Sehr geehrte Damen und Herren,
mit dem erforderlichen Respekt und mit der
notwendigen Hochachtung vor der Arbeit und vor den großen
Verdiensten des Genossen Egon Krenz in der DDR, haben wir uns
erlaubt, zu seinem neuen Buch „Wir und die Russen – Die
Beziehungen zwischen Berlin und Moskau `89” eine Rezension zu
schreiben, die uns helfen soll, unsere dramatische Situation nach der
Annexion der DDR durch die BRD kritisch zu verarbeiten und eine
offene und ehrliche Diskussion darüber anzustoßen . Diese Rezension
wurde bisher nicht veröffentlicht, d.h. nicht an unsere Leser
verteilt, weil es sich für ehrliche und aufrichtige DDR-Bürger
gehört, sie zunächst allein dem Autor des Buches zur Kenntnis
und Begutachtung zu übergeben. Das ist per E-Mail am 08.08.2019 auch
geschehen.
Am 10.08.2019 bedankte sich Genosse Egon Krenz per
E-Mail für die Rezension und erklärte sich bereit, eine Diskussion
über bestimmte Kritikpunkte mit uns durchzuführen. Offensichtlich
war er der Meinung, dass hinter dem bei uns üblichen „wir“ eine
politische Vereinigung oder ganze Organisation steht. Da dies
nicht der Fall ist, hat er auf unsere Vorschläge über Zeit und Ort
eines Treffens bis zum heutigen Tage nicht mehr geantwortet.
Wir haben Verständnis dafür, dass Genosse Egon
Krenz weder die Zeit noch die Kraft hat, mit zwei bzw. drei
ehemaligen DDR-Bürgern über komplizierte Fragen der Beziehungen
zwischen der DDR und der Sowjetunion zu diskutieren. Wir wissen
selbst, wie kostbar in unserem Alter die Lebenszeit ist. In keinem
Fall sollte man sie sinnlos vergeuden!
Deshalb haben wir uns heute entschlossen, Ihnen
unsere Rezension
„
Wir und die
Russen – Gedanken zu einem Buch von Egon Krenz“
unter dem Link
http://www.dr-schacht.com/Wir_und_die_Russen_-_Gedanken_zu_einem_Buch_von_Egon_Krenz.pdf
zur Kenntnis zu geben.
Wir
und die Russen – Gedanken zu einem Buch von Egon Krenz
Lieber
Genosse Egon Krenz,
wir
danken Dir für Dein interessantes Buch „Wir und die Russen“, das
wir mit großem Interesse gelesen haben. Trotz einer in der
Geschichte der Menschheit beispiellosen Hetze gegen die DDR, der
Verleumdung ihrer großen wirtschaftlichen, politischen und sozialen
Erfolge und der sich ständig fortsetzenden Beleidigungen ihrer
Bürgerinnen und Bürger durch die kapitalistischen Massenmedien
feiern wir am 7. Oktober dieses Jahres den 70. Jahrestag der Gründung
unseres Staates. Sie war unter den damaligen historischen Bedingungen
die einzige mögliche und natürlich auch die einzige richtige
politische Antwort, auf die einseitige Währungsreform der
Angelsachsen (USA und Großbritannien) in den westlichen
Besatzungssektoren am 20. Juni 1948, auf die Gründung der NATO am 4.
April 1949 und auf die Gründung der BRD am 15. September 1949.
Im
Mittelpunkt unserer gesamten DDR-Politik stand von Anfang an die
feste Freundschaft und enge Verbundenheit mit der Sowjetunion, mit
ihren Völkern und Menschen. Nach dem hinterhältigen Überfall auf
die Sowjetunion am 22. Juni 1941, dem grausamen und mörderischen
Vernichtungskrieg von Nazi-Deutschland mit ihren europäischen und
transatlantischen Verbündeten gegen die russische Zivilisation war
die Orientierung auf den Großen Sieger und Befreier vom Faschismus
nicht nur logisch, sondern auch menschlich verständlich. In diesem
Sinne wurden wir von unserer Pionier-, FDJ- und Parteiorganisation in
der DDR richtig erzogen, in diesem Sinne haben wir in der DDR und in
der Sowjetunion viel gelernt, studiert, gearbeitet und richtig
gelebt, in diesem Sinne werden wir bis zu unserem letzten Tag auch
weiterhin gute und freundschaftliche Beziehungen mit Russland
pflegen. Auch deshalb werden wir am 7. Oktober 2019 die
Fahne der DDR hissen und mit Stolz
unsere verdienten Auszeichnungen
tragen.
Wir
gehören zu denjenigen DDR-Bürger, die mehr als 10 Jahre in der
Sowjetunion gelebt, studiert und gearbeitet haben, deren
Arbeitssprache immer Russisch
war. Mit dem erforderlichen Respekt und mit der notwendigen
Hochachtung vor Deiner Arbeit und vor Deinen großen Verdiensten
erlauben wir uns, zu Deinem Buch folgende Anmerkungen zu machen:
Der Titel Deines Buches „Wir und
die Russen“ ist für uns befremdend. Was willst Du uns mit diesem
Titel sagen? Warum hast Du eine derart undiplomatische
Formulierung gewählt? Bösartige Zungen interpretieren ihn mit „Wir
und der Rest der Welt“. Willst Du uns nur provozieren und zum
intensiven Nachdenken über unsere eigene Geschichte anregen? Nein,
das glauben wir nicht! Das war sicher nicht Dein Ziel! Das hast Du
bestimmt nicht gewollt! Deshalb unterstellen wir Dir das auch nicht!
Mit Deinen klugen Worten im Schlusswort „Wie viel verzeiht die
Geschichte?“ hast Du uns von Deiner positiven Haltung zu Russland
überzeugt. Deine Liebe zur Sowjetunion (jetzt zu Russland!), zu
seinen Völkern und Menschen ist ohne Zweifel grenzenlos. Das
bringst Du auch an vielen anderen Stellen in Deinem Buch zum
Ausdruck. Trotz alledem! Jetzt – nachdem wir Dein Buch gründlich
gelesen und studiert haben - steht es mit seinem schreienden Titel
in unserem Bücherregal und … „steckt uns tagtäglich die Zunge
raus“! Wir kommen nicht umhin, etwas zu ihm zu sagen.
Im
Widerspruch mit der „Wir-Form“ des Titels steht die stark
ausgeprägte „Ich-Form“ Deiner Gedanken. Sie erschwert das
flüssige Lesen des interessanten und spannenden Buches. Zur
Beweisführung und Rechtfertigung Deiner sachlichen Argumente setzt
Du an vielen Stellen Deinen Terminkalender ein. Auf manchen Seiten
erscheinen die Worte „ich, mir, mich, …“ mehr als 15 Mal!
Unser Computer zählte auf den 279 Seiten mehr als 1.000 derartige
Einträge von Dir. Leider ist das stilistisch keine besondere
Stärke!
30
Jahre nach der Annexion der DDR durch die BRD erhalten wir von Dir
ein Buch mit einem Selbstbildnis Deiner letzten Jahre in unserem
Arbeiter- und Bauernstaat, ohne Zweifel von einem ehrlichen und
aufrechten Mann, der 18 Jahre Jahre fest, treu und unerschütterlich
an der Seite unseres Generalsekretärs der SED, Erich Honecker,
gearbeitet und gekämpft hat, der aber bis zum Oktober 1989 nie den
Mut und Kraft fand, sich von ihm zu lösen und die Geschicke unseres
Landes in die eigenen Hände zu nehmen. Das Buch „Wir und die
Russen“ analysiert das Dreiecksverhältnis der UdSSR, DDR und BRD
aus der Sicht von Dir. In diesem Umfeld könnte der Titel des Buches
auch anders lauten.
Was das von Dir genutzte Wort
„Stalinist“ im Zusammenhang mit dem berühmten Zitat „Die
Hitler kommen und gehen, das deutsche Volk, der deutsche Staat
bleiben“ zu tun hat, wissen wir nicht (siehe Seite 8). In Russland
sind trotz der massiven Verleumdungskampagnen und der
haarsträubenden Lügen von Chruschtschow mehr als 70 % der Menschen
aufrichtige Anhänger und Bewunderer von Josef Stalin. Und das ist
gut so! Denn die beispiellose Hetze gegen Russland und seine
Menschen hat schon dazu geführt, dass der rumreiche Sieg der
Sowjetarmee (unter
der Führung von Stalin!)
über den Hitlerfaschismus in Europa in den deutschen Schulen,
Hochschulen und Universitäten nicht mehr gelehrt wird. Mehr als 80%
der Bürgerinnen und Bürger Europas sind überzeugt, dass uns die
westlichen Alliierten unter Führung der USA vom Faschismus befreit
haben. Ist es nicht eine Schande und ein Skandal, dass der größte
Verbrecher aller Zeiten, Adolf Hitler, mit Stalin auf eine Stufe
gestellt wird? Stalin wird inzwischen schon beschuldigt, den Zweiten
Weltkrieg begonnen zu haben (siehe auch
http://www.dr-schacht.com/Unsere_Liebe_zu_Russland_ist_staerker_als_jeder_Hass.pdf
)!
Mit der
unverschämten Behauptung des westdeutschen Historikers Arnulf
Baring: Die DDR habe „fast ein halbes Jahrhundert die Menschen
verzwergt, ihre Erziehung, ihre Ausbildung verhunzt … , ihr Wissen
sei völlig unbrauchbar“, wurden Millionen gut und sehr gut
ausgebildete DDR-Bürger schon vorab als „Idioten“ abgestempelt.
Wir haben in den letzten 30 Jahren erlebt, wie sich eine Armee
kleinkarierter Fachidioten aus dem „Goldenen Westen“ unsere
ausgezeichneten Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und
Ausarbeitungen eiskalt angeeignet hat. Als Dank dafür wurden wir
drangsaliert, gemobbt und aufeinandergehetzt. Dafür danken wir
unseren Brüdern und Schwestern im Westen. Denn jetzt wissen wir:
Die Aussagen unserer Klassiker des Marxismus – Leninismus sind
wahr. Wir haben den menschenfeindlichen und menschenverachtenden
Charakter des Kapitalismus endlich begriffen und hautnah erlebt!
Wenn unsere verbleibende Lebenszeit nicht so kostbar wäre, dann
würden wir gern ausführlich darüber berichten.
Eine
marxistische Analyse der Ursachen des Untergangs der Sowjetunion,
der DDR, der gesamten sozialistischen Staatengemeinschaft, des
Warschauer Vertrages, des RGW, … gibt es nicht und wird es mit
hoher Wahrscheinlichkeit auch niemals geben. Dreißig Jahre sind
vergangen! Bald gibt es keine Zeitzeugen mehr! Wo sind unsere gut
ausgebildeten Historiker und Marxisten-Leninisten geblieben? DIE
LINKE hat sich ideologisch dem herrschenden Kapitalismus angepasst.
Im Zusammenhang mit Deinem Buch sehen wir uns deshalb gezwungen, Dir
offen und ehrlich folgendes zu sagen:
Wir
schämen uns, dass wir zugelassen haben,
dass
sich die Regierung der DDR und ihre politische Führung in der
Waldsiedlung Wandlitz mit einer Mauer vom Volk abgegrenzt und
isoliert haben.
dass
Kritik und Selbstkritik in der SED praktisch abgeschafft wurden. Von
Karrieristen und Schleim… wurden unsere führenden Partei- und
Regierungsorgane völlig unzureichend über gravierende Probleme und
Missstände informiert. Präsentative Meinungsumfragen und
Volksabstimmungen gab es nicht!
dass
viele Bürgerinnen und Bürger der DDR mit „1
½ Augen“ nach dem Westen
schauten. Als deutsche Bürger wollten sie neben den sozialen
Errungenschaften auch in die weite Welt reisen und die wohlfeinen
Waren des „Westens“ kaufen.
dass
durch die Einführung von GENEX und Intershop unsere Gesellschaft
gespalten wurde. Bürgerinnen und Bürger, welche Verwandtschaft in
der BRD hatten oder beruflich in den Besitz von Valutamitteln kamen,
konnten ein umfassendes Angebot von Genuss- und Nahrungsmitteln,
Geschenkartikeln, Haushaltswaren, Kleidung, Möbel, Autos und
Fertighäusern nutzen. Die Mehrzahl der DDR-Bevölkerung besaß
diese Valutamittel nicht!
dass führende Partei- und
Regierungsmitglieder ihre Kraftfahrer beauftragt haben, in
Westberlin für sie einzukaufen. Wer gab ihnen dafür die harte
Währung?
dass
führende Partei- und Regierungsmitglieder sich in kapitalistischen
Ländern erholen durften.
dass so
genannte Andersdenkende und politische Gegner der DDR für einen
Pauschalbetrag (z.B. für ein in Anspruch genommenes Hoch- oder
Fachschulstudium) nicht frei ausreisen konnten.
dass
wir den schwerverwundeten sowjetischen Soldaten, die ihr Leben und
ihre Gesundheit für unsere Befreiung vom Hitlerfaschismus
eingesetzt haben, nicht kostenlos Prothesen für im Krieg verlorene
Arme, Beine, Füße und Hände sowie Gehhilfen und Rollstühle zur
Verfügung stellten.
dass
wir den Bürgerinnen und Bürgern der Sowjetunion 40 Jahre
altmodische Konsumgüter schlechter Qualität, den Bürgerinnen und
Bürgern des Westens moderne Konsumgüter bester Qualität verkauft
haben.
dass
wir in der Sowjetunion preiswert gekauftes Erdöl ohne Abstimmung
mit unserem sowjetischen Bruderland für harte Valutamittel im
Westen verschachert haben.
dass
Arroganz, Überheblichkeit und Hass gegenüber der Sowjetunion
(Russland), ihren Völkern und Menschen in Deutschland wieder Fuß
gefasst haben.
dass
wir nach der unvorstellbaren Zerstörung von mehr als 1.700 Städten
und 70.000 Dörfern und ihrer gesamten Infrastruktur durch die
deutschen Faschisten in der Sowjetunion 40 Jahre auf der Grundlage
der russischen Energie- und Rohstofflieferungen den Anspruch
gestellt haben, besser zu leben als die sowjetischen Menschen. Durch
die mörderische Politik von Hitler-Deutschland verlor die UdSSR im
Großen Vaterländischen Krieg 27 Millionen Menschen.
dass
die offizielle Verabschiedung der großen und siegreichen
Sowjetarmee aus der DDR in einer erniedrigenden und beleidigenden
Form erfolgte.
dass
wir unsere historische, geistige und kulturelle Heimat verraten
haben und für 100,- DM Begrüßungsgeld mit wehenden Fahnen zu
unserem politischen Gegner übergelaufen sind.
dass
der Anschluss der DDR an die BRD ohne eine Volksbefragung
(Referendum) erfolgte. Der hektische und überstürzte Anschluss der
DDR an die BRD war nichts anderes als eine Annexion. Der
„Einigungsvertrag“ - von korrupten Banditen ausgearbeitet und
paraphiert – ist und bleibt eine Schande für Deutschland.
dass
wir als „Bürger der BRD“ unsere moralische Verpflichtung
verraten und unseren Schwur gebrochen haben, immer freundschaftliche
Beziehungen mit Russland zu pflegen. Im Gegenteil gemäß Weisung
der USA entwickelt Deutschland aktiv – gemeinsam mit anderen
europäischen Staaten – eine beispiellose Politik der Russophobie
und Sanktionen. Wir kämpfen nicht gegen den zunehmenden Einfluss
der faschistischen Parteien und Bewegungen in Estland, Litauen,
Lettland und in der Ukraine.
dass
ehemalige DDR-Bürger in der BRD verachtet, beleidigt, erniedrigt,
gedemütigt, eingeschüchtert, verängstigt und belächelt werden.
dass
unsere Kinder und Kindeskinder eine miserable Schulausbildung
erhalten, dass ihre Sprache, Kunst- und Kulturauffassungen bewusst
pervertiert werden, dass ihre Arbeit bei ständig zunehmenden
Ausbeutungsgrad immer schlechter bezahlt wird und dass sie in dieser
menschenfeindlichen und menschenverachtenden Gesellschaft keine
Perspektive haben.
dass
die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden. 1% der
deutschen Bevölkerung besitz mehr als 50% des gesamten Reichtums.
dass
sich die Massenmedien in den Händen der herrschenden Oberschicht
befinden und dass wir im Sekundentakt pausenlos belogen, betrogen
und verarscht werden.
dass im
Bereich der Ethik und Moral Minderheiten über Mehrheiten bestimmen.
dass
die Aristokratie wieder an den Schalthebeln der Macht sitzt und dass
ein Oberst Graf von Stauffenberg, der bis 1944 ein treuer Anhänger
von Adolf Hitler war, in Deutschland die Symbolfigur des
antifaschistischen Widerstandes ist.
Gern sind
wir bereit, gemeinsam mit Dir die Liste weiter zu vervollständigen.
Es wird höchste Zeit, dass die Zeitzeugen weitere Fakten für eine
marxistische Analyse zusammentragen.
Auch
wir stehen fest zum Vermächtnis des „Eisernen Kanzlers“: Niemals
gegen Russland! Für uns ist es nicht nur
eine Frage der Vernunft, sondern auch eine Frage des Verstandes und
des Herzens jetzt erst recht fest an der Seite von Russland zu
stehen.
Wir wünschen
Dir kräftige sibirische Gesundheit und viel Lebensfreude.
Мы
победим!
Dr. Wolfgang
Schacht Wandlitz, 4. August 2019
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