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Wählen? Aber wen?
4. Februar 2025
Von Klaus Hartmann
Wahlaufrufe oder -empfehlungen wird es vom Deutschen Freidenker-Verband
nicht geben, auch nicht zu den bevorstehenden Bundestagswahlen. Grund
dafür ist nicht, dass es „egal“ ist, für wen gestimmt wird, dass
überhaupt nichts Wählbares kandidiert oder einer Nichtbeteiligung an der
Wahl das Wort geredet werden soll – der Grund dafür steht in der
Satzung: Der Verband ist parteipolitisch unabhängig.
Die satzungsgemäße parteipolitische Unabhängigkeit der Freidenker
bedeutet keine „Enthaltsamkeit“ in allen parteipolitischen Fragen oder
in Wahlkampfzeiten. Dies sind nun mal Zeiten gesteigerter politischer
Aufmerksamkeit, und die sollte man natürlich nutzen, um unsere Argumente
an den Mann und die Frau zu bringen. Argumente, die sich ausschließlich
von freidenkerischen Inhalten und Positionen leiten lassen. Die können
und müssen auch der alleinige Maßstab sein, und Aussagen von Parteien
und Politikern zu bewerten, da sollten wir überhaupt keine Zurückhaltung
üben. Konzentrieren wir uns hier auf die wichtigste, die
Überlebensfrage: Was ist zum Thema Krieg oder Frieden zu erwarten?
Was ist im Angebot?
Selbstverständlich haben die bisher Regierenden und Unterstützer des
Banderafaschismus, vom Kriegsertüchtiger Pistorius über
Strack-Rheinmetall, dem Wirtschaftsgenie Habeck bis zur
Russland-Ruiniererin Baerbock jeden Protest und keine Stimme verdient,
und Blackrock-Merz ist in Sachen Krieg und Frieden ein Garant für das
„weiter so“. Selbstverständlich soll durch staatliche Repression und
regierungsoffiziell geschürte Russophobie nicht zugelassen werden, dass
der israelische Genozid gegen die Palästinenser oder der NATO-Krieg
gegen Russland in der Ukraine mit jeweils deutscher Mittäterschaft ans
Tageslicht gezerrt, dass die Milliardengeschenke für den Krieg in der
Ukraine zulasten der Sozialhaushalte des Bundes, der Länder und
Gemeinden, die deutschen NATO-Verpflichtungen und das politische
Vasallentum gegenüber den USA zum Thema eines gesellschaftlichen
Diskurses werden. Doch ist ein Ausweg, eine Befreiung aus diesem Korsett
zu erwarten, und von wem?
Wer meint, mit seiner Stimme nicht Einfluss auf künftige Mehrheiten
nehmen zu können oder zu wollen, findet das übliche Angebot zwischen
Tierschutz- und Partei bibeltreuer Christen, Freie Wähler, Piraten,
Gerechtigkeitspartei (Todenhöfer), „Die Partei“, die ÖDP und, sehr
interessant, die „Partei für Verjüngungsforschung“. Die EU-Fans von Volt
plakatieren „Mit einem starken Europa gegen Trump und Putin“, und
wollen eine „viel stärkere finanzielle und militärische Unterstützung
der Ukraine“, um „Putin zu stoppen“. Die DKP tritt nicht an, damit ist
ihr strikter Antikriegs- und Antikrisenkurs diesmal nicht wählbar.
Zur Wahl steht immerhin „dieBasis“ – zumindest in den meisten
Bundesländern. Entstanden in der Zeit der Proteste gegen das
„Corona-Regime“, hat sie inzwischen ein umfangreiches Programm
vorgelegt. Sie fordert Diplomatie in den internationalen Beziehungen
statt „Moralismus, Sendungsbewusstsein, Wertekolonialismus,
Angstmacherei vor vermeintlich globalen Katastrophen“ sowie die Abkehr
von „einer Souveränitätsaufgabe zu Gunsten der Interessen der
US-amerikanischen Außenpolitik“. Die Basis befürwortet eine multipolare
Weltordnung, lehnt „alle Sanktionen oder Embargos gegen jegliche
Drittstaaten ab“ und fordert, „dass die Bevölkerungen in der EU gehört
und nicht länger bevormundet werden“. Außerdem befürwortet sie „die
Forderung nach Kündigung des Vertrags über den Aufenthalt ausländischer
Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland (auch
Truppenstationierungsvertrag genannt) und den Austritt Deutschlands und
der anderen NATO-Mitglieder in Europa aus der NATO!“.
„Die Linke“ wendet sich zwar im Wahlprogramm gegen Waffenlieferungen,
andererseits verkündet Dietmar Bartsch: „Die Linke kann
Waffenlieferungen nicht pauschal ablehnen“. Bodo Ramelow verneint eine
Mitschuld der Nato am Ukraine-Krieg, erklärt ein ‚Ja‘ zu
Waffenlieferungen für zulässig, unterstützt Sanktionen gegen Russland
und im Fall eines Waffenstillstands soll Deutschland Bundeswehrsoldaten
mit Blauhelmen in die Ukraine schicken. Der Spitzenkandidat van Aken hat
in einem Interview mit der FAZ gefordert, die „rostigen Öltanker“ aus
Russland in der Ostsee „an die Kette zu legen“. Damit redet er der NATO
und einer unabsehbaren Eskalation des Konflikts mit Russland das Wort.
Wenn einstmals Linke sich von ihren früheren Positionen verabschieden
oder ein inhaltliches Vakuum anbieten, muss sich niemand wundern, dass
die AfD selbst linke Themen wie demokratische Grundrechte gegen das
Corona-Regime und den Frieden mit Russland aufgreifen kann. In dieser
Situation erscheint vielen Wählern eine Stimme für die AfD als der
schärfstmögliche Protest gegen den Kriegs- und Krisenkurs. Aber ist das
begründet? Zugegeben: Die meisten Beiträge in Bundestagsdebatten gegen
Waffenlieferungen an die Ukraine, gegen den Wirtschaftskrieg gegen
Russland, für eine Verständigung und die Wiederaufnahme des
Energiebezugs aus Russland hört man von AfD-Vertretern. Aussagen des
AfD-Co-Vorsitzenden Chrupalla – den Ukraine-Krieg nicht weiter durch
immer mehr und immer schwerere Waffen zu eskalieren, gegen
Kriegsgeilheit und Kriegshysterie, Deutschland dürfe nicht zur
Kriegspartei werden, und es sei eine Schande, dass deutsche Panzer
wieder gegen Russland fahren – sind zweifelsohne positiv.
Doch als „Friedenspartei“ geht die AfD nicht durch. Sie nennt die
Mitgliedschaft in der NATO ein „zentrales Element unserer
Sicherheitsstrategie“, fordert die Wiedereinführung der
Kriegsdienstpflicht, kritisiert die Aufrüstungsmaßnahmen der
Bundesregierung als unzureichend, fast die Hälfte der AfD-Fraktion hat
den 100 Milliarden Kriegskrediten der Ampelregierung zugestimmt. Es
brauche „Befähigung und Wille unserer Soldaten zum militärischen Kampf“,
um aus der Bundeswehr „die kampfstärkste Armee Europas“ zu machen, so
ihr Verteidigungsausschussmitglied Lucassen.
Nachdem Kriegsminister Pistorius die Rüstungsausgaben mit 2,1% des
Bruttoinlandsprodukts über das „NATO-Ziel“ gehoben hat, fordert
Wirtschaftsminister Habeck 3,5% und US-Präsident Trump 5% (was laut
Bundeskanzler Scholz über 200 Milliarden Euro bei einem Bundeshaushalt
von 500 Milliarden bedeutet). Danach setzte Alice Weidel im ZDF noch
einen drauf: „Man muss erst den Bedarf ausrechnen, und dann kann ich
Ihnen sagen, dass die Jahresausgaben relativ gesehen zum
Bruttoinlandsprodukt sogar möglicherweise höher als 5 Prozent sein
können.“
Schließlich darf nicht übersehen werden, dass positive Äußerungen
Chrupallas („Wer Merz wählt, wählt den Krieg“) auch Widerspruch in den
eigenen Reihen hervorrufen, so wurde er wiederholt für ein „allzu großes
Verständnis für die russische Position im Ukraine-Krieg“ kritisiert.
Der schon zitierte AfD-Verteidigungsexperte Rüdiger Lucassen warf seinem
Parteikollegen Eugen Schmidt „Volksverrat“ vor, weil der im russischen
Fernsehsender Rossija 1 aufgetreten war. Der bayerische
AfD-Landtagsabgeordnete Ulrich Singer kassierte eine „Abmahnung“ vom
Bundesvorstand, weil er sich als Wahlbeobachter bei der russischen
Präsidentschaftswahl zur Verfügung stellte. Die Hamburger
Bürgerschaftsabgeordnete Olga Petersen wurde aus der Fraktion
ausgeschlossen, nachdem sie diese Wahl als frei und fair bezeichnet
hatte. Ob die AfD dem Druck der russophoben Medien standhält, scheint
eine offene Frage zu sein.
Für viele, die den Krieg und die permanente Eskalation gegenüber
Russland und China ablehnen, dürfte das BSW die erste Wahl sein. Im
Wahlprogramm wird bekräftigt, dass „alles getan werden muss, dass
Deutschland nicht in einen Krieg hineingezogen wird“ und „wir schon
deshalb nicht ‚kriegstüchtig‘ werden“ können, „weil wir einen großen
europäischen Krieg im Atomzeitalter nicht überleben würden“. Das BSW
kritisiert: „Auch die deutsche Außenpolitik spricht seit einigen Jahren
die Sprache des Krieges. Sie scheint ihre Aufgabe darin zu sehen,
militärische Konflikte durch Waffenlieferungen, Wirtschaftssanktionen
und durch das Verbreiten von Feindbildern zu unterstützen. Diplomatie
ist im deutschen Außenministerium zum Fremdwort geworden.“
Das BSW lehnt die Wiedereinführung der Wehrpflicht, höhere
Militärausgaben, Waffenlieferungen an Israel ebenso wie die Lieferung
von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ab. Doch dann kommt das
Zugeständnis an die NATO-Propaganda: „Wir verurteilen den russischen
Angriff auf die Ukraine aufs Schärfste“. Die namensgebende Sahra
Wagenknecht äußerte widerholt scharfe Kritik an den westlichen
Waffenlieferungen an die Ukraine und spricht sich für Verhandlungen mit
Russland aus – gefolgt von Bemerkungen wie „Ich halte Politiker, die
Kriege beginnen – und das gilt auch für Wladimir Putin – für
Verbrecher.“ Und damit keinerlei Zweifel aufkommen, dass dies nicht nur
ihre persönliche Meinung sei, bekräftigt die Parteivorsitzende Amira
Mohamed Ali: „Selbstverständlich ist Putin ein Kriegsverbrecher“.
Da sind die Worte von Sevim Dagdelen von ganz anderem Kaliber: „Die
Vasallentreue deutscher Regierungen gegenüber den USA muss endlich ein
Ende finden. Wir wollen einen Schlussstrich ziehen – gegen die
Stationierung von US-Angriffswaffen auf deutschem Boden. Wir wollen
keinen Krieg gegen Russland vom deutschen Boden aus. Wir wollen Frieden
mit Russland! Und wir wollen auch nicht an der Seite der USA Waffen in
alle Kriegsgebiete dieser Welt liefern. Deshalb sagen wir: Keinen Cent,
keine Waffen und erst recht keine Soldaten für die Ukraine. Und wir
sagen auch: Keine deutschen Waffen für den Tod von Palästinensern und
die Zerstörung im Gazastreifen. Stoppt die Waffenlieferungen an Israel“.
Und: „Wir können uns die 37.000 US-Soldaten in Deutschland schlicht
nicht mehr leisten – Ami go home. Es ist Zeit.“
Fortgesetzte und vorsätzliche Rechts-Links-Verwechslung
In Wahlkampfzeiten verschärft sich, was schon längere Zeit als
politischer Kulturverfall eingerissen ist: Andere Meinungen, besonders
von der Regierungslinie, der bedingungslosen US-Gefolgschaft und der
NATO abweichende, werden als „rechts“ oder „Nazi“ diffamiert. Der
Vorwurf „Faschist“, ob gegen Trump oder die AfD gerichtet, wird zur zur
wohlfeilen kleinen Münze im tagespolitischen Schlagabtausch. Damit wird
Faschismus banalisiert, verharmlost, inhalts- und sinnentleert.
Wirklicher Antifaschismus verliert den so entwerteten Begriff als
scharfe Waffe der gesellschaftlichen Analyse – und das ist nicht nur ein
„Kollateralnutzen“ für die Banalisierer, sondern ihre Absicht.
In diesen Zusammenhang gehört, dass man Björn Höcke mit gerichtlichem
Segen als „Faschisten“ bezeichnen darf – Marie-Agnes Strack-Zimmermann
allerdings auch. Verblüfft es, dass man ersteres jede Woche in der
Zeitung lesen kann, letzteres aber praktisch nie? Obwohl Freidenker die
Freiheit der Meinungsäußerung verteidigen, entstammen diese Episoden den
Niederungen des politischen Schlagabtauschs und haben kein
aufklärerisches Potenzial. Aufklärung ist aber geboten „gegen
Rechts-Links-Verwechslung“, die den Medien nicht ihre Zuschreibungen und
den Parteien nicht ihre Selbstbezeichnungen glaubt.
Gerade angesichts der mit der Banalisierung einhergehenden Verharmlosung
des Faschismus hält der Freidenkerverband an den Erkenntnissen der
marxistischen Faschismusforschung von Dimitroff, Gramsci, Gossweiler,
Opitz, Kühnl u. a. fest, ausgehend von Dimtroffs Formulierung: „Der
Faschismus an der Macht ist die offene, terroristische Diktatur der
reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten
imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“.
Traditionell waren Links und Rechts untrennbar mit Inhalten verbunden –
gegen die unbegrenzte Bereicherung der Reichen und die bodenlose
Verarmung der Habenichtse – das war links, und das bleibt links. Gegen
Krieg und Waffen ist links, für Krieg ist rechts, und für den Krieg
gegen Russland mit deutschen Waffen ist rechtsextrem. Gemessen an
Inhalten würde das hierzulande durch Gehirnwäsche vermittelte politische
Koordinatensystem arg durcheinandergeraten, das muss man sich nur mal
am Beispiel des Verhältnisses von Grünen und AfD in der Frage des Kriegs
gegen Russland vor Augen führen.
Doch gerade die AfD scheint das Verwirrspiel genussvoll mitzuspielen.
Jetzt kommt ihre „Kanzlerkandidatin“ Weidel daher, und dreht die
Verdummungsspirale auf unerreichte Höhen. „Nationalsozialisten, wie das
Wort schon sagt, waren Sozialisten“, sie hätten „die gesamte Industrie
verstaatlicht“, und „Hitler war ein sozialistisch-kommunistischer Typ.“
Die Verstaatlichung ist eine Lüge, Privateigentum und Kapitalismus waren
für die deutschen Faschisten unantastbar – abgesehen vom „jüdischen
Vermögen“, das nach „Arisierung“ auch wieder in private Hände kam.
Weidels Logik folgend, hat Hitler entgegen unserem bisherigen
Kenntnisstand offenbar alle Nazis verhaften, in KZs sperren und ermorden
lassen. Danach waren es deutsche Kommunisten, die ihre Genossen in der
Sowjetunion überfallen haben. Haben sich die Kommunisten und andere so
fundamental getäuscht, als sie Widerstand gegen das Naziregime
leisteten?
Wie konnten sich die deutschen Industriellen in Hitler und seiner Partei
so täuschen, dass seit Anfang der 1920er Jahre der Bayerische
Industriellenverband, Fritz Thyssen, Ernst von Borsig, Albert Vögler,
Edwin Bechtle u.a. diese „Bewegung“ mit großzügigen Spenden groß
machten? Und wieso jubelte der Industrie-Club Düsseldorf Hitlers Rede am
26.01.1932 zu? Warum unterschrieben 19 Industriebarone und Bänker am
19.11.1932 die sogenannte „Industrielleneingabe“ an Reichspräsident von
Hindenburg mit der Aufforderung, Hitler zum Reichskanzler zu machen
(nachdem die NSDAP bei der Reichstagswahl am 06.11.1932 zwei Millionen
Stimmen verloren hatte)? Wenn sie alle gewusst hätten, was Weidel heute
weiß, hätten sie die Fehlinvestition unterlassen und uns wäre viel
erspart geblieben.
Weidel surft auf der Welle des in Deutschland, der EU und der USA wieder
salonfähigen Geschichtsrevisionismus, der den Machtantritt der
Faschisten aufgrund der Unterstützung des Finanzkapitals leugnen und als
„Verschwörungstheorie“ abtun will. Seit Jahrzehnten werden die
Faschisten offiziell von Politikern und Qualitätsmedien nicht mehr bei
ihrem Namen genannt, sondern bereitwillig deren demagogischen,
marketinggerechten Eigenwerbung „Nationalsozialisten“ genannt – obwohl
sie das Gegenteil von sozialistisch und national waren. Frau Weidel
segelt in diesem geistigen Windschatten und schließt so nahtlos an die
„Altparteien“ an.
Eine weitere Aussage Weidels: „Der Antisemitismus ist links. Es sind
Linke, die auf die Straße gehen, ‚Free Palestine‘ rufen und Israelis
verfolgen.“ Der Genozid in Gaza und die deutschen Waffenlieferungen sind
für sie kein erwähnenswertes Thema, und diese Strategie ist schon
länger erkennbar: Die AfD will sich in ihrer prozionistischen Haltung
von niemand übertreffen lassen. Im Herbst 2023 forderte sie einen Stopp
der Zuwendungen an das UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge im Nahen
Osten (UNRWA).
Im Mai 2019 wurde im Bundestag eine Resolution gegen die BDS-Bewegung
(Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) verhandelt, die ein Ende der
Besatzung des Westjordanlandes, der Golanhöhen und Ostjerusalems, die
völlige Gleichberechtigung arabisch-palästinensischer Bürger Israels und
ein Recht auf Rückkehr für vertriebene palästinensische Flüchtlinge
verlangt. Für den Antrag stimmten Abgeordnete von Union, SPD und große
Teile der Grünen, die AfD-Fraktion enthielt sich mehrheitlich: sie
wollte ein bundesweites Verbot der Bewegung!
Obwohl das Bundesverwaltungsgericht Maßnahmen zur Umsetzung des Anti-BSD
Beschlusses unmissverständlich als verfassungswidrig kassiert hat, wird
dieser in einer im November 2024 beschlossenen sogenannten
„Antisemitismus-Resolution“ des Bundestages bekräftigt, ein
„relativierender Umgang und vermehrt israelbezogenen und
links-antiimperialistischen Antisemitismus“ verurteilt und die
Bundesregierung aufgefordert, sich „aktiv für die Existenz und die
legitimen Sicherheitsinteressen des Staates Israel“ einzusetzen.
Damit wird auch die Kritik von Menschenrechtsorganisationen,
Kulturschaffenden, jüdischen antizionistischen Organisationen,
Wissenschaftlern und zahlreichen Stimmen aus Israel selbst ignoriert,
dass mit der Resolution die Meinungs-, Kunst-, Wissenschafts- und
Versammlungsfreiheit eingeschränkt, Zensur gefördert und Kritik an der
israelischen Regierungspolitik fälschlicherweise als antisemitisch
eingestuft wird. Dies lasse schwerwiegende Verletzungen von Grund- und
Menschenrechten und eine erhebliche Rechtsunsicherheit befürchten.
Anstelle des Schutzes jüdischen Lebens werde unangemessen in jüdisches
Leben und die Vielfalt jüdischer Politik eingegriffen, indem selbst
jüdische Israelis delegitimiert werden, die die staatliche Politik
kritisieren, zugleich werden palästinensische Perspektiven völlig
unsichtbar gemacht. Die skandalöse Resolution wurde mit den Stimmen von
Ampel, Union und AfD verabschiedet – nach einer „Brandmauer“ zu rufen,
kam dabei niemand in den Sinn – , Die Linke enthielt sich, das BSW
stimmte dagegen.
Wer seine Stimme abgeben will, findet hier hoffentlich ein paar
Anhaltspunkte für seine Entscheidung, aber in jedem Fall ist es kein
Fehler, sich gezielt anhand der jeweiligen programmatischen Aussagen und
Praxis zu informieren. Wer sich nicht an der Wahl beteiligen will,
sollte aber nicht der Wahlurne fernbleiben, sondern hingehen – jede
nicht abgegebene Stimme wird jenen gutgeschrieben, wegen denen man nicht
wählen will. Das lässt sich nur vermeiden, wenn man einen Stimmzettel
abgibt – mit einem ganz großen Kreuz oder der Aufschrift „Putin“ wird
der dann als ungültig gezählt.
Klaus Hartmann ist stellvertretender Bundesvorsitzender des Deutschen Freidenker-Verbande
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