Donnerstag, 27. September 2012

Treffsicher - der "Narrenzug..."


Hallo Harry , gratuliere ! Deine Rezi heute im Blog ist ,wie schon so oft, Spitze und ganz nach meinem Geschmack.

Habe mich schon vor Jahren und in Folge bei beinahe jeglicher Diskussion zum Thema EU und Euro auf Lenins " Über die vereinigten Staaten von Europa " bezogen .Leider oft belächelt , weil der alte Herr ja eben so alt wäre .

Der Kern der Aussagen ist geblieben : Das Wesen des Kapitalismus , seine ungleichmäßige Entwicklung , das zum Staatsmonopolismus mutierte Kapital und die weitestgehende Verselbstständigung des Finanz - und Bankkapitals.

Da ändert auch Steinbrücks Versuch der Aufspaltung des Bankkapitals zum Zweck der besseren Kontrolle und Regulierung nichts . Das wird nicht gelingen . Es wird im Gegenteil dazu führen , dass auf Grund der wütenden Gegenangriffe des Kapitals damit schon die nächste Wahlniederlage der SPD vorprogrammiert ist . Wir werden´s sehen !

Gruß von Alex

Dienstag, 25. September 2012

Im Narrenzug ins Disneyland...

„Euroland wird abgebrannt“. Profiteure, Opfer, Alternativen / Lucas Zeise

Buchtipp von Harry Popow

Da kann man schon schockiert sein: Du sitzt im Schnellzug ohne zu wissen, wohin die Reise geht. Dir wurde zwar ein tolles einheitliches Europa vorgegaukelt, in dem du überall in gleicher Währung zahlen kannst - aber der Zug verlangsamt seine Fahrt, hält nicht mehr an jeder Station, gerät schließlich ins Stocken und ein jeder muß aussteigen und Brennholz (sprich erhöhte Steuern) für eine schwerfällige Weiterfahrt sammeln. Schöne Aussichten. Und kaum einer macht sich über den Preis Gedanken, der für diese Fahrt ins „Glück“ zu zahlen sein wird?

Die bisher zurückgelegte fehlerhafte Strecke und die „Zukunftsaussichten“ dieser Narrenfahrt beschreibt Lucas Zeise in seinem neuesten Sachbuch „Euroland wird abgebrannt“. Der Autor, Finanzjournalist mit einem Studium der Volkswirtschaft und Philosophie, führt den Leser in acht Abschnitten anschaulich und in einer sauberen sprachlichen Diktion vor Augen, wie die EU im Jahre 1992 aus der Taufe gehoben wurde, welche Vorteile der einheitliche Binnenmarkt gehabt hätte und welchen unsinnigen und katastrophalen Zielen wegen seiner fehlerhaften Konstruktion der Eurozug entgegenfährt. Ohne extra auf den großen russischen Klassiker hinzuweisen, der in seinem Aufsatz „Über die Losung der Vereinigten Staaten von Europa“ davor warnte, dass „die Vereinigten Staaten von Europa unter kapitalistischen Verhältnissen entweder unmöglich oder reaktionär“ seien, entwirrt Zeise den Knäul des Warum und Wofür dieser Zusammenballung des europäischen Kapitals.

Dies in diesem Beitrag außen vor lassend räumt der Autor gewisse Vorteile des einheitlichen Binnenmarktes ein. Die Pluspunkte wären zum Beispiel: ein großer Währungsraum ermögliche es den beteiligten Volkswirtschaften, „sich weitgehend den irrationalen Bewegungen der Finanzmärkte, speziell des Devisenmarktes entziehen“ zu können. Weiter: „Die Kapitalisten und ihr Staat können sich einfacher und billiger selbst finanzieren.“ So sei die Finanzierung von Unternehmen und Staat weniger abhängig von den Launen der Finanzmärkte. Ein großer Währungsraum könne sich notfalls auch vom internationalen Kapitalmarkt abkoppeln. Nicht zu vergessen: Nach dem II. Weltkrieg ergab sich zum ersten Mal „die Chance, mit den USA hinsichtlich der Vorteile einer Anlage- und Leitwährung gleichzuziehen“. (S. 61)

Nicht ohne Ironie widmet sich Zeise auch den „Vorteilen“ von Spekulationen. So schreibt er: „In spekulativen Hochphasen wird also die Tendenz des neoliberalen Wirtschaftsmodells zu Stagnation und Unterkonsumtion überspielt. Die Spekulation suggeriert steigende Gewinne in der Zukunft. Die Investitionen steigen. Sie schaffen zusätzliche Nachfrage und fördern damit den Aufschwung. Der bei steigenden Vermögenspreisen explodierende Reichtum in den Händen der an der Spekulation Beteiligten, färbt außerdem auf die übrige Gesellschaft ab. Die immer reicher werdenden Spekulanten fragen mehr Luxusgüter nach, sie bauen sich Häuser und Paläste und richten sie ein. Die zahlungskräftige Nachfrage nach Porsches, nach Immobilien, nach Reisen in der Busineß- oder der ersten Klasse steigt. Auch dadurch wird die Realwirtschaft angeregt. Wenn die Spekulationsblase geplatzt ist, schrumpft umgekehrt diese Nachfrage drastisch.“ (S. 27)

 Doch zum Kern des Schlamassels: Bereits einleitend stellt Zeise fest, man müsse die Krise der europäischen Währungsunion als Bestandteil der den ganzen Globus umfassenden aktuellen Weltfinanz- und Weltwirtschaftskrise begreifen. (S. 8) Auf den Seiten 16/17 legt er vor allem die Finger auf die unüberwindbaren Wunden auf das neoliberale kapitalistische Wirtschaftsmodell: Es gehe radikaler und direkter um die Erhöhung der Kapitalrendite. Folglich: Druck auf die Gewerkschaften, auf die Löhne, denn mit allen Mittel muß die Mehrwertrate gesteigert werden. Kapitalverkehr über alles. Dazu werden auch die nationalen Schutzschranken für den Warenhandel und den Kapitalverkehr systematisch abgebaut. So werden stärkere Kapitale bevorzugt und die Monopolisierung vorangetrieben. „Um die Kosten für das Kapital niedrig zu halten, wird der Staat kurz gehalten und geplündert. Die Privatisierung von Staatsvermögen, die Vernachlässigung der Infrastruktur, von Bildung und Erziehung und Gesundheit der breiten Bevölkerung gehören zum Kern des neoliberalen Credos.“

Dass der Kapitalismus an seinen inneren Widersprüchen krankt, sei allgemein bekannt, aber das helfe nicht weiter, so der Autor. (S. 44) In polemischer Auseinandersetzung mit der Auffassung, das Finanzkapital spiele keine eigenständige Rolle, weist der Autor nach, dass die Banken und das Finanzkapital durchaus fähig sind, „Geld aus dem Nichts zu schaffen“. (S. 48)

Warum ist die auf einer Konferenz am 7. Februar 1992 im niederländischen Maastricht beschlossene europäische Währungsunion eine verfehlte Konstruktion, wie Lucas Zeise analysiert? (S. 57) Wichtig dabei ist die Feststellung des Autors, daß dieEuropäische Währungsunion „nicht nur den politischen Interessen der deutschen Regierung entsprach, sondern vor allem den wirtschaftlichen Interessen der deutschen Unternehmen.“ (S. 60) Deshalb dürfen sogenannte heilige Kühe einfach nicht geschlachtet werden. Dazu gehört, so der Autor, nicht nur schlechthin das Privateigentum, sondern auch der Wettbewerb (Konkurrenzkampf) untereinander, also auch zwischen den Ländern der Europäischen Union. Von Vorteil für alle (S. 64) wäre eine gewisse Spezialisierung gewesen. Allerdings wurden die Standortvorteile, die ja „höchst ungleich verteilt waren“, „durch die Fehlkonstruktion des Euro und die Wirtschaftspolitik der Kernländer sogar noch verstärkt“. Das Entscheidende dabei: Statt mit Transferleistungen für den Fluß von Überschuss- zu den Defizitregionen zu sorgen, fehlen staatliche Institutionen. Seite 69: „An die Stelle von staatlicher Regulierung tritt dabei der ´Wettbewerb´. Und um die Konkurrenz zu befördern, gilt als oberstes und nachgerade heiliges Prinzip die Freiheit des Kapitalverkehrs.“

Welche Lösungswege bietet der Autor an? Will man die Währungsunion erhalten, so Zeise, sollten die grundsätzlichen Mängel der Euro-Konstruktion beseitigt werden. Sie könne nur durch „einen höheren Grad der staatlichen Integration (…) überleben.“ (S. 130)  Dazu müsse jedoch „das Prinzip des Wettbewerbs der Staaten (um die Gunst des Kapitals)“ aufgegeben und „durch staatliche Institutionen“ ersetzt werden. Er plädiert für eine Angleichung der Steuersysteme, der sozialen Systeme und für den Aufbau einer zentralen EU-Regierung.(S. 130) Auch müssten die „neoliberale Umverteilung von unten nach oben gestoppt und umgekehrt werden; zweitens muss der Finanzsektor massiv geschrumpft und damit die Macht des Finanzkapitals beschnitten werden.“ (S. 132)

Auf den Punkt gebracht: „Der Euro scheitert nicht deshalb, (…) weil die an der Währungsunion beteiligten Länder kulturell und ökonomisch so unterschiedlich sind. Er scheitert vielmehr daran, daß er ein Produkt des Neoliberalismus ist.“(S. 142) Fakt ist: „Das Scheitern des Euro-Projektes bedeutet eine schwere Niederlage des europäischen und deutschen Kapitals.“ (S. 141)

Was steht schon jetzt fest? Die im Zug Sitzenden werden zum Narren gehalten. Sie werden das angestrebte Ziel nicht erreichen. Rechnen müssen sie mit Gehälterkürzungen, Entlassungen, reduzierten Renten, Sozialleistungen und Ausgaben für Forschung und Bildung, mit weniger Investitionen in Straßenbau, Eisenbahn, Wasser- und Stromversorgung. So verschärft auch der Fiskalpakt die Krise, schreibt Lucas Zeise. (S. 126) Trotzdem meinen 73 Prozent der Deutschen laut einer Umfrage (siehe „nd“ vom 29.09.2012): Uns geht es ja gut. Man hat ja seine einheitliche Währung, man hat ja in Deutschland sein Auskommen, nicht wahr?

Mag manch einer sagen, das alles seien olle Kamellen. Man lasse uns in Ruhe, sollen die da oben nur ihr Zeug machen. Außerdem: Die das Euroland kritisch gegenüberstehenden Schriften nehmen zu, häufen sich. Der große Vorzug Zeises ist es, in sachlicher und gründlicher Weise die eigentlichen Ursachen des gewollten Eurolandes als rein kapitalistisches Streben nach Maximalprofit in den Vordergrund gerückt zu haben. Im Klartext: Euroland kann nicht funktionieren, da die inneren Widersprüche des Kapitalismus eine einvernehmliche Zusammenarbeit zwischen den sehr unterschiedlichen Ländern im europäischen Raum auf der nur Wettbewerbsebene einfach nicht zulassen.

Es ist ein meines Erachtens sehr gut und verständlich verfasster Text besonders dann, wenn er, wie auf Seite 62, die konkrete Situation eines Vorstandschefs als Beispiel anführt. Auch die grau unterlegten Begriffserklärungen wie über Rating-Agenturen und Eurobonds dienen dem leichteren Verständnis.

Der Narrenzug schaukelt weiter ins Land, in ein Land der Märchen und Illusionen. Die Zuginsassen fühlen sich genarrt, und die da oben halten fest an ihren nebelhaften Illusionen, einer von Fehlkonstruktionen und Pleiten bestückten Strategie. Wir leben in einer Gesellschaft der Blendungen und Verblendungen. Disneyland läßt grüßen. Der Preis, der für die Fehlplanungen zu leisten sein wird, ist schon jetzt nicht mehr kalkulierbar. Und die Bundeskanzlerin, an die Adresse der Jugendlichen gerichtet, ruft:  „Das Europa der Zukunft liegt in euren Händen!“ (siehe Märkischer Sonntag, 23.09.2012)

Na dann – weiter eine gute Fahrt ins Glück!!

(„Euroland wird abgebrannt.“ Profiteure, Opfer, Alternativen, Autor: Lucas Zeise,   Papyrossa Verlagsges.; Auflage: 1 (September 2012), ISBN-13: 978-3-89438-483-8,  19,6 x 13 x 1,4 cm, Deutsch, Broschiert: 142 Seiten.)

Mittwoch, 12. September 2012

"In die Stille gerettet" / Textauszug - das war vor 23 Jahren...


Papa, Papa ...!


Der neunte September 1989. Ein Sonnabend. Cleo begleitet mich zum Flugplatz. Das ist allerhand, sie zittert vor innerer Aufregung, sie hat Tränen in den Augen, den schönen, aber sie vertraut mir. Ich bin sehr froh darüber. Wer wagt es, unser Glück zu zerstören? Am Terminal eine lange Schlange. Plötzlich höre ich hinter mir: „Dieser Scheißstaat!“ Ich drehe mich um. Da steht ein großer und schlanker junger Mann, kurze Haare, Lackaffengesicht. Sicher einer von der Sorte der bezahlten Provokateure. Man will, daß man darauf reagiert. So ein Idiot! Später steige ich die Gangway hoch und winke zu der Aussichtsplattform hin, schwenke ein orangefarbenes Frottèhandtuch, alle Passagiere winken mit Schals oder Tüchern. Cleo winkt zurück. Henry verschwindet im Bauch des Flugzeuges. Neben der startbereiten Interflug-Maschine steht eine „Finnair“. Cleo geht niedergeschlagen und heulend zurück ins Flughafengebäude. Plötzlich spricht sie ein finnischer Flugkapitän an: „Warum weinen sie? Haben sie Sorgen? Ausweis dabei? Ich nehme sie mit nach Helsinki!“ Verdattert schaut sie in ein sympathisches Gesicht. Keine Anmache, nur helfen wollen kommt da herüber. „Wieso, wäre denn das möglich?“ fragt sie den Fremden. „Ja, nur schnell junge Frau!“ Ein Bruchteil von Sekunden nur – und ihre Antwort: „Vielen Dank, es wird schon alles wieder. Ich bleibe bei meiner Familie. Sie sind ein mutiger Mann!“ Er geht, dreht sich noch einmal um und lächelt verständnisvoll ... So hätte Cleo eins-drei-fix in Finnland landen können – ohne Henry!

Der Flug nach Budapest. Henry hockt wie ein geprügelter Hund auf seinem Sitz. Er grübelt. Eine Idee reift heran. „Wie wäre es, wenn ich bei der DDR-Botschaft, bei der ich mich ja ohnehin melden soll, um eine offizielle Ausreisegenehmigung für Patricia und M. bitte.“ Das hieße, sie kommen mit nach Berlin, erhalten offiziell die Papiere und reisen ganz legal aus, und nicht über den illegalen Fluchtweg Ungarn, denn das fügt der DDR sehr großen Schaden zu. Etwa 13 oder 14.00 Uhr: Landung in Budapest, schreibt Henry später. War noch nie hier. Muß mich durchfragen. In der DDR-Botschaft sagt man mir, wie ich zum Malteser-Lager komme. Doch zu meinem „Vorschlag“ gibt es nur ein bedenkliches Kopfschütteln. Wieder einmal fehlgedacht. Auf zum besagten Lager. Kein Blick für die Stadt. Suche die Bushaltestelle. Im Bus nachdenkliche, ruhige und besoffene Leute. Einer sabbelt gebrochenes Deutsch: „Honni kommt und holt euch alle zurück!“ Ich fühle ringsumher Fremdheit, etwas, was ich weder gedanklich noch gefühlsmäßig voll begreifen kann, bin ein Spielball der schief gelaufenen Geschichte. Ich weiß nur, du mußt Patricia finden, ihr paar liebe Dinge sagen, und dann schnell wieder zurück zur Cleo, alles andere kann mir so ziemlich gestohlen bleiben. Am Tor des Malteser-Lagers: Man ist mißtrauisch, prüft und wendet meinen Paß und meinen Personalausweis hin und her. Verständlich, haben nach meiner Kenntnis schon andere versucht, hier Leute wieder herauszuholen, auf illegale Art natürlich. Ich versichere, nur meine Tochter sprechen zu wollen. Man zuckt die Schultern in der Aufnahme. Man fragt erstaunt, wieso ich so schnell einen Paß bekommen habe? Ich verweise auf die „Macht“ des Fernsehens. Das sehen die ein. Aber: Bei 2500 Leuten, wie meine Tochter finden? Man versichert, sie suchen zu lassen, inzwischen solle ich an der Anschlagtafel einen Zettel anheften. Die Suchzeilen sollen so abgefaßt werden, daß Patricia mich anhand des Inhalts ohne weiteres erkennen könne. 17.00 Uhr. Sitze auf einer Bank am Rande eines kleinen Platzes mit der besagten Wandtafel. Stiere unruhig in die Runde. Wer soll das alles begreifen? Mütter mit Kleinkindern, junge Leute - alles Feinde? Sie kehrten uns den Rücken. Warum nur? Warum machen wir eine so dumme Politik? Ich schäme mich für diese „Arbeiterpolitik“, möchte am liebsten im Boden versinken, bin einfach sprachlos und es schmerzt die Seele. Wo soll das alles hinführen? Und was soll ich tun? Hier auf gut Glück warten? Und wenn der Abend hereinbricht und nichts tut sich? Habe noch keine Übernachtung, morgen werde ich Patricia finden müssen.

Langsam stehe ich auf, nehme meinen kleinen schwarzen Koffer, bin tieftraurig, mutlos. Irgendwo muß der Ausgang aus diesem weitläufigen Lager sein, ich folge einfach einem Weg. Junge Leute stehen Schlange an einer Baracke, vielleicht das Abendessen, denke ich und schlurfe langsam weiter. Plötzlich höre ich hinter mir einen Ruf, der mir durch Mark und Bein geht: „Papa, Papa ...!“ Diese Stimme - es die Tochter. Schnurstracks drehe ich mich um. Natürlich, da kommt sie schon auf mich zugestürzt – unsere Patricia!!! Bei der Umarmung sagt sie, ich sei ein Abenteurer, hierher zu kommen. Ich begrüße auch M., ihren Freund, der wohl glaubte, ich würde ihm ernsthafte Vorwürfe machen. Wenig später sitzen wir am Rande eines Fußballplatzes, essen ein wenig, trinken, und sprechen über all die Probleme und Sorgen der jungen Leute. Ich versuche zu verstehen, begrüße zwar nicht den Weg über Ungarn, aber das ist nun kein Thema mehr. Inzwischen ist es 21.00 Uhr geworden. Patricia schreibt noch schnell ein paar Zeilen für Mama, dann verabschieden wir uns. Im halbleeren Flughafengebäude wartet ein zermarterter und im Kopf leicht wirrer Vater auf den Rückflug in den frühen Morgenstunden ...

Gegen 12.00 Uhr mittags ist Henry wieder bei Cleo. Sie ist aufgeregt. Rini sitzt im Wohnzimmer, heult, hat heute Geburtstag. Sohn Patrik kommt, seine Mama möge eine Urkunde ausstellen, er will den Eltern den Wartburg schenken. Wozu denn das? Eine Ahnung, eine Gewißheit: Ein weiterer Tiefschlag. Auch er geht! Henry ist müde und zerschlagen, kann nicht mehr kämpfen, fällt matt ins Bett. Mutter und Sohn beschließen, schnell noch alle Pflanzen aus seiner Wohnung zu holen, bevor die Polizei sie versiegelt. Zuviel Zeit vergeht. Cleo schaut sehr beunruhigt aus dem Fenster. Da sieht sie vor dem Haus sein Auto stehen. Mit Pflanzen beladen, aber ohne ihn. Hat ihn die Stasi schon geholt? Cleo faßt sich ans schmerzende Herz ... Hoffentlich kein Infarkt. Indessen trudeln Geburtstagsgäste für Rini ein. Was sie miterleben, ist nicht gerade ein jubelnder, sondern ein tränenreicher Haufen voller Unglücksraben. Da klingelt es stürmisch. Pati ist da! Er habe seine Freundin A. vor der Haustüre getroffen, die auf dem Weg zur Geburtstagsparty war. Wieder einmal habe es zwischen den beiden Streit gegeben. Diesmal mit erfreulichem Ausgang: Patrick läßt seinen Zug nach Ungarn sausen und bleibt hier ... Cleo, Henry, Irina und acht Geburtstagsgästen fällt ein riesengroßer Stein vom Herzen...
(Textauszüge: Harry Popow - „In die Stille gerettet“. Persönliche Lebensbilder. Engelsdorfer Verlag, Leipzig, 2010, 308 Seiten, 16 Euro, ISBN 978-3-86268-060-3)