Entnommen: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=28527
Deutsche Regierung auf US-Linie
Anne Will wie Alice im Wunderland
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait
Der Auftritt von Jan van Aaken, Mitglied der Partei DIE LINKE und
ehemaliger Bundestagsabgeordneter, war eine große, überraschende
Enttäuschung. Man erwartete, dass er sich sachlich gut dokumentiert
vorbereitet hätte und deshalb ganz realistisch den Krieg der USA und
ihrer NATO auf dem Boden der Ukraine gegen Russland und die Unterwerfung
der deutschen Regierung unter das US/NATO-Diktat richtig erkennt und
verurteilt. Doch Fehlanzeige! Die deutsche Regierung hat sich hinter den
US-Präsidenten Joe Biden gestellt und folgt der US-Linie eines langen
Zermürbungskrieges gegen Russland mit Waffenlieferungen und Sanktionen
gegen Moskau. Letztere haben bereits in Europa großen Schaden
angerichtet. Und Waffenlieferungen werden ab einem gewissen Punkt, den
Russland entscheidet, zu russischen Gegenschlägen auf die Lieferländer,
die de facto Kriegsbeteiligte sind. Auf diese irrsinnige Realität ist
keiner der Teilnehmer bei Anne Will am 05.03.2023. eingegangen, weil sie
alle die Lage auf den Kopf gestellt sehen oder sehen müssen und sich
offenbar keine Gedanken über die Wurzeln des Krieges machen.
Erbärmliche Fehlbesetzung bei „Anne Will“
Am verwirrtesten wirkte der gegenwärtige Vorsitzende der Münchner
Sicherheitskonferenz, Botschafter Christoph Heusgen. Auch die
Repräsentantin der Evangelischen Kirche und die ukrainische Vertreterin,
- die beide für Waffenlieferungen standen, - waren eine erbärmliche
Fehlbesetzung: Mehr Waffen für die Ukraine, Solidarität mit der Ukraine.
Das ist wie "Alice im Wunderland", wie Kinderpantomime in England oder
so ähnlich. Das hat weder Kopf noch Fuß. Und Anne Will lässt das einfach
ohne Nachfragen durchgehen.
Keine Solidarität mit der Ukraine, Plattform einer NATO-Aggression gegen Russland
Solidarität mit der Ukraine kann es nicht geben. Es darf keine
Solidarität mit einem Kiewer Regime geben, das sich als Marionette der
USA und ihrer NATO von ihnen bis zu den Zähnen bewaffnen lässt, um
Plattform für eine NATO-Aggression gegen Russland zu werden. Die Art der
Verteidigung richtet sich nach der Art des Angriffs. Daher der
Gegenschlag Russlands mit seiner Militäroperation in der Ukraine, um die
Menschen in den Donbas-Republiken vor weiteren Aggressionen, denen sie
seit 2014 ausgesetzt sind, zu bewahren und dem Regime Selenskis ein Ende
zu setzen, das Russlands Sicherheit bedroht. Das Regime ist nicht die
Ukraine. Russland will nicht die Ukraine verschwinden lassen, weder das
Land noch seine Kultur, wie bei „Anne Will“ am 05.03.2023
fälschlicherweise behauptet wurde. Die ukrainische Kultur ist Teil
russischer Kultur.
Druck auf US-Präsident ausüben
Nicht auf den Kreml ist Druck auszuüben, sondern auf den US-Präsidenten
Joe Biden, der diesen Krieg mit Hilfe der US-gelenkten Putschregierung
in Kiew 2014 gegen die Donbas-Republiken gestartet und deshalb zu
beenden hat. Die Wurzeln des Kriegs liegen in den wiederholten
Interventionskriegen der USA/NATO und ihrer Osterweiterung bis an die
Grenze Russlands seit der 90er Jahren. Diese Verstöße gegen alle
Abmachungen und Verträge wurden von keinem der Teilnehmer bei „Anne
Will“ am 05.03.2023 angesprochen, als ob sie kein Völkerrechtsbruch
wären. Nicht einmal der Botschafter Christoph Heusgen war in der Lage,
die NATO-Verstöße zu erkennen und zu erwähnen.
Sicherheitsgarantien an Russland bei Anne Will kein Thema
Selbstverständlich hat der Kreml nach so vielen Jahren von geduldiger
und hoffnungsvoller, aber unbeachtet gebliebener, vergeblicher
Diplomatie endlich auf die Sicherheitsbedrohung russischer Bürger
wirksam reagiert. Wie bei Alice im Wunderland, spricht man bei „Anne
Will“ am 05.03.2023 allerdings über „Sicherheitsgarantien an die
Ukraine“, nicht über Sicherheitsgarantien an Russland, deren
Verweigerung gerade zum Krieg führte.
Zuerst erfolgte die NATO-Osterweiterung entgegen dem Versprechen von
Außenminister Hans-Dietrich Genscher an Michail Gorbatschow, ein
Versprechen, das unter Regierungschefs, die im guten Glauben miteinander
umgehen und darauf bauen, hätte erfüllt werden müssen, auch wenn es nur
verbal erfolgte. Da der Westen gegen sein Versprechen mehrmals
verstieß, forderte der Kreml im Dezember 2021 – nach langem Beobachten
der bedrohlichen Entwicklung an seinen Grenzen - Sicherheitsgarantien
von den USA und NATO in vertraglicher Form. Vergeblich, die Sache wurde
nicht einmal in Washington oder im NATO-Hauptquartier auf die Agenda
gesetzt, geschweige denn beantwortet. Kein einziger europäischer
Staatschef bat den US-Präsidenten, folgerichtig zu handeln und sich mit
Russland vertraglich zu einigen. Dazu hatte ja Moskau schon
Vertragsentwürfe vorgelegt (17.12.2021).
Eisiges Schweigen des Westens zu den berechtigten russischen Sicherheitsinteressen
Von Moskau geht keine Gefahr eines Krieges in Osteuropa aus. Allerdings
von der NATO, seitdem sie sich entgegen allen internationalen
Versprechungen und Abkommen Richtung Osten bis an die Grenze zu Russland
erweiterte. Selbstverständlich reagierte die russische Regierung auf
die Stationierung zusätzlicher Waffen in der Ukraine oder auf die
Verlagerung von Truppen auf NATO-Gebiet an die russische Grenze, wie im
Baltikum und Polen. Jede Armee dient der Verteidigung des eigenen Landes
und ist verpflichtet, dafür bereitzustehen, so auch die russische
Armee. Deswegen verlangte der russische Präsident Wladimir Putin
Sicherheitsgarantien der NATO, und zu diesem Zweck legte er zwei
Vertragsentwürfe vor am 17. Dezember 2021. Allerdings kam aus der EU
kein Wort der Anerkennung und kein Gesprächsangebot hinsichtlich der
berechtigten Sicherheitsinteressen Russlands – nur eisiges Schweigen.
Kein Wort darüber bei „Anne Will“ am 5.3.23, aber „Sicherheitsgarantien
für die Ukraine“ wurden in ihrer Sendung verlangt! Die Unkenntnis dieser
erratischen Entwicklung des Westens brandmarkt alle
Verantwortungsträger, den Kanzler Olaf Scholz eingeschlossen. Alle
Teilnehmer bei „Anne Will“ am 05.03.2023 widerspiegeln auf peinliche
Weise diese gravierende Unkenntnis. Nicht Russland ist der Aggressor,
sondern mehrfach die USA mit ihrer NATO. Das ist bewiesen und weltweit
bekannt. Nur deutsche Vertreter bleiben verblendet und entgleist.
Wegen US/NATO-Aggressionen und Rechtsverstößen alarmiert zu sein
Die wiederholten US/NATO-Aggressionen und Rechtsverstöße wecken in jedem
aufmerksamen Beobachter den Instinkt, alarmiert zu sein. Der Instinkt
ist der beste Wegweiser. Es ist bedauerlich und äußerst seltsam
festzustellen, dass genau dieser Instinkt bei fast allen deutschen und
anderen europäischen Verantwortungsträger in Politik und Medien
ausgestellt scheint. Nicht so bei den Menschen, die in der DDR ihre
Schulbildung hatten und dort groß geworden sind. Sie sind damit
aufgewachsen, Interessen und Machtverhältnisse zu erkennen und genau
hinzusehen, was sich ihnen gegenüber abspielt.
Der Krieg in der Ukraine wird enden, wenn Russland seine Ziele erreicht
haben wird, und zwar die Entnazifizierung und Entmilitarisierung der
Ukraine, das heißt, Selenski und sein Regime wird verschwinden müssen,
um an ihrer Stelle Platz für eine Regierung zu machen, die mit Russland
die Grundlage für ein friedliches Miteinander schafft, fern von jedem
destruktiven Einfluss der USA und ihrer Vasallen in Europa.
Lage erkennen, die seit Jahrzehnten entstanden ist: Russland Sicherheitsgarantien geben
Die Unterlassung Deutschlands und anderer EU-Staaten, Russland keine
Sicherheitsgarantien zu geben, ist in der Tat höchst unverantwortlich
und gefährlich. Staatschefs, Außenpolitiker und ihre Medien verkennen
die Lage, die seit Jahrzehnten entstanden ist und sich aufgrund einer
niemals korrigierten westlichen Verirrung und völkerrechtlichen
Entgleisung zugespitzt hat. Der unabhängige französische Journalist
Thierry Meyssan schildert diesen verirrten Weg des Blocks USA/EU in
seinem Artikel: „Russland will die USA zwingen, die UNO-Charta zu
respektieren - Steigende Spannungen“: "Russland und China haben kürzlich
die Vereinigten Staaten schriftlich aufgefordert (15.01.2022), die
Charta der Vereinten Nationen zu respektieren und ihr Wort zu halten.
Dieses Vorgehen, frei von jeglicher Aggressivität, stellt nicht nur das
Funktionieren der UNO, der NATO und der Europäischen Union infrage,
sondern fast alle Vorwärtsbewegungen der USA seit der Auflösung der
UdSSR. Für Washington ist dies offensichtlich inakzeptabel. Aber die
amerikanische Hypermacht ist nicht mehr das, was sie einmal war. Sie
wird ihren Rückzug beginnen müssen."
Sich von Fremdbestimmung befreien
Verhandlungen sind nicht zu erwarten, weil der Westen nichts unternimmt,
um seine fehlgeschlagene Politik zu korrigieren. Die Vorkriegslinie
muss die NATO wieder erreichen, wie schon der ehemalige US-Außenminister
Henry Kissinger mahnte (16.01.2023). Er schlägt vor, die Frontlinie
entlang der Krim, Donezk und Lugansk einzufrieren. Aber Nein. Die NATO
will den Krieg verlängern und Berlin ist dabei, nicht fähig, sich von
dieser Fremdbestimmung zu befreien.
Selbstbestimmungsrecht für die Ukraine
Sollte sich keine neue Regierung für die Ukraine bilden, wäre es für
Russland eine sinnvolle Option, das Land vollständig zu besetzen,
nachdem Kiew zur bedingungslosen Kapitulation gezwungen sein wird.
Danach sollte die ukrainische Bevölkerung in einem Referendum
entscheiden können, ob sie zu Russland gehören will. Das wird sicherlich
vom „Wertewesten“ nicht gutgeheißen werden, weil die Ukraine für ihn
hauptsächlich als Reserve billiger Arbeitskräfte, als neuer Absatzmarkt
und landwirtschaftliches Produktionspotential gilt, und die Ukraine
deshalb vollends in ihren Machtbereich eingegliedert werden soll. Es
wäre aber nicht nur wünschenswert, sondern auch vernünftig, die
ukrainische Bevölkerung über ihre Zukunft direkt entscheiden zu lassen,
damit sie nicht an ein korruptes Regime gekettet bleibt, das sich als
Marionette des „Wertewestens“ verhält. Nur die eigene Bevölkerung kann
gemäß ihrem Selbstbestimmungsrecht entscheiden, wie sie leben will.
Sicherlich nicht im Krieg mit Russland.
Ukraine-Krieg endet, wenn sich Russland dazu entschließt.
Der Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN), Antonio Guterres,
reiste im April 2022 nach Moskau und sprach im Kreml lange mit Präsident
Wladimir Putin und auch mit Außenminister Sergej Lawrow. Der
Öffentlichkeit sagte der UN-Generalsekretär: „Der Krieg in der Ukraine
wird enden, wenn sich Russland dazu entschließt.“ Also auf dem
Schlachtfeld. Mit Nazi-Deutschland geschah dasselbe.
Verlorenes Vertrauen Russlands in den Westen wiedererlangen
Für Verhandlungen gibt es von russischer Seite kein Vertrauen, wie auch,
nach alledem, was geschehen ist. Abgeordnete und Außenpolitiker aus
allen deutschen Parteien müssen diese nackte Realität erkennen und
sollten sich nicht weiter täuschen lassen.
Das Vertrauen, dass Russland sich auf seine westlichen Partner verlassen
könne, ist illusionär und zerbrochen, so der russische Chefdiplomat:
„Jetzt können wir uns nur auf uns selbst und auf die Verbündeten
verlassen, die zu uns stehen. Das ist die Hauptschlussfolgerung für
Russland." Europa habe den Versuch, seine Unabhängigkeit von den USA zu
erkämpfen, fast aufgegeben. Gleichzeitig strebten die USA danach, eine
monopolare Welt zu schaffen, die sich einem „amerikanischen Saloon"
ähnele, wo alle „nach der Pfeife des Stärksten" tanzten.
(Meldung zum Interview mit Sergej Lawrow 18.03.2022).
Die USA müssten die ersten Schritte unternehmen, um das verlorene
Vertrauen wiederzuerlangen, d.h. die NATO sollte sich zurückziehen oder
sich definitiv auflösen, und Deutschland muss auf jeden Fall aus der
NATO austreten, ebenso alle anderen EU-Länder. Aber hierzu sind bisher
keinerlei Anzeichen wahrzunehmen.
Verfasst am 06.03.2023 unter Bezugnahme auf ARD-Fernsehsendung „Anne
Will“ am 05.03.2023: "Mit der Waffe an der Schläfe. Sind
Friedensverhandlungen mit Putin derzeit möglich?“
Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin
und Diplomatin (a.D.). Sie war tätig im Außenministerium und wurde unter
der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In
Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen
Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen
demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für
Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit
beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in
Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und
Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem
vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich
Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung,
für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem
bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von
ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La
Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im
Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige
ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek
des Deutschen Bundestages
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