„Friede den Hütten!...“
Eine ganz persönliche Beobachtung / Von Harry Popow
26. Januar 2012: Marktplatz Friedrichshagen. Sonderaktion der Montagsdemonstranten gegen Fluglärm. Über tausend in der Januarkälte. Hochgeschlagene Kragen. Schilder: Menschen- und Klimakiller! Nicht über unsere Köpfe hinweg. Spontane Reden. Lügner. Lügner!! Lügnerpack. Ein Redner: Es habe nie eine Umweltverträglichkeitsprüfung für Flüge über den Müggelsee gegeben. Und weiter: Man hat uns den Fehdehandschuh hingeworfen. Wir haben ihn aufgenommen. Wowereit weg! Wütende, aufgebrachte Bürger. Der Ruf „Wir sind das Volk!“ Rbb dabei. Reporter Ulli Zelle. Scheinwerfer, Trillerpfeifen. Buh-Rufe! Wir sind die Krieger – ein selbstgebasteltes Lied. Warum? Heute war entschieden worden: Die Flugrouten – vor allem über den Müggelsee – bleiben erhalten. Unter fadenscheinigen Ausreden, ja Lügen. Alles dahin: Dreißig Montagsdemos seit 2011. Menschenkette um den Müggelsee. Müggelsee ist überall, so ein weiteres Plakat. Stimmung, eine nicht durch noch mehr Lügen zu beschwichtigende Masse. Eine Zündschnur ist gelegt, seit langem? Wohin führt sie? Wohin muß sie führen? Ein kostspieliger Rechtsstreit wird kommen. Sein Ausgang ungewiß. Aber der Kampf geht weiter.
Persönlicher Rückblick auf das Jahr 1949: Berlin-Friedrichshagen. In der Bölschestraße, der Hauptstraße, wird ein Jugendklub gegründet. Der gehört der neuen Pionierorganisation. Dort trifft man sich und bekommt auch blaue Halstücher. Ich will auch mitmachen. Gehe einfach hin. Der soeben gegründete Fanfarenzug zieht mich an, vor allem das Trommeln. Wir üben oft. Erst im Keller des Klubs, dann auf der Straße, wo viele Leute interessiert zusehen. Das gefällt mir. Und dann heißt es: „Wir bereiten uns auf eine große Sache vor ...“ Nach der Schule wird tüchtig geprobt. Fast jeden Abend. Dann ist es soweit. Ein neuer Staat wird am 7. Oktober gegründet – die DDR! Der Fanfarenzug trifft sich am 11. Oktober mit Tausenden anderen im Berliner Lustgarten. Fackeln, Fanfaren, Menschen über Menschen. Und alle fröhlich und voller Erwartung. Extra für diesen Anlaß wurden viele kleine Bäumchen am Rande des Platzes gepflanzt. Dieser historische Abend war ein unauslöschliches Erlebnis für mich.
Zurück in die Gegenwart: Am nächsten Tag lese ich im Internet Worte von Kristian-Peter Stange, Pressesprecher des BVBB: „…Die zynischen und höhnischen Aufforderungen, die gesundheitsgefährdenden Lärmbelastungen zugunsten einer politischen Standortfehlentscheidung hinzunehmen, sind unerträglich. Was sich Platzeck und Wowereit mit solchen Aufforderungen erlauben, liegt außerhalb ihrer verfassungsgemäßen Verpflichtungen. Sie treten damit die Grund – und Menschrechte mit Füßen und dürfen sich darum nicht wundern, wenn sie als Verfassungsfeinde bezeichnet werden. (…)“
Was aber raunen die uns zu? „Findet euch ab“…
Richtig, Wowereit, wir sind ein unmündiges Volk. Mit uns könnses ja machen. Wie lange noch? Es ist unglaublich, wie das Volk verarscht wird. Die Oberen schaufeln sich selbst das Grab. Irgendwann. Sie wissen es nur noch nicht… Die mutigen Friedrichshagener und die Anlieger – sie haben Ausdauer… Georg Büchner: Friede den Hütten!... Danke für den Fehdehandschuh. Man weiß, mit wem man es zu tun hat…
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