Mittwoch, 30. Dezember 2015

Wagenknecht: AWACS-Entsendung unmoralisch


Wagenknecht: AWACS-Entsendung unmoralisch
Aktuelle Meldungen, die Sie in den übl(ich)en Medien eher nicht finden

NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung

AWACS-Entsendung in die Türkei stoppen


Berlin (NRhZ/DL, 29.12.) "Die Entsendung der AWACS-Flugzeuge der NATO in die Türkei, um die Regierung Erdogan bei der Luftraumüberwachung zu unterstützen, ist nicht zu verantworten und muss umgehend gestoppt werden", erklärt die Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Sahra Wagenknecht, zur geplanten Entsendung von NATO-Luftaufklärungsflugzeugen, deren Besatzungen zu annähernd einem Drittel von Bundeswehrsoldaten gestellt werden, nach Konya in die Türkei. Wagenknecht weiter: "Angesichts der fortgesetzten Provokationen des türkischen Staatspräsidenten Erdogan an der syrisch-türkischen Grenze bis hin zum Abschuss eines russischen Militärflugzeuges ist dieser NATO-Einsatz zur Verstärkung der türkischen Luftabwehr hochgefährlich. Unabhängig davon muss die Bundesregierung den Bundestag über diesen erneuten abenteuerlichen Bundeswehreinsatz abstimmen lassen. Das Vorgehen der Bundesregierung zeigt, dass unsere außenpolitische Handlungsfreiheit offenbar nur zurückgewonnen werden kann, wenn Deutschland aus den militärischen Strukturen der US-dominierten NATO ausscheidet. Dass die Bundesregierung entschieden hat, dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan ausgerechnet in einer Zeit den Rücken zu stärken, in der türkische Sicherheitskräfte viele Kurden in der Türkei töten, macht deutlich, dass der Außenpolitik Angela Merkels und Frank-Walter Steinmeiers der moralische Kompass abhanden gekommen ist. Die Bundesregierung muss die Finanzhilfen und Rüstungsexporte in die Türkei unterbinden, solange weiter Zivilisten durch die AKP-Regierung ermordet und islamistische Terrorbanden in Syrien unterstützt werden."



Donnerstag, 24. Dezember 2015

Neues Buch: WETTERLEUCHTEN

Wetterleuchten, PM
Pressemitteilung

Wetterleuchten


"Wetterleuchten - Platons erzürnte Erben haben das Wort" wurde veröffentlicht. Abrufbar ab sofort unter

(Es ist die zweite und von 316 auf 389 Seiten erweiterte Auflage des kritischen Sachbuches mit dem Titel "Platons Erben in Aufruhr". )




Es sind Buchtipps, Essays, Tagebuch- und Blognotizen, Briefe – eben ein Zeitdokument. Unter diesem Titel schrieb der Journalist, Autor und Blogger Harry Popow ein politisches Sachbuch. Im Mittelpunkt stehen 65 von ihm geschriebene Rezensionen zu Büchern, die aktuelle gesellschaftspolitische Fragen – besonders zur Friedens- und Kriegsproblematik - behandeln. Darunter befindet sich zum Beispiel die von Glenn Greenwald verfasste spannende Lektüre über die Enthüllungen des amerikanischen Geheimdienstes durch den US-Amerikaner Snowden. Oder auch das hochaktuelle Buch von Wolfgang Bittner über die Eroberung Europas durch die USA und die Krise in der Ukraine. Die 65. und letzte Rezension betrifft das Buch von Stephan Hebel "Ausstieg links?", ein Interview mit Gregor Gysi. Im Buch mit dem Titel „Blattkritik“ erfährt der Leser vom Versagen der von Geldgebern abhängigen und dem Erwerb unterliegenden Medien, eine demokratische Öffentlichkeit herzustellen.

Der Autor Harry Popow bezeichnet die von ihm vorgestellten Buchautoren wegen ihrer kritischen Sicht als Erben Platons, der im Buch "Lob des Kommunismus" auf Seite 7 so zitiert wird: "In einem Gemeinwesen, in dem Reichtum und Armut fremd sind, wird auch die beste Gesinnung zu finden sein, denn weder Frevelmut noch Ungerechtigkeit kommen da auf."
Den Rezensionen fügt er zahlreiche kritische Notizen und Polemiken sowie Essays zu Zeitfragen bei. Das Buch ist vor allem für Literaturinteressierte, politisch aufgeschlossene Leser gedacht.

Der 79-jährige Rentner Harry Popow diente als Militärjournalist in der NVA. Er veröffentlichte seine persönlichen Lebenserinnerungen unter dem Titel "In die Stille gerettet" sowie als Ghostwriter die Geschichte des Eckhardt Lange, der als Segelflieger und ehrenamtlicher Fluglehrer in der DDR bekannt war. (Titel: Zwischen Start und Landung.)


Facebook: https://www.facebook.com/Harry-Popow-460119800860688/





Mittwoch, 23. Dezember 2015

ALEX-Grüße

Statt NUR-Weihnachtsgesäusel

ALEX-Mail:

Lieber Harry, Glückwunsch zu der tollen Rezension des Dr. Karl-Heinz Otto. Ich möchte ihn wissen lassen , dass ich durch "In die Stille gerettet" und der Auseinandersetzung damit nicht nur Dein Leser, sondern vielmehr Dein Freund wurde. Ich kann Dir heute nicht mehr sagen, wann unsere Freundschaft begann, aber mir ist so, als kennen wir uns schon seit vielen Jahren. Unser beinahe gleiches Alter, unser Bezug zu unseren Frauen, die Spitzenstadt Plauen, die Kriegs- und Nachkriegserlebnisse und die damit verbundenen Entscheidungen für den militärischen Beruf, es prägte uns. Und es führte dazu, dass auch nach der Umkehrung aller Werte, die unser Tun bis 1989/90 bestimmten, wir uns finden mussten. Du in der Stille, ich als Arbeitsloser im marktkapitalistischen Trubel des Niedergangs hier im Osten. Als heute sogenannter´neuwcomer´mit damals 57 Jahren in einer völlig neuen Tätigkeit; gewissermaßen als Nachtwächter zum Schutz des Eigentums anderer. Über Umwege, aber damit zusammenhängend, lernte ich Dich kennen.

Die ersten Zeilen von Dir fand ich im NVA Forum. Du schriebst dort über eine Frau, deren Mann wie wir Offizier war. Und Du machtest auch auf das Buch "In die Stille gerettet"aufmerksam. Da gab es im Forum dann manchen Verriss Deiner Gedanken und Worte. Ausdruck von Empfindungslosigkeit? Mit Häme als "Gutmensch" belächelt,von gefühllosen Kritikastern und arroganten Besserwissern als "ewig Gestriger"bezeichnet, und auch mit von Hass triefenden Anwürfen beschimpft, so stelltest und stellst Du Dich immer wieder mit Herz, Verstand und journalistischem Geschick den Problemen unserer Tage. Aber allem voran, lieber Harry, steht bei Dir das humanistische Fühlen und Denken. Das möchte ich besonders betonen.
Dafür Dank und Anerkennung.
Dass Deine Worte und die in Deinen Rezensionen geäußerten Gedanken widerhallen, bestätigen Dir nicht allein die Bemerkungen zu Harry Popows Roman "Cleo" durch Dr. K.-H- Otto.

Dein Freund, der ALEX, gerne auch!

Antwort von Harry:

Lieber Hans, es ist ja unglaublich, was Du hier wieder geschrieben hast. Das ist ja wie eine Offenbarung. Dabei geht Dein Blickwinkel weit über dem hinaus, was uns verbindet, was uns alten Mitstreitern stets sehr aufrichtig verbunden hat. Wir Alten werden abdanken. Was wir hinterlassen haben, das sind eingeschlagene Pfosten, die den Weg in eine ganz neue Richtung in der Gesellschaft weisen. Wer das verkennt, schadet sich letztendlich selbst. Immerhin sind wir nicht irgendwelchen Ideen aufgesessen, sondern dachten und handelten nach gesellschaftlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen und nicht nach utopischen Glaubenssätzen. Der größte Irrtum zur Zeit ist doch der, zu glauben, jegliche Idee zur Veränderung sei sozusagen für die Katz. Es sei alles umsonst gewesen. Jedoch nicht, wenn neue Pfähle eingeschlagen werden. Was sagte Engels in Dialektik der Natur zum Zeitalter der Renaissance? Sie brauche Riesen an Denkkraft, an Leidenschaft und Charakter, an Vielseitigkeit und Gelehrsamkeit. Wo sind heute diese Riesen, die eine neue progressive Umwälzung einleiten könnten?

Dein Kumpel Harry


Samstag, 19. Dezember 2015

Die Plauener Spitzenfrau

Rezension_Cleo_Karlheinz Otto

Meine Bemerkungen zu Harry Popows Roman „Cleo“

Die Plauener-Spitzen-Frau und ihr Bogenschütze

Von Dr. Karl-Heinz Otto, Potsdam

Harry Popow hat seine bemerkenswerten Prosageschichten unter dem exotischen Namen „Cleo“ versammelt, und, um es dem Leser leichter zu machen, zusätzlich gleich zwiefach untertitelt. Mich erwarten also, wenn ich mich dem Lesevergnügen „Cleo“ hingebe, „Persönliche Lebensbilder“ im literarischen Kleid eines „authentischen Liebesromans“. Allein, dass ein Autor den Mut aufbringt, sein tatsächlich gelebtes Leben, insbesondere seine mehr als dreißig Jahre währende kurvenreiche „Karriere“ im „Ehrenkleid“ der längst im Orkus der Geschichte gestrandeten Nationalen Volksarmee und seine beneidenswert schöne und bis ins Heute gepflegte Liebe zu Cleo mit ungeschminkt ehrlicher Authentizität offenzulegen, wirkt verführerisch genug, mich auf Popow einzulassen.
Im Vorsatz des Romans springt mich dann dieser tiefsinnige Aphorismus aus Konstantin Paustowskijs feinfühliger Erzählung „Die Goldene Rose“ an: „Alles, was den Menschen niederdrückt und betrübt, alles, was ihn auch nur eine Träne vergießen lässt, muss mit der Wurzel ausgerottet werden … Die Wüsten ebenso wie die Kriege, die Ungerechtigkeit, die Lüge und die Gleichgültigkeit gegenüber dem menschlichen Herzen.“ Anspruchsvolle, humanistische Worte, die der Autor diesem aus seinen persönlichen Lebensbildern komponierten authentischen Liebesroman quasi als Leitmotiv vorangestellt hat. Meine letzten Bedenken, Popows Roman zu lesen, schwinden.



Wer die Messlatte schon zu Beginn seiner Geschichten so hoch legt, der muss sich seiner Sache nicht nur sehr sicher sein, nein, der wird auch Gewichtiges zu den unsterblichen Menschheitsthemen von Krieg und Frieden, von den kleinen und großen Ungerechtigkeiten und Lügen und der beschämenden Gleichgültigkeit der immer wieder nachwachsenden Mitläufer zu erzählen haben. Und Harry Popow gelingt es in der Tat, viel Nachdenkliches aus seiner Erinnerungstruhe ans Tageslicht zu befördern, ist sie doch glücklicherweise reichlich mit allerlei Briefen und Tagebuchnotizen gefüllt.

Dabei war dem Arbeiterjungen, der seinen beschwerlichen und doch so hoffnungsvollen Lebensweg in den sächsischen Steinkohlenrevieren von Zwickau beginnt, im Jahre 1935 an seiner Wiege wahrlich nicht gesungen worden, sich später einmal unter die Schriftsteller zu wagen. Auch als er Armeeoffizier wird und Journalistik studiert und schließlich als Reporter der Wochenzeitung „Volksarmee“ auf Achse ist, denkt er nicht in literarischen Kategorien, die für ihn auch weiterhin jenseits seiner journalistischen Pflichten angesiedelt sind. Das ändert sich auch nicht, als er dann nach langen 32 Jahren die Uniform auszieht und beim Deutschen Fernsehfunk in Adlershof glücklicherweise eine Arbeit findet, die mehr als nur ein ungeliebter Job ist.

Erst als ihn 1989 – wie Millionen andere auch – diese Zeitenwende – die er, vielen Gesinnungsgenossen gleich, so nicht gewollt hat und deshalb ohne Umschweife als Rückwende oder gar als Konterrevolution empfindet – mit brachialer Gewalt aus der Bahn wirft, beginnt er, der immer nur vorwärts gewandt für eine lebenswertere sozialistische Zukunft eingetreten war, sein bisheriges Leben neu zu bedenken. Doch dazu braucht er einen klaren Kopf und klare Luft vor allem. Deshalb sagen Harry Popow und seine Cleo dem mit heißer Nadel wieder zusammengeflickten Deutschland für neun Jahre ade. In einem bescheidenen schwedischen Holzhaus haben sie sich im wahrsten Sinne des Wortes in die Stille gerettet und finden allmählich wieder zu sich. Während dieses nicht ausschließlich schmerzfreien Prozesses des Zusichfindens öffnet Harry Popow endlich seine lange verschlossene Erinnerungstruhe. Welch herrliche Schätze lachen ihn da an! Unter ihnen manch traurige Geschichte, die er am liebsten hätte aus seinem Leben streichen wollen. Er staunt, wie bitter wahr sich die Behauptung erweist, dass die tiefsten Beulen am Helm eines Kommunisten meistens von den eigenen Genossen stammen. Er ist stolz darauf, dass er sich trotz mancher Versuchung niemals hat verbiegen lassen. Am stärksten aber beeindrucken ihn die vielen, vielen Liebesbriefe …

Vor dem nun schon ergrauten Alten breitet sich sein gesamtes facettenreiches Leben aus. Vielleicht birgt jene Floskel ein Körnchen Wahrheit, nach der jedes Leben einen Roman in sich trägt. Nun liegt er vor, der Roman des Harry Popow. Das Authentische der bunten Lebensbilder nimmt man dem Autor unbedenklich ab, auch wenn er nicht den allerletzten Mut aufbringt, seine Geschichten durchgängig in der Ich-Form zu erzählen. Stattdessen versteckt er sich in der fiktionalen Figur des Henry Orlow, die aber unschwer als Alter Ego des Autors erkennbar ist. Nur manchmal wechselt die Erzählperspektive vom Auktorialen zum verräterischen Ich. An dieses ungewöhnliche Vibrieren der Erzählsicht kann man sich jedoch schnell gewöhnen und als Stilmittel zur Steigerung der authentischen Elemente anerkennen.

Harry Popow ist mit seinem Roman ein lesenswertes Stück Prosa gelungen. Manche werden ihn als aufschlussreiche Memoiren eines romantischen NVA-Offiziers lesen. Andere werden sich an der berührenden Liebesgeschichte zwischen dem Bogenschützen Harry und der Plauener-Spitzen-Frau Cleo erfreuen. Doch unabhängig davon, wie man die Lebensbilder des Harry-Henry interpretieren will, klüger, als man in den Roman eingetaucht ist, wird man allemal aus ihm wieder auftauchen. Ich aber muss nun dieses beneidenswert glückliche Liebespaar Cleo und ihren romantischen Bogenschützen verlassen. Bleibt mir am Ende nur noch der Wunsch, dass ihre Geschichte einen großen Leserkreis finden möge.



Der autobiographische Roman „In die Stille gerettet. Persönliche Lebensbilder.“ Engelsdorfer Verlag, Leipzig, 2010, 308 Seiten, 16 Euro, ISBN 978-3-86268-060-3, ist nunmehr auch als eBook mit neuem Titel und Cover - siehe oben - bei Amazon erhältlich:

Harry Popow:


Inhaltsverzeichnis:
Das kleine Schwedenhaus - Erich, der Berliner - Tamara, die Moskauerin - Ein Groschen für den Leiermann - Ohrfeige für Henry - Ein gutes Wort für jeden – Tiefflieger - Weiße Armbinden - Von Schöneberg nach Pankow - Mutter im Denkmal -  Träumender Trommler - Bandenkriege - Bei Präsident Pieck - Drahteseltour  -  Steinkohlen-Zeit - Geologen-Zeit - Knobelbecher-Zeit - Glück ab - Tee mit Rum -

Das weiße Spitzenkleid - Das verbotene Tagebuch - Parade in Berlin - Eine Pforte für den „Fußballer“ - Sekt in der Badewanne - Die „Taiga“ - Auf Werbetour - Die Heiligabend-Dropsrollen - Posten auf dem Damm - Waldi mit Depressionen - Rebellion des Geistes - Stalinstadt(Eisenhüttenstadt) - Kopfwäsche - Sackgasse Pinnow - Theatertage in Weimar - Kranker Pedalritter - Einöde - Unter Mpi-Begleitung – Bilderstürmer - Am Kai ohne Neid - Jungfernfahrt ohne Geld - Zum Feuerschiff ohne Hemmungen -

Der Dukatenscheißer - Heiraten, oder? - Nasse Füße contra Kulturschande - Neuer Anlauf - Cleo auf dem Sozius - Die schöne Gouvernante - Vom Umtausch ausgeschlossen - Patricia in Aussicht - „Der kommt auch noch dahinter...“ - Ab in den Wald! - „Seelsorger“-Sorgen – Wortgeklingel - Wer schläft hier sanft? - Reinfall am „runden Tisch“ - „Götter-Ohren“ an Soldaten-Herzen - Der Feldherrenhügel - Befehl zum Antanzen - „Marter“ unter Gitarrenklängen - Buschfunk an der Tankstelle - Guten Tag Sanssouci - Frisiert und zahnlos - Mann mit Format - Paroli bieten -

Der Zauberer Otto Nagel - Die zweite Geburt - Im Donaudelta - Redaktion „Atemlos“ - Flucht nach Sotschi – Gorbatschow - Jubel aus allen Rohren - „Kampfplatz“ -  Adlershof - Die „Konterrevolution“ - „Soldatenhochzeit“ - Aufruhr in Kinosälen - Der Vortragskünstler – Spießrutenlauf - Papa, Papa...! - Versteinerte Gesichter - „Gorbi“ hilf – Mauerfall-Chaos - Immer noch rot? - Abzockerei auf Gran Canaria - Die „alternative“ List - Silvester in der Schifferstube -

Blind gekauft - Empfang bei „Pippi Langstrumpf“ - Lüpft bitte den Hut - Schwedische Gastfreundschaft - Hurra, der Schornstein raucht - Spitzlichter auf`s Gemälde - Siebzig und kein Wodka - Dorfball in Orrefors - Grillen im Schnee - Großer Bahnhof - Flu auf dem Traktor - Brennerausfall beim Nachbar - Endlich Sauerkraut - Kaffeewasser auf Teelichtern - „Pfingsttreffen“ mit Stolitschnaja - Das Pendel der alten Uhr - Alter Mann und rote Rose - „Seit wann denn das, Opa?“ - Auf der Sonneninsel - Lenin, komm heraus! - Stürmische Nachbemerkung - Worte zum Titelbild




Mittwoch, 16. Dezember 2015

"Euphorie und Wehmut" - Rezension

Euphorie und Wehmut. Die Türkei auf der Suche nach sich selbst“

Ein mutiges Buch von Ece Temelkuran

Buchtipp von Harry Popow

"Was soll nur aus diesem Land werden?“ Das ist der letzte Satz eines aufwühlenden und zum tiefen Nachdenken anregenden Buches. Ihn findet man wiederholt auf den 239 Seiten zählenden Werkes „Euphorie und Wehmut. Die Türkei auf der Suche nach sich selbst“ der am 22. Juli 1973 in Izmir geborenen türkischen Juristin, Schriftstellerin und Journalistin Ece Temelkuran.


In drei Kapiteln 'Gestern', 'Heute' und 'Morgen' beschreibt die oppositionelle Autorin die Zeit des Osmanischen Reiches und die Gründung der Türkei im Jahre 1923. Besonderes Augenmerk legt sie auf die Geschichte der Türkei und auf den Machtantritt Erdogans und der AKP. Im zweiten Kapitel nimmt sie dessen Herrschaft kritisch unter die Lupe. "Du bist die Türkei! Denke groß", sagt Erdogan, den manche Sultan nennen, zu seinen Untertanen. Seine Phantasien von einer Großmacht haben die weitgehende Islamisierung des Landes bewirkt. Im dritten Teil versucht sie einen optimistischen Blick in das Morgen der Türkei.

Auf Seite 228 mahnt die Autorin, Türken-Reisende mögen „nicht mit touristischer Leichtigkeit reisen“, sondern sich ebenfalls fragen, was aus diesem Land werden soll. Folgt man den zahllosen Fakten, Ereignissen, Schilderungen und Kommentaren, so sieht man sich ebenso mit dieser Frage konfrontiert. Wie an einer langen Kette fügt Ece Temelkuran Symptom an Symptom und zeigt so ein Mosaik der gesellschaftlichen Wirklichkeit der Türkei.

Dabei geht es der Autorin nicht nur darum, den Alltag zu beschreiben, wie etwa das unausgesprochene Verbot, sich offen auf der Straße küssen zu dürfen oder das Tragen des Kopftuches kritisch zu beäugen, sondern dass seit dem Wahlsieg der AKP 2002 „mit immer drastischeren sogenannten Antiterrorgesetzen eine Gehorsamkeitsgesellschaft geschaffen werden sollte“. (S. 23) Zuvor auf Seite 16 fragt sich die Autorin, warum der Staat noch heute als heiliger Vater angesehen wird und „Kurden, Aleviten und Armenier drastisch bestraft werden, weil sie diesen heiligen Vater attackieren“.

Was sich im Inneren dieses Staates abspielt seit Jahrzehnten, das offenbart die Autorin in diesem von der Obrigkeit in der Türkei so gefürchteten Texten der Publizistin. Ihre Hauptaussage: Die Türkei sei gespalten und gefährlich. Sie befinde sich in einem "mentalen Bürgerkrieg". Sie werde im Ausland völlig verkehrt beurteilt. Im Detail erfährt der Leser von Gewalt an Kindern und Frauen, von Putschs und Militärdiktaturen, von Bürgerkriegen mit Kurden, von Pogromen gegen Minderheiten, von Massakern, von Wut und Hass, vom Verfall der Kultur, von der Entpolitisierung der Jugend, von der Lobpreisung der Spaßgesellschaft, von der Auflösung der Demokratie, von zahllosen Morden an Andersdenkenden, von der Zensur in den Medien; von der rigorosen neoliberalen Wirtschaftspolitik. (S. 178) Überhaupt: Linke Themen wie Armut, Ungerechtigkeit und Kampf um Rechte seien tabu. Andererseits müsse man sich „tagtäglich auf allen Fernsehkanälen anhören, wie hervorragend dieses Land regiert wird“. (S. 29)

Eine klare Position bezieht die Autorin hinsichtlich des sich aufbäumenden Widerstandes gegen Erdogan und die zunehmend autoritären Tendenzen im Juni 2013 im Gezi-Park. Das sei – wie von der Auslandspresse gelogen wurde – weder eine ideologiefreie noch eine spontane Demonstration gewesen. Auf Seite 180 betont sie: Gezi richtete sich gegen den „zunehmenden Verfall der politischen und gesellschaftlichen Moral“. Das Besondere daran: Andersdenkende aus entgegengesetzten politischen Lagern fanden sich zusammen zu einer verbindenden oppositionellen Energie gegen die Macht. (S. 185)

In die Tiefe geht die Autorin mit der Feststellung, besonders seit dem 11. September 2001 sei die Außenpolitik aus dem Lot geraten. Erdogan „positionierte sich geschickt als Verfechter des Sicherheitskonzeptes nach dem 11. September, als ambitionierter Partner der neoliberalen Politik...“ Er war in den Augen Washingtons das Musterbeispiel des guten Muslims. (S. 191) Das islamische NATO-Mitglied Türkei sei zum Musterschüler des Westens im Osten geworden.

Ausblicke? Hoffnung und ein wenig Zuversicht? Wohin treibt die Türkei? Während Ece Temelkuran auf Seite 40 das Desinteresse vieler Türken beklagt, dass man gelernt habe, keine Fragen zu stellen, nicht neugierig zu sein, registriert sie mit Genugtuung den Einzug der HDP (Demokratische Partei der Völker) im Juni 2015 „mit ganzen 81 Abgeordneten“ ins Parlament. (S. 231)

Allerdings erreichte die AKP bei den Neuwahlen am 1. November die absolute Mehrheit. Trotz des staatlichen Terrors der gegen all jene geführt wurde, die potentiell nicht die AKP wählen, ist es nicht gelungen die HDP aus dem Parlament zu verbannen. Dass die HDP weiterhin im Parlament vertreten ist, kann als Erfolg betrachtet werden.

Ihre persönliche Prognose für die kommenden zehn Jahre lautet, „dass in der Türkei und ihren Nachbarländern die Dekade der Kurden angebrochen ist“, nicht nur in politischer, sondern auch „in kultureller Hinsicht“. Es sei eine neue Generation von Kurden aufgewachsen, die gebildet ist, das Weltgeschehen verfolge und ihre Sache auch international vertritt. (S. 234) Über die Minderheiten Armenier, Aleviten, Kurden, Aramäer und andere, so sei zu hoffen, werde in Zukunft viel mehr gesprochen werden. Das könne eine neue Seite in den Beziehungen zu Europa aufschlagen. (S. 237) Trotzdem sei zu resümieren: Politik und gesellschaftliches Leben – auch durch die Situation in Syrien und dem Irak – seien unberechenbar geworden. Die Menschen um sie herum seien wie gelähmt in diesem Sturm der Aufregung. (Und nicht nur in der Türkei!!) Sie schließt mit der Frage: „Was soll nur aus diesem Land werden?“

Leser sollten sich darauf einstellen, dass die Autorin Ereignisse, Sachlagen, persönliche Beobachtungen und Fakten stets als Aufhänger benutzt, um sodann kommentierend zu verallgemeinern und schlussfolgernd Lösungen anzubieten. Dazu erwähnt sie zahlreiche Namen von Türken, die an unterschiedlichen Stellen des Textes unvermittelt in einem neuen Zusammenhang wieder auftauchen.

Das Buch „Euphorie und Wehmut“ gewährt einen eindrucksvollen Einblick in ein Land, das nicht wenige Touristen in seiner landschaftlichen Schönheit und deren Menschen zwar gesehen, aber nicht unbedingt im Innersten kennengelernt haben dürften. Ohne Zweifel ein Muss für alle, die die gegenwärtigen Konflikte im Nahen Osten und um Syrien, insbesondere die Politik der Türkei, näher kennenlernen und beurteilen wollen. Schon allein deshalb, weil die von der Autorin aufgedeckten politischen Hintergründe von den Medien entweder verschwiegen oder entstellt dargestellt werden.

Zu danken ist einer mutigen und ehrlichen Widerständlerin, die in ihrer Heimat ihre Arbeit als Journalistin verlor und - wie alle ausgegrenzten Intellektuellen – von der herrschenden Elite als „Vaterlandsverräterin“ abgestempelt wird.(PK)

Ece Temelkuran: „Euphorie und Wehmut. Die Türkei auf der Suche nach sich selbst“. Gebundene Ausgabe: 240 Seiten, Verlag: HOFFMANN UND CAMPE VERLAG GmbH (12, Oktober 2015), Sprache: Deutsch, ISBN-10: 345550373X, ISBN-13: 978-3455503739, Größe und/oder Gewicht: 13,4 x 2,5 x 21,2 cm, Preis: 20 Euro. (PK)


Erstveröffentlichung dieser Rezension in der Neuen Rheinischen Zeitung.


Dienstag, 15. Dezember 2015

Star Wars - Hirnwäsche

Die mentale Bombe

Da fällt den Zuschauern just vor Weihnachten wieder ein künstlicher Stern vom Himmel. Und wieder einmal bleibt einem die Luft weg. „STAR WARS 7: Das Erwachen der Macht“. Gut und Böse im Kampf. Dabei gibt es im realen Leben weder „nur gut“ noch „nur böse“. Aber im Leben der Profitjäger schon. Da spielen 200 Millionen Dollar Produktionskosten keine Rolle, denn auf diesen medialen Schrott warten die Zuschauer. Jubelnd. Hirnverbrannt. Klatschend vor Freude und Gier. Mit Tränen in den Glotzen. Und zahlen die Eintrittspreise. So fließt das Geld in die Kassen derer, die mit Schwachsinn die blutigsten Szenen fabrizieren. Blut ist gut. Denn dann gewöhnt man sich an neue Schlachten. Richtig gelesen: „STAR WARS“ dient der mentalen Vorbereitung des „dummen“ Volkes auf das was kommen soll. Zugunsten der Guten. Es sind die, die das große Geld haben und noch mehr einsacken wollen. Durch neue Raubzüge, angefangen im Nahen Osten als Brandherde, endend weit im Osten...? Der GUT-BÖSE-FILM ist ein vorweg genommenes Kriegsverbrechen. Und die Macher amüsieren sich über den klatschenden und Beifall hofierenden Zulauf. „Star Wars 7“ ist ein mentaler Meteorit, eine Bombe, die den letzten Grips der Menschen auspusten soll. Und sie werden auf Befehl marschieren, die GUTEN gegen die BÖSEN?
H.P.


Sonntag, 13. Dezember 2015

Ich, Thomas Morus

13. Dezember 2015:

Lieber Harry, das Gedicht habe ich heute fabriziert, als ich feststellte, dass die "Utopia" 500. Geburtstag hat und die Welt sich auch nach 500 Jahren noch nicht wesentlich veränderte und dieses Buch immer noch lesenswert ist. Ich schicke dir das Gedicht einfach mal zum Posten, falls du Interesse hast. Gruß von Hanna Fleiss

Ich, Thomas Morus

Zeichen lasse ich
auf dem Weg, die mich
erkennbar machen, die euch sagen:
Der will ich sein, der bin ich,
der werde ich sein.

Ich beschreibe das Brot
nicht mit dem Appetit der Satten
und den Durst nicht mit der
Vermessenheit jener, die Wasser
wie Sekt verspritzen.

Etwas ist in mir,
schwer zu erklären, es ist da,
woher es kam, wissen die Mütter,
aber sie schweigen, zu sehr
lieben sie uns.

Und so gehe ich
meine Wege, setze Zeichen, die sagen,
gut ist es, dort und hier zu sein,
sie verraten: So könnte es werden,
unser Leben auf Erden.


13.12.15

Günter Herlt: AMEN !!!



Anstelle einer kirchlichen Fürbitte …

von Günter Herlt

Auf der alternativen Festtagssitzung der ostdeutschen Verbände, die am 3. Oktober in Berlin stattfand, trug der namhafte DDR-Fernsehpublizist Günter Herlt folgende Litanei vor.
Gott schütze den Kapitalismus – nachdem ihn seine Heiligkeit, der Papst, mehrfach an den Pranger gestellt hat!

Du zögerst bei solcher Andacht, denn er erscheint dir oft ungerecht, rabiat und wahnsinnig? Das darf dich nicht irritieren. Er ist so. Das liegt in seiner Natur. Und er hat fast alle überrollt, die ihm dazwischengefunkt haben. Doch nun würgen sein Größenwahn und seine Gewissenlosigkeit immer mehr Völker und Erdteile. Die Welt scheint aus den Fugen. Wer hat sie ausgehebelt?

Er tarnt seine Brechstangen als „humanitäre Hilfeleistung“. Doch seine unersättliche Gier und sein Machtstreben unterminieren jede Humanität. Die alles beherrschenden Geldgeber machen ihn unbeherrscht.

Wir müssen lernen, ihn zu bändigen – gerade, wenn er sich unbändig gibt. Er schwenkt gerne die Wimpel der Werte. Doch er fördert viel mehr die gemeinen Sinne als den Gemeinsinn.

Er profitiert vom wuchernden Egoismus, Nationalismus und Chauvinismus. Doch unter diesen Giftschwaden ersticken zu viele Mitmenschen.

Es gibt auch „weiße Raben“ unter den Kapitalisten, die längst begriffen haben: „Man darf dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbinden!“ Es gibt aber noch nicht genügend Ochsen, die begriffen haben, daß sie keine sein müssen. Doch der Wind dreht sich!

Wenn jene, die das Sagen haben, wie Pech und Schwefel zusammenhalten, müssen jene, die das Fragen haben, aufeinander zugehen, um zu begreifen: Wir sind stärker!

Natürlich fragen die Herrschenden: Wer jammert hier im Überfluß?

Wer rebelliert, wo selbst Untätige ein Einkommen zum Auskommen haben? Tatsächlich gibt es kein materielles Bedürfnis, das der Kapitalismus nicht umgehend befriedigen könnte. Das fällt ihm so leicht, daß er unentwegt neue Bedürfnisse produziert, um produzieren und kassieren zu können. 10lagiges Toilettenpapier, 99 Sorten Nagellack, Autos, die alleine in die Wolfsburg „zurückfinden“, tausend Tapetenmuster, Millionen Lieferanten im Internet ... Sag nur, was du brauchst.

Aber sage nicht, du brauchst gute Arbeit für guten Lohn, um nützlich und ehrlich dein Brot zu verdienen! Sage nicht, du brauchst eine verläßliche friedfertige Zukunft als Dach der Familie!

Das schafft er nicht. Seit Jahrhunderten nicht! Immer nur punktuell und zeitweilig. Stets bietet er manches für manche. Nie alles für alle. Nicht mal alles Wesentliche für alle Gutwilligen. Und er hat eine Armee von Meinungsmachern, die erklären, warum das ein Traum bleiben soll. Doch für die, die es betrifft, ist es die Hölle. Die ersaufen zu Tausenden im Meer, um zu entkommen! Die stürmen die Wohlstandsfestungen und lassen sich lieber anpöbeln und abschieben, als weiter wie Getier zu vegetieren, dort, wo seine teuflische Raffgier als menschliche Tüchtigkeit gefeiert wird.

Dabei durchwühlen und verpesten seine „Global Player“ die Erde, daß sie zunehmend unbewohnbar wird. Am schnellsten dort, wo die Beute mit dem Kriegsbeil geteilt wird. Das fördert den Stuhlgang der Börse. So bringen auch die verlorenen Schlachten märchenhafte Gewinne.

Er wird das immer „Freiheitsgewinn“ nennen, weil es die Seinen tatsächlich freier macht. Sie kamen vom 10fachen zum 100fachen Profit. Weil Gott mit ihnen ist?

Aber nein! Dessen amtierender Stellvertreter in Rom hat gerade wieder beklagt, daß diese  Wirtschaftsweise tötet!

Die Freiheit, das aufzuhalten, ist kostbar, aber sehr begrenzt!

Und weil der Sieg der Vernunft nur der Sieg der Vernünftigen sein kann, wird so irrsinnig viel Klugheit in die Verblödung investiert.

Wer das nicht sieht oder glaubt, gehört schon zu den Opfern.

Wir aber nicht! Amen!



Freitag, 4. Dezember 2015

Auf Abhilfe kommt es an...

Auf Abhilfe aus sein!

Harry Popow
Das war´s. Die 65. Buchrezension! Sie ist im Netz. Sauarbeit. Sau-Froh-Froh-Macher. Sitzen. Lesen. Grübeln. Notieren. Wieder nachlesen. Prüfen. In anderen Werken nachschauen. Das Wesentliche herausfinden. Zupacken. Schreiben. Verdichten. Korrigieren. Nicht lauwarme Brühe verbreiten. Eine Kost, die weder bei der sogenannten Elite, noch bei abhängigen Printmedien, noch bei BILD-Lesern gefragt ist. Und schwer im Magen liegen mag. Manch einer greift sich da an den Kopf. Wozu die Mühe? Wen interessieren deine mit fleißigem Überlegen in den Computer getippten Ergüsse? Dessen ungeachtet – du tust es trotzdem! Und freust dich wie ein König, etwas geleistet zu haben. Etwas Inhaltliches, etwas mit Substanz. Und: Dass du dem Sessel noch nicht ganz gehörst. Also versenden. Auf online-Plattformen unterbringen. Wer tippt da an, wer liest das? Und dann? Wider erwarten Zuspruch. Das sei sehr interessant rezensiert, man werde das Buch kaufen. So etwas kommt vor. Manchmal. Von Einzelnen. Von Freunden und Usern. Printmedien meiden das Geschreibsel. Somit liegt die Wortmeldung (Rezension) richtig!

Daniela Dahn schrieb mal, dass es sie glücklich mache, wenn ein Leser sage, er/sie habe nunmehr einen neuen Blick auf die Welt bekommen. Man sehe sie plötzlich mit anderen Augen. Ist das nicht der schönste Lohn für einen, der etwas vermitteln will? Mehr Wert als Honorare, die es bei Rezensionen ohnehin nicht gibt? Mehr Wert als zu den sogenannten Bestsellern zu gehören. Die führen ihr marktschreierisches Eigenleben. Und sie haben ihr sehr eigenes Publikum. Bei dem Großandrang von Literatur auf dem Büchermarkt hat ein Sachbuch ohnehin sehr schwer, seinen Weg zu interessierten und aufgeweckten Lesern zu finden. Und dennoch: Du bist etwas losgeworden. Nicht um dich geht es, nein, um die Vermittlung von Licht. Um ein Fünkchen Nachdenklichkeit. Um kritische Kost, damit dir das Zweifeln nicht abhanden kommt. Um Leuchtfeuer, die einen sozialen Weg zeigen sollen. Und wenn es – wie gesagt – nur um Einzelne geht. Das ist besser, als nichts zu tun in einer wild gewordenen Welt.

Glück hast du, wenn du in dir selbst die große Kraft verspürst, die Zusammenhänge zu erkennen, wenn dein Herz mitspricht, wenn du noch nicht erkaltet bist in deinem Nah-Sein zum Mitmenschen, zur Natur. Wenn du in deinem Tun einen Sinn siehst, den vor allem. Und da stehst du auch nicht alleine. An deiner Seite – einer Sonne gleich – deine beste und tollste Frau, Freundin, Geliebte – wie und wer auch immer.

Die Freundlichkeit deines Daseins verändert nicht die Welt, auch nicht das Streben nach gegenseitiger Achtsamkeit, so wohl es auch tun mag diesem oder jenem. Aber wenn du aus tiefster Seele die Ohren und Augen offen hältst für das, was dich umgibt, wenn du Anflüge von Gleichgültigkeit erkennst und dagegen angehst, dann hast du schon gewonnen. Dann bleibst du der Sieger auch in sehr schwierigen Situationen. Auch willst du dich nicht überrumpeln lassen. So ist doch nicht von der Hand zu weisen: Zum weichen Herzen gehört auch die Unnachgiebigkeit gegenüber Intoleranz und tödlichen Gefahren. Härte? Aber gewiss doch! Dort, wo es Not tut. Sonst bleibst du stets der Dumme. 

Was also tun? Lassen wir den Philosoph der Antike Platon sprechen, (siehe wikipedia): Sinneswahrnehmungen reichen nicht zum Erlangen der Wahrheit aus. Dazu gehöre auch Wissen. Glaube ohne Wissen führe nicht zur Erkenntnis.


Und Werner Mittenzwei schreibt in seinem Buch „Das Leben des Bertolt Brecht“ (Bd. 1) auf Seite 426, dass das methodische Verfahren des Aristoteles „auf Reinigung, auf Entlastung aufgestauter Spannung und Furcht“ hinauslaufe. Brecht aber „wollte nicht Milderung, sondern Aufhellung dessen, was die menschliche Existenz … bedrohe“. „Nicht Linderung, nicht Beistand, nicht Hilfe, sondern vielmehr Abhilfe sollte sie schaffen, auf Veränderung sollte sie aussein“.

Na dann...

Mittwoch, 2. Dezember 2015

Anzeige gegen Angriffskriegs-Vorbereitung

Anzeige

poststelle@generalbundesanwalt.de

Herrn Dr. Peter Frank
Brauerstraße 30
76135 Karlsruhe


Anzeige gemäß § 80 StGB i.V. mit Artikel 26 Abs. 1 Grundgesetz gegen Bundesministerin der Verteidigung Frau Dr. von der Leyen wegen Vorbereitung eines Angriffskrieges

Hiermit erstatte ich Anzeige gegen Frau Ursula Gertrud von der Leyen (geb. Albrecht; * 8.10.1958) wegen Vorbereitung eines Angriffkrieges gegen Syrien.
Begründung.
Die Terroranschläge von Paris wurden mutmaßlich von IS-Terroristen mit französischen und belgischen Staatsbürgerschaften ausgeführt. Der französische Präsident hat daraufhin entschieden, IS-Stellungen in Syrien zu bombardieren. Eine UN-Resolution dazu gibt es bisher nicht, der rechtmäßige Präsident Assad hat Frankreich nicht um militärische Hilfe gebeten. Im völkerrechtlichen Sinne handelt es sich daher unzweifelhaft um einen Angriffskrieg.
Die Bundesregierung plant die Unterstützung Frankreichs bei dieser Militäraktion. Die in der Vergangenheit ebenfalls völkerrechtswidrigen Angriffskriege (Kosovo mit deutscher Beteiligung, Irak-Krieg 2003 ohne deutsche Beteiligung) haben allerdings den islamistischen Terror eher noch befeuert als bekämpft.
Jetzt unter deutscher Beteiligung IS-Stellungen zu bombardieren wäre so, als würde man Brände mit Benzin löschen. Bomben lösen keine Konflikte, Bomben verschärfen Konflikte. Die Terrorgefahr wird durch die Beteiligung der Bundeswehr in Deutschland eher noch steigen, als sinken.

Gemäß Grundgesetz ist die Teilnahme an einem Angriffskrieg verboten und unter Strafe zu stellen. Relevante Gesetze und Verträge sind dabei:
Artikel 26 Abs. 1 GG: Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen. Nach Art. 2 des Zwei-plus-Vier-Vertrages vom 12. September 1990 über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland gilt mit Inkrafttreten am 15. März 1991: (Verbot des Angriffskrieges) Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik bekräftigen ihre Erklärungen, dass von deutschem Boden nur Frieden ausgehen wird. Nach der Verfassung des vereinten Deutschlands sind Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, verfassungswidrig und strafbar. Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik erklären, dass das vereinte Deutschland keine seiner Waffen jemals einsetzen wird, es sei denn in Übereinstimmung mit seiner Verfassung und der Charta der Vereinten Nationen. Der in Ausführung des Art. 26 GG erlassene § 80 StGB umfasst tatbestandsmäßig nur die Vorbereitung eines Angriffskriegs mit Deutschland als Teilnehmer, wenn die konkrete Gefahr eines solchen Krieges auch tatsächlich droht. Als einzige Ausnahme kann angesehen werden, wenn nach einer Resolution des UN-Sicherheitsrats gemäß Art. 42 oder Art. 53 der Charta der Vereinten Nationen, die eine Basis für das Völkerrecht ist, die Anwendung militärischer Gewalt unter deutscher Beteiligung beschlossen wird. In diesem Fall liegt zumindest kein Verstoß gegen den Zwei-plus-Vier-Vertrag vor. Dies ist bisher nicht erfolgt.

Mit freundlichen Grüßen
Harry Popow, Oberstleutnant a.D. (NVA)



Sonntag, 29. November 2015

Kommentar zu "Gysis Bekenntnisse"

29.11.2015:


Hanna Fleiss zu „Gysis Bekenntnisse“



Worum es sich bei Gysi handelt, kann man ganz gut begreifen, wenn man die Talkshow kürzlich in der ARD sah, die ihm zu Ehren anlässlich seines Abschieds als Fraktionsvorsitzender der Linkspartei zelebriert wurde. Eitel wie ein Hofhähnchen zeigte uns Gysi, wer er gern sein würde. Doch wer braucht mehr, um zu wissen, wer dieser Herr Gysi ist? Ich erinnere mich ganz gut daran, welche bösen Vorwürfe zum Beispiel Jutta Dithfurth gemacht wurden, weil sie ihre Ansichten zu den Jebsenschen Friedensmahnwachen im „Feindsender 3sat“ geäußert hatte – gerade von sogenannten Linken. Dem Publikumsliebling Gysi aber verzeihen diese „Linken“. Herr Gysi schämt sich auch nicht, wenn wirkliche Linke ihn als linken Handlanger des Kapitals bezeichnen.

Dass er das auch wirklich ist, das zu beweisen, fällt nicht schwer. Man muss sich ja nur seine eigenen Äußerungen zu Gemüte führen, um zu wissen, dass es sich bei ihm um einen waschechten Opportunisten handelt. In einem Interview sprach er von einem „Auftrag“, den er erfüllt habe. Wer hat ihm einen „Auftrag“ erteilt, und um was für einen „Auftrag“ handelte es sich eigentlich? Meint er den Auftrag, die deutschen Kommunisten 1989 von der Macht weggeputscht zu haben? Zugegeben, die SED kroch auf revisionistischen Pfötchen, es brauchte nicht mehr allzuviel, um ihr den Rest zu geben. Oder meint er den Auftrag, uns alle, die wir mit den kapitalistischen Verhältnissen in unserem Lande nicht einverstanden sind, mundtot zu machen, indem er sich als der Sprecher und Vorreiter des „linken Gedankens“ aufspielt?

Herr Gysi träumt davon, „den Kapitalismus in seiner heutigen Form zu überwinden“. Er glaubt also, der Kapitalismus habe auch seine Schokoladenseite, nämlich die mit dem „menschlichen Antlitz“ statt der ungeschminkten Räuberphysiognomie, die er seit 1990 zeigt. Da hat er ein bisschen kurzgedacht, der eloquente Herr Gysi, denn das „menschliche Antlitz“ des deutschen Imperialismus, das niemals „menschlich“ war, beruhte auf der Existenz des Sozialismus in der Sowjetunion und auch in der DDR. Da wünschen wir ihm mal viel Glück, wenn er auf dem Wege des Parlamentarismus mit „sozialen Reformen“, genannt Transformation, vom Kapitalismus in den Sozialismus hineinrutschen will, ganz klammheimlich, versteht sich, in seine „eigenständige Alternative“ zum Kapitalismus.

Bernstein und Kautsky lassen grüßen.

Dass sich in der Partei Die Linke noch ein paar Leute befinden, die sich selbst Kommunisten nennen, aber den Kommunismus ganz offensichtlich scheuen, ändert nichts am opportunistischen Handlanger-Charakter dieser Partei. Das sollte nicht vergessen werden, wenn man sich dabei überrascht, Gysis Stimme im langweiligsten Bundestag aller Zeiten zu vermissen. Ja, es ist richtig, manchmal hatte Gysi auch ins Schlimme getippt, aber sehr, sehr vorsichtig, damit sein Traumgebäude vom „menschlichen Kapitalismus“ nicht ins Wackeln gerät. Geändert jedenfalls hat er nichts, denn das wäre ihm sogar im Traum nicht eingefallen.

Mittwoch, 25. November 2015

Gysis Bekenntnisse


Gregor Gysi „Ausstieg links? - Eine Bilanz“ – von Stephan Hebel

Gysis Bekenntnisse

Buchtipp von Harry Popow

Deutschland im Tiefschlaf?“ Nach der Lektüre dieses interessanten Sachbuches von Stephan Hebel, in dem er dafür plädiert, „den Kapitalismus in seiner heutigen Form zu überwinden“ (S. 20), es sei Zeit für einen neue Wende, verfolgte mich ein Albtraum: Ein Riesenschiff auf hoher See. Passagiere, die sich aus einem anderen Schiff, das wegen eines Lecks in Seenot geraten war, hierher gerettet hatten. Bange Frage: Wohin geht die Fahrt? Alle Blicke richten sich auf die Kommandobrücke. Da steht sie, die sich die Elite nennt. Man redet, quasselt und jeder mischt mit. Aber ans Steuer darf niemand. Einer der Geretteten tut sich durch herzhafte Worte und viel Witz hervor. Er verspricht einen neuen Kurs, einen Westkurs, aber mit neuer Besatzung. Mit einem Riesenbesen fegt er alles ehemals wohl Errungene hinweg, unterbrochen vom Jubel... Indessen wird das Steuerrad von anderen fernbedient. Man sieht sie nicht. Wohin geht die Reise?

Das Erwachen! Gott sei Dank. Ich lese das Buch: „Ausstieg links? Eine erste Bilanz“. Geschrieben von dem oben genannten Autor Stephan Hebel. Er muss es eilig gehabt haben, denn nun suchte er sich einen Mann, der nicht aus dem Tiefschlaf gerissen werden brauchte. Einen, der hellwach im Politischen seit 1989 das Zepter schwingt, ein Jurist, ein Linker, der mit Witz und Humor ebenfalls nach der Überwindung der Herrschaft des Kapitals strebt: Gregor Gysi. Es ist ein Interview, ohne eine „großangelegte Biografie“ bieten zu wollen. Zwei Gleichgesinnte im Disput. Spannend! 
Wie gut können sich DDR-Bürger an seinen ersten Fernsehauftritt erinnern, als er das von der DDR-Regierung beschlossene Reisegesetz als unzureichend kritisierte und davon sprach, zur Weltanschauung gehöre die Möglichkeit, sich die Welt auch anzuschauen. Welch ein frischer Atem wehte uns da entgegen. Wenig später schwang er allerdings einen Riesenbesen, um allen Resten einer zu großen Engherzigkeit im Umgang mit dem Volk den Rest zu geben. Dass er damit auch den Kompass einer wissenschaftlichen Kursorientierung mit über Bord warf, das wollte niemand sehen. Auch nicht zu bewegen „waren die anderen“, einen neuen deutschen Staat zu bilden, „der die Rechtsnachfolge sowohl der DDR als auch der BRD antritt“. (S. 122) 


Allein diese Aussagen im Interview mit Gregor Gysi herausgepickt zu haben, ist bemerkenswert für den Standpunkt des Autors. Überhaupt, das Interview mit dem schlagfertigen und geistvollen Gysi, einer der Hoffnungsträger zur Zeit des Umbruchs (sprich Konterrevolution, vom Resultat ausgehend. Der Rezensent) 1989, liest sich spannend. Geht der Autor mit seinen 107 Fragen (falls ich richtig gezählt habe) sowohl auf sehr persönliche Fragen des Interviewpartners ein, sondern auf jene, die wohl am meisten unter den Nägeln brennen? Was habe sich zum Beispiel seit dem Einzug der Linksfraktion in den Bundestag in der Politik geändert?

Gysi antwortet offen und ehrlich, wie es seine Art ist, manchmal mit einem Schmunzeln, wie aus dem Text abzulesen ist, als auch mit gehöriger Selbstkritik. Unumwunden bekennt er, dass noch längst nicht Ziele der Linken erreicht sind, obwohl durch den Einzug in den Bundestag das Ansehen und die Akzeptanz der Partei Die Linke enorm zugenommen habe. Was nicht heißen soll, dass sie bereits genügend Durchschlagskraft besitze. Nur zu oft komme Kritik von ideologischen Mitstreitern wie von Sympathisanten und internationalen linken Kräften, es fehle eine klare politische Orientierung, die nicht so sehr auf Anbiederung beim Kapital und marktkonformen Politikern aus ist, sondern auf eine eigenständige Alternative zum gegenwärtigen Kapitalismus.

Auf die Frage Stephan Hebels nach den Motiven des Interviewpartners, weshalb er wegen allgemeiner Skepsis gegenüber dem Staat DDR nicht in den Westen abgehauen sei, führt der Politiker und loyale DDR-Bürger lediglich drei Gründe an: Die antifaschistische Ausrichtung der DDR, die nötige Fürsorge für seinen Sohn sowie seine enge Einbindung in die Rechtsorgane der DDR. Weshalb Gregor Gysi dabei die besonders antikapitalistische Ausrichtung der Politik der DDR, das eigentliche „Verbrechen am Kapital“, wie bürgerliche Kreise wiederholt gejammert haben, als persönliche politische Grundhaltung außen vor gelassen hat, möge möglicherweise in seinen Memoiren, die er noch schreiben wolle, an den Tag treten.

Wer will das bestreiten: Der Wunsch, auch den Mittelstand im Westen Deutschlands mit ins Boot zu holen und für linke Politik zu erwärmen, spielte der Spaltung der Linken und deren Abkehr von grundsätzlichen Positionen in die Hände. Man stelle sich vor, aufgrund vieler Unfälle auf den Straßen wolle man die zwingende Straßenverkehrsordnung abschaffen. Auch die wissenschaftliche Weltanschauung der Klassiker des Marxismus-Leninismus biete kein Szenario für gesellschaftliche Unfälle, es sei denn, man fährt blind und lediglich profitgierig durch die Lande. Schließlich hat die Lehre der Klassiker noch nie ein Dogma dargestellt. Und niemals hat jemand behauptet, jegliche Widersprüche im Sozialismus seien mit der Herrschaft des Volkes sozusagen vom Tisch. Im Gegenteil – es seien Zweifel am richtigen Weg, an der Methode des Vorgehens, also demokratische Mitbestimmung haushoch gefragt.

Darin mögen auch die Gründe liegen, dass der anerkannte Politiker die Werte der DDR-Gesellschaft u.a. auf Kinderferienlager und soziale und kulturelle kluge Bedingungen reduziert. DDR-Bürger mit eigenen Erfahrungen würden zum Beispiel die Bemerkung „diktatorischer Sozialstaat“ nicht ohne Widerspruch hinnehmen. Übrigens schade, dass der Autor Stephan Hebel keinen Gedanken daran verschwendet, dass man aus dem Tiefschlaf in Deutschland nur herauskomme, wenn auch die Geschichte und die Existenz der DDR gebührend wissenschaftlich und seriös analysiert würden. Geschichtsaufarbeitung ohne Häme, sondern mit Hochachtung für das Volk der DDR – ohne das gibt es halt keine Zukunft, keinen demokratischen Sozialismus.

Stephan Hebel ist zu danken, im Interview keine noch so widersprüchlichen Aussagen unter den Tisch gekehrt zu haben. Einerseits wird gemeinsam festgestellt, der Profit herrsche über allem, die Linke habe den Vorzug, komplex zu denken, ernster müsse man auch in Europa die soziale Frage nehmen, man solle mehr darüber nachdenken, was der demokratische Sozialismus sein könnte. Natürlich sei die Friedensfrage sehr wichtig. Er, Gregor Gysi, habe das System in der DDR als Ganzes nie in Frage gestellt. Der Kalte Krieg der CDU/CSU gegen die Linke sei nicht mehr zeitgemäß. Die Bundeskanzlerin habe kein Konzept für Europa und für die Weltpolitik. Gysi sei in die Politik gegangen, um gesellschaftliche Veränderungen zu erleben. Es brodelt in der Bevölkerung, man müsse „abwarten und vorbereitet“, gegenüber den USA nicht so hasenfüßig sein.

Das sind Positionslichter. Sie drohen allerdings zu erlöschen, liest man folgende sehr subjektive Äußerungen des Interviewpartners, die nicht jeder nachvollziehen würde, auch ich nicht. Er meint, sich vornehmlich einer Fremdregulierung des Lebens in der DDR zu erinnern. Er sei allergisch gegen politische Ausgrenzung (nachvollziehbar!), gegen Parteiverfahren (die gibt es überall!), gegen bestimmte harte Formen. Das könne allerdings in einer „weniger autoritären Struktur“ auch ein Problem werden. (S.128) Was die Wirtschaft betreffe, so plädiere er für kleinere Konzerne. Es herrsche in der Politik Demokratie (?), in der Wirtschaft aber kaum. Und dann plötzlich dieser Satz von Gregor Gysi: „Wenn die Wirtschaft regiert, ist das auch undemokratisch“. (S. 163) Er wolle eine plurale Partei und wolle nie mehr eine „Einheit und Reinheit der Partei“. (S. 128) Schließlich sein sehr persönliches Bekenntnis auf Seite 12 im Vorwort: „Ein Revolutionär war Gregor Gysi nie, und er macht daraus keinen Hehl.“

Das Letztere war auf Grund der bisherigen Bekenntnisse des Gregor Gysi – ob in den Medien oder in Talk Shows – auch nicht zu erwarten. Insgesamt stellt das Buch „Ausstieg links?“ eine interessante Lektüre dar, wenn nicht sogar ein wichtiges Zeitdokument, die Geschichte der SED/PDS und der Linken und die Leitlinien ihrer ideologischen Ansichten und auch Versäumnisse zu verdeutlichen. Es ist ein Lernbuch über eine Zeit des Umbruchs zur Rückkehr des Kapitalismus auf gesamtdeutschem Boden. (Leider!)

Wenn Autor und Interviewpartner auch sehr links nach vorne denken, sie bleiben beide in der Illusion eines friedlichen Wandels des Kapitalismus hin zu einer sozialistischen Gesellschaft (Transformation) stecken, was desto mehr eine Vereinigung aller linken Kräfte in der BRD geradezu herausfordert. So stellte Patrik Köbele auf dem 21. Parteitag der DKP fest: “Die Existenz einer Linksfraktion im Bundestag sei »gut«. Sie sei dort die einzige Gruppierung, die sich meist noch den Kriegseinsätzen des deutschen Imperialismus beziehungsweise der NATO entgegenstelle. Gleichzeitig gebe es Kräfte bis in den Bundesvorstand und die Fraktion hinein, »die nicht nur schwanken, sondern die sich öfter auf die Seite der Kriegskräfte drängeln wollen«. Die DKP habe keine Patentrezepte, wie der Marsch des Imperialismus in die Barbarei zu stoppen sei. Ohne die Analyse und Beiträge von Kommunistinnen und Kommunisten werde es aber keine erfolgreichen Konzepte geben. (junge Welt vom 16.11.2015)

Der eingangs erwähnte Albtraum? Auch im vereinzelten Wachzustand bleibt alles beim Alten. Geht der Tiefschlaf trotz allem weiter? Die Wende lässt auf sich warten. Noch! (PK)


Stephan Hebel: „Gregor Gysi - Ausstieg links? Eine Bilanz“, Broschiert: 224 Seiten, Verlag: Westend (5. Oktober 2015), ISBN-10: 3864891167, ISBN-13: 978-3864891168, Preis16,99 Euro.

Erstveröffentlichung dieser Rezension in der Neuen Rheinischen Zeitung.


 http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=22286 


Weitere Texte des Rezensenten:

Harry Popow: „Platons Erben in Aufruhr. Rezensionen, Essays, Tagebuch- und Blognotizen, Briefe“, Verlag: epubli GmbH, Berlin, 316 Seiten,
www.epubli.de , ISBN 978-3-7375-3823-7, Preis: 16,28 Euro

Harry Popow: „In die Stille gerettet. Persönliche Lebensbilder.“ Engelsdorfer Verlag, Leipzig, 2010, 308 Seiten, 16 Euro, ISBN 978-3-86268-060-3



Dienstag, 24. November 2015

Egon Krenz zu China


Aus: Ausgabe vom 24.11.2015, Seite 3/ Schwerpunkt


»Die schaffen das«


Moderne Infrastruktur, beachtliches Wirtschaftswachstum: In China wurden Hunderte Millionen Menschen aus der Armut befreit. »Bescheidener Wohlstand« für alle als Ziel. Ein Gespräch mit Egon Krenz


Interview: Frank Schumann

Egon Krenz, ehemaliger Staatsratsvorsitzender der DDR, kehrte dieser Tage von einer dreiwöchigen Reise aus China zurück. Es war sein dritter Besuch in der Volksrepublik

China baut Windpark in Argentinien

Argentinien und China haben einem Medienbericht zufolge den Bau eines neuen Windparks im Süden des lateinamerikanischen Landes mit Investitionen von insgesamt 435 Millionen Dollar (407 Millionen Euro) vereinbart. Binnen 18 Monaten sollen demnach in der Nähe der Stadt Gastre etwa 1.300 Kilometer südwestlich von Buenos Aires Windkraftanlagen mit einer Leistung von insgesamt 200 Megawatt aufgestellt werden, berichtete die Zeitung El Chubut am Samstag unter Berufung auf den Gouverneur der Provinz Chubut, Martín Buzzi. Für die Finanzierung sorgten chinesische Banken, hieß es. Der Windpark El Angelito würde damit zum größten Argentiniens. Die Region Patagónica, zu der Chubut gehört, ist von kräftigen und stetigen Winden geprägt. Sie ist allerdings nur dünn besiedelt und liegt weitab der großen Städte. Argentinien setzt bisher kaum auf die Nutzung erneuerbarer Energiequellen. So beträgt die insgesamt installierte Windkraft 187 Megawatt. Das entspricht einem Anteil von 0,6 Prozent an der Stromerzeugung. (dpa/jW)
Sie waren gerade zu Besuch in China. Ist die Bezeichnung Dienstreise zutreffend?
Wenn dies das Gegenteil einer Erholungs- und Ausflugsreise meint: dann ja. Ich war Gast mehrerer wissenschaftlicher Einrichtungen der Volksrepublik, die sich für meine Sicht auf die Ursachen für das Ende der DDR interessierten. Es war die Weiterführung eines Dialogs von 2011, als die Chinesische Akademie für Gesellschaftswissenschaften eine Konferenz über die Lehren aus der Zerschlagung der Sowjetunion für China veranstaltete.

Sie waren 1989 zum ersten Mal dort. Hat sich das Land seither sehr verändert, politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich?

Das kann man wohl sagen. Bewundernswert, was das Milliardenvolk erreicht hat. In den letzten Jahrzehnten wurde ein neues, ein zweites China aufgebaut. Allein 2014 trug die Volksrepublik einen Anteil von über zwölf Prozent zur globalen Wirtschaftsleistung bei, investierte 140 Milliarden US-Dollar im Ausland und importierte Waren und Güter im Wert von zwei Billionen US-Dollar, wie ich erfuhr. Das Land ist heute zweite Wirtschaftsmacht der Welt. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann die USA entthront werden.

Woran machen Sie das fest?

Zwei Beispiele: Ich besuchte das »Nationale Supercomputerzentrum« in Changsha. Dort sah ich den vermutlich leistungsstärksten Rechner der Welt, der in einer Sekunde über 1.372.000.000.000.000 Operationen ausführt. Ich fuhr mit der Bahn: China hat sich in großen Teilen des Landes eine moderne Infrastruktur geschaffen, die der europäischen überlegen ist. Auf über 18.000 Kilometern verkehren Hochgeschwindigkeitszüge mit bis zu 400 Stundenkilometern. Wer über solche wissenschaftlich-technischen Kapazitäten und vor allem über Menschen mit außergewöhnlicher Motivation verfügt, der liegt im friedlichen Wettbewerb vorn.

Aber was ist der Preis für diesen rasanten Fortschritt? Es heißt, dass die Gesellschaft überaltert, die Umwelt extrem leidet, die Armut zunimmt …

Mir ist das zu undifferenziert. Während meines Aufenthaltes im Lande fand die 5. Plenartagung des XVIII. Parteitages der KP Chinas statt. Hierzulande wurde vor allem darüber berichtet, dass China die Einkindpolitik aufgegeben habe. Nicht unwichtig, gewiss. Wichtiger jedoch war der Fünfjahresplan bis 2020, was in Deutschland aber kaum eine Rolle spielte. Die chinesische Führung beschloss, das Entwicklungstempo der Volkswirtschaft auf 6,5 Prozent festzulegen. Angesichts der weltwirtschaftlichen Entwicklung ein beachtliches Wachstum. Dennoch nörgelten manche Kommentatoren in Europa. Sie behaupteten, Chinas Wirtschaft stottere, sie lahme, stecke in der Krise. Und ignorierten, dass es sich dabei um eine gewolltes, begründetes, also geplantes Ziel handelt. Aber was heißt Reduzierung? Das sind Zuwachsraten, von denen der Rest der Welt träumt – und mit denen die Umweltbedingungen erheblich verbessert und der Lebensstandard erhöht werden kann. Bis 2020 soll für alle Chinesen ein »bescheidener Wohlstand« erreicht werden, wie es heißt.

Wie realistisch sind solche Prognosen? Ist das nicht reine Propaganda?

Ich bin davon überzeugt, dass die Chinesen dies schaffen werden. China hatte schon 2013 als erstes Land alle sieben Entwicklungsziele der Millenniumsdeklaration der UNO erreicht: die Halbierung der Zahl der Hunger leidenden Menschen, die Gewährleistung allgemeiner Elementarbildung, die Beseitigung von Geschlechterdiskriminierung in der Grund- und Mittelschule, die Reduzierung der Sterblichkeit von Kindern im Alter von unter fünf Jahren, die Bekämpfung von Seuchen wie Tuberkulose und Malaria, eine geregelte Trinkwasserversorgung und die Bereitstellung von grundlegenden Einrichtungen für Hygiene und Umweltschutz. China erzielte bei der Herstellung der Vollbeschäftigung große Fortschritte. Als die Volksrepublik 1949 gegründet wurde, war China eines der ärmsten Länder der Erde. Damals lag die Lebenserwartung bei etwa 35 Jahren. Heute liegt sie bei über 70 Jahren.

Die oft gestellte Frage in linken Kreisen lautet: Ist das noch Sozialismus, was die Chinesen machen?

Diese Frage habe auch ich mit Jugendlichen und älteren Kommunisten in Peking und Shanghai, mit Studenten und Wissenschaftlern an der Universität Hunan, mit Lehrern an der Parteihochschule und mit Akademikern diskutiert. Ich teile den chinesischen Standpunkt, dass Sozialismus ohne eine starke Wirtschaft nicht möglich ist. Die Niederlage des europäischen Sozialismus beweist das. China hat daraus Schlüsse gezogen. Es betrachtet sich als sozialistisches Land mit chinesischer Prägung. Die Chinesen sagen aber nicht: Wir haben schon den Sozialismus. Sondern: Wir wollen ihn aufbauen! Sie sehen ihr Land in der Anfangsphase des Sozialismus.

Aktuell werden zwei wichtige Ziele anvisiert: zum hundertjährigen Bestehen der KP Chinas im Jahr 2021 eine Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand zu schaffen und zum hundertjährigen Bestehen der VR China 2049 ein wohlhabendes, mächtiges, demokratisches, zivilisiertes und harmonisches modernes sozialistisches Land zu sein.

Selbst wenn historische Vergleiche hinken können, sehe ich in der Langfristigkeit der angesteuerten Ziele Parallelen zur These Walter Ulbrichts, dass der Sozialismus eine relativ selbständige Gesellschaftsformation sei. Ich glaube, dass es in Deutschland und besonders auch bei den Linken zu wenige konkrete, sachbezogene Kenntnisse über die tatsächlichen Verhältnisse in China gibt.

Gestatten Sie mir meine Zweifel, ob es möglich sein wird, den kapitalistischen Geist wieder in die Flasche zu bannen, wenn er erst einmal herausgelassen wurde.

In der Stadt Hangzhou hatte ich Gelegenheit, mit Unternehmern zu diskutieren. Darunter war auch ein Mitglied einer der acht existierenden demokratischen Parteien. Sie sagten, dass der Staat ihnen den Rahmen vorgibt. Die Wirtschaft ist dem Erreichen der sozialistischen Ziele verpflichtet. Gleichwohl ist der chinesischen Staats- und Parteiführung bewusst, dass noch große Unterschiede zwischen Arm und Reich und auch zwischen den entwickelten Regionen im Osten und den weniger entwickelten im Innern des Landes bestehen. Es gehört zu den Hauptaufgaben, den Abstand zwischen Arm und Reich zu verringern. Der Wohlstand des Volkes sei das Ziel allen Handelns von Partei und Staat. Die Kommunistische Partei führt einen konsequenten Kampf gegen Korruption. Ohne Ansehen der Person – bis ins Politbüro hinein.

Mag ja sein … Aber trösten wir uns damit, dass für die Konservativen hier in Europa China bereits kommunistisch ist, schließlich seien die Menschenrechte eingeschränkt.

Nach meinem Verständnis hat es noch nirgendwo auf der Welt einen Staat gegeben, in dem der Kommunismus geherrscht hat. Im Kampf um die Menschenrechte hat China Fortschritte gemacht. Vor allem beim ersten Menschenrecht, dem Recht auf Leben. In den letzten Jahren wurden etwa 600 Millionen Menschen aus der Armut befreit. Das ist beispiellos in der Weltgeschichte. Der hochmütige Blick mancher deutscher Politiker auf China ist völlig fehl am Platze.

Spielte in Ihren Gesprächen auch deutsche Politik eine Rolle? Gibt es noch irgendwelche Bezüge zur DDR?

Die DDR ist Geschichte. Man behandelt sie korrekt. So, wie sie tatsächlich war, und nicht, wie ihre Gegner sie sehen und verdammen. Die Gegenwart ist die Bundesrepublik Deutschland, mit der man gute Beziehungen auf der Grundlage der friedlichen Koexistenz haben möchte. In den Medien wurde ausführlich über den Besuch von Angela Merkel berichtet. Die Bundeskanzlerin war zum achten Mal in China, öfter als all ihre europäischen Amtskollegen zusammen. Das wird in China aufmerksam registriert und auch geschätzt. Auch bei diesem zweitägigen Besuch Ende Oktober wurden wieder milliardenschwere Verträge unterzeichnet. Man kann also durchaus von einer gegenseitigen Abhängigkeit sprechen. Ich finde diese Beziehungen zeitgemäß.

Wie beurteilen die Chinesen die gegenwärtige Lage in der Welt?

Ich war im Lande, als die USA mit einem Zerstörer in chinesische Territorialgewässer eindrangen. Chinesische Militärs bezeichneten das Vorgehen der USA als provokant. Sie warnten, dass »selbst ein unwesentlicher Zwischenfall einen Krieg auslösen könnte«. Die USA versuchen, den wachsenden Einfluss Chinas in der Welt mit allen Mitteln einzudämmen.

Die chinesische Seite antwortet mit ihrer Strategie der Stärkung des Landes und der internationalen Kooperation. Eine wichtige Rolle in Chinas Außenpolitik spielen die BRICS-Staaten, also neben China Brasilien, Russland, Indien und Südafrika – das sind insgesamt immerhin 30 Prozent des Weltterritoriums und 42 Prozent der Weltbevölkerung.

Die Zusammenarbeit mit der Russischen Föderation versteht China als ein strategisches Bündnis. Vor einigen Tagen fand in Peking eine Konferenz zum Thema »Seidenstraße und gemeinsamer Aufbau« statt. Ich traf einige Konferenzteilnehmer. Sie diskutierten, was zu tun ist, um die alte Seidenstraße, die schon vor 2.100 Jahren eine große Rolle spielte, zu reanimieren. Das war ein Netz von Handelswegen auf dem Lande zwischen China und Europa. Nun sollen Asien und Europa erneut verbunden werden, auf technisch hohem Niveau. Das und vieles mehr sind bedeutende Schritte hin zu dem Ziel, eine multipolare Weltordnung zu schaffen, die nicht dem Diktat der USA unterliegt.



Samstag, 21. November 2015

Wer den Terror für sich nutzt

Die Anschläge von Paris — Wie Europas Poli­tik den Ter­ror für sich nutzt

Geschrieben von Ernst Wolff, Veröf­fentlicht: 21. Novem­ber 2015 
Seit den Ereignis­sen von Paris arbeitet die poli­tis­che Elite in Europa im Hochleis­tungsmodus. Nicht, dass sie etwa innehal­ten und sich Zeit nehmen würde, um über die Hin­ter­gründe der Ter­ro­ran­schläge nachzu­denken, ihre Ursachen zu analysieren oder gar eine Strate­gie zu entwick­eln, um weit­eren Anschlä­gen auf die eigene Bevölkerung durch eine Deeskala­tion vorzubeu­gen.

Nein, ganz im Gegen­teil: Frankre­ich bom­bardiert den sou­verä­nen Staat Syrien mit noch größerer Inten­sität und setzt auch im Lan­desin­neren auf schär­fere Gesetze und die Ausweitung staatlicher Gewalt. Die Regierun­gen der übri­gen Eurolän­der haben keine Sekunde gezögert, dieser Strate­gie blind zu fol­gen, eben­falls demokratis­che Rechte einzuschränken und die Aufrüs­tung von Mil­itär und Polizei anzukündi­gen.

Die Folge: Der Ter­ror­is­mus wird nicht eingedämmt, son­dern nach Kräften gefördert. Die Gegen­seite wird zu noch schlim­merer Gewalt provoziert, es wer­den in Zukunft weit­ere unschuldige Opfer ster­ben. Warum aber han­deln die Regierun­gen auf eine der­art unver­ant­wortliche Art und Weise? Dafür gibt es eine Reihe von Gründen:

Durch die Bekämp­fung eines äußeren Fein­des lässt sich gut von der eige­nen Ver­ant­wor­tung für die beste­hen­den Ver­hält­nisse ablenken. Europa befindet sich seit 2008 in immer größeren wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten, die derzeit durch die Flüchtlingskrise, die weltweite Rezes­sion und die Rück­kehr der Eurokrise ver­schärft wer­den. Keines der seit 2008 beste­hen­den Prob­leme (u.a. die Eindäm­mung der Speku­la­tion, die Reg­ulierung der Finanzmärkte oder die Ver­ringerung der Jugen­dar­beit­slosigkeit) ist gelöst oder auch nur ern­sthaft in Angriff genom­men wor­den. In dieser Sit­u­a­tion kommt der Poli­tik der Kampf gegen den islamistis­chen Ter­ror radikal und mil­i­tan­ter fun­da­men­tal­is­tis­cher Aus­prä­gung als Ablenkungs­man­över sehr gele­gen.

Außer­dem dienen die Maß­nah­men gegen den IS der Vor­bere­itung auf größere soziale Kon­flikte im Inneren. Ins­beson­dere Frankre­ich steht wegen der Eurokrise unter zunehmen­dem wirtschaftlichem Druck. Um seine Konkur­ren­zfähigkeit am Welt­markt zu erhöhen, muss das Land dem­nächst Sozialleis­tun­gen ein­schränken, Arbeits­ge­setze ändern und Löhne senken (In Deutsch­land bere­its durch die Agenda 2010 geschehen). All diese Maß­nah­men wer­den wegen der schon beste­hen­den sozialen Ungle­ich­heit im Lande erhe­blichen sozialen Wider­stand her­vor­rufen, der dann unter Zuhil­fe­nahme der jetzt beschlosse­nen Ein­schränkun­gen des Ver­samm­lungsrechts, der erweit­erten Überwachung des Inter­nets und der Ausweitung polizeilicher und mil­itärischer Befug­nisse unter­drückt wer­den kann.

Auch die übri­gen Län­der der Euro­zone ste­hen vor gewalti­gen sozialen Prob­le­men: Die jüng­sten Massendemon­stra­tio­nen in Griechen­land sind nur der Auf­takt. Die Erle­ichterung von Zwangsräu­mungen, die weit­ere Kürzung der Renten und Sozialleis­tun­gen, sowie erneute Steuer­erhöhun­gen wer­den in den kom­menden Monaten zu noch größeren und heftigeren Protesten führen und kön­nen als Vor­boten auf die Entwick­lung in den anderen südlichen Län­dern der Euro­zone gese­hen wer­den.

Zudem erzeugt die Poli­tik derzeit in Gemein­schaft mit den Main­streamme­dien ganz bewusst ein Klima der Hys­terie und schafft mit dem IS einen Sün­den­bock, der ihr hilft, die Wut und die Verzwei­flung bil­dungs­ferner Schichten in der Bevölkerung zu kanal­isieren. Viele Men­schen sind nicht in der Lage, poli­tis­che oder wirtschaftliche Zusam­men­hänge zu durch­schauen und schon gar nicht fähig, kri­tisch zu dif­feren­zieren. Da sie aber am eige­nen Leib spüren, wie es sich anfühlt, zu den Ver­lier­ern unserer Gesellschaft zählen, greifen sie gern auf grif­fige Konzepte zurück und ver­men­gen diese mit einem – durch die eigene soziale Benachteili­gung erzeugten – Frem­den­hass.

Die Manip­u­la­tion durch Poli­tik und Medien sorgt dafür, dass sich die Wut dieser Men­schen nicht gegen die eigentlichen Verur­sacher ihrer Mis­ere – die Poli­tik und die Finanzin­dus­trie – richtet, son­dern gegen das fremde „Böse“. Dadurch entsteht aber auch ein gesellschaftliches Klima, das nation­al­is­tis­che und recht­sex­treme Organ­i­sa­tio­nen begün­stigt und poli­tis­chen Brand­s­tiftern den Weg bere­itet. (Ein Beispiel: Marine Le Pen, Vor­sitzende des recht­sradikalen franzö­sis­chen Front National (FN), sagte nach den Atten­taten von Paris, Frankre­ich müsse sich wieder bewaffnen, seine Gren­zen per­ma­nent kon­trol­lieren, Mus­li­men den Pass entziehen, und den radikalen Islam „aus­löschen“.)

Schließlich wer­den die Ter­ro­ran­schläge von den Regierun­gen auch noch dazu benutzt, um schwindende Wirtschafts– und Finanz­macht durch mil­itärische Stärke wettzu­machen. Ziel ist es, sich angesichts der weltweiten Rezes­sion für den Kampf um Ressourcen und die Beset­zung geostrate­gis­cher Posi­tio­nen in Stel­lung zu brin­gen. Frankre­ich hat bere­its zwei Tage nach den Anschlä­gen ver­stärkt Luftan­griffe gegen den IS in Syrien geflo­gen.

Deutsch­land, das Ende der Neun­ziger Jahre im ehe­ma­li­gen Jugoslaw­ien zum ersten Mal seit dem Fall des Drit­ten Reiches an einem Krieg teilgenom­men hat, ist seit einiger Zeit bemüht, das Mit­tel des Krieges – das wegen der his­torischen Erfahrun­gen der Bevölkerung lange Zeit ver­pönt war – wieder salon­fähig zu machen. Hier­bei dient der IS als willkommener Vor­wand für die Aufrüs­tung der Bun­deswehr, die sich anschließend auch gegen ganz andere Ziele als den „islamistis­chen“ Ter­ror wen­den kann.

Von welcher Seite man es auch betra­chtet: Keine einzige der Maß­nah­men, die derzeit ergrif­fen wer­den, wird die Ter­rorge­fahr ver­ringern. Die meis­ten wer­den aber den Ter­ror nicht nur begün­sti­gen, son­dern auch in den bevorste­hen­den sozialen Auseinan­der­set­zun­gen ver­heerende Fol­gen für große Teile der Gesellschaft haben und darüber hin­aus dafür sor­gen, dass eine friedliche Welt in noch weit­ere Ferne rückt.



Mittwoch, 18. November 2015

Neuauflage des 11.09.?

Mail an User J.:

Lieber J., ich glaube, die Anschläge zwingen doch recht viele zum Nachdenken. Aber wohin gehen die Gedanken und Schlüsse? Viele ziehen sich noch mehr zurück. Augen zu, leben und leben lassen. Wie sich doch die Geschichte wiederholt - vor den großen Kriegen und heute. Ich denke, alles ist eine Fortsetzung des 11.09. Der groß ausufernde Kampf gegen den hochgepäppelten Terrorismus ist die Einfädelung des Kampfes gegen alles, was nach Weltveränderung und Einschränkung der Macht des Kapitals ruft. Bis zum "endgültigen Sieg" über die Mächte "des Ostens", des Bösen, wie die verdammten Schufte da ganz oben stets behaupten, wenn auch Putin plötzlich ein Gesprächspartner wieder ist, nachdem er gezeigt hat, dass die Russen militärisch durchaus wieder mitzureden haben.

Nebenbei: Zur Zeit arbeite ich an einer Rezension zu Gysis Buch "Ausstieg links? Eine Bilanz". Hut ab vor Gregor, aber nur die Hälfte des Hutes für den schlauen Kopf.
Gruß von Harry


Montag, 16. November 2015

Glückwunsch für Patrik Köbele

DKP_Glückwunsch


»Es brennt«

Im Zentrum des 21. DKP-Parteitags: Die nach den Attentaten in Paris ­erhöhte Kriegsgefahr, der Rechtsruck und die Schwäche der Arbeiterbewegung

Von Arnold Schölzel, Frankfurt am Main

Starker Rückhalt für den Parteivorstand: Abstimmung im Versammlungssaal

KP Kuba an DKP-Parteitag


(…) Die Ideen (…) des Marxismus-Leninismus zeigen ihre unwiderlegbare Aktualität und Gültigkeit in einer Zeit, in der der weltweite Kapitalismus unter einer Krise strukturellen Charakters leidet. Die Menschheit sieht sich den größten Herausforderungen und Gefahren ihrer Geschichte gegenüber: der beschleunigten Zerstörung der Umwelt (…) sowie den imperialistischen Raubkriegen, die als politische Doktrin und als Versuch einer Neuverteilung der Reichtümer der dritten Welt zugunsten einer Handvoll transnationaler Konzerne durchgesetzt werden.

Kuba seinerseits tritt in eine neue Etappe seines sozialistischen Aufbaus ein. Heute ernten wir die ersten Ergebnisse des Prozesses der Aktualisierung des Wirtschaftsmodells, den wir entworfen haben, um aus unserem System eine wohlhabende und nachhaltige Bastion sozialer Gerechtigkeit zu machen. (…)

Die Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen mit den Vereinigten Staaten kommt zu den wichtigen Veränderungen hinzu, denen sich unser Land gegenübersieht. Wir wissen, dass dieser Fakt für sich nicht das Ende der Auseinandersetzung zwischen Kuba und dieser imperialistischen Macht bedeutet, obwohl er einen positiven Schritt darstellt, der die bilateralen Spannungen mildert.

Liebe Genossen, solange die verbrecherische nordamerikanische Blockade gegen Kuba existiert, solange das illegal besetzte Territorium der Marinebasis Guantánamo nicht zurückgegeben wird, solange die von der nordamerikanischen Regierung finanzierten und gelenkten subversiven Programme gegen unser Volk nicht beendet werden und solange unser Volk nicht für die riesigen Schäden entschädigt wird, die 50 Jahre aggressive Politik angerichtet haben, können wir nicht von einer Normalisierung der Beziehungen zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten sprechen.


Am Samstag abend wählten die 171 Delegierten des 21. DKP-Parteitages in Frankfurt am Main mit großer Mehrheit die bisherige Parteiführung erneut ins Amt: Der Vorsitzende Patrik Köbele erhielt 131 Stimmen, seine beiden Stellvertreter Wera Richter und Hans-Peter Brenner 159 beziehungsweise 119 Stimmen. Der Leitantrag des Parteivorstandes wurde am Sonntag mit 39 Gegenstimmen angenommen.

Das Resultat spiegelte den Verlauf der Tagung wider. Meinungsverschiedenheiten zwischen Mehrheit und Minderheit wurden klar benannt, zumeist in einem um Gemeinsamkeit bemühten Ton. Das traf etwa auf den Beitrag von Uwe Fritsch zu, der sich im Namen von fünf Mitgliedern des Parteivorstands gegen den dort mehrheitlich verabschiedeten Entwurf des Leitantrags an den Parteitag wandte. Emotionale Stellungnahmen aus den Bezirksverbänden Saarland und Rheinland-Pfalz gab es kurz zur Frage, ob sich die Partei als marxistisch-leninistisch bezeichnen solle. Köbele hatte in seinem Referat erklärt, dabei gehe es nicht um Worte, sondern »um die ideologischen Grundlagen« der DKP. Ein Antrag auf Streichung der Bezeichnung im Leitantrag wurde gegen 35 Stimmen abgelehnt. Der frühere DKP-Vorsitzende Heinz Stehr wies in der Debatte darauf hin, dass die westdeutschen Kommunisten nach dem KPD-Verbot 1956 auch aus juristischen Gründen bewusst auf den Terminus verzichtet hätten.

Beherrschende Themen der Tagung waren jedoch die erneut erhöhte Kriegsgefahr, die Rechtsentwicklung in der Bundesrepublik sowie die Situation von Arbeiterbewegung und der DKP. Wera Richter und Patrik Köbele hatten zu Beginn die Attentate in Paris verurteilt, zugleich aber auf die eigentlichen Verursacher von Terror, die Kriege des Westens, hingewiesen. Köbele leitete sein Referat mit den Worten »Es brennt« ein. Es brenne nicht nur wegen imperialistischer Aggressionen in Syrien oder im Irak, sondern buchstäblich auch in der Bundesrepublik täglich in Flüchtlingsunterkünften. Es brenne, wenn die AfD es schaffe, nach Pegida in Dresden Tausende zu einer Demonstration nach Berlin zu bringen. Es brenne, wenn Plakate für »das Mordhandwerk der Bundeswehr« mit Parolen wie »Krisenherde löschst du nicht mit Abwarten und Teetrinken – mach, was wirklich zählt« verbrecherisch werben.

Ähnlich erklärte die Linke-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen in einem Grußwort, Terror könne nur bekämpft werden, wenn »der eigene Staatsterrorismus« beendet werde. Wo bleibe die Empörung bei der Ermordung ganzer Familien etwa im Jemen durch von westlichen Ländern gesteuerte Drohnen? Sie bezeichnete die deutsche Politik zur Terrorabwehr als ebenso »menschenverachtend« wie die zur Flüchtlingsabwehr.

Köbele wandte sich dagegen, den deutschen Imperialismus als »friedlich« einzustufen. Der Krieg in Jugoslawien sei dessen Kür, der Afghanistan-Krieg die Pflicht gewesen. In der Ukraine habe er sich mit den USA beim aggressivsten Part abgewechselt. Er warnte zugleich davor, sich über das kapitalistische Russland Illusionen zu machen. Die NATO-Osterweiterung sei aber »der Angriff starker, führender imperialistischer Staaten auf schwächere Konkurrenten«. Das sei »eine der Hauptgefahren für den Frieden« und Hintergrund für »eine derzeitige Identität der russischen Interessen mit denen der Friedenskräfte«.

Zu Auseinandersetzungen in der deutschen Friedensbewegung erklärte der DKP-Vorsitzende, es gehe »um breitestmögliche Bündnisse bis hin ins konservative Lager«. Ein Bruchpunkt sei aber, »wenn der Friedenswille von Menschen instrumentalisiert wird, um im innerimperialistischen Konkurrenzkampf die Interessen des deutschen Imperialismus zu verteidigen«. Deshalb könne es für die DKP »keine Gemeinsamkeiten mit Kräften um (Jürgen, jW) Elsässer und sein Magazin Compact, mit Nationalisten und Rassisten und auch nicht mit Kräften, die bewusst zu solchen Kräften hin aufmachen, geben«.

Der Redner konstatierte, die deutsche Arbeiterbewegung sei auf Krieg, Rechtsentwicklung und gesteigerte Ausbeutung »schlecht vorbereitet«. Zwischen der Schwäche der Gewerkschaften und der der Linken, sowohl der reformistischen wie der revolutionären, bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang. Die Existenz einer Linksfraktion im Bundestag sei »gut«. Sie sei dort die einzige Gruppierung, »die sich meist noch den Kriegseinsätzen des deutschen Imperialismus beziehungsweise der NATO entgegenstelle«. Gleichzeitig gebe es Kräfte bis in den Bundesvorstand und die Fraktion hinein, »die nicht nur schwanken, sondern die sich öfter auf die Seite der Kriegskräfte drängeln wollen«. Die DKP habe keine Patentrezepte, wie der Marsch des Imperialismus in die Barbarei zu stoppen sei. Ohne die Analyse und Beiträge von Kommunistinnen und Kommunisten werde es aber keine erfolgreichen Konzepte geben.



Sonntag, 15. November 2015

Die Monstrum-Züchter

Die Züchter des Monstrums „IS“
Textauszug
(...)
Klar ist es noch nicht in die Köpfe der Mehrheit der Bevölkerung vorge­drun­gen, dass der “Islamis­che Staat” eine Schöp­fung der west­lichen Wertege­mein­schaft ist, aber es ist doch weitaus bekan­nter als es etwa am 9.11.201 war, dass “Al-​Qaida” ein Label für verdeckte ter­ror­is­tis­che Oper­a­tio­nen (unter falscher Flagge) der Geheim­di­en­ste der “west­lichen Wertege­mein­schaft” darstellte und darstellt.

Aber heute ist das anders. Nur Blö­di­ane, die außer SPIEGEL, BILD und NATO-​TV keine Nachricht­en­quellen ein­se­hen, kön­nen noch glauben, dass der “Islamis­che Staat” eine Ter­ror­is­tenor­gan­i­sa­tion ist, die aus eigener Kraft sich Geld, Muni­tion, mod­ern­ste Waf­fen und Fahrzeuge sowie “Frei­willige” (“gläu­bige Mus­lims”) aus aller Her­ren Län­der beschafft hat.

Aber in so gut wie allen namhaften alter­na­tiven Online-​Medien ist es klar und pfeifen es die Spatzen von den Däch­ern, was die wahre Natur des “Islamis­chen Staates” ist. Die Spin Dok­toren gehen also ein hohes Risiko ein. Der Schuß kann nach hin­ten los­ge­hen. Und dafür soll­ten wir alle sorgen.

Denn die wirk­lichen Ver­an­wortlichen für das Mas­saker in Paris sind diejeni­gen, die das Mon­strum “Islamis­cher Staat” gezüchtet haben und es jetzt ret­ten wollen. Der “Islamis­che Staat” muss zer­schla­gen wer­den, aber nicht aus­gerech­net von den­jeni­gen, die nicht nur kein Inter­esse an seiner Ver­nich­tung haben, son­dern im Gegen­teil zu seinen Schöpfern zählen.

Das also ist nach meiner Ein­schätzung der reale Hin­ter­grund dieses grauen­haften Mas­sak­ers von Paris.




Samstag, 14. November 2015

Die Dirigenten der Angst

Die, die Angst schüren...

Danke, Uli Gellermann, für diese wieder vortreffliche Kanonade gegen die offensichtlich eigentlichen Urheber dieser Pariser Katastrophe. Das Schüren von Angst folgt einem Dirigenten, der auf dem Narrenschiff dieser Welt das große Sagen haben will, der schließlich drauf und dran ist, den Völkern im Namen der „Menschenrechte“ mit Hilfe der Medienkanonen Fortschrittsideen aus den Köpfen zu trommeln, sie fit zu machen für die „Eroberung Europas“, ökonomisch und zunehmend militärisch, wie Wolfgang Bittner in seinem Sachbuch feststellt. Und die angeblich auf der Kommandobrücke (sprich in Regierungen und Parlamenten) „demokratisch“ mitbestimmen sollen und wollen, quasseln von „bedauerlichen“ Menschenopfern, von schlimmen Zuständen und von mehr Polizeipräsenz. Von der endgültigen Entfernung der im Bündnis miteinander stehenden zahlreichen Draht ziehenden Dirigenten kein Wort... Wie auch, das wäre Selbstmord für´s kapitalistische System.

Harry Popow

Terror in Paris

Entnommen: http://www.rationalgalerie.de/home/paris-die-gewalt-trifft-die-zentren.html

Paris: Die Gewalt trifft die Zentren

Der Krieg ist längst verloren



Autor: U. Gellermann
Datum: 14. November 2015


Vierzehn Jahre sind wie ein Tag – als wäre es gestern, so präsent ist der 11. September 2001. Damals war es New York. Heute ist es Paris. Zwischen den Daten: Gewalt. Es sind so viele Kriege. Kaum aufzuzählen. Die in Afghanistan, im Irak, in Libyen, Syrien, Mali, Jemen und anderswo. Überwölbt alle vom "Krieg gegen den Terror". Als würde die nächste Drohne die letzte sein können.

Die Gewalt kommt scheinbar von den Rändern. Den Rändern der westlichen Welt. Dort, wo der Westen damals die Welt aufteilte. Dort, wo der Westen seine Rohstoffe mit Gewalt nimmt, seine Billigstlöhner, seine Hilfstruppen. Die Gewalt kommt von den Rändern. Aus den Vorstädten, den Unterklasse-Quartieren, vom sozialen Rand. Dort, wo die Gewalt der Herrschaft die Köpfe verkrüppelt. So oder so.

Für die einen die Dauer-Party: Festmeilen, Perma-Diskos, Zuschauer-Orgien. Unterhaltung auf allen Kanälen. Für die anderen das Abseits: Die Gewalt der Herrschaft, die Brutalität der Ausgrenzung, die Diktatur des Geldes. Die sittsame Alternative, die alte Arbeiterbewegung, ist kaum präsent. Manchmal Komplize bei der Ausbeutung, manchmal nur Zuschauer, selten auf der Straße gegen den Krieg.

Unbewaffnete Gewalt an den Grenzen der Reichen-Refugien: Flüchtlinge, Bittsteller überwältigen unblutig die Hürden zu den gelobten Ländern, in die Zentren, bewältigen die langen, manchmal tödlichen Wege dahin, wo ihre Ressourcen schon lange sind. Bewaffnete Gewalt – irrationaler Reflex auf die irrationale Gewaltherrschaft der Wenigen über die Vielen – verheert die ohnehin verheerten Länder der Ränder, drängt mit Anschlägen in die Zentren.

Noch sind die Anschläge in Paris Nachrichten. Schon werden sie zu Kampfansagen, zu Racheschwüren. Als wäre der Krieg mit Krieg zu bekämpfen. Doch der Krieg ist längst verloren. Ein Frieden wäre zu gewinnen
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