Mittwoch, 28. Januar 2015

NEIN ZUM KRIEG - Wolfgang Bittner




Die Friedensbewegung – zerstritten, gespalten, zergliedert

Nein zu Krieg und Konfrontation

Von Wolfgang Bittner

Ein Freund schrieb mir zum Jahreswechsel, ihn erfülle Angst und Sorge, und er zitierte dazu den geblendeten Grafen Gloster aus Shakespeares „König Lear“: „Das ist die Seuche dieser Zeit: Verrückte führen Blinde“ („Tis the times plague, when madmen lead the blind“). Auch mich treibt es um, denn wir leben wieder in einer Zeit des Kalten Krieges und der West-Ost-Konfrontation, in der es jederzeit zu einem militärischen Schlagabtausch der Atommächte USA und Russland mit unabsehbaren Folgen kommen könnte. Wäre es in dieser heutigen politischen Situation nicht dringend geboten, dass Millionen Menschen für den Frieden auf die Straße gingen, um eine Änderung der Politik zu bewirken? Stattdessen ist die deutsche Friedensbewegung zerstritten und in einzelne Gruppen gespalten.

Im Wesentlichen lassen sich zurzeit in Deutschland drei Protestbewegungen unterscheiden: Erstens die herkömmliche Friedensbewegung, wie sie in Form des Friedenswinters 2014/2015 auftritt; zweitens die Mahnwachen oder auch Montagsdemonstrationen; drittens die Pegida, die aber nichts mit dem Anliegen der Friedensbewegung gemein hat. Des Weiteren gibt es neben den seit Langem existierenden Bündnissen gegen Rechtsextremismus seit einigen Wochen zahlreiche Anti-Pegida-Bewegungen, Kundgebungen gegen Rassismus und Ausgrenzungen oder – nach den Terroranschlägen in Paris – Pro-Charlie-Demonstrationen.

 Friedenswinter 2014/2015

 Die einst mächtige Friedensbewegung hat in Deutschland eine lange Tradition. Vereinzelt bereits im 19. Jahrhundert und verstärkt in den 1950er Jahren aus den Kriegserfahrungen entstanden, tritt sie zum Beispiel immer noch jedes Jahr bei den Ostermärschen öffentlichkeitswirksam in Erscheinung. Da wurde gegen die Wiederbewaffnung, den Vietnamkrieg, gegen Atomkraft und Atomwaffen, gegen die Stationierung von Raketen in Deutschland oder gegen den Irakkrieg von 2003 demonstriert, und zeitweise nahmen Hunderttausende an diesen Kundgebungen teil, darunter Persönlichkeiten wie Heinrich Böll, Willy Brandt oder Günter Grass.

 In dieser Tradition ist meines Erachtens der Friedenswinter 2014/2015 zu sehen. Am 13. Dezember 2014 versammelten sich in Berlin über 4.000 Bürger vor dem Amtssitz des Bundespräsidenten, und auch diesmal nahmen wieder viele Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens an der Kundgebung teil. Anlass waren die besorgniserregende Situation in der Ukraine wie auch die Aussagen von Politikern, insbesondere des Bundespräsidenten Gauck und der Kanzlerin Merkel, Deutschland müsse mehr Verantwortung in der Welt übernehmen, auch militärisch.

Das Motto war: „Verantwortung für unser Land heißt: Nein zu Krieg und Konfrontation.“ Ich habe eine beeindruckende Rede des bekannten Theologen Eugen Drewermann gehört, der absolut nicht im Verdacht steht, irgendwie ferngesteuert zu sein. Wie auch andere Redner, trat er überzeugend und vehement für Frieden und Abrüstung ein, für zivile Konfliktlösungen sowie gegen eine Militarisierung der deutschen Außenpolitik. Das ist die aktuelle Friedensbewegung: Kooperation statt Konfrontation, eine Politik der gemeinsamen Sicherheit, in die auch Russland einbezogen werden muss. Keine militärischen Interventionen mehr, keine Atomwaffen …


 Die Mahnwachen oder auch Montagsdemonstrationen

 Daneben gibt es die Mahnwachen oder Montagsdemonstrationen. Sie sind nach eigenem Verständnis eine politisch unabhängige Bewegung, und die Organisatoren sehen sich in der Tradition der Montagsdemonstrationen von 1989 und 1990 in der damaligen DDR, aber auch der antimilitaristischen und pazifistischen deutschen Friedensbewegung zugehörig. Vor allem geht es gegen die Verschärfung des Krieges in der Ukraine, gegen die Ausspähung der Bevölkerung durch die US-amerikanische National Security Agency (NSA) und auch gegen die Einseitigkeit der Medien.

 Solche Kundgebungen finden in zahlreichen Orten statt, und die Beteiligung wie auch die Anliegen sind manchmal sehr unterschiedlich. Oft stimmen Programm und Realität nicht überein. Zwar gibt es durchaus seriöse, engagierte Teilnehmer, die sich von inhumanen Ansichten abgrenzen; aber nicht wenige Demonstranten gehören unter dem Motto „Bei uns gibt es alle Farben“ ganz offensichtlich der rechten Szene an. Dadurch ist diese Bewegung in Verruf geraten. Hinzu kommt eine äußerst kritische, zum Teil bösartige Berichterstattung in den Medien.

Das ist ein Problem für diese Bewegung, wie ja auch aus Stellungnahmen der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund des Antifaschisten (VVN/BdA), der Partei DIE LINKE und gewerkschaftlicher Organisationen hervorgeht, die vor einer Teilnahme an den Kundgebungen warnen. Hier droht meines Erachtens eine Spaltung der Friedensbewegung, weil an den Montagsdemonstrationen in den verschiedenen Orten Pazifisten, Ostermarschierer, Linke, Sozialdemokraten oder Gewerkschafter teilnehmen, was ihnen dann zum Vorwurf gemacht wird.

 Aber auch der Friedenswinter wurde von vielen Medien mit Häme, böswilligen Unterstellungen und Beschuldigungen begleitet. Dabei ist nicht auszuschließen, dass subversive Kräfte an der Spaltung und Diskreditierung der gesamten Friedensbewegung beteiligt sind. Denn eine starke Bewegung für Frieden, Abrüstung und zivile Konfliktlösungen ist mit Sicherheit nicht im Interesse der Regierenden in diesem Land, nicht in Europa und nicht in den USA.

 Die PEGIDA-Bewegung und deren Ursachen

 PEGIDA bedeutet: Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes. Schon die Bezeichnung macht deutlich, dass Pegida nichts mit der Friedensbewegung zu tun hat, zumal bei den Kundgebungen fremdenfeindliche und nationalistische Ansichten vertreten werden. Insofern warnen viele beunruhigte Mitbürger zu Recht vor einer Teilnahme an den Aufmärschen dieser Protestbewegung. Andere rufen zu Besonnenheit und Differenzierung auf, weil an den PEGIDA-Demonstrationen Menschen unterschiedlichster Orientierung teilnehmen, also auch Menschen, die ein oftmals nur diffuses Unbehagen mit der Politik empfinden, was sich dann – statt gegen die herrschende Politik – gegen die Ausländer und den Islam richtet. Hier führen Populisten das Wort. Am 22. Dezember 2014 haben in Dresden 17.000, am 12. Januar sogar 25.000 Menschen demonstriert, und es ist nicht auszuschließen, dass sich diese Bewegung zu einer neonazistischen Gefahr entwickelt könnte.

 Viele Bürger merken heute mehr oder weniger – oft nur intuitiv – dass etwas nicht stimmt, dass sie von den amtierenden Politikern und den nahezu einheitlich agierenden Massenmedien nicht ernst genommen und sogar belogen und betrogen werden. Die Menschen leiden unter der Entsolidarisierung in der Gesellschaft, die durch eine verantwortungslose Politik verursacht wird: Arbeitslosigkeit, zunehmende Altersarmut, übermäßig teure Mieten, mangelnde Krankenversorgung, soziale Unsicherheit … Ein Viertel der deutschen Bevölkerung, das sind etwa zwanzig Millionen, leben unterhalb oder am Rande des Existenzminimums, und das in einem der reichsten Länder der Welt.

 Während Schwimmbäder, Jugendzentren, Bibliotheken, Theater und andere Kultur- und Sozialeinrichtungen geschlossen werden und Hartz-4-Empfänger nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können, wachsen Einkommen und Vermögen gar nicht so Weniger auf Kosten der großen Mehrheit ins Unermessliche. Zugleich gehen Milliarden in die Rüstung, an Banken oder jetzt an die Kiewer Ukraine, wo eine von den USA unterstützte kriminelle Regierung Krieg gegen die eigene ostukrainische Bevölkerung führt und den Militärhaushalt soeben auf 2,4 Milliarden Euro verdoppelt hat.

 Das ist eine brandgefährliche Situation, und das macht sich unreflektiert Luft in einer Bewegung wie der PEGIDA. Aber dadurch ändert sich nichts, denn die Demonstranten fordern nicht ihre in der Verfassung verbürgten Rechte ein, sondern sie verlangen ein starkes Deutschland ohne Islam, sie wenden sich gegen Menschen, denen es noch schlechter geht als ihnen. Und die Politiker fragen bisher nicht nach den Motiven so einer Protestbewegung, sie ignorieren zum Beispiel die Ursachen der Flüchtlingsströme aus den zerstörten Ländern (zerstört von wem und warum?).

 Das bedeutet: Wenn die Politik – im Einvernehmen mit korrumpierten Medien – weitermacht wie bisher und sich nicht den existenziellen Fragen der Bevölkerung stellt, braucht sich niemand darüber zu ereifern, dass PEGIDA und eine Partei wie die Alternative für Deutschland (AfD) zu einer ernsten Gefahr für die – ohnehin mehr und mehr ruinierte – Demokratie anwachsen.

Wie mit der Propaganda umgehen?

 Selbstverständlich muss sich eine Friedensbewegung, die den Namen verdient, gegen inhumane Ansichten und Parolen abgrenzen. Was aber ist davon zu halten, wenn durchaus gutwillige, antimilitaristisch und pazifistisch orientierte Bürger, die an Friedensmärschen oder Mahnwachen teilnehmen, pauschal als Nazis, Antiamerikaner, Putinfreunde oder Querfrontler diffamiert werden? Waren etwa die Millionen, die nach den Anschlägen von Paris demonstriert haben, sämtlich lupenreine Demokraten? Wer von den Politikern und Journalisten, die diese Demonstrationen zum Anlass für ihre Propaganda machten, hat danach gefragt, ob Teilnehmer mehr rechts oder links orientiert waren?

 Zu registrieren ist, dass in letzter Zeit mehr und mehr ehrabschneiderisch gegen Menschen polemisiert wird, die sich für Frieden und gegen Militarisierung wenden. Da sollen offensichtlich auch kritische Publizisten zum Schweigen gebracht werden, indem man ihnen durch Diffamierungen die Existenz entzieht. Einer der Kampfbegriffe ist Antiamerikanismus. Der Soziologe und Politikwissenschaftler Arno Klönne hat dazu kürzlich in der Zeitschrift Ossietzky (Nr. 1/2015) wie folgt Stellung genommen: „Eine geopolitische ‚Führungsmacht‘, deren Regierung immer wieder Feldzüge unternimmt, um andere Staaten zu ruinieren; die geheimdienstlich einen weltweiten Big-Brother-Betrieb unterhält, sich massenmediale Beihilfe für ihre Operationen out of area kauft, zerstörerische ‚Revolutionen‘ anzettelt, per Drohne illegal Widersacher tötet, auch Folterungen nicht scheute – wenn ich dieser US-amerikanischen Politik widerspreche, ziehe ich mir hierzulande leicht den Vorwurf zu, ich sei ‚Antiamerikaner‘, ein Feind der ‚westlichen Wertewelt‘, vermutlich ideologisch infiziert von nazistischen Hinterlassenschaften.“

Arno Klönne hat sich geprüft, er kommt zu dem Schluss: „Nationen haben keine kollektive Identität. Keineswegs in der gesellschaftlichen Wirklichkeit, nur in der Propaganda von Machteliten. ‚Antiamerikaner‘? Bin ich nicht.“

 Ich stimme ihm uneingeschränkt zu, seine Einschätzung gilt für viele Intellektuelle, die jetzt angefeindet werden. Aber ich möchte das Spektrum der Argumente noch erweitern: Ist jemand ein Antiamerikaner, Verschwörungstheoretiker, Putinversteher, Querfrontler oder was auch immer, wenn er die Frage stellt: Müssen wir, die wir für Frieden eintreten, jemanden maßregeln, der neben uns „undifferenziert“, „einseitig“, „platt“ oder „simpel“ gegen die Ungeheuerlichkeiten demonstriert, die uns geboten werden? Wer will hier wem das verbürgte Recht zu demonstrieren aberkennen, soweit nicht offensichtlich gegen die Grundsätze der Verfassung verstoßen wird? Ich bin kein Meinungswächter in einer Atmosphäre geschürter Terrorismushysterie, die offensichtlich von den eigentlichen Problemen unserer Gesellschaft ablenken soll.

Allerdings fühle mich dazu verpflichtet, mich jeglicher Form von Gewalt entgegenzustellen und von Mitdemonstranten zu distanzieren, die neonazistische, menschenverachtende Ansichten vertreten. Dagegen bin ich bereit, mit Mitdemonstranten darüber zu diskutieren, ob sich die israelische Regierung völkerrechtswidrig verhält, ob Deutschland ein Einwanderungsland ist, ob das Schlagwort von der „Willkommenskultur“, nur die Phrase einer saturierten Politikerkaste und ihrer Sprachrohre ist und ob sich die deutsche Politik nicht gegen das aggressive, verbrecherische Machtstreben US-amerikanischer Wirtschaftseliten abgrenzen müsste. Im Übrigen halte ich es für an der Zeit, dass Millionen auf die Straße gingen, alle, die intellektuell oder intuitiv begriffen haben, worum es geht: Um die Bewahrung des akut gefährdeten Friedens. (PK)

 
Wolfgang Bittner ist Jurist und Schriftsteller. Eine Erstveröffentlichung dieses Artikels gab es vergangene Woche bei www.hintergrund.de. Kürzlich erschien sein Buch „Die Eroberung Europas durch die USA“. Eine Rezension finden Sie in der NRhZ unter http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=21117


Online-Flyer Nr. 495  vom 28.01.2015

Dienstag, 27. Januar 2015

Eine Schande...




Hecht-Galinski: „Es ist eine Schande, dass Putin nicht eingeladen wird!“


by Kommunisten-Online

auschwitz_tor_stammlager70. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz-Birkenau


Quelle: sputniknews vom 27.01.2015


Als eine „Schande“ hat die namhafte Publizistin Evelyn Hecht-Galinski die Verweigerung einer persönlichen Einladung für Präsident Wladimir Putin zur Gedenkveranstaltung nach Auschwitz bewertet.

Die Feierlichkeiten anlässlich der Auschwitz-Befreiung ohne die Befreier sind undenkbar“, meint die Tochter des 1992 verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz Galinski.

Ich möchte dem russischen Volk für die Befreiung von Auschwitz-Birkenau vor 70 Jahren danken. Es war die Rote Armee, die Auschwitz befreit hat“, betonte sie in einem Interview mit Sputnik-Korrespondent Armin Siebert. „Und gerade als Nachkomme eines Auschwitz-Überlebenden möchte ich es als eine Schande bezeichnen, dass Russland und Putin von Polen nicht zur Gedenkfeier eingeladen wurden und dass Kanzlerin Merkel sich nicht bei Russland für diese Befreiung bedankt hat.“

Hecht-Galinski beobachte, wie das Wort „Auschwitz“ zu einem Instrumentalisierungsbegriff geworden sei: „Wenn ich den Ministerpräsidenten des jüdischen Staates, Benjamin Netanjahu, höre, der die Phrase ‚Nie wieder Auschwitz‘ instrumentalisiert, um gegen den Iran vorzugehen, dann ist das für mich unerträglich.“ Auch in der Ukraine-Krise sei eine Instrumentalisierung des Begriffes wieder zu bemerken. Ihr Vater habe ihr berichtet, dass die schlimmsten Aufseher und Wärter Ukrainer waren: „da frag ich mich, warum wird inzwischen Russland so dämonisiert und als Feind betrachtet, auch von den deutschen Medien? Das ist sehr bedenklich.“

Angesprochen auf die jüngste Behauptung des polnischen Außenministers Grzegorz Schetyna,, nicht russische, sondern ukrainische Soldaten hätten Auschwitz befreit, sagt Hecht-Galinski: „Das sind Dinge, die ich nicht mehr nachvollziehen kann und die für mich unerträglich sind.“

Auch die Rede von Bundespräsident Joachim Gauck bei der Gedenkveranstaltung sieht Hecht-Galinski kritisch: „Das ist für mich emotional eine Zumutung. Ich halte das für einen Fehlgriff. Herr Gauck trägt ja auch gehörig dazu bei, wie aktuell die Kriegstrommel gegen Russland gerührt wird. Bundespräsident Gauck war einer der ersten, der den Sotschi-Boykott verkündet hat, ohne dass er gefragt wurde. Und das war weit vor der Krimkrise.“

Freitag, 23. Januar 2015

China: Neue Prioritäten (aus LinkeZeitung)


Chinas globaler Politikwechsel



Geschrieben von F. William Eng­dahl — http://​www​.luft​post​-kl​.de
Haup­tkat­e­gorie: Aus­land
Kat­e­gorie: Ostasien
Veröf­fentlicht: 23. Jan­uar 2015

Zitiertes:
Im Laufe der Jahre war ich schon mehr als ein Dutzend mal in China. Bei Gesprächen mit Poli­tik­ern aller Ebe­nen habe ich vor allem eine Erken­nt­nis gewon­nen: Wenn Peking eine poli­tis­che Rich­tungsän­derung vol­lzieht, geschieht das nur nach rei­flicher Über­legung, dann aber sehr entsch­ieden.

Und wenn man sich auf eine Neuori­en­tierung ver­ständigt hat, wird sie mit bemerkenswerter Kon­se­quenz auf allen Ebe­nen umge­setzt. Das ist auch das Geheim­nis des Wirtschaftswun­ders, das sich in den let­zten 30 Jahren in China vol­l­zo­gen hat. Jetzt hat die chi­ne­sis­che Führung wieder eine schw­er­wiegende poli­tis­che Entschei­dung getrof­fen, die unsere Welt im Laufe des näch­sten Jahrzehnts verän­dern wird.

Am 29. Novem­ber 2014 hat in Peking ein äußerst wichtiges Tre­f­fen, die Zen­trale Kon­ferenz zu außen­poli­tis­chen Angele­gen­heiten, stattge­fun­den, die wegen der laufenden US-​Kampagne zur Diskri­m­inierung Putins und zur Desta­bil­isierung Rus­s­lands in Wash­ing­ton kaum beachtet wurde. Xi Jin­ping, der chi­ne­sis­che Staat­spräsi­dent und Vor­sitzende der Zen­tralen Mil­itärkom­mis­sion hielt dort eine „wichtige Grundsatzrede“.

Beim sorgfälti­gen Lesen der offiziellen Presserk­lärung des chi­ne­sis­chen Außen­min­is­teri­ums zu dieser Kon­ferenz bestätigt sich, dass diese Rede tat­säch­lich „sehr wichtig“ war [s. http://​www​.fmprc​.gov​.cn/​m​f​a​_​e​n​g​/​z​x​x​x​_​6​6​2​8​0​5​/​t​1 ​2​1​5​6​8​0​.​s​h​t​m​l ]. Die chi­ne­sis­che Führung hat jetzt auch offiziell einen strate­gisch bedeut­samen glob­alen Poli­tik­wech­sel vol­l­zo­gen und für die chi­ne­sis­che Außen­poli­tik neue geopoli­tis­che Pri­or­itäten festgelegt.

Für China haben die Beziehun­gen zu den USA und sogar zur EU jetzt nicht mehr Vor­rang. Auf der nach rei­flichen Über­legun­gen verän­derten geopoli­tis­chen Land­karte genießt jetzt eine ganze Gruppe anderer Staaten Pri­or­ität. Dazu gehören Rus­s­land und die anderen BRICS-​Staaten mit ihren sich schnell entwick­el­nden Wirtschaften, Chi­nas asi­atis­che Nach­barn, Afrika und andere Entwicklungsländer.

Noch 2012 stand die Mitar­beit Chi­nas in inter­na­tionalen Organ­i­sa­tio­nen wie der UNO, der APEC (s. http://​de​.wikipedia​.org/​w​i​k​i​/​A​s​i​a​t​i​s​c​h​-​P​a​z​i​f​i​s​ c​h​e​_​W​i​r​t​s​c​h​a​f​t​s​g​e​m​e​i​n​s​c​h​a​f​t ), der ASEAN (s. http://​de​.wikipedia​.org/​w​i​k​i​/​A​S​E​A​N ), dem IWF (s. dazu auch http://de.wikipedia.org/wiki/Internationaler_W%C3%A4hrungsfonds ), der Welt­bank und anderen im Vorder­grund seiner außen­poli­tis­chen Aktiv­itäten. Bei den Staaten galt fol­gende Rang­folge: An erster Stelle standen große Mächte wie die USA, die EU, Rus­s­land und Japan, gefolgt von den anderen Nach­barstaaten Chi­nas und Entwick­lungslän­dern mit gerin­gerem Durchschnittseinkommen.

In seiner Rede auf der Kon­ferenz (zur kün­fti­gen Außen­poli­tik Chi­nas) befasste sich Staat­spräsi­dent Xi haupt­säch­lich mit einer Unterkat­e­gorie der sich entwick­el­nden Län­der, den großen Staaten mit fort­geschrit­tener Entwick­lung, mit denen China kün­ftig enger kooperieren will. Auch nach Mei­n­ung chi­ne­sis­cher Intellek­tueller sind diese Staaten bei der drin­gend notwendi­gen Reform der inter­na­tionalen Ord­nung beson­ders wichtige Part­ner für China. Dazu gehören neben den anderen BRICS-​Staaten Brasilien, Rus­s­land, Indien und Südafrika (s. http://​de​.wikipedia​.org/​w​i​k​i​/​B​R​I​C​S​-​S​t​a​a​t​e​n ) auch Indone­sien und Mexiko. Dass China sich selbst nicht mehr als „Entwick­lungs­land“ sieht, ist ein weit­erer Beleg für sein gestiegenes Selbstbewusstsein.

(...)

Chi­nas mit Risiken ver­bun­dener Kur­swech­sel zeigt, dass es Wash­ing­tons geopoli­tis­ches Spiel und die Strate­gien der neokon­ser­v­a­tiven US-​Kriegsfalken durch­schaut und sich – gemein­sam mit Putins Rus­s­land – nicht der glob­alen Tyran­nei Wash­ing­tons beu­gen wird. Das Jahr 2015 kön­nte eins der entschei­dend­sten und aufre­gend­sten der mod­er­nen Geschichte werden.

F. William Eng­dahl berät und referiert über strate­gis­che Risiken. Er hat an der Prince­ton Uni­ver­sity über Poli­tik pro­moviert, Best­seller über Öl und Geopoli­tik veröf­fentlicht und schreibt auss­chließlich für die Internet-​Zeitung „New East­ern Outlook“.

(Wir haben den Artikel kom­plett über­setzt und mit Ergänzun­gen und Links in run­den Klam­mern verse­hen. Den Link in eck­i­gen Klam­mern hat der Autor selbst einge­fügt. Infos über ihn sind nachzule­sen unter http://​de​.wikipedia​.org/​w​i​k​i​/​F​.​_​W​i​l​l​i​a​m​_​E​n​g​d​a​h​ l .)

http://​jour​nal​-neo​.org/​2​0​1​5​/​0​1​/​1​0​/​c​h​i​n​a​-​s​-​g​l​o​b​a​l​-​p​o​l​i​t​i​c​a​l​-​s​h​i​f​t​/

http://​www​.luft​post​-kl​.de/​l​u​f​t​p​o​s​t​-​a​r​c​h​i​v​/​L​P​_​1​3​/​L​P​0​1​5​1​5​_​2​1​0​1​1​5​.​p​d​f

Donnerstag, 22. Januar 2015

Mutiger Mahner gegen Krieg verstorben

Persönlicher Nachruf

Professor Dr. Günther, Arzt, Antifaschist, Jude und mutiger Mahner gegen Krieg
                                     ist am 16.01.2015 in Husum gestorben
                                              
von Brigitte Queck

Professor Dr. Siegwart Horst Günther wäre am 24. Februar 2015 90 Jahre alt geworden.
Er war ein bescheidener und auf das Wohl aller bedachter Mensch..
Im 2. Weltkrieg  verwundet, später Kurier der Stauffenberg-Gruppe und eingekerkert im KZ Buchenwald, später  Arzt und jüngster Professor der DDR im Ausland, ging es ihm bei all seinem Wirken vordergründig  um die Erhaltung des Weltfriedens als vornehmste Aufgabe überhaupt, der sich auch sein Staat-die DDR- während ihres 40 jährigen Bestehens verpflichtet fühlte.

Besonders hervorzuheben ist die langjährige Zusammenarbeit von Professor Dr. Günther mit Albert Schweizer im Urwaldhospital Lambarene und sein Wirken als Arzt und Wissenschaftler im Irak.
Ich selbst lernte ihn 1999 während der Zeit des NATO-Krieges gegen Jugoslawien auf einem Erfurter Antikriegskongress kennen, nachdem die Mütter gegen den Krieg, eingebettet in 160 Antikriegsaktivisten, von ihrer Fahrt aus Jugoslawien zurückgekehrt waren.
Professor Dr. Günther referierte in Erfurt über die von der US/NATO bereits im 2.Golfkrieg gegen den Irak eingesetzten und von ihm entdeckten neuen Waffen, die auch als Depleted Uranium -, bzw.Uranwaffen bekannt sind.
Zwei Tage nach der Konferenz rief mich Professor Günther an, dass er einen nicht über postalischem Weg gegangenen, sondern an der Haustür abgegebenen Brief der Husumer Staatsanwaltschaft bekommen habe, in dem er darauf aufmerksam gemacht wurde, dass er in 4 Tagen in die geschlossene Abteilung einer Psychatrie eingewiesen werden soll, was durch eine polizeiliche Abholung seinerseits erfolgen würde.
Durch Information vieler Friedensgruppen und Parteien, sowie eigenem persönlichem Einsatz, gelang es, Professor Günther vor der Psychatrie zu bewahren.

Anfang der 90iger Jahre, nach der Entdeckung dieser Depleted Uranium-Waffen  durch ihn und der Untersuchung dieser durch 3 deutsche Forschungsinstitute, war er  schon einmal in ein deutsches Gefängnis geworfen worden !!
Was ist an dieser Waffe so geheimnisvoll ?

Warum versuchten ihn politische Kreise in Deutschland in Verbindung mit der Rüstungsindustrie Zeit seines Lebens mundtot zu machen ?

Die wissenschaftliche Untersuchung einer im Diplomatengepäck aus dem Irak nach Deutschland geschmuggelten Geschosshülse hatte ergeben, dass diese stark radioaktiv war.
Heute weiß man, dass diese Art von Depleted Uranium-Waffen, unter Hitler entworfen, in den Rüstungslabors der USA weiterentwickelt, heute ausschließlich in allen Kriegsgebieten eingesetzt werden und zu den NEUEREN ATOMAREN WAFFEN zählen- welche bereits 1998 durch den  Internationalen Gerichtshof verboten wurden !!
 Die von Professor Günther im Irak entdeckten Waffen rufen  Krebs, Immun-schwächekrankheiten und Mißbildungen bei Neugeborenen hervor- Krankheiten, die auch nach dem Abwurf von Atombomben in Hiroshima und Nagasaki aufgetreten sind !!

Warum wurde Professor Dr. Günther  im Laufe seines Lebens zwar im Ausland mit vielen Auszeichnungen geehrt, wie –um nur einige zu nennen-.den Special Award 2000 for Peace and Humanity der International Association of Education for World Peace, gegründet vom ehemaligen UN Generalsekretär Boutros-Ghali, der Friedensmedaille der Universität Nagasaki, Japan, dem Preis für Zivilcourage der Solbach-Freise-Stiftung im Jahre 2006, dem Nuclear-Free-Future-Award, Kategorie Aufklärung im Jahre 2007 u.a., in Deutschland weder von Politikern empfangen, geschweige denn angehört ?

Hatte er doch stets ausdrücklich betont, dass Depleted Uranium-Waffen eine Erfindung der deutschen Faschisten waren, die dann  erst durch die USA nach dem 2. Weltkrieg technisch  weiterentwickelt wurden !!
Eine von uns im Jahre 2012 vorgeschlagene Ehrung der Universität Jena, angesichts ihrer 450 Jahrfeier, an der Professor Dr. Günther studiert und promoviert hatte, wurde vom Rektor der Universität, Professor Dr. Dickel, mit der Begründung abgelehnt, dass „eine Ehrung durch die Universität Jena eine besonders hohe wissenschaftliche Reputation, oder eine besondere Verbundenheit mit der Universität voraussetzt“. Unser Einwand, dass der ehemalige Ministerpräsident Thüringens, Bernhard Vogel, bzw. Eduard Schewardnaze, der ehemalige Außenminister der Sowjetunion unter Gorbatschow, die beide eine hohe Auszeichnung der Universität erhalten haben, Letzterer sogar die Ehrendoktorwürde der Friedrich-Schiller-Universität, diese Voraussetzungen  GAR NICHT erfüllten, blieb unbeantwortet.

Zeit seines Lebens war Professor Günther ein Mahner gegen den Krieg, der während der Zeit des Faschismus zu den wenigen gehört hatte, die es wagten, notfalls mit ihrem Leben gegen einen braunen Diktatoren, wie Hitler, zu kämpfen und dem es genau wie seinem Lehrer Albert Schweizer stets  um die „Ehrfurcht vor dem Leben“ ging.
Führen wir sein Werk fort, damit unser Erdball ein Ort des Friedens werde.

Dienstag, 20. Januar 2015

Es reicht!




Zitiert aus:

Was man sät, das wird man ernten

Von Ljubow Pribytkowa

Übersetzung: Florian Geißler, Jena

Am 7. Januar 2015 drangen in die Redaktion der satirischen Wochenschrift „Charlie Ebdo“ in Paris maskierte junge Männer ein, erschossen 12 Mitarbeiter und verwundeten 11 weitere. Die Zeitschrift hatte mehrfach höhnische und beleidigende Karikaturen auf Propheten Mohammed veröffentlicht. Mit Worten der Trauer trat der französische Präsident Francois Hollande vor das Volk und setzte damit den Anfang einer Hysterie, die nicht nur Frankreich erfaßte. Täglich zogen mit dem Fluch auf die andersgläugigen Terroristen trauernde Franzosen zu Tausenden durch das Land und forderten vom Staat eine Verschärfung der Immigrationspolitik.

Gibt es einen Krieg der Zivilisationen?

Einige Völkerrechtler bezeichnen diese Vorgänge, die es nicht erst seit heute gibt, als eine Erscheinungsform des Krieges der Zivilisationen. Da man aber weder in Rußland, noch in Europa von den bürgerlichen Massenmedien die Wahrheit über irgendwelche beliebigen Ereignisse in der Welt erwarten kann, werden wir selbst den Versuch unternehmen, das Geschehen zu erklären. Es gibt heute keinen Krieg der Zivilisationen in der Welt. Und es gab ihn auch gestern nicht. Über hundert Jahre dauerte auf der Erde der Kampf der Völker Asiens, Afrikas, Lateinamerikas gegen den Kolonialismus. Und heute können es die USA, England, Frankreich, Belgien und andere EU-Länder nicht vergessen, wie sie sich von Jahrhundert zu Jahrhundert auf Kosten der Kolonien und ihrer Versklavung durchgefressen haben. Sie können sich mit Entkolonialisierung der Welt nicht abfinden. Sie tun alles nur Mögliche für einen erneuten Kolonialismus.
 
(...)

Die Menschen konsumieren alles, was man ihnen vorsetzt

Das ist ihnen alles nicht eingefallen, weil es in der menschlichen Gesellschaft von Jahr zu Jahr immer weniger denkende, um so mehr aber wiederkäuende Menschen gibt. Es gibt immer weniger produzierende, dafür aber immer mehr konsumierende Menschen. Und sie konsumieren alles nacheinander – in den Magen kommen die Chips und die Coca Cola, und ins Gehirn der Informationsmüll aus den Internet. (…) Und sie haben aufgehört, ihre Stimme gegen die profaschistische, terroristische Politik der eigenen Regierung zu erheben.
 
(...)

Neokolonialismus ist heute typisch für den Imperialismus

Die Analyse der Gegenwart beweist überzeugend, daß die westlichen Zivilisationen ohne Raubüberfälle und ohne Gewalt, ohne Kriege und Terror nicht existieren können. Es ist das Gesetz der imperialistischen Entwicklung. Gerade deshalb ist der Neokolonialismus eine typische Erscheinmung unserer Zeit. War es denn nicht Frankreich, das mit den Waffengewalt zur libyschen Konterrevolution im Jahre 2011 beitrug, den fortschrittlichen Staat Muhammar Ghaddafis zu stürzen? Hat nicht Frankreich das führendste Land Afrikas, die Sozialistische Libysche Arabische Volksdjamahirija zerstört, und ihr Volk auf die langen Jahre ins Chaos gestürzt? Haben nicht die französischen Legionäre gemeinsam mit englischen Spezialeinheiten und den amerikanischen „Meerkatzen“ großes Leid, Tod und Verwüstung über das schöne und fleißige Volk Libyens gebracht?
 
(...)
Es reicht!

Schluß mit den Verteidigern der jetzigen „Weltordnung“ (…) Die bürgerlichen Lakaien können die Wahrheit nicht gebrauchen. Für ein Bündelchen grüner Scheine wiederholen sie den Machthabern jeden beliebigen ideologischen Schwachsinn. Das furchtbare Antlitz der Realität interessiert sie nicht. Sie können und wollen der Wahrheit nicht ins Gesicht sehen. Es juckt sie nicht, daß von den sieben Milliarden Menschen auf der Erde 2,5 Milliarden in ärmlichen Verhältnissen leben. Es stört sie nicht, wenn etwa 70 % der in Zentral- und Südafrika lebenden Menschen nicht mehr als einen Dollar pro Tag zur Verfügung haben, und wenn sie damit über ihren elenden Zustand nicht hinwegkommen. Laut Angaben der „Food and Agriculture Organization“ (FAO) der UNO hungern eine Milliarde Menschen in der Welt und jeden Tag sterben über 24.000 Kinder im Alter bis zu 5 Jahren an Hunger oder Krankheit.
 
(...)
Die Empörung über die Ungerechtigkeit in der Welt nimmt zu

Aber solange es eine Ungerechtigkeit und eine solche empörende Ungleichheit in der menschlichen Gesellschaft gibt, solange die „goldene Milliarde“ auf Kosten der Verarmung und des Hungers großer Teile der Bevölkerung der Erde lebt, und solange der staatliche Terror der globalisierten Länder dem ganzen Planeten die Kehle zudrückt, wird das Gefühl des Hasses gegen die Unterdrücker und Ausbeuter nur wachsen, und die Empörung über die Ungerechtigkeit des Daseins nimmt zu. Die Tragik des Lebens, die Verzweiflung und der Haß bringen verschiedene Formen des Protestes hervor, die sich nicht immer der wissenschaftlichen Logik der Philosophen unterwerfen und häufig spontan hervorbrechen.
 
(...)
Natürlich können die antagonistischen Widersprüche in der Gesellschaft nur durch bewußte und organisierte revolutionäre Kräfte gelöst werden. Aber solch ein Kampf erfordert Zeit und eine kolossale Arbeit.
 
(...)

Samstag, 17. Januar 2015

Hannas Kommentar

Der Dresdner Mord

Der junge Khaled Idris Bahray wurde in Dresden ermordet, ermordet, als sich die Zusammenrottung der „Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ auflöste, abends,
gegen acht. Keine voreiligen Schlüsse, es könnte sich auch um einen Privatkrieg zwischen Dealern oder sonstigen dunklen Gestalten gehandelt haben, Pegida muss nicht schuld sein – wird uns gesagt.

Khaled ist nicht der erste Tote und wird nicht der letzte schwarze Tote sein, nicht in Dresden. Schon die Leugnung des Fremdeinwirkens durch die Polizei kann uns einiges verraten über Dresdner Zustände, über die Polizei, die vor dem Jungen in seinem Blute stand und offensichtlich die Glaskugel befragte, was hier geschehen sein könnte. Es überrascht uns nicht, ähnliches obrigkeitliches Verhalten kennen wir schon aus Zusammenhängen mit den NSU-Morden. Das Vertrauen, dass diese Polizei, diese Dresdner Staatsanwaltschaft jemals die wahren Mörder ermitteln werden, ist nicht sehr groß.

Wir trauern um Khaled, um ihn wie um die vielen anderen Toten, die dem Rassismus in Deutschland zum Opfer gefallen sind. Der Lebensweg des jungen Flüchtlings aus Eritrea endete in Dresden, der Stadt, die stolz auf ihre Vergangenheit ist, in der man gewissenlos Slogans wie diesen verbreiten darf: „Sachsen bleibt deutsch!“

Hanna Fleiss

Freitag, 16. Januar 2015

Lügenpresse


Übermittel von Matthias Muntschick

Die Lügenpresse und die Bürger ohne Lobby
Die Entscheidung Lügenpresse zum Unwort des Jahres zu erklären ist eine falsche. Herr Hebel die deutsche Pressefreiheit ist von Lobbyisten und Think Tanks bedroht, nicht von ein paar Tausend deutschen Demonstranten. Nicht die Pressefreiheit ist in Gefahr, unser aller Freiheit dafür schon. Das nur Russland Herrn Snowden Asyl gewähren konnte, sagt viel mehr darüber aus wie es der Westen mit Informations- und Pressefreiheit hält, als wenn ein paar Demonstranten Lügenpresse skandieren.
Volkes Stimme hätte sicher eine andere Entscheidung getroffen. Mein Unwort ist und bleibt Putinversteher, weil ich bis heute nicht verstehe, wie jemand der etwas verstehen will zum Feindbild wird und weil es mich nachhaltig wütend macht. Wütend, weil die Verwendung dieses Begriffs die Kritik mundtot machen will, es wertet bewusst ab um den Streit, die Debatte und den nötigen Konsens zu verweigern. Das ist das Ende der Demokratie und der Wahrheit. Im Ergebnis schwächt es die Position vieler in dieser Gesellschaft, unsere Sorgen, Gedanken, Wünsche und Handlungen werden nicht nur ignoriert, nein sie werden auch verurteilt und abgewertet. Die Entscheidung für Lügenpresse als Unwort stellt sich schützend vor eine abgehobene und arrogante Journalistenkaste, die es eigentlich hart zu kritisieren gilt. Die offenbare Gleichschaltung auf Natokurs, das Unterdrücken von Informationen, bewusste Falschmeldungen und Übertreibungen – es ist unübersehbar das die Presse ihre Aufgabe in der Gesellschaft vergessen und verraten hat.
Die ÖR sollten die Lobby der Bürger sein und nicht Regierungs- oder schlimmer Natosprecher. Man beruft sich in den Redaktionen immer wieder auf die Quoten. Dazu ein Hinweis, ja wir schauen Nachrichten, wir nennen sie jetzt aktuelle Kamera und während wir schauen analysieren wir die Worte und Gesten darauf, wo wir gerade hinter die Fichte geführt werden sollen. Anfangs war das noch lustig, jetzt nach Monaten wird mir nur noch übel, wir sollten wirklich damit aufhören.
Wir hören nichts mehr über den Folterbericht der CIA, weder von der Presse, noch von unserer Regierung. Ich will hören das wir uns davon entschieden distanzieren, das wir es verurteilen. Wer tritt unseren Politikern auf die Füße und stellt dazu bohrende Fragen? Frau alternativlos Merkel wie halten sie es mit der Folter? Bedeutet ihr Schweigen das sie Folter billigen? Gehört Folter jetzt zu unseren westlichen Werten? Erweiterte Verhörmethoden Herr Hebel war wirklich nicht ihr Unwort dieses Jahres? Journalisten die Nazisymbole und die Geschichtsvergessenheit ihrer neuen ukrainischen Freunde hartnäckig übersehen, sollten bei dem Wort Lügenpresse nicht empfindlich zusammen zucken. Eines hat diese Wahl jedenfalls bewirkt, sie hat mich auf die Idee gebracht häufiger ein Wort einzusetzen das ich bisher noch nie benutzt habe. Wer verschweigt, lügt. Wer manipuliert, lügt. Wer die Unwahrheit sagt, lügt. Wer übertreibt, lügt.

Mit freundlichen Grüßen

Anke Z.

Beste Grüße

Jens

Mittwoch, 14. Januar 2015

Kontra Krieg



14.01.2015 / Thema / Seite 12Inhalt
Gegen jede Kriegsbeteiligung

Wenn Journalisten und Politiker in Bataillonsstärke zur aktiven Teilnahme an Militäreinsätzen verpflichtet wären, hätte der Spuk ein schnelles Ende. Rede auf der XX. Rosa-Luxemburg-Konferenz am 10. Januar 2015


Von Oskar Lafontaine

»Die ganze Außenpolitik ist ein Lügengebäude, und wir haben die Aufgabe, diese Lügen zu durchbrechen, wenn wir wirklich zu einer friedlichen Außenpolitik kommen wollen« Lafontaine auf der Konferenz in der Berliner Urania am 10.1.2015

  

Ich habe heute morgen France Inter gehört und habe dort die Diskussion hinsichtlich der Ereignisse in Frankreich, der terroristischen Anschläge und der Ermordeten, verfolgt. Und dann war jemand dort, der über das Täterprofil dieser Leute gesprochen hat. Es stellte sich erwartungsgemäß so dar: jung, männlich, muslimischen Glaubens, sozial entweder ausgegrenzt oder in einer Tarn-Berufsgruppe und so weiter und so weiter. Ich habe mir das dann gar nicht länger angehört, denn mir ist es durch den Kopf gegangen, dass wir Terroristen in aller Welt haben, und dass das Täterprofil der Terroristen in aller Welt das gleiche ist – mangelnde Liebe zum Menschen und mangelnde Liebe zum Leben. Und wenn wir die Debatte nicht so führen, dass wir die Frage stellen, wo haben wir denn überall Terrorismus, und wenn wir die Debatte nicht so führen, dass wir uns die Frage stellen, ob nicht auch bei uns im angeblich guten Westen Verantwortung für terroristische Anschläge besteht, wenn wir uns nicht die Frage stellen, was ist Terrorismus überhaupt, dann werden wir keine vernünftige Debatte führen können und auch keine Ergebnisse haben können.

Ausgrenzung und Ohnmacht


Ich habe jahrelang im Deutschen Bundestag die Kanzlerin immer wieder gefragt, was denn Terrorismus sei. »Sie wollen Terrorismus bekämpfen«, war meine Aussage, »also bitte sagen Sie uns, was Terrorismus ist, denn sonst kann man ihn ja nicht bekämpfen.« Es kam nie eine Antwort, und das hat Gründe. Irgendein Beamter hat dann ein sogenanntes Antiterrorgesetz geschrieben, demzufolge – hört genau zu – Terrorismus die rechtswidrige Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung politischer Belange ist. Gott sei dank wird gelacht. Ich habe das im Bundestag vorgetragen und gesagt: »Wissen Sie, was Sie gerade beschlossen haben? Sie haben gerade beschlossen«, das war damals noch nicht so lange nach dem Irak-Krieg, »dass Bush, Blair und alle anderen, die den Irak-Krieg unterstützt haben, Terroristen sind.« Ich will es nur an diesem Beispiel deutlich machen: Wenn wir nicht lernen, dass das zumindest in der arabischen Welt so gesehen wird, dass etwa Bush ein großer Terrorist ist, weil Hunderttausende ermordet worden sind aufgrund seiner Fehlentscheidung, dann werden wir im Westen niemals eine Diskussion darüber führen können, wie der Terrorismus in dieser Welt zu bekämpfen ist, niemals.

Und ich habe mir immer die Frage gestellt und versucht, diese in Diskussionen auch im Bundestag einzubringen: »Wie nehmt ihr eigentlich die Welt wahr? Was glaubt ihr eigentlich, was bei jungen Leuten, was in den Herzen von jungen Leuten vorgeht, die dann sehen, dass ihre ganze Familie ausgelöscht wird, weil sich eine Drohne in eine Hochzeitsgesellschaft verirrt hat, wo dann viele unschuldige Menschen ums Leben kommen? Da geht ihr zur Tagesordnung über, aber wenn jetzt hier ein terroristischer Anschlag geschieht, dann ist die Empörung groß.« So kann man nicht herangehen. Eine Voraussetzung muss sein, dass wir die Doppelmoral endlich aufgeben, die Grundlage der großen Irrtümer in der Welt ist.

Ausgrenzung und Ohnmacht, das waren zwei Wörter, die ich in vielen Kommentaren gelesen habe. Im Zentrum der Überlegungen stand, dass Ausgrenzung und Ohnmacht Reaktionen provozieren; das ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen weltweit, das lässt sich nicht unbedingt lokalisieren. Und überall dort, wo Ausgrenzung und Ohnmacht festgestellt werden, muss man mit Gewalt rechnen. Das gilt auch für unsere Gesellschaft. Es gibt viele Menschen, die fühlen sich ausgegrenzt, es gibt viele Menschen, die fühlen sich ohnmächtig – in allen Ländern dieser Welt, in allen Systemen dieser Welt, und irgendwann glauben diese Menschen, sie können sich nur mit Gewalt zu Wehr setzen. Und daraus ist doch nur eine Lehre zu ziehen: Wir müssen Gesellschaftsordnungen aufbauen, die Menschen nicht ausgrenzen und sie nicht das Gefühl von Ohnmacht und Ratlosigkeit fühlen und empfinden lassen. Wenn man über Terrorismus spricht, muss man sagen, was man unter Terrorismus versteht. Wenn man beispielsweise Mord verurteilt, dann muss man Mord verurteilen, wo immer er begangen wird und von wem er auch begangen wird. Und daran fehlt es im großen Umfang in der westlichen Gesellschaft.

Diese Ereignisse müssen doch eine Diskussion über die Außenpolitik provozieren und lassen nur eine einzige Schlussfolgerung zu. Die Interventionskriege, diese terroristischen Kriege, sind die Grundlage für die Ausbreitung des weltweiten Terrors. Man kann sicherlich über dieses und jenes reden, über eines jedoch nicht: Wenn es denn einmal dazu kommen sollte – ich muss den Fall ja sehr hypothetisch hier diskutieren –, dass die Linke eingeladen wird, sich an einer Bundesregierung zu beteiligen, dann muss eines klar sein: Eine solche Regierung darf sich niemals an Interventionskriegen beteiligen, niemals, das muss die Grundbedingung sein.

Was denken sich diejenigen eigentlich, die solche Kriege beschließen? Was empfinden sie? Wie kommen sie überhaupt dazu, andere zu beauftragen, Krieg zu führen? Macht man sich überhaupt eine Vorstellung davon, was das heißt? Und da muss man doch heute zu der Antwort kommen: Diejenigen, die den Auftrag geben, können sich gar nicht mehr vorstellen, welche Aufträge sie eigentlich vergeben. Und dass sie noch weniger Phantasie haben, darüber nachzudenken, was das eigentlich heißt. Man kann hier auf den alten Kant verweisen. Ich tue das gerne, eben weil ich ja Leute erreichen will, die nicht schon so denken, wie wir denken. Sie sollen mal darüber nachdenken, warum der alte Kant in seiner Schrift zum ewigen Frieden einen richtigen Gedanken geäußert hatte. Sinngemäß sagte er: »Wenn diejenigen, die zu beschließen haben, auch die Drangsale des Krieges zu erleiden hätten, dann würden sie diese Beschlüsse nicht fassen«. Und wenn ich zornig bin, dann sage ich: Wir bräuchten nur ein Bataillon von Interventionskriege befürwortenden Journalisten und ein Bataillon von kriegsbefürwortenden Politikern, die sofort eingesetzt werden können, wenn solche Kriege geführt werden, dann wäre der ganze Spuk zu Ende. Wir hätten das dann alles nicht.

Kein Vermögen ohne Verbrechen


So, nun will ich zum Thema dieser Konferenz kommen – »Frieden statt NATO«. Daraus ergibt sich die Frage: Wofür stehen wir, welche Überzeugung haben wir, wie kann man dazu beitragen, dass Frieden überhaupt entsteht? Nach meiner tiefen Überzeugung – ich darf wohl sagen: nach unserer tiefen Überzeugung – kann der Frieden auf der Welt nur dann erreicht werden, wenn eine Gesellschaftsordnung aufgebaut wird, die wirklich demokratisch ist. Das heißt eine Gesellschaftsordnung, in der sich die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung durchsetzen, weil wir davon ausgehen können, dass die Mehrheit der Bevölkerung, das sehen wir im Afghanistan-Krieg, das sehen wir überall, keine Kriege beschließen würde, weil sie ihre Kinder, weil sie ihre Männer, weil sie ihre Frauen nicht in Kriege schicken würde. Und deshalb brauchen wir demokratische Gesellschaften, die wir derzeit nirgendwo auf der Welt haben.

Und demokratische Gesellschaften sind nun untrennbar verbunden mit einer Wirtschaftsordnung, in der der Mensch eben im Mittelpunkt steht. In der die Ausbeutung des Menschen beendet wird. In der das gemeinsam erarbeitete Vermögen auch denen zukommt, die es erarbeitet haben. Wir leben in einer Gesellschaftsordnung, in der eine Minderheit reich wird, weil sie die große Mehrheit für sich arbeiten lässt. Wir wollen aber eine Gesellschaftsordnung, in der das Vermögen denen bleibt, die es erarbeitet haben – und das ist die große Mehrheit der Bevölkerung. Denn auch das ist ja kein neuer Gedanke: Immer dann, wenn durch diese Art von Einkommens- und Vermögensverteilung sich Vermögen ballt – dann ist keine Demokratie möglich. Großes Vermögen verträgt sich nicht mit Demokratie, weil es niemals demokratisch zustande gekommen ist.

Wie wenig das gelernt wurde – bis zum heutigen Tag –, sieht man ja daran, dass Herr Chodorkowski in den westlichen Gesellschaften als großer Freiheitskämpfer empfangen wird. Da fasst man sich nur noch an den Kopf. Man muss kein Marxist sein, man muss nur Balzac gelesen haben, um zu wissen, dass hinter jedem großen Vermögen ein großes Verbrechen steht. Wir sollten endlich aufhören, Verbrecher zu bejubeln und sie zu empfangen.

Wenn SPD und Grüne doch nur begreifen würden, was da in der Ukraine geschehen ist. Als hätte das irgend etwas mit Demokratie zu tun, dass man ein Oligarchensystem durch ein anderes abgelöst hat – und das noch in Form eines Putsches. Wenn wirklich um Demokratie gekämpft würde, dann wären wir ja dabei. Aber wir wollen keine Oligarchenwirtschaft, die nach wie vor das Volk brutal ausbeutet.

Im Gegensatz zu dem Pfarrer, der zum Bundespräsidenten gewählt wurde und zur Pfarrerstochter, die Kanzlerin ist, hat der Papst in Rom die Bibel gelesen und weiß daher, was darin steht. Da steht nicht, »Du sollst Kriege führen«. Die Kernbotschaft des Bibeltextes lautet vielmehr, »Du sollst den anderen lieben wie dich selbst«. Und das verträgt sich nun mal nicht mit Kriegen und Ausbeutung. Das ist die Kernbotschaft, und deshalb ist es gut, dass dieser Papst sagt, »Wir leben im dritten Weltkrieg, und es gibt Wirtschaftssysteme, die können ohne Krieg nicht sein. Und deshalb werden Waffen produziert und verkauft«. Das ist doch die Wahrheit, die jemand endlich mal ausspricht. Ich begrüße das sehr, dass der Papst diese Botschaft mittlerweile in aller Welt verbreitet.

Wir, die Linke, können aber nicht sagen: »Warten wir, bis eine bessere, eine andere Wirtschaftsordnung da ist.« Damit würden wir uns für den Rest der Zeit aus der Politik verabschieden. Wir müssen schon versuchen, die minimalen Spielräume, die wir haben, zu nutzen. Und ich scheue mich dann auch nicht zu sagen: »Ja, man kann darüber nachdenken, ob eventuell eine Regierungsbeteiligung möglich ist. Aber dann muss man wirklich wissen, was man will. Dann darf man nicht einknicken, und ich habe ja eine Grundbedingung vorhin genannt. Diese Grundbedingung ist aber noch viel umfassender. Eine solche Regierungsbeteiligung ist überhaupt nur vorstellbar, wenn die Außenpolitik eine grundsätzliche Neuorientierung erfährt. Und das heißt: Wir brauchen die Auflösung der NATO, und wir brauchen den Aufbau einer neuen Sicherheitsarchitektur in Europa unter Einschluss Russlands. Etwas anderes ist überhaupt nicht möglich. Und das heißt auch gute Nachbarschaft. Das heißt Entspannung. Das heißt, auf den anderen eingehen. Das heißt, dessen Ängste und Sorgen ernst zu nehmen. Wie verkommen die Diskussion ist, zeigt sich ja schon an dem Wort »Putinversteher«. Man muss im Grunde, wenn man Außenpolitik machen will, versuchen, den anderen zu verstehen. Man muss auch versuchen, Putin zu verstehen, sonst kann man mit ihm keinen Frieden erreichen. Wir müssen zu »Russlandverstehern« werden, wir müssen einander verstehen, sonst schaffen wir keinen Frieden, liebe Freundinnen und Freunde.

NATO auflösen


Der erste Generalsekretär der NATO, Lord Ismay, sagte kurz nach Kriegsende: »Die NATO ist geschaffen worden, um die Russen draußen, die Amerikaner drinnen und die Deutschen unten zu halten.« Und deswegen fragt euch mal, was sich eigentlich heute geändert hat. Es ist wirklich nicht mehr nachvollziehbar, dass all das, was in den Jahren der Brandtschen Ostpolitik an Entspannung und Verständigung erreicht werden konnte, dass all das verspielt worden ist. Ich sage, wir können aus unserer Geschichte lernen: Deutschland braucht gute nachbarschaftliche Beziehungen zu Russland. Das ist in unserem ureigensten Interesse. Damals hieß es, wir können den Frieden nur miteinander erreichen, nicht gegeneinander. Und das gilt heute nach wie vor. Dieses ganze Kriegsgerede, diese ganzen Sanktionen – das ist alles spannungsverschärfend. Wir brauchen eine Politik der Entspannung und der guten Nachbarschaft anstelle der Merkelschen Russlandpolitik.

Und das heißt, eine Regierung, an der wir mitwirken können, müsste in jedem Fall nein sagen zu jeder weiteren NATO-Osterweiterung. Der ständige Versuch, Russland einzukreisen, ist doch eine Ursache der Spannungen. Es war ein Versprechen, dass man die NATO nicht ausdehnen und an die Grenzen Russlands heranschieben würde. Dieses Versprechen ist gebrochen worden. Jeder Konflikt hat eine Vorgeschichte, und mit dem Bruch dieses Versprechens beginnt der Ukrainekonflikt. Man schob die NATO immer weiter nach vorn und sagte schließlich, auch die Ukraine brauchen wir. Die Ukraine müsse in die EU, sie müsse in die NATO. Das ist gegen Russland gerichtet. Das war eine völlig falsche Politik, die abgelöst werden muss durch eine Politik der Verständigung mit Russland, sonst werden wir den Frieden niemals erreichen.

Es geht also nicht nur darum, dass wir keine Osterweiterung in irgendeiner Form mittragen können, es geht auch aktuell darum, dass keine Truppen an der Grenze zu Russland stationiert werden dürfen. Die spinnen doch langsam. Welche Gründe haben wir, Truppen an der Grenze zu Russland zu stationieren? Es werden die alten Märchen des Kalten Krieges erneut aufgetischt, indem man sagt, Russland bedrohe uns.

Man muss sich das mal vorstellen. Die NATO gibt tausend Milliarden für die Rüstung aus. Russland gibt – das sind die Zahlen von 2013 – 88 Milliarden aus. Die sind doch nicht mehr ganz richtig im Kopf, dass sie sagen, »von einem Land, das 88 Milliarden ausgibt, fühlen wir uns, die wir tausend Milliarden ausgeben, bedroht. Wir müssen weiter aufrüsten«. Wie lange glaubt man eigentlich, der Bevölkerung einen solchen Schwachsinn noch auftischen zu können?!

Und deshalb ist in diesem Kontext ein weiterer Punkt anzusprechen: Die Sanktionen müssen sofort gestoppt werden! Es ist doch wirklich nicht allzu schwer zu begreifen, dass dann, wenn ein Land destabilisiert wird, wenn die Wirtschaft eines Landes in immer größere Turbulenzen gerät, wenn dieses Land immer stärker gefährdet wird, dass dann kein Mehr an Sicherheit gewonnen wird, sondern dass dann die Situation immer weiter eskaliert. Und wir müssen wissen, dass heute zur Kriegsführung nicht nur Truppen und technisches Gerät gehören, sondern auch ökonomische Mittel. Man muss wissen, dass der IWF nichts anderes ist als ein verlängerter Arm der US-Politik. Genauso wie die NATO. Und deshalb müssen beide völlig reformiert und völlig anders gestaltet werden. Und das heißt, der IWF muss zu einer demokratischen Organisation umgewandelt werden. Und seine ganze Politik muss sich ändern. Es darf doch nicht sein, dass der IWF eingesetzt wird, um ökonomische Interessen Amerikas durchzusetzen bei gleichzeitiger Destabilisierung der betroffenen Länder. Aber das ist doch das, was vorgeht, liebe Freundinnen und Freunde.

BRD kein souveränes Land


Es geht heute nicht mehr nur um die Eroberung von Territorien, sondern es geht vielmehr um die Eroberung von Märkten. Man muss sich nur anschauen, welche Konzerne in der Ukraine mittlerweile Verträge abgeschlossen haben. Noch immer gilt das alte Verdikt: Außenpolitik ist nichts anderes als der ständige Kampf um Rohstoffe und Absatzmärkte. Das brauchen wir nicht – weder mit kriegerischen Mitteln noch durch sogenannte internationale Finanzinvestitionen. Man kann auch fairen freien Handel treiben, ohne den anderen in die Knie zwingen zu wollen.

Eine große Rolle hat über viele Jahre hinweg die NATO-Infrastruktur gespielt. Die Forderung: »Ausscheiden aus der NATO-Infrastruktur« ist ein Synonym für all das, was ich bisher gesagt habe. Denn sie war bisher das Instrument, um die von mir genannte Politik – die Amerikaner drinnen, die Russen draußen und die Deutschen unten zu halten – zu verwirklichen. Mit Brzeziński, dem ehemaligen Sicherheitsberater der US-Regierung, gesprochen: Durch dieses Instrument sind die Staaten Westeuropas und Mitteleuropas mehr und mehr Vasallen oder Tributpflichtige.

Und natürlich muss man wissen, was Ziel der US-Außenpolitik bis zum heutigen Tag ist – man kann es bei Leuten wie Brzezeński nachlesen. Ihr Ziel ist die Aufrechterhaltung ihrer Weltmachtstellung. Niemand soll diese gefährden. Von wegen demokratische Weltordnung, an der im Sinne des Westfälischen Friedens alle Staaten gleichberechtigt mitwirken! Nein, sie schreiben wörtlich »Wir wollen die Vormachtstellung Amerikas in aller Welt mit allen Mitteln verteidigen«. Aber natürlich wird da immer wieder auch in der öffentlichen Diskussion hierzulande mit der Erzählung gearbeitet, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat, es gehe um den Ausbau der Demokratie, es gehe um Frauenrechte, es gehe um Menschenrechte. Nein, es geht um die erwähnte Machtpolitik. Wirkliche Demokratien dagegen würden die damit verbundenen Opfer, die man der eigenen Bevölkerung zumutet, aber auch den anderen zumuten will, gar nicht mittragen. Und das ist richtig. Hier hat man wiederum Anlass zu sagen, man braucht, um eine friedliche Welt einmal erreichen zu können, den systematischen Aufbau demokratischer Gesellschaften.

Die NATO-Infrastruktur ist eben, wenn man so will, der Stein des Anstoßes, wenn darüber diskutiert wird, was sich hier verändern soll, damit dieses Vasallentum und diese Tributpflicht abgeschafft werden. Bei allen Kriegen wurde diskutiert, ob wir uns beteiligen. Die Bundesrepublik Deutschland war praktisch an jedem Krieg beteiligt, den die Vereinigten Staaten von Amerika geführt haben, weil alle Kriege, die sie geführt haben, auf US-Einrichtungen in Mitteleuropa zurückgegriffen haben. Wir waren niemals unbeteiligt. Und solange das so ist, sind wir kein souveränes Land.

Ich hatte vor kurzen die Ehre, mit einer Politikerin der Grünen, mit Frau Göring-Eckardt, im Fernsehen zu diskutieren. Ich habe ihr die Frage gestellt, wie sie denn zu den Drohnenkriegen stehe, die auch vom Boden der Bundesrepublik Deutschland aus geführt werden. Dieser Frage wich sie permanent aus. Wie wollen wir denn über deutsche Außenpolitik diskutieren, wenn wir diese Frage ausklammern? Wie wollen wir uns denn über Terrorismus empören, wenn wir einfach ausklammern, dass ohne Rechtsgrundlage Tausende Menschen mit Drohnen ermordet werden, auch von deutschem Boden aus? Wie wollen wir das überhaupt moralisch rechtfertigen? Ehe wir mit dem Finger auf andere zeigen, müssen wir bei uns anfangen und müssen aufhören, unser Terrain zur Verfügung zu stellen, damit Drohnenmorde in aller Welt durchgeführt werden.
Wer dazu schweigt, der soll sich in die jetzige Diskussion am besten überhaupt nicht einmischen, weil er erkennbar mit zweierlei Maß misst. Deswegen war ich so dankbar, dass Willy Wimmer kürzlich in der jungen Welt dazu eine Bemerkung gemacht hat. Man müsse sich vorstellen, führte er aus, wie es denen geht, die durch diese Drohnenmorde ihre ganze Familie verlieren, ihre ganze Verwandtschaft. Das ist nichts als blanker Terrorismus. Wir können ihn weltweit nur dann bekämpfen, wenn wir damit beginnen, unseren eigenen Terrorismus zu bekämpfen.
Ein Hinweis zur Abhörtechnik. Dass eine Regierung, die vom Grundgesetz her verpflichtet ist, die Freiheit ihrer Bürgerinnen und Bürger zu schützen, dass eine solche Regierung noch nicht mal mehr in der Lage ist, einem Verbündeten zu sagen, »es geht nicht, dass unsere ganze Bevölkerung abgehört und ausspioniert wird« – das ist doch wirklich ein Zeichen dafür, dass Vasallentum und Tributpflicht womöglich noch zu harmlose Vokabeln sind. Wo bleibt denn überhaupt ein Begriff von Freiheit, wenn man den totalen Verlust der Privatheit durch eine verbündete Macht akzeptiert und praktisch nichts dagegen unternimmt?

Die Waffenexportpolitik müssen wir sofort ändern. Ein erster Schritt müsste sein, dass unverzüglich Waffenlieferungen in Spannungsgebiete sofort und unwiderruflich eingestellt werden. Unsere Bundeskanzlerin hat im vergangenen Jahr wörtlich gesagt, ich habe das zweimal gelesen, Saudi-Arabien sei ein wichtiger Partner im Kampf gegen den Terrorismus. Dann aber regen sie sich über die Verbrechen des IS auf! Es ist richtig, dass man sich darüber aufregt, aber Enthauptungen, Steinigungen usw. werden doch in Saudi-Arabien ebenfalls durchgeführt, das ist eine reaktionäre autoritäre Diktatur, die auch die eigene Bevölkerung mit Terror überzieht. Und deshalb kann man doch diesen Staat nicht zum wichtigen Verbündeten im Kampf gegen den Terrorismus erklären. Das ist die Doppelmoral, die dazu führt, dass die Welt immer unfriedlicher wird.

Pervertiertes Gebot


Und bei allem Bemühen, die Bundesrepublik Deutschland immer stärker in diese Politik zu integrieren, wird immer versucht, mit vorgeschobenen humanen Argumenten eine Notwendigkeit dieser Politik zu begründen. Immer wenn irgendwo, das bisher letzte Mal war es beim Konflikt zwischen dem IS und den Kurden, immer wenn irgendwo Verbrechen begangen werden, dann wird irgendwann ein Konflikt herausgegriffen, dann wird gesagt, hier müssen wir uns jetzt militärisch engagieren, das gebietet die Menschlichkeit. Es gibt immer wieder Leute, auch bei den Linken, auch bei den Gewerkschaften, bei den Kirchen usw., die auf dieses Argument hereinfallen. Der evangelische Bischof Wolfgang Huber hat in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen Beitrag verfasst, in dem er schreibt, dass das christliche Gebot »Du sollst nicht töten« auch heiße, »Du sollst nicht töten lassen«. Mit anderen Worten: »Du musst militärisch intervenieren, wenn irgendwo Konflikte bestehen.« Diese Argumentationslogik findet sich immer wieder, und viele fallen darauf hinein. Es gibt ein simples Gegenargument. Wenn ich auf der einen Seite die Wahl habe, bei den ungezählten Konflikten dieser Welt tausend Menschenleben zu retten, ohne jemanden töten zu müssen und auf der anderen Seite die Wahl, in einem Krieg tausend Menschenleben zu retten, aber dabei leider eben auch Hunderte töten muss, dann dürfte doch die Entscheidung nicht allzu schwer fallen, wo ich in erster Linie versuche werde, meine Hilfe zu leisten. Das Schlimme ist jedoch, dass die Humanität dieser Menschen immer nur erwacht, wenn sie zu den Waffen rufen können, aber niemals, wenn sie helfen können, ohne töten zu können. Das macht die Brutalität dieser Diskussion aus. Woran unsere Gesellschaft krankt, lässt sich daran zeigen, dass eine geringere Summe dafür zur Verfügung gestellt wird, Flüchtlinge zu ernähren als für Waffenlieferungen.

Ich fasse zusammen: Winston Churchill, der ein Zyniker war, hat einmal gesagt, im Krieg ist die Wahrheit so kostbar, dass sie stets von einer Leibgarde von Lügen umstellt sein muss. Dieser Zynismus charakterisiert die gesamte Außenpolitik. Es beginnt ja mit den Begriffen. Die werden, mit Ausnahme der jungen Welt, nirgendwo hinterfragt. Da wird beispielsweise vom US-amerikanischen Verteidigungsminister, vom US-amerikanischen Verteidigungsetat und so weiter gesprochen. Als würden sich die Vereinigten Staaten gegen irgend jemand verteidigen, das ist doch eine einzige Lüge! Die ganze Außenpolitik ist ein Lügengebäude, und wir haben die Aufgabe, diese Lügen zu durchbrechen, wenn wir wirklich zu einer friedlichen Außenpolitik kommen wollen, liebe Freundinnen und Freunde.

Ich kann es in einem Satz zusammenfassen: Auch wir haben unsere Geschichte und wir müssen aus dieser Geschichte unsere Lehren ziehen, aus den Weltkriegen, aus dem Faschismus. Und aus dieser Geschichte muss doch ein moralischer Impuls erwachsen, der da heißt, wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, um die Welt friedlicher zu machen, nach allem, was war. Es gab einen Satz nach dem Krieg, und an dem sollten wir uns immer orientieren – ich sage das gegen alle Zweifler, ich werde keine andere Politik mittragen können –, dieser Satz lautet: »Von deutschem Boden darf niemals wieder Krieg ausgehen!«

Eine Beilage mit den Hauptreferaten der Rosa-Luxemburg-Konferenz 2015 erscheint am 28. Januar, Mitte März eine Broschüre, die die Beiträge der gesamten Konferenz sowie vorbereitende Artikel enthält. Link zur Videoaufzeichnung der Lafontaine-Rede: kurzlink.de/lafontaine

Samstag, 10. Januar 2015

Versuchte Verneinung (Hanna Fleiss)

Versuchte Verneinung
Mich führte die Geschichte
dorthin, wo ich mir mein Refugium
baue, das Schlagwörter nicht
erschüttern können, sie nennen mich
Verlierer, triumphierende Headlines
dröhnendes Höhnen, ihre schlechten
Farbfotos lügen sich die Welt schwarzweiß
ich bin nicht mehr zu erkennen und bin es
bis zur Unkenntlichkeit, kommentiere
den Schiffbruch ihres Imperiums wortlos,
allein durch mein Auf-der-Welt-Sein
ohne Wenn und Aber, ich bin da

10.1.15
Hanna Fleiss

Donnerstag, 8. Januar 2015

Meine aktuelle Blogstatistik


Blog-Statistik


Hits insgesamt seit Oktober 2011:


Stand vom 02.09.2013: 14.30 Uhr: 9050

Stand vom 28.09.2013: 17 Uhr: 10.011 Hits

Stand vom 14.10.2013: 11.030 Hits

Stand vom 07.06.2014: 18.00 Uhr: 15.300 Hits

Stand vom 08.01.2015, 19:00 Uhr: 24.686 Hits


Meistbesuchte Themen:

Kurzvita Harry Popow 1023 Hits

Krieg ist kein Gesetz der Natur 337 Hits

Weichspüler am Werk 287 Hits

Ein neuer Kalter Krieg 149 Hits


Spitzenreiter am 07.06.2014:

Keine Insel des Schweigens 16 Hits

EU – Aufmarschgebiet gen Osten? 9 Hits

Hände weg von Russland – Hände weg von der Ukraine 9 Hits

Aus Sorge um den Frieden 6 Hits

Danke Dr. Sahra Wagenknecht 6 Hits


Spitzenreiter der Woche, bis 08.01.2015:

Gedicht – Zeitgenössisches – 17 Hits

Wurzeln von Pegida – 16 Hits

Vom Lieben und vom Streiten – 14 Hits

Kurzvita – 10 Hits

Franz Witsch zu Anschlag in Frankreich – 9 Hits



Hits aus aller Welt:

Deutschland, USA, Russische Föderation, Österreich, Schweiz, Frankreich, Schweden, Vereinigtes Königreich, Israel, Spanien, Kanada, Brasilien, Costa Rica, Liechtenstein, Niederlande, Ungarn, Vereinigte Arabische Emirate, Indonesien, China, Serbien, Griechenland, Jordanien, Paraguay, Philippinen, Kasachstan, Litauen, Thailand, Südafrika.

Mittwoch, 7. Januar 2015

Franz Witsch zum Anschlag auf Satiremagazin

Übernahme des folgenden Textes mit Genehmigung des Autors Franz Witsch!


Liebe FreundeInnen des politischen Engagements,

    der Anschlag auf das islamkritische Satiremagazin "Charlie Hebdo" ist an Grausamkeit kaum zu überbieten.(Q1) Diesmal sind nicht wahllos irgendwelche Bürger betroffen, sondern ganz bestimmte Bürger, denen man Kritik am Islam verübelt.

Wie auf diese Grausamkeit reagieren?

Der französische Präsident Holland ruft die Nation zur Einheit auf. (Q1)
Alle Franzosen müssen zusammenstehen; die Frage ist nur: in Bezug auf was, für wen oder gegen wen?

Ist doch klar! Gegen das Böse schlechthin; was sonst? Man wird in Zukunft noch mehr Taten sehen wollen, die Sicherheit versprechen. Und das sofort!

In solchen Situationen versagt sich die Öffentlichkeit jede Analyse, die über die Feststellung dessen, was geschehen ist, hinausgeht. Das ist eine Verteidigungshaltung wie sie bei Reptilien ganz "natürlich" ist. Dürfen sich Menschen aber auf Instinktverhalten reduzieren? Ich meine, unter keinen Umständen.

Reptilien kennen keine Reflektion über das hinaus, was sie unmittelbar ist. Gefahr bedeutet: Flucht, Angriff oder Verteidigung - sofort! Das einzelne Faktum gerinnt hier zum Ganzen; nicht soziale und ökonomische Strukturen, in die das Faktum eingebunden ist, aus dem heraus es sich verstehen und erklären ließe. So reagieren Menschen im Kriegszustand - eben wie Reptilien, wenn Angst aufkommt und keine Zeit bleibt, sie zu verarbeiten: dann werden Ängste kurzschlüssig, im Tunnelblick auf das Böse, verarbeitet. Das geschieht schichtübergreifend. Politiker oder Wissenschaftler vermögen -  nicht weniger fragwürdig - ihren Tunnelblick nur besser zu verbergen - in endloser Quasselei z.B. bei Weichspüler Jauch.

Auch für so manchen Wissenschaftler fällt das Böse vom Himmel. Er verkennt, dass es aus den sozialen und ökonomischen Strukturen heraus wächst, in die wir unmittelbar und mittelbar involviert sind, zumal über längere Zeiträume. Nunmehr, wo der Terror in Europa gezielt bestimmte Menschen mordet, werden sich die Menschen unter Anleitung der Öffentlichkeit in ihr Reptilienschneckenhaus zurückziehen.

Nicht nur dass Menschen in Zukunft, weil sie Angst haben, den Mund halten; es ist schlimmer: man wird den gezielten Hinrichtungen der Amerikanern jetzt mit noch mehr Verständnis begegnen. Und darüber vergessen, dass sie mit ihren weltweiten Kriegen v.a. gegen den Irak, den Islamismus in Gestalt u.a. des Islamischen Staates heraufbeschworen haben.

Schlimm ist, dass die Amis zusammen mit ihren Verbündeten, v.a. den Europäer, nur die Sprache der Gewalt gegen andere Staaten kennen, dazu extralegale Hinrichtungen mutmaßlicher Terroristen über ferngelenkte Drohnen (Q2). So etwas verträgt sich absolut nicht mit konstruktiv-analytischer Kritik gegen den Islam, geschweige gegen islamische Mitbürger. Die ich für absolut notwendig halte, nicht zuletzt um der Pegida-Bewegung wirksam zu begegnen. Das geschieht bislang nicht die Spur - wie auch an der Seite von Typen wie Bundespräsident Gauck.

Das folgende Zitat aus Q2 illustriert die alltägliche Gewalt des Westen, in die wir Europäer tief verstrickt sind:
>>Dass Informationen aus Deutschland auch für extralegale Tötungen verwendet werden, ist laut Einschätzung der Bundesregierung unbedenklich. Bereits 2010 erklärte sie schriftlich, man dürfe "feindliche Kämpfer auch außerhalb der Teilnahme an konkreten Feindseligkeiten gezielt bekämpfen"; dies schließe explizit "den Einsatz tödlich wirkender Gewalt ein".[14] Ebenfalls 2010 war aus dem Bundesverteidigungsministerium zu erfahren, es richte sich "nach den Umständen des Einzelfalls", "welche Personen ... als feindliche Kämpfer jederzeit bekämpft werden können und welche Personen ihren Schutz als Zivilpersonen ausnahmsweise verlieren".[15] Beide Auskünfte waren auf den Afghanistan-Krieg gemünzt und sollten die "gezielte Tötung" von Verdächtigen im Krieg jenseits rechtsstaatlicher Verfahren legitimieren. Ungeachtet der Tatsache, dass Völkerrechtler diese Interpretation scharf kritisieren, bleibt festzuhalten, dass Pakistan, aber auch der Jemen oder Somalia, wo ebenfalls regelmäßig "gezielte Tötungen" verübt werden, nicht zum afghanischen Kriegsgebiet gehören. Informationen deutscher Geheimdienste haben zumindest in einem Fall zur extralegalen Tötung eines Deutschen in Pakistan beigetragen - im Fall Bünyamin Erdoğan.<<

Ich meine: Solange diese Form der Gewalt sowie jede militärische Intervention gegen sogenannte feindliche Länder nicht aufhören, brauchen wir uns über mehr Sicherheit vor Anschlägen in Europa nicht zu unterhalten.

Dazu kein Wort von Gauck. Nicht einmal von der SPD hört man etwas. Die Grünen haben seit dem Ukraine-Konflikt ohnehin jede Glaubwürdigkeit verloren. Mit all denen zusammen gegen Pegida auf die Straße? Niemals!

Herzliche Grüße
Franz Witsch
www.film-und-politik.de


Anmerkungen:
[14] Deutscher Bundestag, Drucksache 17/2884, 08.09.2010.
[15] Deutscher Bundestag, Drucksache 17/2775, 20.08.2010.

Quellen:
Q1: Angriff auf Satiremagazin: Terroranschlag in Paris - Mindestens zwölf Tote
faz.net vom 07.01.2015
http://www.faz.net/aktuell/politik/anschlag-auf-satiremagazin-charlie-hebdo-in-paris-11-tote-13357436.html
Q2: Zur Tötung vorgeschlagen
gfp vom 06.01.2015
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59025

Montag, 5. Januar 2015

Zitiert: Wurzeln von Pegida


Zitiert aus:

http://das-blaettchen.de/2015/01/psychosoziale-wurzeln-„rechter“-bewegungen-31366.html

18. Jahrgang | Nummer 1 | 5. Januar 2015

Psychosoziale Wurzeln „rechter“ Bewegungen

von Andreas Peglau

...“Eine demokratische Erziehung und Bildung hat sich trotz der 68er-Bewegung nicht durchgesetzt, schon gar nicht eine demokratisch aufgebaute Wirtschaftssphäre: Das Arbeitsleben der meisten BRD-Bürger ist weiter streng autoritär geregelt. Gerade in letzter Zeit hat sich gezeigt, wie sehr sich der gesamte BRD-Staatsapparat autoritär unterordnet: unter Konzerne und Banken sowie unter das imperiale Streben der USA. Sich dem unterzuordnen beziehungsweise anzuschließen, verlangt, verbrecherischen Kriegshandlungen wie im Irak oder in Afghanistan zuzustimmen oder sich sogar daran zu beteiligen. Schon die Zustimmung setzt hier ein hohes Maß an Verdrängung oder Zynismus oder Untertanengeist voraus oder – psychoanalytisch formuliert – eine „Identifikation mit dem Aggressor“. Für die im Sinne der Auftraggeber erfolgreiche Beteiligung als Soldat sind zudem Gefühlsabspaltung und die Bereitschaft zu töten unerlässlich.

Im Sinne von Wilhelm Reich und Erich Fromm müssen wir daraus schließen: Unsere Gesellschaft hat ein Interesse an satten Kleinbürgern, dumpfen Mitläufern und an einem jederzeit auf möglichst beliebige Ziele ausrichtbaren Zerstörungspotential. Deshalb erzeugt sie massenhaft, nicht zuletzt per Erziehung und Medienmanipulation, die dazu passenden seelischen Störungen – und gefährdet so, was tatsächlich an demokratischen Errungenschaften aufgebaut wurde.
Es wäre daher naiv, Pegida oder Parteien wie die ukrainische „Swoboda“, die griechische Morgenröte oder die NPD als bloße Minderheiten zu sehen. Solche Gruppierungen repräsentieren tradierte psychosoziale Strukturen, die offen „rechten“ Parteigänger sind dabei nur „Symptomträger“ einer psychosozialen Störung, mit der längst auch andere, sich als liberaler oder gar „links“ Verstehende, „infiziert“ wurden. Ähnlich einer Seuche können diese Symptome, zum Beispiel infolge zunehmender Verarmung und steigender sozialer Unsicherheit – also exakt jener Entwicklung, die uns der Neoliberalismus gerade beschert – rasant um sich greifen. Die zuvor als kulturell recht hochstehend angesehenen Deutschen haben es in den 1930er Jahren vorgemacht.

Die zunächst sympathisch klingende Losung „Deutschland ist nicht Pegida“ führt also in die Irre. Deutschland ist auch, und in nicht geringem Maße, genau das: Pegida. Es wäre verantwortungslos, das zu ignorieren.

(Anm. d. Red.) – Laut einer Forsa-Umfrage vom Dezember 2014 finden 29 Prozent der Deutschen Pegida nachvollziehbar, 13 Prozent würden mitmachen…“

Samstag, 3. Januar 2015

Hanna Fleiss: Zeitgenössisches


Zeitgenössisches



Ein Gedicht, geschrieben

in der ersten Nacht des Jahres, Raketen

knallen, vorzüglich geeignet, unsere Leere

zu verdecken

Die Großstadt nach irrigem Rausch,

ihre alten Toten ruhen im Sande des

Erinnerns, wir treten auf sterbliche Reste

Tote vollbringen keine Wunder, ungeboren

die Lebendigen, meine Hoffnung

ist minimal


Dunkel drückt der Himmel

auf steinerne Leiber, das Gros der Stadt schläft

ohne Geheimnis, von Künftigem will es

nichts wissen, rastlos geschäftig,

hat es sein Sterben verklärt

Ich übertreibe nichts, vermute nichts,

entspreche keinerlei Erwartungen,

die Schwerkraft der Stunde

lastet auf mir


1.1.15

Hanna Fleiss