Donnerstag, 25. Juni 2020

Wachsende Aggressivität - Arnold Schölzel



Wachsende Aggressivität

Die Pandemie ändert am Imperialismus nichts. Im Gegenteil. Die Tendenz zu Konzentration und Zentralisation von Kapital verstärkt sich in der Weltwirtschaftskrise, die bereits vor dem Auftauchen des neuartigen Corona-Virus begonnen hatte. Es werden neue Formen staatsmonopolistischer Regulierung getestet: Die BRD baut ihre Vormachtstellung in der EU aus.

In einem Land wie diesem ist ein in Kraft gesetztes Infektionsschutzgesetz eine Notstandsübung. Aus Sicht der Politik und der Repressionsorgane verläuft alles zufriedenstellend: Eine satte Mehrheit der Bevölkerung stimmt der Aussetzung von Grund- und Bürgerrechten zu. Das war vor zehn Jahren anders: Die Pleitebanken senkten Ansehen und damit Führungsfähigkeit der Bourgeoisie erheblich. Das deutsche Bürgertum schuf mit der AfD und ihrer Demagogie „gegen die da oben“ eine Reservepartei des Kapitals außerhalb von CDU und CSU. Jetzt ist man aber wieder obenauf. Das spiegelt sich im Krisenmotto, das Finanzminister Olaf Scholz (SPD) am 25. März im Bundestag formulierte: „Wir können uns das leisten.“

Um eine lächerliche Prämie für Pflegepersonal wird gestritten. Die rund 770 Millionen Euro aber, die an die Milliardäre und Naziverbrechererben Stefan Quandt und Susanne Klatten allein aus ihrem Besitz an BMW-Aktien als Dividende gehen, tauchen in Medien kaum auf. Das Kräfteverhältnis verschiebt sich zugunsten der wirklich Herrschenden. Die Aufdeckung von Mißständen schultern sie und ihr politisches Personal unter diesen Umständen mit Leichtigkeit. Wer Krankenhäuser zu Profitzentren macht, hat selbstverständlich für eine Pandemie nicht vorgesorgt. Wer die elenden Arbeits- und Lebensbedingungen in der Fleischindustrie seit langem kennt, aber nun überr a scht t ut , ä nder t nichts Wesentliches für die am meisten ausgebeuteten Arbeiterinnen und Arbeiter.

In den Medien und auf den Marktplätzen erhalten folgerichtig erneut vor allem jene Raum, die Solidarität in der Arbeiterklasse, das Unterpfand von deren politischer Stärke, zerstören wollen. Es sind dieselben, die 2014 auf sogenannten Montagsmahnwachen keinen Krieg gegen Rußland forderten, aber in Wirklichkeit nur gegen einen mit deutscher Beteiligung waren. Die bei Zuwanderung von „Islamisierung des Abendlandes“ halluzinieren und der AfD, vor allem ihrem faschistischen „Flügel“, zum Aufschwung verhalfen. Wer heute die Pandemie leugnet oder verharmlost, ist unsolidarisch mit den Beschäftigten im Gesundheitswesen, will keine Solidarität mit einem Land wie Venezuela, in dem mitten in der Pandemie ein bewaffneter Putschversuch stattfand, oder mit Kuba, das trotz verschärfter Blockade der Trump-Administration medizinisches Personal zur Bekämpfung des Virus in mehr als 20 Ländern entsandt hat. Die vom DKP-Vorsitzenden Patrik Köbele initiierte Petition an den Bundestag, in der Krise sämtliche Sanktionen auszusetzen, verdient umso mehr die Unterstützung aller Anständigen.

Vor allem aber: Auch in der Krise gehen trotz des Appells von UN-Generalsekretär António Guterres zum globalen Waffenstillstand imperialistische Kriege und Aufrüstung weiter. Mitte April schlug die deutsche Verteidigungsministerin vor, in den USA 45 neue Kampfflugzeuge zu beschaffen. 30 davon werden benötigt, weil die neuen US-Atombomben in Büchel sonst nicht transportiert werden können. Am 6. Mai beschloß das Kabinett die Aufstockung des Bundeswehrkontingents für den Krieg in der Sahel-Region. Am 7. Mai kündigte ein Sprecher Donald Trumps faktisch den New-Start-Vertrag mit Rußland über Reduzierung und Begrenzung atomarer Rüstung. Zu all dem paßt der rußlandfeindliche Ausbruch der Kanzlerin am 13. Mai im Bundestag wegen angeblicher Hacker, fünf Tage, nachdem es die deutsche Staatsführung nicht fertig brachte, am 75. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus die Rote Armee mit einer Silbe zu erwähnen. Die Pandemie verändert nicht den Imperialismus. Oder doch: Seine Aggressivität wächst in der Krise. Regierende und jene, die nur noch das Thema Corona kennen, bemühen sich auffällig, davon abzulenken.
Arnold Schölzel

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