Die Merkel-Macht
Ein Königreich für einen GedankenAutor: U. Gellermann
Datum: 20. Oktober 2014
Die amtierende Königin macht schon Unterschiede: Den Fürsten des ukrainischen Protektorats, einen gewissen Poroshenko, empfing Angela die Große in ihrer persönlichen Suite in Mailand, dort wo das europäisch-asiatische Gipfeltreffen zelebriert wurde. Der Stammes-Häuptling aus den fernen asiatischen Gebieten, Putin, musste dann mit dem Konferenzraum des Hotels vorlieb nehmen. Mit jedem Jahr, in dem die Merkel-Macht wächst, wird die Etikette strenger und die Regierungsgestik entschiedener: "Hier kann ich keinerlei Durchbruch bis jetzt erkennen", kanzlerte sie den Mann aus Moskau ab. Der macht einfach nicht das, was sie will.
An anderer Stellen scheint der Durchbruch bis in den Blinddarm zu reichen: Das als Wurmfortsatz betrachtete Gebiet des EU-Europas, der Balkan, wurde im August bei einer Konferenz in Berlin zur "europäischen Perspektive" gnädig ins königliche Auge gefasst: "Alle Staaten des Westlichen Balkans werden die Möglichkeit haben, der Europäischen Union beizutreten", ließ die Uckermärkerin beschließen. Und so dürfen sich jetzt Albanien, Serbien, Bosnien-Herzegowina, der Kosovo, Mazedonien und Montenegro die fatale Hoffnung machen, dereinst dem Merkel-Reich beizutreten.
In einem anderen Absatz-Gebiet deutscher Waffen, in Griechenland, sah die Königin von Deutschland und den angeschlossenen Gebieten jüngst ein Wunder keimen: "Die ersten zarten Pflänzchen des Erfolgs sind sichtbar", attestierte die Merkel ihrem Athener Statthalter Samaras bei einem Treffen in Berlin. Der legte ihr auch gleich eine Devotionalie auf die Treppen zum Thron: Ein neues EU-Hilfspaket für Griechenland sei nicht notwendig, versprach er gebeugten Hauptes und seine feuchten, von der Rührung umflorten Augen glänzten treuherzig.
Hilfe suchte Samaras für sein gebeuteltes Randgebiet auf dem internationalen Kapitalmarkt. Der zeigte dann auch gleich was er von zarten Pflänzchen hält: Mit gigantischen neun Prozent Zinsen für die griechischen Anleihen schlug der Spaten des Marktes erbarmungslos auf die Pflanze ein und Griechenland war mal wieder näher am Staatsbankrott als an der Wurzel der Gesundung. Doch, fast unbemerkt von der Merkel-Medien-Öffentlichkeit, rettete die Europäische Zentralbank erneut griechische Banken. Rund 12 Milliarden Euro flossen aus der Druckerpresse direkt an vier "systemisch wichtige Institute": Die National Bank of Greece, die Piraeus Bank, die Eurobank Ergasias und die Alpha Bank.
Das Merkel-Reich weiß was es tut wenn es rettet: Nicht die Mehrheit der Griechen, von denen manche hungern, von denen mehr als ein Viertel arbeitslos sind, bei jüngeren Menschen sind es mehr als 60 Prozent. Gerettet werden seit Jahr und Tag Banken, statt Menschen. Denn die königlichen Erlasse besagen, dass mit der Bankenrettung eines fernen Tages auch die Menschen gerettet werden. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann hungern sie noch morgen. Auch in anderen Ländern des Reiches ächzen die Satrapen unter den Mühen der Geldbeschaffung. Vorlaut meldete sich der italienische Ministerpräsidenten Matteo Renzi: "Die Finanzkrise kehrt dramatisch an die Finanzmärkte zurück". Ob ihm demnächst noch königliche Gnadenbeweise zuteil werden ist fraglich: Für Wahrheiten werden sie bei der Merkeln nicht erteilt.
Die Uckermärkerin in ihrer Weisheit begegnet dem Rückgang der Wirtschaft mit Sanktionen gegen Russland. Ein interessantes Experiment, das von einer erstaunlichen Rezeptur ausgeht: Wenn ich einen bedeutenden Handelspartner abstrafe, geht es dessen Wirtschaft schlecht, dann kann ich ihm weniger verkaufen, wenn ich weniger verkaufe, dann geht es auch meiner Wirtschaft schlechter, dann wird er schon sehen was er davon hat, der Asiate. Der Hofnarr soll gefordert haben: "Ein Gedanke, ein Königreich für einen Gedanken". Am Hofe hat sich bis heute keiner gemeldet.
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