Von
Manfred Volland
Am
01.03.2013, dem 57. Jahrestag der NVA, werden erneut Tausende ehemalige
Angehörige ihren Stolz bekunden, dass ihr aufopferungsvoller Dienst den Frieden
mitgesichert und erhalten hat. Als Armee des Friedens und des Volkes ist sie in
die deutsche Militärgeschichte eingegangen. Inzwischen, ist es leider zur
Selbstverständlichkeit geworden, dass die westlichen Militärbündnisse, allen voran
die NATO mit der BRD, den Krieg als normale Alltagserscheinung betrachten. Mit übergroßem
Eifer, schwülstigen Reden und wissenschaftlichen Saltosprüngen unternehmen die
westlichen Militärbündnisse mit ihren Spitzenpolitikern fast täglich den
Versuch, den Menschen verständlich zu machen, dass nur durch kriegerische
Handlungen, durch Rüstungsproduktion und deren Export die Welt sicherer und der
Reichtum, die Freiheit und Demokratie der wohlhabenden Länder garantiert werde.
Wie anders kann man sonst die Verleihung des Friedensnobelpreises an die EU
verstehen.
Preisstifter
Nobel hatte einst in seinem Testament verfügt, dass der Preis jenen verliehen wird,
die im vergangenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen erbracht haben, die
am meisten oder am besten auf die Verbrüderung der Völker und die Abschaffung oder
Verminderung stehender Heere hingewirkt haben. Dabei gibt es keine der vielen
kriegerischen Auseinandersetzungen jüngerer Vergangenheit, an der nicht
EULänder beteiligt waren. Prof. Georg Schirmer hat am 10.12.2012 in einem
Artikel in der „jungen Welt“ darauf verwiesen, „dass die EU in keinem der
aktuellen militärischen oder gewaltträchtigen Konflikte - Irak, Afghanistan, Iran,
Israel-Palästina, Libyen einen deeskalierenden Beitrag geleistet hat“. Daraus schlussfolgert
er satirisch, den Friedenspreis verdiene ebenso die NATO. Aber auch innerhalb
der EU herrscht nicht nur Frieden. Erinnert sei an die Auseinandersetzungen zwischen
Großbritannien und Irland, Nordund Südzypern, der Türkei und Griechenland, zwischen
Ungarn und Rumänien und nicht wenige innerstaatliche Konflikte in mehreren europäischen
Ländern. Nicht vergessen ist, dass die EU aktiv am Krieg gegen Jugoslawien beteiligt
war. Auch hier wurde das Völkerrecht mit Füßen getreten und inzwischen ist es
für die Kriegsapologeten zur Normalität geworden, dass überall dort, wo
Menschenrechte, Demokratiegestaltung und Freiheitsbegriffe nicht westlichen
Vorstellungen entsprechen, auch ein militärisches Eingreifen gerechtfertigt
sei. Unverhohlen hat das Frau Merkel auf der Tagung des Spitzenpersonals der
Bundeswehr am 22.10.2012 in Strausberg zum Ausdruck gebracht. Sie rechtfertigte
Rüstungsexporte als Friedensmittel, indem sie verstärkt auf Rüstungsexporte und
militärische Ausbildungshilfe für „vertrauenswürdige Partner“ setzte. Deutsche
Rüstungsexporte sind neuerdings Friedensbotschaften für die Völker. Sie
betragen inzwischen jährlich mehr als zwei Milliarden Euro. Deutsche Rüstungsoligarchen
bedauern, dass sie nur den 3. Platz in der Welt einnehmen, denn in der Kriegsschuld
des letzten Jahrhunderts nimmt Deutschland unangefochten den ersten Platz ein.
Also haben die Rüstungsbosse diesbezüglich noch Spielraum. Nur so kann man das
Vorpreschen und den Eifer deutscher Außenpolitik verstehen, 400
Bundeswehrsoldaten mit zwei Patriot-Raketenabwehrstaffeln in die Türkei zu
verlegen, um angeblich die Türkei zu schützen. Außerdem soll ja Syrien chemische
Waffen besitzen, deren Einsatz man ins Kalkül ziehen müsse. War nicht eine
solche Lüge vor zehn Jahren der Anlass des Überfalls der USA auf den Irak? Ohne
Skrupel war man seitens der BRD auch sofort bereit, sich am Krieg Frankreichs
in Mali zu beteiligen. Verteidigungsminister Thomas de Maizère begründet die
Kriegsbereitschaft Deutschlands so: „Die Deutschen können nicht einfach sagen,
wir haben da nichts zu suchen.“ Das Credo seiner Interventionspolitik ist: „Die
Bundeswehr muss grundsätzlich überall deutsche Interessen verteidigen dürfen“.
Da werden Erinnerungen an die verhängnisvolle deutsche Vergangenheit wach.
Fast
jeder Krieg im letzten Jahrhundert hat mit einer faustdicken Lüge begonnen. Man
spekuliert auf die Unwissenheit der Mehrheit der Menschen und ihr blindes
Vertrauen in die Herrschenden. Krieg wird immer mehr als unvermeidlich, als
Gewohnheitsrecht suggeriert, ohne den die Menschen der westlichen Welt nicht
mehr in „Demokratie, Wohlstand und Freiheit“ leben könnten.
Als
sich am 1. Juli 1991 der Warschauer Vertrag auflöste, gebot die Vernunft im
Interesse des Friedens, dass sich auch die NATO auflöst. Was wäre es für ein
Glück in dieser von Kriegen geschüttelten Welt gewesen, wenn die Unsummen für
militärische Ausgaben endlich in soziale Kanäle geflossen wären? Im Gegenteil.
Die NATO existiert weiter, die Völker werden permanent durch Kriege bedroht,
und riesige Summen – weltweit über 1,5 Billionen Dollar – für militärische
Zwecke ausgegeben. Im November 1991 und dann im April 1999 hat man eine
Begründung für den Fortbestand der NATO und deren neue Strategie verkündet. Die
USA haben zugegeben, dass es ihnen sowohl um die Sicherung von Rohstoffquellen
und der erforderlichen Verbindungswege, aber auch um die Sicherung der
privilegierten Reichtumsinteressen der USA und der westlichen Welt geht.
Prägend für die US-amerikanische Außenpolitik ist die Vorstellung von einer
Welt, die nicht allen Menschen die Möglichkeit einer Beteiligung am Reichtum
unserer Erde bieten darf. Folglich werden die Reichen weiterhin ihren Wohlstand
gegen die Armen mit allen Mitteln durchsetzen.
Thomasz
Konicz, ein polnischer Journalist und Geschichtswissenschaftler, hat bedeutende
Erkenntnisse über „Neue Weltordnungskriege“ herausgearbeitet und zitiert Reinhard
Herden, Generalstabsoffizier der Bundeswehr, Bereichsleiter für Analysen und Risikoprognosen:
„In diesem Jahrhundert werden die jetzt in Frieden lebenden wohlhabenden Staaten
gegen die Völker der armen Staaten und Regionen ihren Wohlstand verteidigen
müssen. Der Menschheit steht ein Jahrhundert des Mangels bevor. Um die Dinge,
die man einmal kaufen konnte, wird man Krieg führen müssen. Das Feindbild widerspiegelt
sich im archaischen Krieger’, Banditen, die keine Loyalität kennen, aus Gewohnheit
Gewalt anwenden und an Recht und Ordnung kein Interesse haben.“
Das
sind die wahren Gründe des nicht mehr enden wollenden Kriegsgeschreis, das inzwischen
schon wieder zur Hysterie wird.
Wenn
also die Clausewitz’sche Formel: „Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der
Politik mit anderen Mitteln“ weiter Bestand hat, die Globalisierung als
dehnbarer Begriff und umfassend gilt, sind die Gründe und Anlässe von Kriegen
ebenso dehnbar und vielseitig. Längst sind die bisherigen Kriegsabläufe durch
eine Vielzahl demagogischer Begriffe ersetzt, wie z.B. „Terrorismusbekämpfung“,
„asymmetrische Kriege“, „ethnische Auseinandersetzung“, „Sicherung des
ökonomischen Wachstums“, „Kriege gegen Menschenrechtsverletzungen“. Nicht nur
Inhalt und Formen der Kriegsführung haben sich verändert. Längst nicht mehr
riesige Heere, gepanzerte Waffentechnik, Artillerie-Raketenwaffen, Luftstreitkräfte
und herkömmliche Flottenverbände entscheiden über Sieg oder Niederlage sondern
hochmoderne nukleare Massenvernichtungswaffen, Lasertechnik, funkelektronische
Kampfmittel und unbemannte Drohnen. Diese dienen nicht nur als
Aufklärungsmittel über gegnerischem Territorium, sondern auch als Trägermittel
für Kern- und Laserwaffen. Die Anschaffung und der Einsatz dieser barbarischen
Killerwaffen beruht auf der Offensivstrategie, oder wie es in der BRD
bezeichnet wird, auf der Invasionsbereitschaft.
Deshalb
sind die Kriegsapologeten krampfhaft bemüht, der Menschheit den Krieg als
Notwendigkeit schmackhaft zu machen. Man soll sich damit abfinden, daß der
Krieg wieder eine Alltagserscheinung ist, für Wohlstand, Reichtum, Demokratie
und Freiheit die Voraussetzung bildet. Deshalb gilt der Krieg für sie nicht
mehr als Menschenrechtsverletzung und soll außerhalb des allgemeingültigen
Völkerrechts gestellt werden. Gibt es eine Alternative zu dieser gefährlichen
Entwicklung? Kann der Krieg als Alptraum der Menschheit durch dauerhaften Frieden
ersetzt werden? Der Krieg darf nicht als schicksalhafte Unvermeidlichkeit
hingenommen werden. Sind Massenproteste in europäischen Ländern gegen das
Eurodiktat, die Erhebungen in der arabischen Welt, die Massenbewegungen in
Lateinamerika gegen US-amerikanische Einmischung, aber auch viele
Antikriegs-Aktionen in Europa ein hoffnungsvoller Anfang?
Die
Völker der Welt müssen ihre Anstrengungen vergrößern, soziale Gerechtigkeit durchzusetzen,
die Rüstungsproduktion zu drosseln und deren Export zu verbieten. Bei zwischenstaatlichen
Differenzen muss das Völkerrecht wieder Dominanz gewinnen und Toleranz und
Einsicht an Stelle von Waffengewalt treten. Leider gibt es in Deutschland nur
eine einzige parlamentarische Kraft, die mit aller Deutlichkeit diese
verhängnisvolle Kriegspolitik entlarvt. Das ist die Partei „DIE LINKE“. Das
sollten auch unsere ISORMitglieder bei den Entscheidungen im Jahre 2013
berücksichtigen.
Manfred
Volland ist Mitglied des ISOR-Vorstandes.
Der
Abdruck ist mit freundlicher Genehmigung der Redaktion von
ISOR aktuell entnommen.
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