Krieg
oder nicht Krieg?
Geschichte wiederholt sich
nicht, Klasseninteressen aber bleiben konstant. Das gilt auch für
den deutschen Imperialismus. Vor allem mit Hilfe der USA wurde er
nach 1945 in der BRD wieder auf die Beine gestellt. Denn die von den
Westmächten z. B. im Münchner Abkommen von 1938 gestützte Mission
Adolf Hitlers, die Sowjetunion sowie Ost- und Südosteuropa zu
kolonisieren, war nicht erfüllt. Vielmehr stand die Rote Armee an
der Elbe und machte den Weg frei für den ersten deutschen
Friedensstaat. Die Westalliierten und ihr Bundeskanzler Konrad
Adenauer erhoben zur außenpolitischen Doktrin: Erst wenn die UdSSR
auf die Grenzen von 1939 zurückgeht, kann uns ganz Deutschland
gehören.
Die Konterrevolution in
der DDR und die Zugeständnisse Michail Gorbatschows an den Westen
erfüllten 1990 diese Vorbedingungen. Seitdem hat sich aber das
Verhältnis von deutschem und US-Imperialismus geändert: Elemente
der Konkurrenz treten deutlich neben die der Kooperation. Die
überwiegt in den gemeinsamen Kriegen wie im Nahen Osten beim
Versuch, Syrien zu zerstückeln, oder bei den Sanktionen, um
Venezuelas sozialistische Regierung zu erwürgen, oder denen gegen
Rußland, Kuba und andere unbotmäßige Länder. Die Konkurrenz
begann mit dem deutschen Vorpreschen bei der Anerkennung der
Unabhängigkeit Sloweniens und Kroatiens 1991. Heute möchten die USA
erneut einen „begrenzten“ Atomkrieg gegen Rußland führen
können, was selbst der deutschen Großmannssucht nicht paßt.
Deutschland wäre Schlachtfeld. Da hätten einige doch lieber eine
eigene deutsche Atombombe. Trumps nationalsoziales Programm zur
Belebung der US-Industrie schafft zusätzliche Probleme.
Auch in der Bundesrepublik
hat sich eine nationalsoziale Fraktion, die früher zu CDU und CSU
gehörte, in der AfD selbständig gemacht. Ihre Propagandalüge, die
Bundesrepublik zahle für alles Elend der Welt und erleide durch
Einwanderung den „Volkstod“, mobilisiert bundesweit bis zu 25
Prozent der Wähler. Nazis verstecken sich längst nicht mehr nur in
der Anonymität des Internet, sondern zeigen sich demonstrativ im
Alltag wie in Parlamenten.
Die deutsche
Großbourgeoisie hat vorläufig ein taktisches Verhältnis zu ihnen.
Sie schwankt zwischen transatlantischem Treuebekenntnis und
Unterordnung unter Washingtons Wünsche einschließlich
Kriegsvorbereitung gegen Rußland und der Gier nach Profit auf dem
russischen Markt.
Ein Beispiel für erstere
Haltung: Die FAZ veröffentlichte am 1. November einen Artikel unter
der Überschrift „Zur Abwehr bereit“. In der Unterzeile heißt
es: „Das amerikanische Heer verlegt im nächsten Frühjahr Tausende
Soldaten zum Manöver nach Europa. Rußland soll wissen: Wir wollen
und wir können noch.“ Der Text liest sich nicht nur wie seinerzeit
„Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt“, es ist auch so
gemeint. Kostprobe: „Jeder Angreifer, gemeint sind hier natürlich
russische Verbände, soll wissen, daß man es beim Angriff auf
einzelne Truppenteile des Bündnisses alsbald mit der ganzen Wucht
der NATO zu tun bekommt.“ Die Wucht sieht beim geplanten Manöver
an der russischen Grenze so aus: „Rund 33 000 Panzer, gepanzerte
Fahrzeuge, Lastwagen, Jeeps und Material-Container, von denen zwei
Drittel ebenfalls über den Atlantik verschifft werden.“ So liest
sich Größenwahnsinn.
Faschisten, die noch nicht
an der Macht sind, müssen ihre Abhängigkeit von der Bourgeoisie
verdecken. Ein erprobtes Mittel ist die Spaltung der Arbeiterbewegung
und aller Friedenskräfte durch Rassenwahn und Nationalismus. Die
Großbourgeoisie ist es gewohnt, die eigenen Interessen dagegen
vergleichsweise klar zu formulieren, läßt aber Rassisten und Hetzer
gern gewähren. Die kämpfen nicht um höhere Löhne und um die
Macht. Geschichte wiederholt sich nicht, aber die Stoßrichtung nach
Osten, die Jagd unter Migranten und Linken auf der Suche nach
Sündenböcken für Mißstände sind gleichgeblieben. Die Strategen
gehen längst anderen Fragen nach: Krieg oder nicht Krieg? Arnold
Schölzel
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