Wachsende
Aggressivität
Die Pandemie ändert am
Imperialismus nichts. Im Gegenteil. Die Tendenz zu Konzentration und
Zentralisation von Kapital verstärkt sich in der
Weltwirtschaftskrise, die bereits vor dem Auftauchen des neuartigen
Corona-Virus begonnen hatte. Es werden neue Formen
staatsmonopolistischer Regulierung getestet: Die BRD baut ihre
Vormachtstellung in der EU aus.
In einem Land wie diesem
ist ein in Kraft gesetztes Infektionsschutzgesetz eine
Notstandsübung. Aus Sicht der Politik und der Repressionsorgane
verläuft alles zufriedenstellend: Eine satte Mehrheit der
Bevölkerung stimmt der Aussetzung von Grund- und Bürgerrechten zu.
Das war vor zehn Jahren anders: Die Pleitebanken senkten Ansehen und
damit Führungsfähigkeit der Bourgeoisie erheblich. Das deutsche
Bürgertum schuf mit der AfD und ihrer Demagogie „gegen die da
oben“ eine Reservepartei des Kapitals außerhalb von CDU und CSU.
Jetzt ist man aber wieder obenauf. Das spiegelt sich im Krisenmotto,
das Finanzminister Olaf Scholz (SPD) am 25. März im Bundestag
formulierte: „Wir können uns das leisten.“
Um eine lächerliche
Prämie für Pflegepersonal wird gestritten. Die rund 770 Millionen
Euro aber, die an die Milliardäre und Naziverbrechererben Stefan
Quandt und Susanne Klatten allein aus ihrem Besitz an BMW-Aktien als
Dividende gehen, tauchen in Medien kaum auf. Das Kräfteverhältnis
verschiebt sich zugunsten der wirklich Herrschenden. Die Aufdeckung
von Mißständen schultern sie und ihr politisches Personal unter
diesen Umständen mit Leichtigkeit. Wer Krankenhäuser zu
Profitzentren macht, hat selbstverständlich für eine Pandemie nicht
vorgesorgt. Wer die elenden Arbeits- und Lebensbedingungen in der
Fleischindustrie seit langem kennt, aber nun überr a scht t ut , ä
nder t nichts Wesentliches für die am meisten ausgebeuteten
Arbeiterinnen und Arbeiter.
In den Medien und auf den
Marktplätzen erhalten folgerichtig erneut vor allem jene Raum, die
Solidarität in der Arbeiterklasse, das Unterpfand von deren
politischer Stärke, zerstören wollen. Es sind dieselben, die 2014
auf sogenannten Montagsmahnwachen keinen Krieg gegen Rußland
forderten, aber in Wirklichkeit nur gegen einen mit deutscher
Beteiligung waren. Die bei Zuwanderung von „Islamisierung des
Abendlandes“ halluzinieren und der AfD, vor allem ihrem
faschistischen „Flügel“, zum Aufschwung verhalfen. Wer heute die
Pandemie leugnet oder verharmlost, ist unsolidarisch mit den
Beschäftigten im Gesundheitswesen, will keine Solidarität mit einem
Land wie Venezuela, in dem mitten in der Pandemie ein bewaffneter
Putschversuch stattfand, oder mit Kuba, das trotz verschärfter
Blockade der Trump-Administration medizinisches Personal zur
Bekämpfung des Virus in mehr als 20 Ländern entsandt hat. Die vom
DKP-Vorsitzenden Patrik Köbele initiierte Petition an den Bundestag,
in der Krise sämtliche Sanktionen auszusetzen, verdient umso mehr
die Unterstützung aller Anständigen.
Vor allem aber: Auch in
der Krise gehen trotz des Appells von UN-Generalsekretär António
Guterres zum globalen Waffenstillstand imperialistische Kriege und
Aufrüstung weiter. Mitte April schlug die deutsche
Verteidigungsministerin vor, in den USA 45 neue Kampfflugzeuge zu
beschaffen. 30 davon werden benötigt, weil die neuen US-Atombomben
in Büchel sonst nicht transportiert werden können. Am 6. Mai
beschloß das Kabinett die Aufstockung des Bundeswehrkontingents für
den Krieg in der Sahel-Region. Am 7. Mai kündigte ein Sprecher
Donald Trumps faktisch den New-Start-Vertrag mit Rußland über
Reduzierung und Begrenzung atomarer Rüstung. Zu all dem paßt der
rußlandfeindliche Ausbruch der Kanzlerin am 13. Mai im Bundestag
wegen angeblicher Hacker, fünf Tage, nachdem es die deutsche
Staatsführung nicht fertig brachte, am 75. Jahrestag der Befreiung
vom Faschismus die Rote Armee mit einer Silbe zu erwähnen. Die
Pandemie verändert nicht den Imperialismus. Oder doch: Seine
Aggressivität wächst in der Krise. Regierende und jene, die nur
noch das Thema Corona kennen, bemühen sich auffällig, davon
abzulenken.
Arnold Schölzel
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