermögen der Ukraine zur Finanzierung des Krieges zur Verfügung zu stellen. Die Koalitionäre halten das vermutlich in gleichem Maß für moralisch gerechtfertigt, wie sie die Ukraine für eine Demokratie und Russland für den Feind halten.

Klar ist: Die künftige Bundesregierung wird alles daran setzen, den Krieg fest und dauerhaft in Europa zu verankern. Begleitet wird diese auf Eskalation angelegte Außenpolitik von massiven Aufrüstungsplänen, bei Ausschluss jeglicher Diplomatie, wohlgemerkt. Damit tragen Merz und Klingbeil als Verantwortliche für die im Koalitionsvertrag verankerten Verabredungen dazu bei, dass die Gefahr eines großen Krieges in Europa massiv steigt.

Gleichzeitig will die künftige Bundesregierung den konfrontativen Kurs gegenüber China aufrechterhalten. Deutschland wird in der nächsten Legislaturperiode im Indopazifik weiter eskalieren, versprechen CDU und SPD. Deutschland will China mit „Selbstbewusstsein und eigener Stärke“ gegenübertreten. Das Führen von Zweifrontenkriegen scheint man unter den Koalitionären für eine deutsche Kernkompetenz zu halten. Vermutlich denkt man im Willy-Brandt- und im Konrad-Adenauer-Haus „Dieses Mal geht’s bestimmt gut aus, schließlich stehen wir dieses Mal auf der richtigen Seite.“ Dass dem nicht so ist, ist allerdings im Koalitionsvertrag deutlich zu erkennen. Seinem außenpolitischen Teil wohnt der unbedingte Wille zur Eskalation inne.

Der außenpolitische Teil des Koalitionsvertrages ist eine deutsche Kriegserklärung an den Frieden. Er verdeutlicht den Willen deutscher Politik, dort weiterzumachen, wo sie 1945 gezwungen wurde, aufzuhören. Dass es Deutschland dieses Mal schafft, sich selbst zu korrigieren, ist jedoch nicht zu erwarten. Man glaubt an die eigene Stärke und überhöht sich selbst moralisch. Das zur Wiedervereinigung gegebene Versprechen, dass von Deutschland nur noch Frieden ausgeht, ist längst vergessen.

https://rtnewsde.com/meinung/242110-koalitionsvertrag-wie-gehts-weiter-im/

Montag, 7. April 2025

80 Jahre danach - RotFuchs

 Entnommen: https://rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2025/RF-326-04-25.pdf


RotFuchs

Tribüne für Kommunisten, Sozialisten und andere Linke

80 Jahre danach

In diesen Apriltagen des Jahres 2025 häufen sich jene Tage, an denen der deutsche Imperialismus in seiner faschistischen Ausprägung vor 80 Jahren letzte entscheidende Niederlagen erlitt. Die Rote Armee befreite Ungarn und am 15. April Wien. Am 11. April erhoben sich unter Führung des von Kommunisten geleiteten illegalen Lagerkomitees die Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald. Am 16. April begann die Rote Armee ihre Berliner Operation und schloß am 25.  April bei Ketzin an der Havel den Ring um die deutsche Hauptstadt. Am selben Tag trafen bei Torgau an der Elbe erstmals Rotarmisten und US-Soldaten zusammen. In den folgenden Tagen gingen Fotos aus der sächsischen Stadt um die Welt. Der britische „Daily Express“ veröffentlichte am 28. April das Bild mit den Soldaten, die sich auf der zerstörten Elbe-Brücke die Hände reichen, unter der Schlagzeile: „Das Dritte Reich ist tot. Hitlers Imperium, in zwei Teile gespalten, im letzten Kampf“.

Einer der damaligen US-Soldaten, Joe Polowsky, Sohn jüdischer Emigranten aus Kiew, kämpfte nach 1945 dafür, daß dieses Datum „Weltfriedenstag“ wird. An jedem 25. April hielt der Taxifahrer auf einer Brücke in Chicago Mahnwache, was ihm in den 40er und 50er Jahren Repressionen eintrug. Er schrieb an die UN, sprach mit Walter Ulbricht und verfügte, daß er in Torgau bestattet wird. Das geschah 1983 – in einer Zeit, in der die NATO in Westeuropa „Pershing II“ und „Cruise Missiles“ stationierte. Erich Honecker bemühte sich – durchaus im „Geist von Torgau“ – um eine „Koalition der Vernunft“ und suchte das Gespräch mit jenen im Westen, die gesprächsbereit waren. Dazu zählten selbst in der damaligen BRD Vertreter aller im Bundestag vertretenen Parteien. 2025, 80 Jahre nach dem Treffen in Torgau, kann von Gesprächsbereitschaft etwa mit Rußland in der BRD keine Rede sein. Noch ist unklar, was aus den Beteuerungen der neuen Trump-Administration in den USA wird, den Ukraine-Krieg möglichst schnell zu beenden. Immerhin hat Donald Trump bei seinem 90minütigen Telefongespräch mit Wladimir Putin am 12. Februar an den gemeinsamen Sieg über den deutschen Faschismus erinnert.

Was aber die in Berlin Regierenden – die abgewählten und auch die vermutlich zukünftige Koalition aus CDU/CSU und SPD – von Frieden zwischen beiden Großmächten halten, stellte Nochkanzler Olaf Scholz bereits einen Tag nach dem Gespräch zwischen Trump und Putin klar: Nichts. Die Aufrüstung der Bundeswehr mit 100 Milliarden Euro zusätzlich gegen Rußland sei nur der Anfang gewesen. Gesagt, getan. Bereits am 24. Februar, dem Tag nach der Bundestagswahl, forderten Bündnis 90/Die Grünen, der alte Bundestag solle die Finanzierung einer Hochrüstung in völlig neuen Dimensionen beschließen. Eine gute Woche später, am Abend des 4. März, meldeten CDU, CSU und SPD Vollzug: Sie einigten sich auf Finanzzusagen in Billionenhöhe fürs Militär sowie ein „Sondervermögen“ in Höhe von 500 Milliarden Euro für Infrastruktur – auch Straßen, Brücken, Tunnel und Gleise müssen kriegstüchtig werden. Am 6. März beschloß ein EU-Sondergipfel, 800 Milliarden Euro in den Mitgliedstaaten für Rüstung zu mobilisieren. Am 7. März rechnete das „Handelsblatt“ vor, allein die deutschen Pläne könnten in den nächsten zehn Jahren 1,5 Billionen Euro „zusätzlich freisetzen“. Einige Ökonomen kalkulierten sogar mit 1,8  Billionen Euro. Am 8. März ließ schließlich BND-Chef Bruno 80 Jahre danach Kahl die politische Katze aus dem Sack und erklärte im Staatssender „Deutsche Welle“, aus europäischer Sicht sei es wünschenswert, daß der Ukraine-Krieg bis mindestens 2029 weitergeht.

Berlin ist führend beteiligt am Versuch der EU- und NATO-Länder Europas, eine Verständigung zwischen Washington und Moskau zu torpedieren. In ihr sieht 80 Jahre nach dem Frühjahr 1945 der wiederauferstandene deutsche Imperialismus eine Bedrohung. Zufall ist das nicht. Ergreifen die aggressivsten Teile der herrschenden Klasse die Macht, folgen sie den gleichen Interessen wie eh und je. Sie sehen 35  Jahre nach der Konterrevolution in der DDR ihre Stunde gekommen. Am 13. März verkündete CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann bei „Bild“: „Wenn dieser Koalition nicht klar ist, worum es geht, daß die Wirtschaft wieder läuft: Dann werden wir uns den ganzen Sozialstaat in dieser Form nicht mehr leisten können.“ Krieg nach innen ist Voraussetzung für Krieg nach außen. Arnold Schölzel

Arnold Schölzel



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