Freitag, 5. Juli 2019

Vom Umtausch ausgeschlossen - (Leseprobe 16)


SOLDATEN FÜR DEN FRIEDEN (Teil sechzehn)

Leseprobe aus „AUSBRUCH AUS DER STILLE. Persönliche Lebensbilder“ im 70. Jahr der Gründung der DDR am 07. Oktober 1949

Der Autor Harry Popow wurde 1936 in Berlin-Tegel geboren, wuchs in der DDR auf, arbeitete als Militärjournalist im Dienstgrad Oberstleutnant in der NVA und betätigt sich heute als Blogger, Buchrezensent und Autor. Er ist seit 1961 sehr glücklich verheiratet.
Schwiegervater:
„Vom Umtausch ausgeschlossen“


Plauen. 23. Dezember 1961. Hochzeit mit Cleo. Schnee und siebzehn Grad Kälte. Sie im grünen Spitzenkleid. So ein wunderbares Gefühl, nun hat er sie ganz, endlich, seine Liebe und seinen Lebenskamerad für immer. Im Rathaus werden sie getraut. Mama Tamara ist da und die Verwandten von Cleo. Küsse und Tränen, die unvermeidlichen. Oma Gertrud hatte versprochen, sich nicht daneben zu benehmen, und so verhält sie sich - vornehm und zurückhaltend. Essen und Tanz in der Charaktergaststätte „Freundschaft“. Tage vorher hatte Cleos Clique ein Foto von Henry kritisch betrachtet und gewarnt: „Du, der hat so dicke Augenbrauen, der ist böse. Kriegste etwa ein Kind? Egal, mir nehm diech aaa mit Kind!“ Kind war nicht, es war Liebe! Die Hochzeitsgesellschaft stand im Halbkreis, ein Glas Wein in der Hand, in gehobener und fröhlicher Stimmung. Da sprach Schwiegervater Hans, der kluge und feinsinnige Lehrer, lächelnd und im schönsten vogtländisch an Henry und Walter .S., dem Gatten von J. gerichtet: „Meine Herren Schwieschersöhne, meine Töchter sind vom Umtausch ausgeschlossen – wiedergebracht werd mir nischt. Prost!“ Hans, das war ein Volltreffer. Alles lachte, prustete. Und keiner wagte es!

Zurück nach Potsdam. Dort wartet eine Überraschung auf ihn. Die Soldaten seines Zuges schenken ihm zur Hochzeit ein Mokkaservice Marke „Oscar Schlegel-Milch“. Cleo und Henry sind gerührt. Das Service wird in Zukunft immer wieder bewundert werden und Henry verweist mit Stolz auf „seine“ Soldaten.

Silvester 1961/62. Bis zum Nachmittag hat er Dienst in der Kaserne. Bevor er abgelöst wird, schweifen seine Gedanken zurück an die wunderbare Hochzeit mit Cleo. Und heute will er mit ihr den Jahreswechsel feiern, zusammen mit seiner Mutter und seinen Geschwistern. Stunde um Stunde vergeht. Was brachte ihm das Jahr 1961? Literaturprüfung in Feldberg mit Gut bestanden. Verlegung der Dienststelle von Eggesin nach Motzen. Schwester Sophia hat geheiratet. Mit Cleo im Elbsandsteingebirge gewesen. Versetzung nach Potsdam in die 1. Mot.-Schützendivision. Verlobung in Plauen ...

Zurück in die Gegenwart: Henry ist nach seiner Ablösung endlich zu Hause. Es ist 23.00 Uhr, da klingelt es. Vor der Wohnungstür stehen zwei Unteroffiziere. Sie sagen, der Oberleutnant müsse sofort mit ihnen in der Stadt Potsdam auf Streife gehen. Was? Henry kann es nicht fassen, lässt es sich aber nicht anmerken. Das kann nicht sein, sagt er sich. Er hatte doch bis jetzt Dienst. Daran darf sich kein weiterer anschließen. Das ist laut Vorschrift untersagt. Die Unteroffiziere erklären, der Kompaniechef hätte dies befohlen. Henry fällt ein, eben der war für heute Abend als Streifenführer eingeplant. Aber Befehl ist Befehl. Henry muss in den sauren Apfel beißen. Wie er ihn aber ausführen wird, ist seine Sache. Sein Entschluss: Er klappert mit den zwei anderen Genossen einige Gaststätten ab, kurz vor Mitternacht ist er wieder zu Hause, seine Begleiter mit ihm. Gemeinsam mit Cleo und allen anderen stoßen sie auf das neue Jahr an. Kurz darauf erstattet Oberleutnant Popow dem Standortältesten Meldung: „Keine besonderen Vorkommnisse, Genosse Major!“ Er ist es zufrieden und der Streifenführer darf wegtreten. Dieser Dienst ist damit beendet. Ein arroganter Scheiß seines unfairen Kompaniechefs bleibt es trotzdem. Später stellt sich heraus, des Egoisten Frau kam plötzlich zu Besuch ... Ein „Vorgesetzter“ mit Ellbogenmanieren …


Harry Popow: AUSBRUCH AUS DER STILLE. Persönliche Lebensbilder in Umbruchzeiten. © Copyright by Harry Popow, Verlag: epubli, Druck: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin, Erscheinungsdatum 18.02.2019, ISBN: 9783748512981, Seiten: 500, Preis: 26,99 Euro

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