DIE
NEUE MAUER...
Dreißig
Jahre Mauerfall! Und wie die Meute der Eroberer jubelt! Da meinen
wirklich ganz Schlaue, die vollendete Demokratie erwischt zu haben.
Mitwirkung in der Wirtschaft? Mitbestimmung gegen Rüstung und Krieg?
Veröffentlichungen von gesellschaftskritischen Autoren? Nein, das
gehe nicht, damit erreiche man keine Wirtschaftlichkeit. Medien, die
sich zumauern, wenn grundsätzlich andere Machtverhältnisse
angedacht werden. So lehnte kürzlich eine Zeitung aus dem Chor der
„Qualitätsmedien“ eine Buchbesprechung mit der vagen Begründung
ab,
„dass
aus grundsätzlichen redaktionellen Erwägungen Rezensionsvorschläge
und -anerbieten von außen nicht berücksichtigt werden können...“.
So
fallen die angebliche freie Meinungfreiheit von vornherein unter den
Tisch. Unter dem Deckmantel der Wiedervereinigung streckte die
Heilige Kuh des Profits ihre staatlichen und parteigebundenen
Stellvertreter aus, um neue Weideflächen zu besetzen. Sie nahm den
einstigen gemeinschaftlichen Besitzern Grund und Boden weg und
verhieß angesichts der nunmehr im Westen aufgehenden Sonne „Blühende
Landschaften“. Ihren Siegeszug bemäntelte sie mit den großen
Worten „Freiheit und Demokratie“. Im Namen dieser seit der
Französischen Revolution aufgekommenen Losung kam man nach der
Konterrevolution auf die glorreiche Idee, von nun an allen und jedem
zu gestatten, seine Innereien vor dem Volk auszuschütten, so dass
man glauben sollte, die persönliche Freiheit sei das A und O
jeglichen Wohlbefindens, darin stecke der Sinn menschlichen Daseins.
Im Namen von Freiheit und Demokratie werden sämtliche Demos gegen
Machtwillkür gestattet, um im nächsten Moment unter der gleichen
Losung der Verteidigung des Abendlandes die Teilnehmer von
TIPP-Demos zu diffamieren und gar in die rechte Ecke zu stellen.
Wer
täglich für andere schuften muss und Geld verdient, der ist gut
dran. Wer mit knappem Geld einkaufen geht, muss tüchtig überlegen.
Wer die Miete nicht mehr bezahlen kann, der fliegt unter Umständen
auf die Straße und sucht seinen Unterschlupf unter Brücken. Wer in
den Fernseher glotzt, der findet tausende Gewalttaten,
Korruptionsfälle und sämtliche Sauereien. Aber nur im Miniformat.
In Talkrunden zum Beispiel. Da befinden sechs Leutchen über
zunehmende Taschendiebstähle in Berlin. Und das man aufpassen solle.
Zwei Stunden Gequassel über Symptome und kein Wort über Ursachen,
gesellschaftlicher Art natürlich. Symptome, Symptome! Über Zustände
wird offen und „ehrlich“ debattiert. Damit hat sich`s. Was
Wunder, wenn die Glotzer zunehmen und keine Fragen nach Ursachen mehr
stellen. Man ist so daran gewöhnt, zu stöhnen und festzustellen,
es ist halt wie es ist...
Beginnt
mit zunehmender Ich-Bezogenheit und Gleichgültigkeit nicht der
langsame Seelentod? Freiheit des Wortes. Freiheit der Meinung. Ob so
oder so. Du schüttelst den Kopf, schaltest aus, gehst zu Bett. Das
alles geht dir sozusagen am Arsch vorbei. Und niemand wird verschämt
zurückblicken, als sehr viele bereits gedanklich gen Westen
marschierten und dabei das Lied sangen „...und die Augen fest
verschlossen“. Statt die „Reihen“ fest geschlossen. Ha,ha..
Was
gibt es Wichtigeres als das einzigartige Leben? Mit all diesen
Hoffnungen und auch Enttäuschungen? Mit all den Mühen und auch dem
Spaß? Manchmal ist es zu viel des „Guten“. Gewalt, Korruption,
Kriegsgefahr, Trauerspiel in Europa, nicht verfügbare Visionen,
Resignation, Zerfallsprozesse, Theater und Filme, die oft genug nur
Banales bieten, Talkrunden, die nur Symptome aufzählen. Inhaltsloses
als Denkvorgabe. Was Wunder, dann droht Acedia: Gleichgültigkeit.
Überdruss. Denkfaulheit. Trägheit des Herzens. Innere Leere.
Langeweile. Ignoranz. Trostlosigkeit. Wer dem unterliegt, hat es
schwer. Das Gegenteil von acedia: Sich rühren, zornigen Widerstand
leisten, etwas tun. Frieden schaffen ohne Waffen. Im Bündnis mit
anderen. Nicht vereinzelt. So wird ein Schuh draus.
Zukunft
sieht dann anders aus. Dann droht Einsamkeit. Dann bist du
ausgestoßen. Dann spürst du dein Alleinsein doppelt stark,
abgehängt worden zu sein. Angewiesen auf Almosen, weil du ein außen
vor bist, ein Arbeitsloser? Und dann heißt es noch, du bist selber
Schuld an deinem „Missgeschick“. Und so tappst du ohnmächtig in
die Falle der Selbstverschuldung, suchst nach Auswegen in dir selbst,
gerätst immer tiefer in die Sackgasse der eigenen Ohnmacht, während
sich der Staat aus sozialen Problemen immer mehr heraushält.
Begehrst du aber auf, dann ist das dein gutes recht. Nur – das
juckt niemanden. Dein Zorn verpufft wie der Schrei einer Nachteule.
Die Fragen nach
dem WARUM haben den Abgang gemacht, die geistige Einengung nimmt
ihren Lauf, nur wer tief gräbt hat Chancen, neue Blüten zu
entdecken. Der Widerspruch liegt in allen Dingen – es kommt nur
darauf an, die lösbaren zu finden, gute Ideen, neue Knospen zum
Blühen zu bringen.
Unter einem Dach? Ein Volk, ein Führer. Brüder und Schwestern? Eine Nation? Eine Familie? Ein Staat? Du und ich? Die Liebe eint alle? Gut und Böse? Oben und unten? Geld und nicht Geld? Arm und reich? Gläubige und Ungläubige? Einheimische und Ausländer?
Selbst der unterschiedliche Drang nach Frieden spaltet jeden und alles!!!
Unterstreichen möchte der Autor die Feststellung der zwei Zeitzeugen Armeegeneral a.D. Heinz Keßler und Generaloberst a.D. Fritz Streletz in ihrem Buch „Ohne die Mauer hätte es Krieg gegeben“ auf Seite 169: Mit 1989 sei „zugleich der Versuch einer antikapitalistischen Alternative in Deutschland aus der Welt, die DDR war Geschichte. Aber mit ihr keineswegs die Vorstellung von einer anderen als der kapitalistischen Welt. Denn mit diesem Staat DDR ist ja nicht die Idee untergegangen, sondern ein bestimmtes Modell, dass den dauerhaften Angriffen des Imperialismus erlag.“ Sofern sich die deutsche Arbeiterklasse ihrer Erfahrungen bewusst wird und sich diese nicht ausreden lässt, habe sie jedoch noch eine Perspektive.
Mit herzlichem Gruß
Harry Popow
Unter einem Dach? Ein Volk, ein Führer. Brüder und Schwestern? Eine Nation? Eine Familie? Ein Staat? Du und ich? Die Liebe eint alle? Gut und Böse? Oben und unten? Geld und nicht Geld? Arm und reich? Gläubige und Ungläubige? Einheimische und Ausländer?
Selbst der unterschiedliche Drang nach Frieden spaltet jeden und alles!!!
Unterstreichen möchte der Autor die Feststellung der zwei Zeitzeugen Armeegeneral a.D. Heinz Keßler und Generaloberst a.D. Fritz Streletz in ihrem Buch „Ohne die Mauer hätte es Krieg gegeben“ auf Seite 169: Mit 1989 sei „zugleich der Versuch einer antikapitalistischen Alternative in Deutschland aus der Welt, die DDR war Geschichte. Aber mit ihr keineswegs die Vorstellung von einer anderen als der kapitalistischen Welt. Denn mit diesem Staat DDR ist ja nicht die Idee untergegangen, sondern ein bestimmtes Modell, dass den dauerhaften Angriffen des Imperialismus erlag.“ Sofern sich die deutsche Arbeiterklasse ihrer Erfahrungen bewusst wird und sich diese nicht ausreden lässt, habe sie jedoch noch eine Perspektive.
Mit herzlichem Gruß
Harry Popow
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