Entnommen: https://rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2024/RF-312-02-24.pdf
Zionismus
– Staatsdoktrin Israels
Aus marxistisch/leninistischer Sicht ist der „Zionismus eine chauvinistische Ideologie, das weitverzweigte Organisationssystem und die rassistische, expansionistische politische Praxis der jüdischen Bourgeoisie, die einen Teil des internationalen Monopolkapitals bildet.“1 Auf der XXX. UN-Vollversammlung verurteilte eine Mehrheit der Staaten in der Resolution 3379 den Zionismus als eine Form des Rassismus und der rassistischen Diskriminierung. (10. November 1975) Mit dem Verschwinden der Sowjetunion und des sozialistischen Lagers nahm die UN-Generalversammlung diese Resolution mit der Resolution 46/86 am 16. Dezember 1991 mit 111 zu 25 Stimmen bei 13 Enthaltungen zurück. Kein arabisches Land stimmte für diese Rücknahme. Der Zionismus entstand als kleinbürgerliche Reaktion auf den Antisemitismus und reicht bis in das 19. Jahrhundert. Er suggeriert eine Zukunfts- und Erlösungserwartung. Durch Theodor Herzl (1860-1904), ein jüdisch-österreichischer Journalist, wurde der Zionismus zu einem politischen Programm ausgebaut. Der Zionismus entwickelte sich zu einem reaktionären Konzept mit dem Ziel, jüdische Menschen vom Klassenkampf abzulenken. Bereits auf dem ersten Zionistenkongreß im August 1897 in Basel forderten die Zionisten die Schaffung eines Nationalstaates auf dem arabischen Territorium Palästinas. Mit dieser 1 Wörterbuch der Außenpolitik und des Völkerrechts, Dietz Verlag Berlin 1980, S. 703 Konzeption ordnete sich der Zionismus in die politischen, ökonomischen und strategischen Interessen des Imperialismus ein. Das drückte sich besonders deutlich in der Zusammenarbeit mit den britischen Imperialisten aus. Mit der Balfour-Deklaration (Arthur James Balfour, britischer Außenminister) vom 2. November 1917 unterstützten die Briten die Ziele jüdischer großkapitalistischer Kreise von 1897. Die damalige britische Regierung traf eine langfristige strategische Entscheidung gegen die in Palästina herrschenden Osmanen und die arabische Bevölkerung. Der Brief war an Baron Lionel Walter Rothschild, reicher britischer Bankier und Zionistenführer, gerichtet. Die Balfour-Deklaration wurde nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches 1920 in den Friedensvertrag mit der Türkei aufgenommen. Auf dem Zionistenkongreß in New York, Mai 1942, wurden die Errichtung des zionistischen Staates Israel und der Aufbau einer eigenen Armee auf dem Territorium Palästinas beschlossen. Es erfolgte die Einordnung des Zionismus in die Pläne des US-Imperialismus für den Nahen Osten. Nach der Gründung des Staates Israel 1948 wurde der Zionismus zur Staatsdoktrin erhoben. Die Hauptziele der USA und der anderen imperialistischen Mächte bestanden in der Verhinderung der Entstehung von Befreiungsbewegungen und in der Sicherstellung des Zugriffs auf Rohstoffe, andere Ressourcen (Erdöl und Erdgas) und Handelswege in der Region. Es ging natürlich gleichzeitig um die Verhinderung einer Zusammenarbeit arabischer Staaten mit sozialistischen Ländern. Israel spielt bis heute eine wichtige Rolle als unsinkbarer Flugzeugträger im Weltherrschaftsanspruch des Imperialismus unter Führung der USA. Seit dem 7. Oktober kämpft die Hamas gegen israelische Unterdrückung. Die USA sind die Hauptunterstützer Israels in diesem Krieg. Sie schirmen den Gaza-Streifen mit Kriegsschiffen im Mittelmeer ab und liefern gleichzeitig Waffen und Munition zur Zerstörung Gazas und der Vernichtung der Bevölkerung. Auf der internationalen politischen Bühne sichert der US-Außenminister, Antony Blinken (Sohn jüdischer Eltern), daß Israel einen Krieg gegen die Palästinenser führen und Lebensgrundlagen zerstören kann. Der Imperialismus zeigt sein wahres Gesicht. „Südafrika hat Israel vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen Völkermord an den Palästinensern im Gazastreifen vorgeworfen. In der Klage, die am Freitag in Den Haag eingereicht wurde, werde zudem verlangt, Israel aufzufordern, die Angriffe im Gazastreifen zu stoppen, teilte der Gerichtshof mit. Das Vorgehen der israelischen Streitkräfte habe ,einen völkermörderischen Charakter‘…“ 2
Dr. Ulrich Sommerfeld
2 https://www.zeit.de/politik/ ausland/2023-12/gaza-krieg-israel-suedafrikainternationaler-gerichtshof
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Ergänzend zwei hochaktuelle Buchtipps von Harry Popow
Entnommen:
https://das-blaettchen.de/2012/04/der-ruf-der-kassandra-11884.html
15. Jahrgang | Nummer 9 | 30. April 2012
Der Ruf der Kassandra
von Harry Popow
Evelyn Hecht-Galinski nimmt den Staat Israel in den Fokus. Sie
bestreitet nicht dessen Existenzberechtigung. Sie empört sich über das
Unrecht, das von ihm ausgeht. Sie entlarvt in ihrem neuesten Buch das
völkerrechtswidrige Tun Israels gegenüber den Palästinensern. Sie sticht
zu, wenn es nötig ist, sie analysiert genau, sie betrachtet die
Konflikte komplex, sie schlägt einen Bogen zur Mitverantwortung der nur
zuschauenden Welt, besonders der Deutschen. Sie wehrt sich entschieden
gegen den Vorwurf des Antisemitismus. Sie attackiert kleinkarierte
Wadenbeißer, die unter der vorgegebenen „Staatsräson“ sich den Israelis
anbiedern. Und sie wirft dies schmähliche Gebaren nahezu allen
etablierten deutschen Parteien vor. Lob und Dank, begleitet von
Herzenswärme, findet sie für Gleichgesinnte, die im Namen des
Völkerrechts und der Humanität an der Seite Palästinas stehen, die mit
Recht Widerstand leisten, ohne auch deren Fehler zu übersehen und
kleinzureden.
Hecht-Galinski ist Deutsche mit jüdischer Herkunft, Tochter des
einstigen Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz
Galinski (1912-1992). Ihr Motiv: „Ich habe mir das Lebensmotiv meines
Vaters zu eigen gemacht: ‚Ich habe Auschwitz nicht überlebt, um zu neuem
Unrecht zu schweigen.’“
Leuchten wir näher in ihren Text hinein. Mit welcher Herzenswärme, mit
wieviel verinnerlichter Menschlichkeit die unabhängige parteilose
Bürgerin das Leid der Palästinenser beschreibt – das geht sehr nahe. Es
gehe um einen Konflikt, schreibt sie, „der eigentlich gar keiner zu sein
bräuchte, da Israel ganz relaxt in den anerkannten Grenzen von 1967
völkerrechtskonform in Frieden mit seinen Nachbarn existieren könnte.“
Sie liefert die Zahlen: Zwischen 1967 und 1994 wurden etwa 140.000
Palästinenser vertrieben, indem ihnen das Aufenthaltsrecht entzogen
wurde. 14.000 Einwohnern Ostjerusalems ging es ebenso. Die Siedler –
über 300.000 – kontrollieren bereits 42 Prozent des
Palästinensergebietes. 2.700 neue Wohneinheiten seien geplant. Man
spreche vom „größten Freiluftgefängnis der Welt“. Nicht zu vergessen die
„über 10.000 palästinensischen Gefangenen in israelischen Gefängnissen –
unter ihnen auch Frauen, Kinder und alte Menschen.“ Seit 1967 wurden
700.000 Menschen verhaftet, die zum Teil bis heute auf ihre
Gerichtsverfahren warten. Warentransporte würden nur nach „Lust und
Laune“ nach Gaza gelassen. Gewährleistet seien weder Strom noch Wasser,
noch medizinische Versorgung. 40.000 Kinder seien nicht eingeschult
worden, da Schulen wegen fehlenden Baumaterials nicht gebaut werden
konnten. „1,5 Millionen eingeschlossene Palästinenser im Gaza-Streifen
und 1.400 Tote bei der ‚Operation Gegossenes Blut’ klagen uns an“,
schreibt die Autorin Die Unterschiede zwischen palästinensischen Dörfern
und den jüdischen Siedlungen: Wellblechhütten, Zelte, Geröllstraßen und
Schlamm. Daneben: Geteerte Straßen, Blumenbeete und Palmenhaine.
Israel, so charakterisiert die deutsch-jüdische Querdenkerin den Staat,
sei heute keinesfalls das arme kleine, von Feinden umzingelte Land. Im
Gegenteil, es gehöre zu den hochgerüsteten Militärmächten, die sich
nicht scheuen, anderen Staaten mit einem Präventivschlag – auch atomar –
zu drohen. Israel existiere seit 63 Jahren auf ehemaligem
palästinensischem und seit 44 Jahren auf unrechtmäßig dazugeraubtem
Land. Es halte dieses Land widerrechtlich besetzt und den Palästinensern
entziehe es seine grundlegenden Rechte, seine Freiheit und
Unabhängigkeit. Das gehöre vor das Haager Kriegstribunal, so Evelyn
Hecht-Galinski. Israel schaffe Tatsachen mit der „Abrissbirne“, man
siedele und baue weiter, die „ethnische Säuberung“ halte an. Über 50.000
neue Wohnungen – natürlich nur für jüdische Käufer und Mieter.
Palästinenser bräuchten keine Wohnungen. Für sie wurden seit 1967 nur
zirka 600 Appartements gebaut, obwohl mindestens 40.000 gebraucht
werden. Eine weitere Enthüllung: Israel sei ein Meister im Tarnen und
Verschleiern, wenn es zum Beispiel um das Atomprogramm in Dimona gehe,
meint die Autorin. Israel findet Unterstützung von AIPAC, der größten
Israel-Lobby in den USA. Jahresbudget: 70 Millionen US-Dollar. Die
Autorin warnt vor einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen den
Iran. Und sie lässt keinen Zweifel: Dieser Angriffskrieg wäre nur
möglich auch durch die Waffenlieferungen der Schutzmacht USA. Dem
deutschen Verteidigungsminister hält sie vor, folgende Aussage von
Kanzlerin Merkel ungenügend als unzutreffend entkräftet zu haben: Merkel
habe geäußert, die Sicherheit Israels sei als deutsche Staatsräson zu
betrachten und Deutschland sei im Ernstfall bereit Israel, wenn es den
Iran angreifen sollte, zu unterstützen. Und wer klage die Hamas
einseitig als schuldig an? Verwechsele die Kanzlerin da nicht Ursache
und Wirkung? Die vollständige Blockade Gazas sei die Ursache, die
Wirkung die Kassam-Raketen. Das Grundgesetz sei mit der so proklamierten
Staatsräson nicht vereinbar. Weiter: Die würdigste Form der
Holocaust-Erinnerung: Sich das Recht nehmen als Deutsche, aktuelle
Verbrechen anzuprangern. Die scharfsichtige Autorin polemisiert, es gehe
nicht darum, einseitig und parteiisch zu sein, sondern um Recht und
Unrecht. Mit der angeblichen „Selbstverteidigung“ Israels, verhöhne es
die Völker. Wenn Politiker Verbrechen gegen die Menschlichkeit
rechtfertigen, dann geißelt Hecht-Galinski deren „vorauseilenden
Gehorsam“. Auf den Vorwurf, jede Israel-Kritik sei als Antisemitismus zu
bewerten äußert Evelyn Hecht-Galinski: „Ich bemerke auch immer mehr,
dass diese schleichende Politik der Verdummung in Deutschland ihre
Wirkung zeigt. Die Bevölkerung weiß immer weniger über die wirklichen
Zusammenhänge dieser politischen Intrigen Bescheid.“
Und sie scheut sich auch nicht, die Ursachen ohne Wenn und Aber beim
Namen zu nennen: Sie kreidet die Verlogenheit der gesamten westlichen
Politik in dieser Region an, die „primär von Wirtschaftinteressen
bestimmt ist“. Sie warnt, durch die Menschen- und
Völkerrechtsverletzungen sowie die Kriegsdrohungen und Angriffe, die man
dem jüdischen Staat durchgehen lasse, „wird die internationale Politik
massiv in Gefahr gebracht“.
Ihre Sprache: Locker, sehr persönlich, sehr emotional, überaus
engagiert, teilweise mit Wut im Bauch – warum nicht? Es überwiegen kurze
Sätze mit hoher Anschaulichkeit. Dafür sorgen unter anderem die immer
wiederkehrenden bohrenden Fragen – an die Politik, an die Bürger, an
sich selbst. Im Nachwort stellt Gilad Atzmon fest, die Humanistin Evelyn
Hecht-Galinski erhebe ihre unschätzbare Stimme nicht als Einzelperson,
sondern geselle „sich zu der wachsenden Zahl von Juden, die sich von
‚Stammesdenken’, Chauvinisnus, Überlegenheitsdünkel und Auserwählten
verabschiedet haben.“
Wer ihr Buch gelesen hat, wird es bereichert zur Seite legen –
erkenntnismäßig, gefühlsmäßig. Und wiederholt hineinsehen müssen, wenn
„Anstalten“ wieder einmal die Wahrheit auf den Kopf stellen. Ganz gewiss
wird die Lektüre der Schrift dieser mutigen und politisch hellwachen
Kassandra für Anbeter der „Heiligen Kühe“, für Politiker mit
„vorauseilendem Gehorsam“, wie die Autorin schreibt, kein wahrer Genuß
sein.
Evelyn Hecht-Galinski: Das elfte Gebot: Israel darf alles, Palmyra Verlag, Heidelberg 2012, 224 S., 17,90 Euro
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Entnommen: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=19063&css=print
"Apartheid und ethnische Säuberung in Palästina“ von Petra Wild
"Tränen des Vaterlandes" Anno 1636
Buchtipp von Harry Popow
„Tränen des Vaterlandes" …so der
Titel eines Antikriegsgedichtes, geschrieben von Andreas Gryphius
unter dem einschneidenden Eindruck des Dreißigjährigen Krieges von
1618 bis 1648. Darin heisst es:
Die
Türme stehn in Glut, die Kirch ist umgekehret.
Das Rathaus liegt
im Graus, die Starken sind zerhaun,
Die Jungfraun sind geschändt,
und wo wir hin nur schaun
Ist Feuer, Pest und Tod, der Herz und
Geist durchfähret.
Lesenswertes Palästina-Buch der
Autorin Petra
Wild
http://www.mediashop.at
"Tränen des Vaterlandes"
…so die Überschrift dieser Rezension zu einer Anklageschrift, die
sich dem Völker-morden gegenüber den Palästinensern widmet. Über
300 Jahre nach dem Dreißigjährigen Krieg, nach den Gräueln der
Weltkriege nun dies: Es geht nicht ab mit nur dreißig Jahren –
seit 65 Jahren (seit dem 8. Mai 1948) währt der Würgegriff
israelischer Politik gegenüber den Palästinensern innerhalb der
Grenzen Israels und in den 1967 besetzten Gebieten. Jenen, die unter
dem Deckmantel des Zionismus und der Bibel aus ihren angestammten
Landstrichen gewaltsam aus ihren Häusern, Dörfern und ihrem Land
vertrieben, gelyncht, ausgehungert und ermordet, die enteignet und
ihrer wirtschaftlichen und natürlichen Ressourcen beraubt wurden,
deren Geschichte ausgelöscht werden soll, die systematisch
diskriminiert werden.
"Apartheid und ethnische
Säuberung in Palästina. Der zionistische Siedlerkolonialismus in
Wort und Tat“, so der Titel eines politischen Sachbuches von Petra
Wild. Geboren 1963 in Aarbergen/Hessen, studierte sie arabische
Sprache und Islamwissenschaften in Jerusalem, Leipzig, Damaskus und
Berlin. Sie arbeitet als freiberufliche Publizistin vor allem zur
Palästina-Frage und zur Arabischen Revolution.
Wie
bereits Evelyn Hecht-Galinski in ihrem Buch „Das Elfte Gebot:
Israel darf alles“ sowie antizionistische und fortschrittliche
kritische Juden Israels, Publizisten und Palästina-Unterstützer
aller Herren Länder, so beschreibt auch Petra Wild die unter
unmenschlichen Bedingungen hausenden Palästinenser in der Grünen
Linie, in der Westbank, im Gaza-Streifen und in Ost-Jerusalem. So
heißt es zum Beispiel auf Seite 47: „Während die
jüdisch-israelische Bevölkerung insgesamt denselben Lebensstandard
hat wie jene der westlichen kapitalistischen Länder, leben die
palästinensischen Staatsbürger Israels unter
Dritte-Welt-Verhältnissen.“ Angeführt werden u.a. eine
schlechtere Gesundheitsversorgung, eine höhere
Säuglingssterblichkeit, eine schlechtere Bezahlung, eine
Benachteiligung bei Serviceleistungen, ein Leben unter der
Armutsgrenze, ein Ausgeschlossensein aus dem öffentlichen
Nahverkehrsnetz. Die Palästinenser werden „als nicht zum Lande
gehörend, als unzivilisiert, rückständig, primitiv, faul, dreckig,
dumm, gewalttätig und fanatisch dargestellt“. (S. 74) Sie seien
gesichtslose Feinde, Terroristen. (S.78) Alle Maßnahmen, so die
Autorin, zielen darauf ab, den Willen der Palästinenser zu brechen
und ihnen die Hoffnung zu rauben. Dazu zählen Erschwernisse des
täglichen Lebens, Schikanen, Kollektivstrafen, gewaltsames
Niederschlagen von Demonstrationen, hohe Haftstrafen, die Zerstörung
von Häusern und ganzen Stadtvierteln, Wasserentzug, Zerstörung der
Olivenbäume, Psychoterror, gezieltes Morden an Widerstandskämpfern
sowie Kriege und Massaker gegen die Zivilbevölkerung. „Die
Projektion des Hasses auf die Palästinenser ermöglicht die
Bewahrung des selbstgerechten israelischen zionistischen Selbstbildes
als moralisch rein und dient als zusammenhaltende Kraft in der
jüdisch-israelischen Gesellschaft.“ (S. 78) Bei allem
offensichtlichen Landraub – es gäbe keine Massenvertreibungen,
keine großen militärischen Aufgebote, es ist vielmehr ein
schleichender Prozess, so Petra Wilde. (S. 137)
Auf den
240 Seiten und in zwölf Kapiteln spiegelt sich anhand von konkreten
Beispielen und bewegenden persönlichen Schicksalen, Zitaten und
Kommentaren das Leben eines Volkes wider, das seit der Gründung des
Staates Israel im Jahre 1948 um seine Rechte kämpft. Es geht um die
Ghettoisierungspolitik in der Westbank, die ethnische Säuberung des
Jordantals, die Gewalt der kolonialen Siedler sowie die Vertreibung
der einheimischen Bevölkerung und die Zerstörung der historischen
Stadt Jerusalem. Petra Wild kommt es insbesondere darauf an, neue
Aspekte der Willkürakte des Staates Israel hervorzuheben. Es geht
nicht nur um eine Neuauflage der in Afrika einst berüchtigten
Apartheid, nicht nur um die ethnische Säuberung, nicht nur um
schleichenden Genozid, sondern zusammenfassend um den zionistischen
Siedlerkolonialismus. Er strebt danach, so Petra Wild in der
Einleitung, „die einheimische Bevölkerung durch eine eingewanderte
Siedlerbevölkerung vollständig zu ersetzen“. (S. 9)
Anfangs
geht die Autorin gründlich auf den Ursprung des Konfliktes ein. Sie
definiert den Siedlerkolonialismus als eine spezifische Form des
Kolonialismus, der auf dem Raub des Landes und der Ressourcen durch
Siedler besteht. Zur Legitimation bediene man sich eines ausgeprägten
Rassismus, motiviert durch „die Einteilung der Menschen in höhere,
zum Herrschen bestimmte und niedere, ihnen unterworfene Rassen“.
(S. 12) Der Zionismus, der als Aushängeschild für die
Alleinherrschaft der Juden benutzt wird, schreibt Wilde, entstand
Ende des 19. Jahrhunderts im europäischen jüdischen Kleinbürgertum.
Er definierte Judentum nicht mehr nur als Religionsgemeinschaft,
sondern als Volk bzw. Nation. „Da die Zionisten die Prämisse der
Antisemiten übernahmen, dass Juden und Nicht-Juden nicht
zusammenleben könnten, sahen sie die Lösung (…) in der Gründung
eines eigenen Nationalstaates außerhalb Europas.“ (S. 12) Ihren
Anspruch auf das Land Palästina, das damals zum Osmanischen Reich
gehörte, begründeten die zionistischen Siedler damit, „dass sie
nicht in ein neues Land kämen (…), sondern nach einem verlängerten
Auslandsaufenthalt einfach nach Hause zurückkehrten; die
Einheimischen wären die eigentlichen Fremden“. (S. 13) Man greife
in der israelischen Geschichtsschreibung auf eine sich ergebende
fundamentalistische Bibelauslegung zurück, „der zufolge Palästina
das Land der Juden und nur der Juden war und nun – 3.000 Jahre
später – wieder ist“. (S. 34) Welche sind die Hauptursachen für
die Zuspitzung der Konflikte, der Auseindersetzungen zwischen
Kolonialisten und Kolonisierten? Darauf gibt die Autorin folgende
Antwort: Es seien „immer der Kampf um Land und Ressourcen“.
(S.205)
Obwohl unterschiedliche Bevölkerungsteile in
Israel leben, definiert sich der Staat als Staat der Juden, also als
Staat einer übernationalen Religionsgemeinschaft. Allerdings
schließe die „religiös-ethnische Definition des Staates anstelle
einer territorialen (…) die Integration und Gleichberechtigung
nicht-jüdischer Bevölkerungsteile strukturell aus“, schreibt die
Autorin. (S. 22) Sie verweist auf zahlreiche Tricks und
Verschleierungen des Staates Israel, die es ihm ermöglichen, sich
aus Gesetzen mit eindeutigem Apartheidcharakter herauszuhalten. Man
lagere beispielsweise staatliche Funktionen an internationale
zionistische Organisationen aus. So würde eine Arbeitsteilung
bestehen und das demokratische Image in der westlichen Welt gewahrt
bleiben. (S. 40) Der Kern der zionistischen Politik in Palästina sei
die fortgesetzte „Judaisierung“, die als Hauptideologie Vorrang
vor den formalen Bekenntnissen zur Demokratie habe. (S.55) Der
koloniale Blick auf die einheimische Bevölkerung werde von oben her
durch die ideologischen Staatsapparate, Politiker, Militärs und
Rabbiner verbreitet. Zudem bediene sich das religiöse Recht einer
Herrenmenschen-Rhetorik, die sie mit den Heiligen Schriften
begründet. (S.76) Außer Acht dürfe nicht gelassen werden, dass die
eigene Leidensgeschichte der Juden zu einer stark ausgeprägten
Selbstgerechtigkeit der Siedlerbevölkerung führe. (S.77) Verwiesen
wird auf Seite 82 auf einen seit dem Krieg gegen den Gazastreifen
verschärften Rassismus, sodass kritische Israelis vor einem
heraufziehenden Faschismus warnen, (S. 82) wobei der Kolonialismus
seinem Wesen nach zum Faschismus neigt. (S. 88)
Welche
Lichtblicke öffnet uns diese Anklageschrift? Im Gespräch ist eine
Ein-Staat-Lösung. Im Vordergrund stünden die Erlangung der Rechte
der einheimischen Bevölkerung. Das Konzept ziele darauf ab, „den
kolonialen Charakter des gegenwärtigen Staates Israel aufzuheben“
und den Nationalismus zurückzudrängen, um so die Möglichkeit für
ein gleichberechtigtes Zusammenleben zu eröffnen. (S. 215) Das setze
die Überwindung des Zionismus voraus. (S. 217) Von „Innen“, das
wird klar, ist durch Verhandlungen keine Lösung zu erwarten. Daran
hat die zionistische Seite kein Interesse. Da der Staat Israel in der
schlimmsten Krise seiner Geschichte stecke, sei die arabische
antiimperialistische Einheit sowie u.a. die Schwächung der USA in
der Region und die Entwicklung einer starken internationalen
Solidaritätsbewegung vonnöten, so die Autorin auf Seite 222. Von
entscheidender Bedeutung sei der revolutionäre Prozess in der
arabischen Welt. Interessant ist in diesem Zusammenhang folgende
Bemerkung des israelischen Historikers Moshe Zuckermann (junge welt
vom 26./27. Januar 2013): Der Zionismus rechtfertige „die Abneigung
des jüdischen Kleinbürgers gegen seinen nichtjüdischen
Konkurrenten und erlaubt es ihm zugleich, (…) gegen die Verfolgung
Stellung zu nehmen, ohne sich gegen das kapitalistische System zu
wenden, das ihm gewisse Vorteile sichert“. Damit wäre auch dies
ausgesprochen: Nichts geht, ohne den Machtanspruch der herrschenden
Elite in den Fokus zu nehmen.
Petra
Wild: „Apartheid und ethnische Säuberung in Palästina. Der
zionistische Siedlerkolonialismus in Wort und Tat“, 2013, Promedia
Druck- und Verlagsgesellschaft m.b.H., Wien, ISBN 978-3-85371-355-6,
br., 240 Seiten, 15,90 Euro, mit Landkarten.
Erstveröffentlichung
der Rezension in der Neuen Rheinischen
Zeitung
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