Anti-Jubel zum Fall der Mauer vor 25
Jahren
siehe auch Entnommen:
http://www.kritisches-netzwerk.de/forum/anti-jubel-zum-fall-der-mauer-vor-25-jahren
mit zusätzlichen Quellenangaben.
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Die
große Toröffnung
Von
Harry Popow
Der
neunte November. Maueröffnung. Hurra, hurra!! Nicht endenwollender
Jubel. Auch nach 25 Jahren Leben in der BRD noch? Für wen? Jubeln
solle man, das ist die Freude Jedermanns, vor allem aber derjenigen,
die sich raubritterartig einstiges Volkseigentum unter den Nagel
rissen. Die haben sogar Mehr-Wert-Grund zum großmäuligen Jubeln. So
eine Toröffnung, so ein Einfallstor für´s Kapital. So eine gierige
Wiederinbesitznahme von Land, Leuten und Betrieben, von Straßen und
Eisenbahnnetzen. Deren Geheimcode: Nie wieder Enteignungen. Nie
wieder links. Nie wieder Sozialismus. Der Antikommunismus lässt
grüßen. Freie Bahn für Investoren. Grünes Licht für neue
Ausbeutung, freies Geleit für Emporkömmlinge, für Karrieristen und
Halsabschneider.
Der
Fall der Mauer vor 25 Jahren
Wer
wollte das? Das ganze Volk der DDR? Da brüllte jemand eilfertig von
jenseits der Staatsgrenze: Blühende Landschaften sollt Ihr haben!
Also nun zurück gebläkt, im Chor natürlich: „Deutschland einig
Vaterland!“ Wem soll man das verdenken? Da strömten sie in
Scharen. Bürgerbewegungen, die nach Veränderungen innerhalb des
Bisherigen strebten, versackten und verstummten mit feuchten Lippen
in der Schlammflut der Profitmacher-Eliten. Was fiel da bei uns ein?
Was hat es gebracht? Teure Wohnungen und Rausschmisse. Die Herrschaft
der Immobilien-Spekulanten, größtenteils. Arbeitslosigkeit.
Korruption. Zunehmend klaffende Wunden zwischen Oben und Unten.
Armut. Egoismus. Obdachlosigkeit. Manipulierte Einäugigkeiten.
Geschichtsfälschungen am laufenden Band, besonders, was die Ursachen
von Kriegen betrifft. Während des Ukraine-Konfliktes und zuvor
bereits drastische Schreie der Deutschen nach einer Vormachtstellung
in Europa und in der Welt. Politisches Gebrülle nach Mitspracherecht
in der von USA/NATO dirigierten Expansionspolitik. Ein neuer Ritt gen
Osten?
Also
großer Jubel, begleitet durch den unerhörten Trommelwirbel der
Medien. Den Blick auf die Geschichte der DDR lassen sie nur durch ein
Schlüsselloch zu – aus Angst, Vernünftiges könnte überschwappen.
Wen juckt es? Zu wenige, aber immerhin diejenigen, die sich noch im
Wachzustand befinden. Erkenntnisse über den heutigen BRD-Zustand
mögen individuell und lokal bedingt groß sein. Im Inneren kocht es
bei so einigen Leuten. Schreibt es nieder. Geht demonstrieren. Lest.
Ruft es hinaus. Oder geht im Zweifelsfalle shoppen. Sich ablenken.
Ruhig bleiben. Dabei nicht in die Brieftasche schauen. Da könntest
du einen Schock bekommen. Also sich anpassen? Das fehlte noch. Da
rühren die Allmächtigen am Schlaf der Welt, rühren wieder die
Kriegstrommeln – und keiner regt sich auf? Basta. Kann das sein?
Wie schon einmal, als die Braunen zum Generalangriff auf den
Bolschewismus bliesen und allzu viele jubelten und dann ?
Die
große Absicherung
Gewiss
– ein notwendiges Übel. Wie wird daran erinnert? Werden etwa die
Kalten Krieger gebrandmarkt? Diejenigen, die seit der Befreiung vom
Faschismus stets und immer wieder zur „Befreiung“ der Ostzone
aufriefen? Dass die Gefahr eines Atomkrieges bestand? Dass dies auch
Kennedy bestätigte? Wird daran gedacht? Werden ins Kalkül gezogen
u.a. Die Hallstein-Doktrin? Die Delegitimierung der „Ostzone“ von
Anbeginn? Die Truman-Doktrin, die ideologische Begründung für den
Kalten Krieg. Die Stalin-Note 1952 und die Absage Adenauers?
„Rheinischer Merkur“ 20.7.1952: Befreiung sei die Parole? Der
Beitritt der BRD zur NATO? Juni 1948: Die separate Währungsunion?
1948 der Beitritt zur Westunion? Marshallplan? 1950: Himmeroder
Denkschrift - „Heimatdienst“ (deutscher Verteidigungsbeirat)?
8.8.1961 – bereit, weitere 6 Divisionen nach Europa zu verlegen, so
US-Außenminister Dean Rusk? 9.7.1961: Bonner Rundschau – in der
Lage sein, alle Mittel des Krieges anzuwenden? 1996: Kinkel, Zweifel
am Potsdamer Abkommen? Fazit: Die BRD sollte unter den Fittichen der
USA als Speerspitze gegen den Osten funktionieren.
Verbarrikadierte
Seelen?
Keine
Fragen danach? Zugemauerte arme Seelen? Mit massiver Beihilfe durch
die bürgerlichen Medien? Knallharte Geschichtsfakten zu vergessen,
ja bewusst zu unterdrücken, kommt einem gesellschaftlichen
Kriminalakt gleich. Bleiben als „Argumente“ nur noch Tränen,
Familientrennungen und Opfer in der Medien-Berichterstattung übrig?
Der Mauerbau 1961. Natürlich, den kannst du „so oder so“
betrachten. Nimmst du ihn nur als „Todesstreifen“ zur Kenntnis,
als Trennendes zwischen Deutschen, als einsperrende Maßnahme, als
Gefängnis für die DDR-Bewohner, dann verzerrt sich dein
Geschichtsbild, gehörig sogar, dann lässt du dich blenden von
denen, die dafür verantwortlich sind, dass Deutschland in den Krieg
getrieben wurde und dann die Folgen zu tragen hatte, auch die der
Zweistaatlichkeit. Siehst du den Mauerbau aber auch als
Schutzmaßnahme gegen die Ausplünderung des ersten Deutschen
Friedensstaates, als Abwehrkampf gegenüber dem
Alleinvertretungsanspruch der BRD, als Maßnahme der
Friedenserhaltung - was sich ja auch nachträglich jahrzehntelang
bestätigt hat - dann siehst du mehr als nur mit einem Auge. Wer
Ursache und Wirkung allerdings nicht auseinanderhalten kann, nicht in
Zusammenhängen denken gelernt hat, der steht in einer politischen
Notsituation. Dem bleibt nichts weiter übrig, als sich mit
Hasstiraden oder gar kriminellen Aktionen zu „rechtfertigen“. Das
aber ist politisches Glatteis. Die Frage nach dem „Jubel“
anlässlich des 9. November 1989 bekommt damit eine viel größere
und wichtigere Funktion, eine politische Dimension. Zu kurz gedacht?
(PK)
Erstveröffentlichung in der NRhZ:
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