Mittwoch, 30. September 2015

Putins große Rede



Putins große Rede vor der UN-Vollversammlung


Tageszeitung junge Welt

Aus: Ausgabe vom 30.09.2015, Seite 12 / Thema

»Für weltweite Antiterrorkoalition«

Die Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin vom 28. September 2015 vor der UNO

Putin: »Prinzipien, an denen die UNO ihre Arbeit orientieren sollte: guter Wille, Verachtung für Intrigen und Hinterlist sowie ein Geist der Zusammenarbeit. Diese Worte klingen heute wie eine Botschaft an uns alle«

Vor zehn Jahren sprach Wladimir Putin das letzte Mal vor der UN-Vollversammlung. Am 28. September nun der insgesamt vierte Auftritt des russischen Präsidenten im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York. jW veröffentlicht die komplette Rede. (jW)

Das 70jährige Jubiläum der UNO ist ein guter Anlass, um einen Blick zurück in die Geschichte zu werfen und über unsere gemeinsame Zukunft zu sprechen. Im Jahr 1945 haben die Länder, die den Nazismus zerschlagen hatten, ihre Kräfte vereint, um feste Grundlagen der Nachkriegsordnung zu schaffen.

Ich erinnere daran, dass Schlüsselentscheidungen über die Prinzipien des Zusammenwirkens der Staaten und die Entscheidung über die Bildung der Vereinten Nationen selbst in unserem Land, auf der Konferenz der Führer der Antihitlerkoalition von Jalta (Anfang Februar 1945, jW), getroffen wurden. Das System von Jalta war mit den Leiden und dem Leben von Dutzenden Millionen Menschen erkauft, es war die Folgerung aus zwei Weltkriegen, die im 20. Jahrhundert über den Planeten hinweggezogen sind. Wenn wir objektiv sind, müssen wir feststellen, dass dieses System es der Menschheit in den letzten Jahrzehnten ermöglicht hat, stürmische, manchmal dramatische Ereignisse zu durchleben, dass es die Welt vor gewaltigen Erschütterungen bewahrt hat.


»Autorität der UNO in Frage zu stellen ist äußerst gefährlich«

Die UNO ist eine Struktur, der an Legitimität, Repräsentativität und Universalität nichts gleichkommt. Ja, ihr gegenüber wird in letzter Zeit viel Kritik geäußert. Angeblich sei sie ineffizient, und die Fassung prinzipieller Beschlüsse scheitere an unüberwindlichen Widersprüchen vor allem zwischen den Mitgliedern des Weltsicherheitsrats.

Ich möchte jedoch festhalten, dass es während der gesamten 70jährigen Geschichte der UNO Meinungsverschiedenheiten gegeben hat. Das Vetorecht ist immer in Anspruch genommen worden: von den USA, von Großbritannien, von Frankreich und China und auch von der Sowjetunion und später Russland. Das ist völlig normal für eine so repräsentative und vielschichtige Organisation. Auch bei der Gründung der UNO hat niemand angenommen, dass in ihr ständig Einstimmigkeit herrschen werde. Das Wesen dieser Organisation besteht gerade darin, Kompromisse zu suchen und herauszuarbeiten, und ihre Stärke darin, verschiedene Meinungen und Sichtweisen zu berücksichtigen.

Die im Rahmen der UNO beratenen Lösungen werden entweder in die Form gemeinsamer Resolutionen gegossen oder eben nicht. Wie Diplomaten sagen: Sie gehen durch, oder sie gehen nicht durch. Alle Versuche jedweden Staates, an dieser Ordnung vorbei zu handeln, sind illegitim und widersprechen der Satzung der UNO und dem modernen Völkerrecht.

Wir alle wissen, dass nach dem Ende des Kalten Krieges in der Welt ein einziges dominierendes Zentrum entstanden ist. Auf dieser Grundlage entstand bei denen, die am Gipfel dieser Machtpyramide stehen, die Versuchung zu glauben, dass sie, wenn sie schon so stark und exklusiv sind, auch am besten wüssten, was zu tun ist. Daraus folgte die Auffassung, es sei nicht nötig, die UNO zu berücksichtigen, weil sie, anstatt die »nötige« Entscheidung automatisch abzusegnen und zu legitimieren, nur störe und, wie man bei uns sagt, »vor sich hin stolpere«. Es wurde die Parole ausgegeben, dass sich die UNO, so wie sie beschaffen sei, überlebt habe, dass sie ihre historische Mission erfüllt habe.

Natürlich ändert sich die Welt, und die UNO muss diesem völlig natürlichen Transformationsprozess Rechnung tragen. Russland ist auf Grundlage eines weitreichenden Konsenses bereit, gemeinsam mit allen Partnern an der Weiterentwicklung der UNO zu arbeiten. Aber wir halten Versuche, die Autorität der UNO in Frage zu stellen oder zu erschüttern, für äußerst gefährlich. Das kann dazu führen, dass die gesamte Architektur der internationalen Beziehungen zerstört wird. Wenn es dazu käme, würde wirklich nichts mehr übrigbleiben als das Recht des Stärkeren.


»Versteht Ihr wenigstens jetzt, was Ihr angerichtet habt?«

Das wäre eine Welt, in der anstelle gemeinsamer Arbeit der Egoismus dominiert, eine Welt, die auf immer mehr Gebieten von Diktaten geprägt ist und immer seltener von Gleichberechtigung, in der es weniger reale Demokratie und Freiheit gibt, eine Welt, in der von außen gesteuerte faktische Protektorate an die Stelle wirklich unabhängiger Staaten treten. Denn was ist die staatliche Souveränität, von der hier schon Kollegen gesprochen haben? Sie ist vor allem eine Frage der Freiheit, des Rechts jedes Menschen, jedes Volkes und jedes Staates, sein Schicksal selbst zu wählen.

Übrigens, sehr verehrte Kollegen, steht in dieser Reihe auch die Frage nach der Legitimität staatlicher Macht. Hier ist kein Platz für Wortklaubereien. Im Völkerrecht muss jeder Begriff verständlich und transparent sein, er muss einheitlich verständlich sein und sich auf eindeutige Kriterien stützen. Wir sind alle unterschiedlich, und diese Unterschiedlichkeit müssen wir achten. Niemand ist verpflichtet, sich einem einzigen Entwicklungsmodell unterzuordnen, das irgend jemand als ein für alle Mal verbindlich und richtig erklärt hat.

Wir alle sollten die Erfahrungen der Vergangenheit in Erinnerung behalten. Wir in Russland erinnern uns zum Beispiel an die Geschichte der Sowjetunion. Der Export sozialer Experimente, Versuche, aus den eigenen ideologischen Voraussetzungen heraus Veränderungen in dem einen oder anderen Land anzustoßen, haben oft zu tragischen Folgen geführt, nicht zum Fortschritt, sondern zum Verfall. Aber wie es scheint, lernt niemand aus fremden Fehlern,¹ und der Export sogenannter »demokratischer« Revolutionen geht weiter.

Es reicht als Illustration, die Situation im Nahen Osten und in Nordafrika zu betrachten, auf die mein Vorredner² bereits eingegangen ist. Natürlich haben die politischen und sozialen Probleme in dieser Region eine lange Vorgeschichte, und natürlich wünschten sich die Menschen Veränderungen. Doch was ist tatsächlich dabei herausgekommen? Aggressive Einmischung von außen hat dazu geführt, dass anstelle von Reformen die Institutionen der Staatsmacht und manchmal schlicht die Grundlagen des täglichen Lebens unverblümt zerstört worden sind. Statt des Triumphs von Demokratie und Fortschritt haben wir Gewalt, Elend und soziale Katastrophen erhalten, und die Menschenrechte, allen voran das Recht auf Leben, gelten überhaupt nichts mehr.

Ich möchte alle, die eine solche Situation geschaffen haben, einfach nur fragen: Versteht ihr wenigstens jetzt, was ihr angerichtet habt? Ich fürchte allerdings, dass diese Frage unbeantwortet bleiben wird, weil niemand der Verantwortlichen für eine Politik, die auf Überheblichkeit und der Überzeugung von der eigenen Einzigartigkeit und Straflosigkeit beruht, Anzeichen für eine Abkehr von dieser Haltung erkennen lässt.

Es ist jetzt schon klar, dass das Machtvakuum, das in einigen Staaten des Nahen Ostens und Nordafrikas entstanden ist, dazu geführt hat, dass Zonen der Anarchie entstanden sind, die sofort von Extremisten und Terroristen genutzt wurden. Schon jetzt kämpfen Zehntausende unter dem Banner des »Islamischen Staats« (IS, jW). Zu ihnen gehören ehemalige irakische Militärs, die infolge des Einmarsches in ihr Land 2003 auf die Straße gesetzt wurden. Ein weiterer Lieferant von Rekruten ist Libyen, dessen Staatlichkeit unter grober Verletzung der Resolution Nr. 1973 des Weltsicherheitsrates zerstört wurde. Und jetzt füllen auch Mitglieder der vom Westen unterstützten sogenannten gemäßigten syrischen Opposition Syriens die Reihen der Radikalen auf.


»IS – nicht dümmer als Sie selbst«

Es ist immer dasselbe: Erst werden sie bewaffnet und ausgebildet, und dann gehen sie auf die Seite des IS über. Überhaupt ist auch der IS nicht aus dem Nichts entstanden. Er wurde anfangs als Instrument gegen unerwünschte weltliche Regimes geschaffen. Nachdem er sich inzwischen eine Machtbasis in Syrien und im Irak geschaffen hat, geht der IS zu einer aktiven Expansionspolitik in anderen Regionen über und beansprucht die Herrschaft über die ganze islamische Welt und darüber hinaus. Und auch damit gibt er sich noch nicht zufrieden. Die Lage ist mehr als gefährlich.

In dieser Situation ist es heuchlerisch und unverantwortlich, lautstarke Erklärungen über die Gefahr des internationalen Terrorismus abzugeben und gleichzeitig die Augen davor zu verschließen, über welche Kanäle die Terroristen finanziert und unterstützt werden. Dazu gehören das Drogengeschäft sowie der illegale Handel mit Öl und Waffen. Oder man versucht gleich, sich der extremistischen Gruppen manipulativ im Interesse eigener politischer Ziele zu bedienen, immer in der Hoffnung, später schon noch mit ihnen fertig zu werden oder sie schlicht und einfach zu beseitigen.

Wer so denkt und handelt, dem möchte ich sagen: Meine Herren, Sie haben es natürlich mit äußerst grausamen Leuten zu tun, aber sie sind weder dumm noch primitiv. Sie sind nicht dümmer als Sie selbst, und es ist noch nicht ausgemacht, wer hier wen manipuliert und für seine Zwecke ausnutzt. Die jüngsten Meldungen darüber, wie Waffen, mit denen die sogenannte gemäßigte Opposition ausgestattet wurde, an die Terroristen weitergegeben wurden, sind die beste Bestätigung dieser These.

Wir halten alle Versuche, Terroristen zu instrumentalisieren oder sie gar zu bewaffnen, nicht nur für äußerst kurzsichtig, sondern vor allem für brandgefährlich. Sie können dazu führen, dass die globale Terrorgefahr zu einer kritischen Größe heranwächst, dass sie neue Weltregionen ergreift. Zumal in den Lagern des IS Kämpfer aus vielen Ländern geschult werden, darunter auch aus europäischen.

Leider macht auch Russland da keine Ausnahme, das muss ich offen eingestehen, verehrte Kollegen. Es darf um keinen Preis zugelassen werden, dass diese Schlächter, die schon den Geruch des Blutes wittern, anschließend in ihre Heimatländer zurückkehren und dort ihr finsteres Handwerk fortsetzen. Wir wollen dies nicht. Gibt es überhaupt irgend jemanden, der dies will? Russland ist immer hart und konsequent gegen den Terrorismus in allen seinen Formen aufgetreten.


»Weltlage, wie sie sich entwickelt hat, ist nicht mehr auszuhalten«

Heute leisten wir sowohl dem Irak als auch Syrien und anderen Ländern der Region, die mit Terrorgruppen kämpfen, militärisch-technische Hilfe. Wir halten es für einen außerordentlich großen Fehler, auf die Zusammenarbeit mit der syrischen Staatsmacht, mit der Regierungsarmee, mit denen, die täglich mutig gegen den Terror kämpfen, zu verzichten. Es muss endlich anerkannt werden, dass niemand außer der Regierungsarmee von Präsident (Baschar Al-, jW)Assad und den kurdischen Volksmilizen in Syrien ernsthaft gegen den IS und andere terroristische Gruppen kämpft. Wir kennen alle Probleme der Region und alle ihre Widersprüche – aber man muss gleichwohl von den realen Gegebenheiten ausgehen.

Verehrte Kollegen! Leider muss ich bemerken, dass in letzter Zeit unsere ehrliche und direkte Herangehensweise als Vorwand genutzt wird, um Russland »wachsende Ambitionen« vorzuwerfen. Als wären denen, die uns das vorwerfen, eigene Ambitionen völlig fremd. Doch es geht hier gar nicht um die Ambitionen Russlands, verehrte Kollegen, sondern darum, dass die Weltlage, wie sie sich entwickelt hat, nicht mehr auszuhalten ist.

Wir schlagen vor, sich in der Politik nicht von Ambitionen, sondern von gemeinsamen Werten und gemeinsamen Interessen auf Grundlage des Völkerrechts leiten zu lassen, die Bemühungen zur Lösung der vor uns stehenden Probleme zu vereinen und eine wirklich breite weltweite Antiterrorkoalition zu bilden. Ebenso wie einst die Antihitlerkoalition könnte sie in ihren Reihen ganz verschiedene Kräfte vereinen, die bereit sind, gemeinsam Widerstand gegen jene zu leisten, die – wie damals die Nazis – das Böse und die Menschenfeindlichkeit schlechthin verkörpern.

Natürlich müssen die islamischen Länder bei einer solchen Koalition eine Schlüsselrolle spielen. Denn der IS bedroht sie nicht nur direkt, sondern er beschmutzt mit seinen blutigen Verbrechen die herausragende Weltreligion des Islam. Die Ideologen der Kämpfer verhöhnen den Islam und verkehren seine humanistischen Werte ins Gegenteil.

Ich möchte mich an dieser Stelle an die geistlichen Führer des Islam wenden: Auch Ihre Autorität und Ihr richtungweisendes Wort sind jetzt von größter Bedeutung. Es ist nötig, die Menschen, welche Kämpfer zu werben versuchen, vor unbedachten Schritten zu bewahren, und denjenigen, die durch verschiedene Umstände betrogen und in die Reihen der Terroristen gelockt wurden, muss geholfen werden, den Weg zurück in ein normales Leben zu finden, die Waffen niederzulegen und den Bruderkrieg zu beenden.

Russland wird im Rahmen seines Vorsitzes im Weltsicherheitsrat schon in den nächsten Tagen eine Sitzung auf Ministerebene zur umfassenden Analyse der im Nahen Osten drohenden Gefahren einberufen. Vor allem schlagen wir vor, über die Möglichkeit zu beraten, sich über eine Resolution zur Koordination der Bemühungen aller Kräfte zu einigen, die sich dem IS und anderen Terrorgruppen entgegenstellen. Ich wiederhole, dass sich eine solche Koordination auf die Prinzipien der Satzung der Vereinten Nationen gründen muss.

Wir rechnen darauf, dass die internationale Gemeinschaft imstande sein wird, eine umfassende Strategie zur politischen Stabilisierung und zum sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbau des Nahen Ostens zu erarbeiten. Dann, verehrte Freunde, wird es auch nicht mehr nötig sein, Flüchtlingslager zu bauen. Ein Strom von Menschen, die gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen, hat erst die unmittelbaren Nachbarstaaten überflutet und tut dies jetzt mit Europa. Die Rede ist von Hunderttausenden Menschen, womöglich wird die Zahl in die Millionen gehen. Es handelt sich im Grunde um eine neue, große, bittere Völkerwanderung und gleichzeitig um eine bittere Lektion für uns alle, insbesondere Europa.

Ich möchte betonen: Selbstverständlich verdienen die Flüchtlinge Mitgefühl und Hilfe. Aber eine wirkliche Lösung kann nur darin bestehen, dass die staatlichen Strukturen dort, wo sie vernichtet wurden, wiederhergestellt werden, indem die Institutionen der Staatsmacht dort, wo sie noch erhalten geblieben sind oder wieder aufgebaut werden, gestärkt werden. Der Weg besteht darin, den in Schwierigkeiten geratenen Ländern und natürlich auch den Menschen, die alldem zum Trotz, was sie an Schwerem durchmachen, ihre Heimat nicht verlassen, allseitig zu helfen: militärisch, wirtschaftlich und materiell.


»Sicherheit nicht nur für einige Auserwählte, sondern für alle«

Natürlich kann und darf jede Hilfe für souveräne Staaten nicht aufgezwungen werden, sondern es muss ein Angebot sein, das auf der Satzung der UNO beruht. Alles, was auf diesem Gebiet im Einklang mit den Normen des Völkerrechts getan wird und noch bevorsteht, muss von unserer Organisation unterstützt werden, und alles, was der Satzung der UNO widerspricht, der Ablehnung verfallen.

Vor allem halte ich es für äußerst wichtig, dabei zu helfen, in Libyen wieder staatliche Strukturen aufzubauen, die neue Regierung des Irak zu unterstützen und der legalen Regierung Syriens umfassende Unterstützung zukommen zu lassen.

Verehrte Kollegen, eine Schlüsselaufgabe der internationalen Gemeinschaft mit der UNO an der Spitze bleibt es, den Frieden, die regionale und die globale Stabilität zu gewährleisten. Wir sind der Auffassung, dass wir über die Formierung eines Raums der gleichen und unteilbaren Sicherheit sprechen sollten, einer Sicherheit nicht nur für einige Auserwählte, sondern für alle. Gewiss, die Aufgabe ist schwierig und langwierig, aber es gibt keine Alternative zu ihr.

Doch das Blockdenken aus der Zeit des »kalten Krieges« und das Bestreben einiger unserer Kollegen, sich neue geopolitische Räume anzueignen, dominiert leider immer noch. Anfangs wurde die Linie der NATO-Erweiterung fortgesetzt. Ich möchte fragen: Wozu eigentlich, wenn doch die Organisation der Warschauer Vertragsstaaten sich aufgelöst hat und die Sowjetunion zerfallen ist. Gleichwohl bleibt die NATO nicht nur bestehen, sondern sie dehnt sich aus, auch mit ihrer militärischen Infrastruktur.

Anschließend wurden die postsowjetischen Länder vor die falsche Alternative gestellt, sich dem Westen oder dem Osten anzuschließen. Früher oder später musste diese konfrontative Logik zu einer geopolitischen Krise führen. Dies ist in der Ukraine geschehen, wo die Unzufriedenheit eines erheblichen Teils der Bevölkerung mit der amtierenden Regierung ausgenutzt und von außen ein bewaffneter Umsturz provoziert wurde. Als Folge ist ein Bürgerkrieg ausgebrochen.

Wir sind davon überzeugt, dass man das Blutvergießen nur dann stoppen und aus der Sackgasse herauskommen kann, wenn die Minsker Vereinbarungen vom 12. Februar dieses Jahres von allen Seiten redlich und gewissenhaft erfüllt werden. Mit Drohungen oder Waffengewalt kann die Integrität der Ukraine nicht gesichert werden. Dies muss aber getan werden. Nötig ist, dass die Interessen und Rechte der Menschen im Donbass real berücksichtigt werden, dass ihre Wahl respektiert und dass, wie es auch in Minsk vereinbart wurde, über die wichtigsten Elemente der künftigen Staatsverfassung mit ihnen Einvernehmen hergestellt wird. Nur dann kann die Ukraine sich als zivilisiertes Land entwickeln und zu einem der wichtigsten Verbindungsglieder beim Aufbau eines gemeinsamen Raums der Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und Eurasien werden.


»Verhandlungen im Hinterzimmer, ohne dass die Bürger auf dem Laufenden gehalten würden«

Meine Damen und Herren, ich habe nicht zufällig hier das Thema eines gemeinsamen Raums der wirtschaftlichen Zusammenarbeit angesprochen. Noch vor kurzem schien es, dass wir es schaffen, wenigstens auf wirtschaftlichem Gebiet, wo die objektiven Gesetze des Marktes wirken, ohne die Schaffung von Trennungslinien auszukommen und auf Grundlage transparenter und gemeinsam ausgearbeiteter Regeln zu arbeiten. Ich denke unter anderem an die Prinzipien der (Welthandelsorganisation, jW) WTO, die die Freiheit von Handel und Investitionen und einen offenen Wettbewerb voraussetzen. Heute dagegen sind einseitige und unter Umgehung der UN-Satzung verhängte Sanktionen schon beinahe die Norm geworden. Sie dienen nicht nur politischen Zielen, sondern verfolgen auch die Absicht, Konkurrenten aus dem Markt zu drängen.

Lassen Sie mich noch ein Symptom des wachsenden wirtschaftlichen Egoismus nennen. Einige Länder haben den Weg geschlossener und exklusiver wirtschaftlicher Vereinigungen eingeschlagen, und dabei ist es charakteristisch, dass die Verhandlungen über die Bildung dieser Gruppierungen im Hinterzimmer verlaufen, ohne dass die eigenen Bürger, das eigene Unternehmertum, geschweige denn die Weltöffentlichkeit oder andere Länder auf dem Laufenden gehalten würden. Andere Staaten, deren Interessen von diesen Plänen berührt werden können, werden ebenfalls nicht informiert. Wahrscheinlich sollen wir alle vor die vollendete Tatsache gestellt werden, dass die Spielregeln umgeschrieben wurden, und zwar wiederum von einem engen Kreis Auserwählter unter Umgehung der WTO. Hierin liegt die Gefahr, dass das Handelssystem aus dem Gleichgewicht gebracht wird und der globale Wirtschaftsraum zersplittert wird.

Die genannten Probleme berühren die Interessen aller Staaten, sie beeinflussen die Perspektiven der gesamten Weltwirtschaft. Deshalb schlagen wir vor, über diese Themen im Rahmen der UNO, der WTO oder der G 20 zu sprechen. Im Unterschied zu jener Politik der Exklusivität schlägt Russland vor, die regionalen ökonomischen Projekte zu harmonisieren und eine sogenannte Integration der Integrationen auf Grundlage der universellen transparenten Prinzipien des internationalen Handels vorzunehmen. Als Beispiel möchte ich unsere Pläne nennen, die Eurasische Wirtschaftsunion mit der chinesischen Initiative zur Schaffung eines »Wirtschaftsgürtels der neuen Seidenstraße« zu verflechten. Wir sehen auch nach wie vor große Perspektiven in einer Harmonisierung der Integrationsprozesse zwischen der Eurasischen Wirtschaftsunion und der EU.


»Wir müssen unsere Anstrengungen vereinen«

Meine Damen und Herren, zu den Problemen, die die Zukunft der gesamten Menschheit betreffen, gehört auch die Herausforderung des globalen Klimawandels. Wir sind daran interessiert, dass die Weltklimakonferenz der UNO, die im Dezember in Paris stattfindet, zu Ergebnissen führt. Wir planen, bis 2030 unseren eigenen Ausstoß von Treibhausgasen auf 70 bis 75 Prozent des Niveaus von 1990 zu reduzieren.

Doch ich möchte vorschlagen, das Problem auch breiter anzugehen. Wenn wir Quoten für den Ausstoß bestimmter schädlicher Substanzen vereinbaren und andere ihrer Natur nach taktische Schritte ergreifen, entschärfen wir die Probleme vielleicht für ein paar Jahre, aber wir lösen sie doch nicht dem Grunde nach. Wir brauchen eine qualitativ neue Herangehensweise. Wir müssen völlig neue naturähnliche Technologien zur Anwendung bringen, die die Umwelt nicht mehr schädigen, sondern mit ihr vereinbar sind und dazu beitragen, das vom Menschen gestörte Gleichgewicht zwischen Bio- und Technosphäre wiederherzustellen. Das ist wirklich eine Aufgabe von planetaren Ausmaßen, aber ich bin überzeugt, dass die Menschheit das geistige Potential besitzt, sie zu lösen.

Wir müssen unsere Anstrengungen vereinen; das gilt vor allem für diejenigen Länder, die eine starke wissenschaftliche Infrastruktur besonders in der Grundlagenforschung haben. Wir schlagen vor, unter der Ägide der UNO ein spezielles Forum zu schaffen, auf dem die Probleme der Erschöpfung der natürlichen Ressourcen, der Zerstörung der natürlichen Umwelt und des Klimawandels umfassend behandelt werden. Russland ist bereit, als einer der Organisatoren eines solchen Forums tätig zu werden.

Meine Damen und Herren, verehrte Kollegen. Am 10. Januar 1946 hat in London die erste Generalversammlung der Vereinten Nationen die Arbeit aufgenommen. Bei der Eröffnung fasste der Vorsitzende der Vorbereitungskommission, der kolumbianische Diplomat Zuleta Angel, nach meiner Auffassung sehr umfassend die Prinzipien zusammen, an denen die UNO ihre Arbeit orientieren solle. Er forderte guten Willen, Verachtung für Intrigen und Hinterlist sowie einen Geist der Zusammenarbeit.

Diese Worte klingen heute wie eine Botschaft an uns alle. Russland glaubt an das bedeutende Potential der UNO, das uns helfen muss, eine neue globale Konfrontation zu vermeiden und zu einer Strategie der Kooperation überzugehen. Wir werden gemeinsam mit anderen Ländern konsequent daran arbeiten, die zentrale koordinierende Rolle der UNO in der Weltpolitik zu stärken.

Ich bin davon überzeugt: Wenn wir gemeinsam handeln, werden wir die Welt stabil und sicher machen, wir werden die Bedingungen für die Entwicklung aller Staaten und Völker schaffen.


Anmerkungen des Übersetzers

1 Putin spielt hier auf ein russisches Sprichwort an: Der Kluge lernt aus fremden Fehlern, der Dumme aus den eigenen.

2 Der jordanische König Abdullah II.

Text nach: http://www.kremlin.ru/events/president/news/50385

Übersetzung aus dem Russischen von Reinhard Lauterbach



Sonntag, 27. September 2015

25 Jahre große Toröffnung

25 Jahre große Toröffnung

SEPTEMBER 26, 2015



Michael Rogowski, 1990 Vorsitzender des BDI: „Am 9.11.1989 haben wir mit der Maueröffnung auch die Abrissbirne gegen den Sozialstaat in Position gebracht. Hartz V bis Vlll werden demnächst folgen. Es ist Klassenkampf und es ist gut so, dass der Gegner auf der anderen Seite kaum wahrzunehmen ist.“


Sozialismus ist heute nötiger denn je!


Erklärung der DKP zum 25. Jahrestag der „deutschen Einheit“

Quelle: DKP-News

Am 3. Oktober wird der 25. Jahrestag der „deutschen Einheit“ begangen. Die letzten 25 Jahre gelten als deutsche Erfolgsgeschichte. Doch wir sagen: Es gibt nichts zu feiern!

Erinnern wir uns: Am 2. Oktober 1990 trat die DDR nach Artikel 23 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland bei. Dies war der Endpunkt einer Entwicklung, die von den Ereignissen im Sommer und Frühherbst 1989 über die Grenzöffnung am 9. November 1989 zu den Volkskammerwahlen am 18. März 1990 geführt hatte. Das Ende der DDR, des ersten sozialistischen Staates auf deutschem Boden, in dem 40 Jahre lang die Macht des Kapitals beseitigt war, war Realität. Damit verschwand ein Land vom deutschen Boden, in dem die Arbeiterklasse und ihre Partei, die SED, im Bündnis mit anderen gesellschaftlichen Kräften 40 Jahre den Sozialismus aufgebaut hatten. Es war ein Land, das weltweit Ansehen genoss wegen seines Eintretens für Frieden, Völkerverständigung und internationale Solidarität in Zusammenarbeit mit anderen sozialistischen Ländern.

Nach der Befreiung 1945 waren die deutschen und sowjetischen Sozialisten und Kommunisten fest entschlossen, Deutschland als Ganzes zu erhalten und einen demokratischen Neubeginn und Wandel in ganz Deutschland ohne Faschisten, Kriegsgewinnler und Kapitalisten zu beginnen, und ein wirkliches neues demokratisches und friedliches Deutschland zu erbauen. So sah es auch das „Potsdamer Abkommen“ der vier Siegermächte von 1945 vor. Doch es kam anders: „Lieber das halbe Deutschland ganz, als das ganze halb“- nach dieser Adenauer-Devise wurde Deutschland gespalten.

Nach der Gründung der BRD am 23. Mai 1949 wurde die Gründung eines eigenen Staates unausweichlich. Er entstand am 7. Oktober 1949. Das Ende der DDR hatte neben äußeren, objektiven – historischen, ökonomischen und politischen – auch subjektive Ursachen. Dazu gehörten, wie in den anderen sozialistischen Staaten Europas und vor allem der Sowjetunion, Entwicklungen in der führenden Partei, der SED, die zunehmend in den 70er und den 80er Jahren Vertrauen großer Teile der Mehrheit der Menschen im Land verlor.

Die Entwicklung bis zum 3. Oktober 1990 war auch Ergebnis der äußeren und inneren Konterrevolution. Von Beginn der Existenz der DDR an wurde – vor allem auch von Westdeutschland aus – versucht den Sozialismus auf deutschem Boden zu ersticken, zu zerschlagen: durch ökonomischen Druck, Handelsboykott, massive Abwerbung von Fachleuten, durch Sabotage und Anschläge bis hin zu Planungen für einen Tag X und militärische Bedrohung, aber auch durch ideologische Diversion und letztlich auch die Politik eines vor allem durch den durch die (west)deutsche Sozialdemokratie konzipierten um umgesetzten „Wandel durch Annäherung“. Alle Möglichkeiten, auch die Fehler der DDR und ihrer politischen Führung wurden genutzt. So auch 1989/90.

Die Wirtschafts- und Währungsunion Anfang Juli 1990 bedeutete bereits die Besitzergreifung der DDR durch die BRD, die Auslieferung Ostdeutschlands an das große Kapital, die totale Unterordnung ohne Chance auf eine eigene, selbstbestimmte Entwicklung.

Sie hatten erreicht, was sie 40 Jahren angestrebt hatten: Die Eigentums- und Machtfrage war zugunsten der großen westdeutschen Konzerne, Banken und Versicherungen entschieden, die überhaupt kein Interesse daran hatten, mögliche Konkurrenten in Ostdeutschland zu erhalten. Der 2-plus-4-Vertrag, die Beitrittserklärung der letzten Volkskammer der DDR, der Einigungsvertrag galten nur noch der politischen und juristischen Bestätigung der entstandenen tatsächlichen machtpolitischen Tatsachen.

Die Folgen der Wirtschafts- und Währungsunion, der am 3. Oktober die politische Union, also die staatliche Annexion folgte, waren für die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger der DDR, verheerend. Das mit dem Beitritt vogelfrei gewordene Volkseigentum der DDR wurde mit Hilfe einer „Treuhand“ systematisch ausgeplündert und verteilt. Die „Gewinner“ waren vor allem die westdeutschen Banken, Versicherungen und Konzerne: unter anderem durch die Ausschaltung der Konkurrenz, die Übernahme von Handelsbeziehungen, die Ausweitung der eigenen Absatzmärkte usw.

Nach 1990 wurde die Industrie der DDR – bis auf einige wenige „Filetstücke“ – zerschlagen, staatliche Institutionen sowie viele kulturelle Einrichtungen wurden „abgewickelt“. Hunderttausende Universitäts-, Hoch- und Fachschulabsolventen wurden entlassen. In den Jahren 1990 bis 1995 wurden in Ostdeutschland drei Millionen Arbeitsplätze vernichtet. Im Jahre 1997 war im Industriebereich nur noch ein Drittel der Menschen beschäftigt, die 1989 dort arbeiteten.

Aus Fordernden, die ihre Rechte laut Arbeitsgesetzbuch der DDR meist erfolgreich einklagen konnten, wurden in jenen Monaten und in den Jahren nach 1990 viele frühere Bürgerinnen und Bürger der DDR zu Bittstellern und Almosenempfängern.
Die Folge war, dass in manchen Regionen vor allem viele junge, gut qualifizierte Leute ihre Heimatorte verließen.

Fakt bleibt auch, dass per Entlassungen und „Abwicklungen“, aber auch juristisch und politisch, mit jenen abgerechnet wurde, die sich für die DDR, für den Sozialismus, aktiv engagiert hatten.

Durch die Zerschlagung der Betriebe und staatlichen Institutionen, den schrittweisen Abbau in vielen Bereichen der Wirtschaft, der Wissenschaft und Kultur, die ständige Ungewissheit, unter welchen Bedingungen man eventuell noch Arbeit finden könne, die permanente Delegitimierung und Verketzerung des Sozialismus, eine forcierte „Stasi“-Hysterie usw. – erfolgte eine umfassende Entsolidarisierung jener, die nur gemeinsam ihre Rechte hätten verteidigen können.

Die Ungleichbehandlung der Ostdeutschen ist bis zum heutigen Tag nicht beseitigt. Nach wie vor gelten für Ostdeutschland niedrigere Löhne, meist längere Arbeitszeiten, Rentenungerechtigkeit. Die durchschnittliche Arbeitslosigkeit ist höher als in den „alten Bundesländern“. Doch auch im Westen Deutschlands veränderte sich nach 1990 für viele die Situation: In nicht wenigen Regionen ist – vor allem in den letzten Jahren – die Zahl der Arbeitslosen und Armen dramatisch gewachsen.

Das deutsche Großkapital sah sich durch die Niederlage des Sozialismus in Europa und die Annexion der DDR bestärkt und in seinen ökonomischen und politischen Positionen in der EU wie weltweit gestärkt. Das Kräfteverhältnis hatte sich grundlegende verändert. Es wurde Zeit für eine Offensive zur Gewinnung von größeren Macht- und Führungspositionen:

• Nicht nur der Osten Deutschlands wurde ab 1990 zum Experimentierfeld des Großkapitals für Privatisierung, Deregulierung, den Abbau sozialer Errungenschaften und demokratischer Rechte. Die gewonnenen „Erfahrungen“ nutzte man für das gesamte Land und danach in EU-Europa. Michael Rogowski, der damalige Vorsitzende des BDI erklärte am 16.12.2004 auf PHOENIX: „Am 9.11.1989 haben wir mit der Maueröffnung auch die Abrissbirne gegen den Sozialstaat in Position gebracht. Hartz V bis Vlll werden demnächst folgen. Es ist Klassenkampf und es ist gut so, dass der Gegner auf der anderen Seite kaum wahrzunehmen ist.“

• Mit der Niederlage des Sozialismus in Europa und dem Ende der DDR „wuchs“ die Rolle Deutschlands in der europäischen und internationalen Politik; der Weg wurde zugleich frei für Kriegsbeteiligung und Auslandseinsätze der Bundeswehr zur Durchsetzung von Kapitalinteressen. Auch vom Gebiet der DDR geht heute Krieg aus. Auf dem modernsten Truppenübungsplatz Europas, dem Gefechtsübungszentrum (GÜZ) in Sachen-Anhalt werden Krieg und Aufstandsbekämpfung geübt. Aber das reicht alles noch nicht aus. Laut wird gefordert, „noch mehr Verantwortung“ (Gauck) in der Welt wahrzunehmen …

Diese Politik hat wesentlich zur Eskalation von Kriegen und militärischen Konflikten geführt – dem Hauptgrund für millionenfache Flucht. Und der mörderische Krieg gegen Flüchtlinge an den Grenzen der EU unter Beteiligung Deutschlands hat bereits viele tausende Tote gefordert.

Die Kriegsgefahr in Europa wächst.

Doch es geht noch um weitaus mehr: Der Abbau von sozialen und politischen Grundrechten, die Verschlechterungen von Arbeits- und Lebensbedingungen im ganzen Land für viele Menschen, die Feststellung, unter den heutigen Kräfteverhältnissen selbst mit großen Friedensdemonstrationen oder Streiks der Belegschaften weniger als vor noch 25, 26 Jahren zu erreichen, lähmt den Widerstand.

In einer solchen Situation bieten Rechtspopulisten und Faschisten – nicht nur im Osten Deutschlands, sondern gleichfalls im Westen, ebenso wie in vielen anderen Ländern Europas – scheinbar Lösungen für die soziale und politische Misere. – Eine hoch gefährliche Entwicklung.

All dies war viele Jahre bis 1989/1990 – bis zum Zusammenbruch und der Zerschlagung der sozialistischen Staaten in Europa und der DDR – in dieser Ausprägung nicht möglich. Auch dem Großmachtstreben der aggressivsten Kreise des westdeutschen Monopolkapitals und seiner politischen Vertreter waren Grenzen gesetzt.

25 Jahre nach dem 3. Oktober 1990 läuft die bürgerliche Propaganda wieder auf Hochtouren: Eine friedliche Revolution gegen das DDR-Unrechtsregime, gegen „Unfreiheit“ und „Stasi“ habe es damals gegeben, die schließlich zur deutsche Einheit führte. Die Geschichtsfälschungen und die Versuche der Delegitimierung der DDR gehen weiter, denn die Menschen sollen glauben, dass es keine gesellschaftliche Alternative zum Kapitalismus geben kann.

Doch die Spur, die die DDR hinterließ, ist tief: Trotz der anhaltenden antikommunistischen Propaganda erinnern sich auch heute nicht wenige Menschen, dass es ein Land gab mit sozialer Sicherheit, in dem niemand Angst haben musste, den Arbeitsplatz zu verlieren, ein Land mit einem fortschrittlichen Bildungssystem, einem Gesundheitssystem, das Schwächen hatte, aber für alle da war. Es bleibt die Erinnerung, dass in diesem Land bereits mehr für die Gleichberechtigung der Frau erreicht worden war, dass es vor allem ein Land war, von dem niemals Krieg ausging, sondern in dem Solidarität mit Ausgebeuteten und Unterdrückten, in dem Friedenspolitik und Antifaschismus Staatsdoktrin waren.

Wir Kommunistinnen und Kommunisten halten die Erinnerung an die DDR wach, an das bessere Deutschland, an die Möglichkeit einer gesellschaftlichen Alternative.
Aber wir sagen zugleich: Der Kampf gegen Krieg, um Frieden, um soziale und demokratische Rechte, gegen Faschisten und für eine Veränderung der Verhältnisse muss verstärkt werden.

Sozialismus ist heute nötiger denn je!
Dafür steht die DKP, dafür kämpfen wir.


Anmerkung Roter Webmaster:

(...)
Ja, die DKP-Genossen haben Recht: Sozialismus ist heute nötiger denn je. In einer Zeit, in der der Imperialismus einen erneuten Weltenbrand entfachen will, diesmal wohl einen finalen, denn in einem Krieg mit Nuklearwaffen bleibt nicht viel von unserer Mutter Erde übrig. Sie zündeln an allen Ecken und Enden der Welt: Ukraine, Russland, Kaukasus, Syrien, Irak, Jemen, Palästina…

Sie wollen die letzten großen Länder, die sich dem US-Imperialistischen Diktat nicht unterwerfen, in zu Vasallen machen und das auch unter Einsatz der Atomwaffen. Ja, als es noch sozialistische Länder gab, war das nicht möglich.

Mit Freude las ich diese Stellungnahme der DKP. Aber es mischen sich auch Wermutstropfen in den Wein. So erfreulich es ist, dass nun von der DKP mehr kommt, als  revisionistisches Gewäsch – aber die Revisionisten sind nicht aus der DKP verschwunden. Sie treiben noch immer ihr Unwesen.
(...)



Donnerstag, 24. September 2015

Atomarer Selbstmord

Atomarer Selbstmord

Atomarer Selbstmord

Entnommen: https://www.jungewelt.de/2015/09-23/072.php?sstr=B

Aus: Ausgabe vom 23.09.2015, Seite 1 / Titel

Neue Bomben für Büchel

Modernisierung von US-Atomwaffenarsenal auf rheinland-pfälzischem Fliegerhorst. Bundeswehr ist laut Bericht eingebunden. Affront gegenüber Russland

Von Michael Merz

Wenn deutsche Regierungspolitiker auf den kleinen Ort Büchel in Rheinland-Pfalz angesprochen werden, herrscht stets peinlich berührtes Schweigen. Grund für die Geheimniskrämerei ist der dortige Fliegerhorst, auf dem seit Jahrzehnten US-amerikanische Atombomben stationiert sind. Wie das ZDF-Magazin »Frontal 21« recherchierte, sollen die Massenvernichtungswaffen neue nukleare Sprengköpfe erhalten: 20 insgesamt, die zusammen eine Sprengkraft von 80 Hiroshima-Bomben haben, würden demnach dann in Büchel gelagert. Und das, obwohl das deutsche Parlament 2010 beschlossen hatte, die Bundesregierung solle sich gegenüber den USA »mit Nachdruck« für den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland stark machen. Die technische Integration des neuen Atombombensystems in die deutschen »Tornado«-Jagdbomber soll längst beschlossene Sache sein. »Frontal 21« belegt dies in Form von US-Haushaltsplänen für das dritte Quartal 2015, in denen die Gelder dafür bereitgestellt werden.

Die Modernisierung kann zunächst als Drohgebärde in Richtung Osten verstanden werden. Inge Höger, abrüstungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, erklärte am Dienstag, dass die nukleare Aufrüstung gerade vor dem Hintergrund der schwierigen Beziehungen zu Russland seit der Ukraine-Krise ein »fatales Signal« sei. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, reagierte bereits gegenüber »Frontal 21«: »Das ist eine Verletzung der Artikel 1 und 2 des Vertrages über die Nichtverbreitung von Atomwaffen.« Sie sei beunruhigt, dass Staaten, die eigentlich keine Atomwaffen besitzen, den Einsatz derselben üben. Auch Willy Wimmer (CDU), ehemaliger parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium, befürchtet, dass sich nun neue »Angriffsoptionen gegenüber der Russischen Föderation« ergeben.

Das, was da auf dem Fliegerhorst im Rahmen der »nuklearen Teilhabe« der NATO-Staaten geschieht, ist nicht nur ein außenpolitischer Affront. »Deutschland ist direkt an der Modernisierung der NATO beteiligt«, sagte Hans Kristensen vom Nuclear Information Project (Atomic Scientists) in Washington (D. C.) dem ZDF. Mit den neuen Nuklearsprengköpfen vom Typ B61-12 verschwimme die bisherige Differenzierung zwischen taktischen und strategischen Waffen, mit ihnen könnten sowohl Langstrecken- als auch in Europa stationierte Jagdbomber bestückt werden. Es sei »eine Bombe, die alle Missionen erfüllt«, betont Kristensen weiter, präziser als die bisherigen lasse sie sich in ein Ziel steuern, und sie sei kostengünstiger. Der Atomwissenschaftler behauptet, dass das deutsche Militär seit 2010 in das Vorhaben eingebunden sei, als die US-Luftwaffe die neuen Anforderungen der NATO definiert habe. Im »Ernstfall« würden deutsche Piloten in Büchel die Bomben von der US-Luftwaffe übernehmen und selbst das Ziel angreifen. »Das ist eine außergewöhnliche Situation für ein Land, das zugesichert hat, keinen indirekten oder direkten Zugriff auf Atomwaffen zu haben«, sagte Kristensen im ZDF-Interview.
Die Nuklearmacht übergibt im Kriegsfall Atombomben an die deutsche Luftwaffe, die dann ihrerseits für das Inferno sorgt – ein Horrorszenario. »Solange Atomwaffen hier gelagert werden und die Bundeswehr für den nuklearen Ernstfall probt, ist Deutschland mitverantwortlich für die Eskalation internationaler Konflikte«, meint Inge Höger. Das sei »völlig inakzeptabel«. Dem schloss sich Oskar Lafontaine, Linke-Chef im Saarland, an. Er erklärte auf seiner Facebook-Seite: »In ihrer US-Hörigkeit schweigen Merkel und Gabriel dazu. Statt Atomwaffen zu erneuern, brauchen wir atomare Abrüstung!


(Siehe nachdenkseiten vom 24.09.2015)


US-Waffen in Deutschland: Russland warnt vor Atombomben in Büchel
Die USA planen möglicherweise, in Deutschland neue Atomwaffen zu stationieren, die auch von Bundeswehr-Tornados abgeworfen werden können. Vor einem solchen Schritt warnt Moskau nun. Russland sei dann gezwungen, Konsequenzen zu ziehen.


Harrys persönliche Meinung:





 
Mit den neuen A-Bomben schärft man das militärische und mit TTIP das ökonomische Schwert der NATO. Wer das heute nicht wahrhaben will oder gar befürwortet macht sich mitschuldig für das Ende des Lebens auf diesem Planeten. So liegen die Dinge, und keine Lichterkette wird dem Unheil entgegenwirken können. Moskau hat schon einmal infolge Gutgläubigkeit geblutet. Die Titanic fährt auf einen Eisberg zu... Kurswechsel ist angesagt. Stimmt nicht: Machtwechsel!





Sonntag, 20. September 2015

Putins klare Linie

Putins Linie im Sand: Kein Regime-​change in Syrien


Geschrieben von Mike Whit­ney — http://​einarschlereth​.blogspot​.de Haup­tkat­e­gorie: Aus­land    Kat­e­gorie: Naher Osten     Veröf­fentlicht: 20. Sep­tem­ber 2015  Zugriffe: 121


https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi1rESa0wkQbnLhJmGs4UvBXm2jV8N_xV_MR7Ldj7HKWnvV2Ob0OnC8EyMigdA7RBK6cg85tX02O3o2WOrsW10OyFpspZpcLOYAfFlP9F8gBehfUG2YkvHSnp6CLhhJp3x_XX8guz-DHghe/s1600/f4-turkey_syria-war.jpg„Beamte der Obama-​Verwaltung, die Monate mit der Türkei ver­han­del­ten, sagten am Don­ner­stag, dass sie zu einem Abkom­men gelangt seien für beman­nte und unbe­man­nte US –Flugzeuge, Luftan­griffe gegen Stel­lun­gen der Islamis­chen Staates durchzuführen von ihren Luft­waf­fen­basen in Incir­lik und Diyarbakir.

Das Abkom­men wurde von einem hohen Beamten als ein „game changer“ (Spiel­wende).“ New York Times vom 23. Juli 2015. Der syrische Krieg kann in zwei Teile getrennt wer­den. Die vor-​Icirlik-​Periode ist grob die 4-​Jahres-​Spanne, in der die US-​gestützten islamis­chen Milizen und al Qaida gegen die syrische Armee mit der Absicht kämpften, Assad zu stürzen. Diese erste Phase endete mit einem Unentschieden.

Die nach-​Incirlik-​Periode sieht aus, als kön­nte sie ein ganz anderes Ende nehmen wegen der Tat­sache, dass die USA in der Lage sein wird, ihre Drohnen und Kriegs­flugzeuge von der türkischen Basis Incir­lik einzuset­zen, nur 15 Flug­minute von Syrien ent­fernt. Das kann die Zahl der Flüge der USAF erhöhen und die Effek­tiv­ität ihrer Dschi­hadis­ten, die ihre Oper­a­tio­nen unter dem Schutz der US-​Luftwaffe durch­führe können.

Die New York Times nennt den Incirlik-​Deal einen „game-​changer“, was eine Untertrei­bung ist. Den US-​F16 zu erlauben, den Him­mel über Syrien zu patrouil­lieren, ist für Wash­ing­ton eine de facto Durch­set­zung einer no-​fly Zone über dem Land, was Assads Fähigkeit, gegen die US-​gestützten Milizen vorzuge­hen, die große Teile des Lan­des unter Kon­trolle haben und einen Angriff auf Damaskus vor­bere­iten, erhe­blich ein­schränken wird. Und da der Krieg nicht durch die Luft­waffe allein gewon­nen wer­den kann, wird diese neue tak­tis­che Real­ität die Waage zugun­sten der Dschi­hadis­ten ver­schieben. Mit anderen Worten kann das Incirlik-​Abkommen alles verän­dern.


Die Obama-​Verwaltung glaubt jetzt, dass der Regimechange in Reich­weite liegt. Ja, sie wis­sen natür­lich, dass einige Hilfe durch US-​Spezialeinheiten und türkische Kampf-​Einheiten nötig sein wird, aber das ist mach­bar. Deswe­gen hat Obama Rus­s­lands Plan für eine Über­gangsregierung oder die Bil­dung einer Koali­tion, um die IS zu besiegen, ignori­ert. Die USA braucht in dieser Angele­gen­heit let­ztlich keine Kom­pro­misse einzuge­hen, weil sie eine strate­gisch gele­gene Luft­waf­fen­ba­sis zur Ver­fü­gung hat, von der aus sie ihre Stellvertreter-​Armee schützen kann, Ziele jen­seits der Grenze bom­bardieren und den Him­mel über Syrien kon­trol­lieren kann. Jetzt braucht Obama nur noch den Krieg ver­stärken, ein biss­chen Druck auf Assad auszuüben und auf den Sturz des Regimes zu warten. Deshalb müssen wir mit einer drama­tis­chen Eskala­tion bei Beginn der 2. Phase rechnen.

Putin weiß das jedoch, weshalb er mehr Waf­fen, Aus­rüs­tung und Berater schickt. Er sig­nal­isiert Wash­ing­ton, dass er weiß was es vorhat und dass er darauf antworten wird, wenn man zu weit geht. In einem Inter­view mit Rus­s­lands Kanal 1 sagte Putin: „Wir haben unsere Ideen, was wir tun wer­den und wie wir sie tun wer­den, im Fall, dass sich die Sit­u­a­tion zum Ein­satz von Gewalt oder sonst­wie entwickelt.“

Obama ist sehr nervös wegen Putins Plä­nen, weshalb sie nun ver­suchen her­auszufinden, was er im Ärmel hat. Erst vor ein paar Tagen hat Außen­min­is­ter Kerry seinen rus­sis­chen Kol­le­gen Sergej Lawrow angerufen und seiner Sorge Aus­druck gegeben, wegen „der bevorste­hen­den rus­sis­chen Ver­stärkun­gen“ in Syrien. Der Anruf war ein plumper Ver­such, Lawrow reinzule­gen und frei­willig Infor­ma­tio­nen zu geben, was Moskau zu tun beab­sichtigt, wenn Wash­ing­ton mit seiner Regime-​change-​Strategie weit­er­ma­cht. Aber Lawrow hat den Köder nicht geschluckt. Er hat Kerry nichts gesagt, außer was er nicht ohne­hin weiß.

Aber Tat­sache ist, dass Putin nicht erlauben wird, dass Assad mit Gewalt gestürzt wird. So ein­fach ist das. Obama und seine Berater ver­muten das, aber sind nicht 100% sicher, weshalb sie auf die eine oder anderer Weise nach Besä­ti­gung suchen. Aber Putin wird keine klare Antwort geben, um nicht kon­fronta­tiv zu erscheinen. Aber das bedeutet nicht, dass er nicht entschlossen ist. Das ist er und das weiß Wash­ing­ton auch. Tatssäch­lich hat Putin einen Strich im Sand gezo­gen und den USA gesagt, dass es Ärger geben wird, wenn sie die überqueren.

Es liegt also an Obama. Er kann entweder eine friedliche Lösung suchen nach den Vor­gaben, die Moskau gemacht hat oder weiter den Regime-​change betreiben und eine Kon­fronta­tion mit Rus­s­land riskieren. So steht die Wahl.

Unglück­licher­weise hat Wash­ing­ton keinen Abschal­ter und die Änderung der Poli­tik haben sie nicht im Sinn. Stattdesse wird die US-​Kriegsmaschine launen­haft weit­er­tram­peln, bis sie zu einem Eng­pass kommt und stot­ternd zum Still­stand kommt. Nochmals, das unbe­wegliche Objekt wird über die nicht zu stop­pende Kraft siegen (wie in der Ukraine), jedoch zu großen Kosten für das mis­shan­delte syrische Volk Syriens, ihr Land und die ganze Region.

Denkt daran, dass der impe­ri­ale Plan für Syrien raf­finierter ist, als viele Leute glauben. Wie Michael E. O’Hanlon vom Brook­ings Insti­tut in seinem Papier „Declnstruct­ing Syria: A new Strat­egy for America’s most hope­less war“ erk­lärt: „Der Pland … wird nicht explizit ver­suchen, ihn (Assad) zu stürzen, als vielmehr ver­hin­dern, Gebi­ete zu kon­trol­lieren die er zurück­gewin­nen will. Die autonomen Zonen wer­den befreit mit der klaren Absicht, dass sie wieder an Assad oder seinen Nach­fol­ger zurück­ge­hen. Jeden­falls wird Assad kein mil­itärisches Ziel in diesem Konzept sein, son­dern Gebi­ete, die er noch kon­trol­liert. Und wenn Assad zu lange einen Deal für das Exil hin­auss­chiebt, kön­nte er unauswe­ich­lich eine direkte Gefahr für seine Herrschaft oder selbst seine Per­son her­auf­beschwören.“
Der grundle­gende Plan sieht so aus: Größere Städte zu erobern und große Teile der ländlichen Gegen­den, die Zer­störung der Nach­schublin­ien und der vitalen zivilen Infra­struk­tur. Das Endziel ist, den Staat in tausende Enklaven zu zer­schla­gen, die von bewaffneten Söld­nern, al Qaida-​Filialen und War­lords beherrscht wer­den. Das ist Wash­ing­tons dia­bolis­cher Plan für Syrien. Er ist verblüf­fend ähn­lich zum Zion­is­tis­chen Plan, „die Teilung der gesamten Region in kleine Staaten durch Auflö­sung aller beste­hen­den ara­bis­chen Staaten“ (Israel Sha­hak „The Zion­ist Plan for the Mid­dle East“). Im Grunde ist er identisch.

Es ist klar, dass Obama durch den Incirlik-​Deal ermutigt ist und glaubt, dass er mit Hilfe der Türken die US– impe­ri­alen Ambi­tio­nen in Syrien erre­ichen kann. Aber das wird nicht passieren. Rus­s­land, Iran und die His­bol­lah sind vor­bere­itet, ihren Alli­ierten Assad zu vertei­di­gen und Wash­ing­ton zum Still­stand kom­men zu lassen. Obama wird erre­icht haben, eine weit­ere Nation zer­stört zu haben und sein Volk auf den ganzen Nahen Osten und Europa verteilt zu haben. Aber die US-​Mission wird bei weitem nicht ihre ursprünglichen Ziele erre­ichen. Es wird keinen Regime-​Wechsel in Syrien geben. Dafür wer­den Putin, Nas­ral­lah und Khamenei sorgen.




Scheinheiliges "Willkommen"

Rassistisches Grenzregime verschärft

Der kurze Spätsommer der Willkommenskultur. Wer glaubt, dass Angela Merkel, Sigmar Gabriel oder gar die ganze Regierung auf einen „humanitären“ Kurs umgeschenkt seien, sieht sich rasch eines Besseren belehrt. Verlogen war die „Willkommenskultur“ von Regierungsseite ohnedies schon immer. Offenkundig gehört im „gemeinsamen Haus“ EU wenig dazu, als „Humanistin“ unter den Staats- und Regierungschefs zu gelten. Es reicht, ausnahmsweise tausende Geflüchtete ohne Schikane mit der Bahn einreisen zu lassen.

Die wirklich positiven Erscheinungen der letzten Wochen - hunderte, wenn nicht tausende, welche die Flüchtlinge an den Bahnhöfen in München, Dortmund u.a. Städten begrüßten, die zahlreichen AntirassistInnen, die aus eigenem Engagement AyslbewerberInnen unterstützen und mit dem Nötigsten versorgen - handeln ohnedies nicht auf Initiative der Regierungen in Bund und Ländern. Vielmehr tun diese nun so, als wäre diese Initiativen von ihnen angestoßen oder wenigstens unterstützt worden. Selbst das ist ein Fake. Über Wochen und Monate wurden zahlreiche Initiativen von den Behörden als „Fremdeinmischung“ abgelehnt, als Menschen, die den Geflüchteten zu „viel Hoffnung“ machen und bei diesen „unrealistische Erwartungen“ schüren würden.

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Freitag, 18. September 2015

Mieses Theater - Leseauszug, siehe linkeZeitung

Finsternis ist Licht

Entnommen: http://www.linkezeitung.de/index.php/inland/parteien-2/4654-finsternis-ist-licht    

Leseauszug

Fin­ster­nis ist Licht

Geschrieben von Dag­mar Henn — http://​vine​yard​saker​.de/ Haup­tkat­e­gorie: Inland    Kat­e­gorie: Sozialpoli­tik     Veröf­fentlicht: 17. Sep­tem­ber 2015  Zugriffe: 258

http://l.yimg.com/bt/api/res/1.2/iATQwdnrxIJ1Su74bJt07g--/YXBwaWQ9eW5ld3NfbGVnbztmaT1maWxsO2g9NjYyO2lsPXBsYW5lO3B5b2ZmPTA7cT03NTt3PTk2MA--/http://media.zenfs.com/en_us/News/afp.com/c7245fcdf1313fa54e6d2408c6afc59e3d1c74c6.jpg


Wir leben ger­ade in einem deutschem Märchen. Die Geschichte von „Gold­marie und Pech­marie“ hat ein neues Gewand erhal­ten; die aktuelle Über­schrift lautet „Licht­deutsch­land“ und „Dunkeldeutsch­land“. Frau Merkel predigt „Willkom­men­skul­tur“, und brave deutsche Bürger über­schüt­ten syrische Flüchtlinge mit Teddybären.

Wenn es einem gelingt, in der emo­tionalen Flut noch Atem zu holen, kommt man sich vor wie in einem schlechten The­ater­stück. Oder beim Hören eines Musik­stücks, das auf einem ver­stimmten Instru­ment gespielt wird.

Erst ein­mal ist das nur eine Art Schmerz, der schwer zu lokalisieren ist. Als vor eini­gen Jahren das Münch­ner Glock­en­spiel ren­oviert wurde, klang es über ein Jahr lang falsch, tagtäglich; bis dann endlich einige Musiker genau genug hörten, um zu erken­nen, dass die Glocken für c´´ und cis´´ ver­tauscht waren… Noch ist der Quell des Schmerzes beim augen­blick­lichen Drama nicht genau zu orten; aber dass es falsch klingt, das ist sicher.

Ver­suchen wir ein­mal, das Stück in seine Bestandteile zu zer­gliedern und das eine oder andere Mal die berühmte Frage nach dem „cui bono“ zu stellen.

An der Ober­fläche sind es erst ein­mal die Bilder, die stutzig machen. Zwei davon. Das Bild des ertrunk­e­nen Kindes am Strand, und Bilder aus Budapest, die Flüchtlinge mit einem Foto von Angela Merkel zeigen und mit einer EU-​Fahne. Diese Bilder verur­sachten ein Gefühl wie eine Gräte im Mund beim Fischessen.

Wer immer sich mit dem Thema Migra­tion tat­säch­lich befasst, weiß, dass im Mit­telmeer seit vie­len Jahren Men­schen ertrinken. Eine der entset­zlich­sten Geschichten ereignete sich während der Angriffe auf Libyen. Ein Boot mit Dutzen­den Flüchtlin­gen trieb zwei Wochen lang steuer­los auf dem Mit­telmeer, begeg­nete dabei zweimal Kriegss­chif­fen, wurde von Helikoptern über­flo­gen und trieb den­noch weiter, bis die Über­leben­den schließlich in Ital­ien lan­de­ten. Zwei Wochen ohne jeden Ver­such einer Ret­tung auf einer Strecke, die zum dama­li­gen Zeit­punkt völ­lig überwacht war. Die Mel­dung schaffte es nicht in die großen Medien, und es wurde nie bekannt, welche Schiffe welcher Nation­al­ität gegen das inter­na­tionale Seerecht ver­stoßen haben, das zur Ret­tung jedes Schiff­brüchi­gen verpflichtet.

In all den Jahren star­ben Män­ner, Frauen und Kinder. Viele darunter nicht ertrunken, son­dern ver­durstet. In all den Jahren gab es nur wenige Bilder und schon gar nicht die groß angelegte Empörung, die jüngst durch die Gazetten schwappte.

Allerd­ings hatte das Bild des toten Kindes ein kleines Vor­spiel. Die Aktion des „Zen­trums für poli­tis­che Schön­heit“ vor dem Bun­destag. Auch hier gab es Einiges, das über­rascht. Man sollte nicht glauben, dass man so ein­fach jed­erzeit vor dem Bun­destag Löcher in den Rasen graben darf. Dass der milde Polizeiein­satz, der auf den Videos von dieser Aktion zu sehen ist, alles ist, was der Appa­rat hergibt. Nein, in Summe blieb eher der Ein­druck einer min­destens gedulde­ten, wenn nicht gar geförderten Ver­anstal­tung. Man kön­nte die Betreiber dieser Aktion für unschuldige Human­is­ten hal­ten – wenn sie nicht auch schon als Befür­worter eines Mil­itärein­satzes in Syrien aufge­treten wären. Was damals – also vor weni­gen Monaten –Rät­sel auf­gab, ist jetzt klar zu entschlüs­seln. Diese Aktion und das Bild gehören zusammen.

Mit dem Foto von Merkel in Budapest hat sich Tele­po­lis schon aus­führlicher beschäftigt. Merkel und die Europafahne, das wirkt wie organ­isierte Gegen­pro­pa­ganda zu den Bildern, die man aus Griechen­land sieht.

Aber gehen wir doch ein­mal zu den Fakten.


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Mittwoch, 16. September 2015

Trilogie des Scheiterns - Rezension


„Trilogie des Scheiterns. Drei Erzählungen, Kurzgeschichten, was auch immer“

Delikates von Egbert Scheunemann auf dem Teller

Buchtipp von Harry Popow


Nein, das glaube ich jetzt nicht. Da wähne ich mich plötzlich im Portugiesen, einem Restaurant, in das ich öfter einkehre. Wegen des guten Geschmacks, essensmäßig, getränkemäßig und auch sonst. An meinem Tisch zwei unbekannte Herren. Vor Hunger kriege ich die Augen nicht so recht auf und glaube in meiner träumerischen Art, Tucholsky und Kästner vor mir zu sehen. Wie denn das? Waren das nicht...? Ja, natürlich, jene, die vor Krieg gewarnt hatten. In ihrer spöttischen Art. Geliebt und verehrt von hauptsächlich Intellektuellen. Aber was haben deren Wortmahnungen gebracht? Gescheitert waren sie, zerbrochen an mancher Dummheit, keiner wollte glauben, wovor sie warnten. Ich schüttele den Kopf. „Gescheitert“, flüstere ich vor mich hin.


Ja, ja, das stimme schon, meint einer, der sich plötzlich aus dem Nebel meiner Wahnvorstellung gelöst hat und mir seinen Namen zuruft: Egbert Scheunemann. Was? Wer? Nie gehört. Unverblümt und nahezu marktschreierisch ergänzt er, er habe das Buch „Trilogie des Scheiterns“ geschrieben. Nicht ohne dabei an große Vorbilder wie eben – welch ein Zufall – an Tucholsky und Kästner gedacht und sie bewundert zu haben.

Mein Gegenüber schnippst mit dem Finger, der Kellner schnellt heran, und gibt – offenbar eine Delikatesse – die Bestellung auf. Jeder bezahle für sich, so sei es doch recht, fragt er mich. Ich nicke, ohne zu wissen, was da auf mich zukommen sollte. Ich befühle meine Gesäßtasche, aber die ist wie gewohnt sehr dünn anzufassen. Ich kann kaum noch einen klaren Gedanken fassen, da stellt der Kellner mit aller Behutsamkeit einen überdimensionalen Teller vor mich hin, darauf nichts weiter liegt als ein dünnes Bändchen mit dem zuvor von meinem Gegenüber angekündigten Titel. Auf dem Klappentext lese ich flüchtig folgende Zeilen: „Die Protagonisten der drei in diesem Band zusammengefassten Erzählungen beherrschen die Kunst des Scheiterns in ganz exaltierter Weise. Leiden Sie mit! Lachen Sie mit...“

Erstaunt und fragend schaue ich den Herrn Egbert an. Ich habe Hunger, schreie ich ihm wortlos entgegen. Er muss es an meinem dummen Gesichtsausdruck gemerkt haben. Ich verstehe, sagt er, aber das hier stillt einen anderen Hunger, wenn sie wissen, was ich meine. Unglaublich, ich bin entrüstet. Sollte ich tatsächlich Appetit auf geistige Kost haben, wo ich doch – genauso wie sicherlich Tausende andere Bundesbürger – dem nahezu entwöhnt bin? (Ich spreche nicht von gesellschaftskritischen Werken, die gekonnt Kritik dort ansetzen, wo nichts mehr zu retten ist, an angeblich unverrückbaren Zuständen!)

Und nun werde ich unhöflich und frage meinen Tischgegenüber nach seinem Tun und Lassen, worauf er sechs Bücher anführt, die er bereits veröffentlicht habe. Oh, denke ich, ein Autor? Ergänzend meint dieser, es seien kritische Bücher, die ihm sozusagen aus den Händen gerissen werden. Ein Titel frisst sich in mein Hirn: „Chronik des (nicht nur) neoliberalen Irrsinns“. Ich horche auf. Das ist nach meinem Geschmack. Also klemme ich mich an das vor mir liegende Heftchen und vergesse Hunger, Kneipe und Tischnachbarn.

Wenn auch das Scheitern, das Versagen, das Pleitemachen, das Abbrechen, eines Studiums z. B., keine großen Besonderheiten in der heutigen marktwirtschaftlich geprägten Szene darstellen, dachte ich, so ist es doch interessant, wie es anderen ergeht, wie sie sich durchschlagen, mit mehr oder weniger Erfolg im Ellenbogenkampf. Und lachen will ich auch. Also lese ich auf den 104 Seiten von drei Leuten, die sich mit Ach und Krach durch den Alltag schlängeln. Sie nennt der Autor David, Aaron und Edgar.

Nun, die ersten beiden, so kriege ich schnell mit, haben Angst vor Begegnungen, bei denen sie sich festnageln müssten oder sind zu feige, sich möglicherweise dem anderen Geschlecht zu nähern. Irgendwie kommen sie nicht zum Ziel. Man könnte sie vorschnell als Trottel abtun. Sollen sie doch so lahmarschig weitermachen, sind sie ja selber schuld. Bei Edgar sieht es schon gewaltig anders aus. Er hat eine Geschäftsidee. Muss man ja haben, will man auf sich aufmerksam und womöglich schnell Knete machen. Und sei die Idee noch so verrückt. Gut überlegt, klug und taktisch vorgehend, robbt er sich an vermeintliche und tatsächliche Gönner und Investoren heran.

Wie er dabei vorgeht, raffiniert, mit großem Gehabe und Getue, sich jeglichen marktbedingten Verhaltensweise anpassend, ist nicht nur köstlich zu lesen, es ist amüsant und man kommt aus dem Lachen nicht mehr heraus. Er veralbert den Marktschwachsinn, den Modekonsumblödsinn, gibt vor einem Manager mit für ihn fremden Wörtern an wie „Sprachstrukturen“ und „Wirklichkeitsstrukturen“, denn, lügt er glatt, er sei als Autor in Sachen Politik, Ökonomie und Philosophie tätig, und nun habe er ein tolle Idee, denn er müsse ja irgendwie zu Geld kommen. Auch ein Sozialtrottel, der er war, habe natürlich seine Geistesblitze.

Kurz: Dieser ulkige und vom Lebenskampf gebeutelte Edgar tut alles, um sich an den Mann, sprich an den Manager und so an das erhoffte Kapital zu bringen. Mit Lügen, mit viel Tamtam und Aufgeschneide. Der Autor Egbert Scheunemann hat ein gutes Händchen für Metaphern, Vergleiche und Wortzusammensetzungen (Katerausschwitzgymnastik, Schädelbekämpfungsprogramm). Sein durchgehend in indirekter Rede gehaltener Text liest sich flüssig, wobei der Leser angehalten ist, die Pointen nahezu in jedem Absatz zu suchen und zu finden.

Atemlos und noch laut lachend lege ich das schwarze spannende kleine Büchlein endlich aus der Hand und wollte mich beim Autor, meinem Gegenüber, herzlich bedanken. Doch der war offensichtlich davongeeilt, sicherlich, um eine neue Episode über einen schwerfälligen Rezensenten, der wohl an seinem Text gescheitert sein dürfte, eine tiefgründig ausgefeilte, sachlich geschriebene Buchbesprechung zu Papier zu bringen – oder besser – in die PC-Tasten zu hauen. Des Autors offerierte Poesie-Satire auf dem großen Werbeteller hat dem Markt gemäß jedoch gut funktioniert. Der geistige Hunger ist geweckt. Bis zum nächsten Mal, Herr Egbert Scheunemann, rufe ich in Gedanken. Oder waren es Kästner und Tucholsky? Hier im Portugiesen natürlich. Herr Kellner, bitte Hefeweizen. Für alle drei...(PK)


Egbert Scheunemann: Trilogie des Scheiterns. Drei Erzählungen,
Kurzgeschichten, was auch immer, Hamburg-Norderstedt 2015, ISBN 9783734746659, 104 Seiten, 9.80 Euro

Erstveröffentlichung dieser Rezension in der Neuen Rheinischen Zeitung:

http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=22013&css=print

Weitere Texte des Rezensenten:

http://cleo-schreiber.blogspot.com

Harry Popow: „Platons Erben in Aufruhr. Rezensionen, Essays, Tagebuch- und Blognotizen, Briefe“, Verlag: epubli GmbH, Berlin, 316 Seiten, www.epubli.de, ISBN 978-3-7375-3823-7, Preis: 16,28 Euro

Harry Popow: „In die Stille gerettet. Persönliche Lebensbilder.“ Engelsdorfer Verlag, Leipzig, 2010, 308 Seiten, 16 Euro, ISBN 978-3-86268-060-3

Montag, 14. September 2015

Saftladen und Vulkanausbruch

ALEX: Unmenschlicher Saftladen

Harry, ich bewundere Dich. Dein Essay in Deinem Blog vom 8. September und das Zitat Fritz Raddatz´s: Träume galten nicht dem Haben, sie galten dem Sein, in dem er zum Ausdruck brachte: „Für die Menschen zumindest meiner Generation war Geld nicht der Maßstab. Es bestimmte nicht den Lebenshorizont. Verwirklichung fand in der Arbeit statt", lenkte mein Suchen auf die Antwort  nach den tieferen Ursachen der derzeitigen Flüchtlingskrise und überhaupt auf unmenschliches Verhalten.

In einem Gespräch (…) vertrat ich die Auffassung, dass letztlich der Mensch genetisch an irgend einer Stelle seines "Ichs" mit einem Gen Namens GIER behaftet sei. Mein Gesprächspartner rückte mich zurecht und empfahl mir, mich bei ERICH FROMM in seinem Werk „Haben oder Sein" schlau zu machen. Das tue ich derzeit. Es ist äußerst interessant. Beschäftigt sich doch die Menschheit schon eine Ewigkeit mit den beiden Lebensweisen: SEIN oder HABEN. Das geht bis hin zu alt-testamentarischen Themen, über Meister Eckard (von dem ich bislang nichts wusste) bis zu unserem Karl Marx und zum Traum vom Leben „jeder nach seinen Bedürfnissen". Dahin, wo der Eine mehr benötigt und trotzdem nicht zu viel  hat, und der andere weniger und trotzdem nicht zu wenig hat. Also eben jeder nach seinen Bedürfnissen.

Du kennst meine oft um einige Ecken laufende Denkweise. Aber nun suche ich immer wieder angesichts des Flüchtlingsleids nach Antworten, was wann und wie wichtig, vorrangig, bedeutsam und zunächst den Flüchtlingen helfend ist. Bei allen eventuellen Möglichkeiten des Missbrauchs der Hilfeleistungen für diese Menschen durch einige Wenige oder mehr unter ihnen. 
Das alles lässt mir keine Ruhe. Es dreht sich doch um HABEN und SEIN. Und wer sich so, wie die meisten Flüchtlinge, auf den Weg macht und dabei um Leib und Leben fürchten muss, der mag zwar etwas gehabt haben. Aber nun hat er nichts. Er sitzt im Mittelmeer im Schlauchboot. Vielleicht ertrinkt er. Er ist im Sinne von SEIN nichts. Weil er außer seinem Leben, sein wenig persönliches Habe am Körper und vielleicht noch ein krankes Kind und viel Hoffnung, NICHTS hat. Aber das ist dann alles im Sinne von HABEN. Und das wird ihm auch noch strittig gemacht.

Und trotz vieler Helfer schauen Millionen Menschen in dem aus rein kommerziellen Gründen gebildeten fiskalischen Gebilde EU und dem nun in arge Bedrängnis geratenden EURO zu. Also muss man Grenzen schließen. Klar: Über sie gerät das Geld nicht mehr adäquat zum Fließen der Flüchtlingsströme. Und grenzenlos Reisen? Na ...? Von Süd nach Nord ? Oder umgekehrt? In den sonnigen, aber ärmeren Süden?

Die Partner in der EU sperren sich. Sie HABEN. Sie SIND. Sie zwingen ihre Regierungen nicht zur Hilfe. ES GIBT KEINE VERPFLICHTENDEN FESTLEGUNGEN: So ein unmenschlicher Saftladen! Hier müssten die deutschen Politiker brüllen wie die Löwen. Was tun sie? Sie piepsen wie die Mäuse, bauen und verkaufen Panzer. Damit finanzieren sie unseren Wohlstand, leisten wir Flüchtlingshilfe und zeigen, dass wir etwas sind (im Sinne von SEIN); weil wir etwas haben.Das ist auch eine Art von Korruption. Oder?

Das einzig Tröstliche das wir haben, es sind die vielen ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer und entbehrliche Sachen.
Ihnen gebührt wirklich große Anerkennung. Selbst geschliffene, treffende und leider missachtete und belächelte, weil nichts ändernde Bundestagsreden, sie lösen die Probleme dieser neuen beinahe Völkerwanderung nicht. Sie benennen (leider ) nur die Symptome. Somit bleibt: "Der Arme spricht zum Reichen bleich, wär ich nicht arm, wärst du nicht reich".

Aber nichts desto trotz, lieber Harry: Bitte schreibe weiter so klar und mutig Deine - unsere Meinung im Schreiber Blog!
Vielleicht nimmt die Zahl der unsere Auffassungen teilenden Menschen und ihr Tätig-Werden dadurch zu.

Du weißt doch : Die Hoffnung stirbt zuletzt!


HP-Antwort: Verheerender Vulkanausbruch

Lieber ALEX, wie immer bist Du der aufmerksamste Kumpel. Natürlich würde ich Deine wesentlichen Zeilen wieder bei mir unterbringen. Ja oder nicht Ja?

Wir sprechen immer von der Allgemeinen Krise des Kapitalismus. Zugespitzt in den Perioden der Kriege und der Inflation usw. Was jetzt passiert, ich weiß, Du denkst ebenso, ist ein weltweiter Vulkanausbruch. Das imperialistische System fällt den Völkern auf die Füße. Verursacht durch stramm profitorientierte Killer, die sich – vor allem in Deutschland – den Anschein der (natürlich notwendigen) solidarischen Hilfe geben. Das „gute“ Deutschland. Wir sind die Besten, die Größten, wir übernehmen die Verantwortung für die Armen, und wenn es sein muss, mit militärischer Gewalt. Warum übrigens sprach Gysi vor dem Bundestag die IMPERIALISTISCHEN Ursachen nicht direkt an?

Gleichzeitig werden die Kriegsprofiteure weiter ihre Waffengeschäfte machen und zulassen, dass Bomben auf hilflose Völker geworfen werden. Welch eine Heuchelei, die nicht von allen Leuten durchschaut wird. (Siehe auch Syrien, wo Russland dem Assad helfen und gleichzeitig den IS bekämpfen will, was zu einem durch die USA und durch die Mitmacher in der BRD verschuldeten großen Krieg führen wird.)

Und im Inneren der BRD splittet sich die Szenerie weiter auf und vor allem nach rechts, was wiederum die Gegenkräfte auf den Plan ruft, bei weiterer Duldung der NPD und deren Mitläufer.


Man, wie stolz waren und sind wir ehemaligen NVA-Angehörigen, Waffengänge in Deutschland und in Europa mit verhindert zu haben. Kein Bollwerk mehr in Sicht. Doch: Millionen, die sich entgegenstemmen, persönlich, oft privat, manchmal mit großen Demos, wie die geplante am 10. Oktober in Berlin um 12 Uhr am Hauptbahnhof gegen TTIP u.a. Veranstaltungen. Doch dem Damm der Unvernunft kommt man eben nicht bei, auch nicht durch eine oder tausende Lichterketten und klugen Worte. Um wen aber sollte man sich zusammenfinden? Um die zahlreichen aus dem Sumpfland sprießenden kleinen und großen Kontra-Bewegungen? Wer ein bissel politisch beschlagen ist, der wüsste eine Antwort. … Abwarten allerdings und sich weiter nur schlau machen? Da könnte es bereits zu spät sein. ...(Völker hört die Signale...)

Samstag, 12. September 2015

Für Allianz gegen IS

Für Allianz gegen IS



SEPTEMBER 12, 2015

Ihnen sind die Mordbanden des IS lieber als die rechtmäßige Regierung Assad: „Gleichzeitig kursiert in liberalen deutschen Medien unter dem Titel „Erst Assad, dann der Islamische Staat“ ein Appell, dem Sturz Assads Priorität vor dem Krieg gegen den IS einzuräumen.“


Syrien:

Westliche Regierungen machen sich zu Komplizen von Terroristen, Banditen und Massenmördern


Machtkampf in Nahost
BERLIN/MOSKAU/DAMASKUS

Quelle: german-foreign-policy vom 11.09.2015

Der deutsche Außenminister spricht sich gegen etwaige militärische Aktivitäten Russlands im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ (IS) in Syrien aus. „Es kann nicht sein, dass jetzt wichtige Partner … auf die militärische Karte setzen“, äußerte Frank-Walter Steinmeier zu Berichten, denen zufolge Moskau seine Lieferungen von Kriegsgerät an die syrische Regierung stark ausweite und womöglich eigene Militäroperationen gegen den IS plane. Russland, das in der Weltpolitik zur Zeit allgemein seine Positionen stärkt, hat in den vergangenen Monaten auch seine Syrien-Aktivitäten beträchtlich ausgeweitet und ist jetzt dabei, eine Allianz gegen den IS unter Einschluss der Regierung von Bashar al Assad zu schmieden. Sollten die Bemühungen erfolgreich sein, würde Moskau dem Westen damit eine empfindliche diplomatische Niederlage bereiten. Westliche Gegenaktivitäten haben entsprechend begonnen. So hat etwa Bulgarien auf Druck der USA seinen Luftraum für russische Versorgungsflüge gesperrt. Griechenland wird aufgefordert, dasselbe zu tun. Der Konflikt zwischen dem Westen und Russland verschärft sich damit nun auch im Nahen Osten. In Deutschland werden Forderungen laut, den Krieg gegen den IS zurückzustellen und dem Sturz Assads Vorrang zu geben.

(...)

weiterlesen: siehe Link oben

Freitag, 11. September 2015

Wer im DUNKLEN verharrt

Wer im „Dunkeldeutschland“ verharrt

http://www.neues-deutschland.de/artikel/983993.wagenknecht-fluechtlinge-nicht-gegen-investitionen-ausspielen.html

Auszug Rede Dr. Gregor Gysi am 09.09.2015 Uhr im Deutschen Bundestag:

Update 9.50 Uhr: Gysi betont Ursachen für Krieg und Armut

Linksfraktionschef Gregor Gysi hat die Bundesregierung zu einer entschlossenen Bekämpfung von Krieg und Armut als wichtigste Fluchtursachen aufgerufen. Als drittgrößter Waffenexporteur der Welt leiste Deutschland aber stattdessen einen wichtigen Beitrag zur Verschärfung von Konflikten weltweit. »Diese unheilvolle Politik muss überwunden werden«, sagte Gysi am Mittwoch in der Generaldebatte im Bundestag.
Der Linken-Politiker forderte von der Bundesregierung zudem ein stärkeres Engagement zur Bekämpfung von Fluchtursachen. »Menschen fliehen, um nicht getötet, nicht vernichtet zu werden«, sagte Gysi. Auch Hunger und Armut seien Fluchtgründe. Dagegen müsse die Bundesregierung mehr unternehmen. (…)

Private Notiz von Harry:


Wie man in der Fernsehübertragung sehen konnte, hatte die Bundeskanzlerin in ihrer Parlamentsbank anderes zu tun, als auf Gysi zu hören. Sie tat anderes. Für sie gilt Mahnendes nicht. Sie wendet sich ab. Sie hört einfach nicht hin. Sie kann Weltveränderungspläne schon nicht mehr hören. Sie hat taube Ohren dafür. Ihr Antennen sind woandershin ausgestreckt. (Wer wüsste das nicht!) Dank Gauck kann man nun noch schärfer erkennen, wer noch im Dunklen verharrt.

Dienstag, 8. September 2015

Um Interessen und Verdummungsmethoden - Essay

Fiktives über den Autor von „Eine langweilige Geschichte“, Anton Tschechow
Arme Seelen zwischen allen Stühlen

Ein Essay von Harry Popow

Wieder einmal sitzt ein Herr Professor, nennen wir ihn Herr O., und nicht nur er, zwischen allen Stühlen. Die Welt spielt verrückt. Im Weltzirkus legen die einen neue Zündschnüre, die anderen warnen vor neuerlichen blutigen Katastrophen. Das ungeheuerliche Resultat: Flüchtlingsströme nach Europa. Und die Ursachen, die eigentlichen, werden weitgehend verschwiegen, geschweige denn mit der Wurzel ausgerottet. Wer noch die Kraft hat, darüber nachzudenken, der schaue sich erstens die verschiedenen Interessenlagen in der Welt an sowie die offenen und verdeckten Methoden, mit denen sie – teilweise mit brutaler Gewalt – durchgesetzt werden von der jeweiligen Machtelite. Von beiden Polen soll hier die Rede sein.


Der russische Schriftsteller Anton
Pawlowitsch Tschechow
Quelle: wikipedia

Es ist der 1.9.2014. Der Professor traut seinen Ohren nicht. Ausgerechnet am Weltfriedenstag folgende Meldung in der ARD: Der Herr Gauck, bekannt als ein Pfarrer, der nichts gegen Waffen hat, besucht Polen. Keine Entschuldigung wegen des Überfalls des deutschen Imperialismus auf Polen. Kein Wort davon, dass die Aggression mit einer Provokation der Faschisten begann, siehe Sender Gleiwitz. Statt dessen ein Bild des Kriegsschiffes, das den ersten Schuss abgegeben hat. Ein Zufallstreffer? Heute ebenso die "altbewährte Methode von Provokationen". So die Ukraine-Krise, die mit der allseitigen Unterstützung der ukrainischen Faschisten gestartet wurde. Russland sei der neue Gegner. Die alten Verbrecher sind aus der Gruft des Nürnberger Prozesses entkommen. Sie leben noch, sie schießen wieder. Es ist zum Kotzen.

Entsetzen über solche Geschichtsverfälschungen, über diese Verdummung des Volkes! Wen trifft es nicht ganz tief im Herzen? Gibt es noch so etwas wie Wahrheit, die bekanntlich vor Kriegen zuerst stirbt? Muss er das überhaupt wissen, der Herr O.? Kann es ihm nicht egal sein? Fühlt er sich als Rentner nicht zufrieden? Eine Beruhigungspille muss her, denn Goethe schrieb bereits im „Faust, I. Teil, im Jahre 1808: „O glücklich, wer noch hoffen kann, Aus diesem Meer des Irrtums aufzutauchen! Was man nicht weiß, das eben brauchte man, Und was man weiß, kann man nicht brauchen...“

Die Gedanken des Herrn O. schweifen zurück, weit zurück. Ja, er gehörte zu jenen Ossis, die zunächst dem Schleim nach Freiheit, die es im Westen angeblich geben sollte, 1989 auf den Leim gingen. Ihm, wie auch anderen einstigen DDR-Bürgern, wurden nach der „Wende“ die Augen geöffnet, so wie z.B. der ehemaligen Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley: Sie setzte alles daran, so sagte sie damals, eine andere Gesellschaft zu erreichen, und sie merke (…), das sei ja alles noch viel schlimmer, perspektivloser, Ressourcen vergeudender und unsozialer als damals.

Nicht genug damit. Herr O. fand folgende Zeilen von Herrn Fritz Raddatz (einst DDR-Bürger, dann Flucht in den Westen) in „Unruhestifter“, (Erinnerungen, List Taschenbuch, Ullstein Verlage S. 436) aufschlussreich: „Die Bundesrepublik ist zwar als Staatsform eine Republik; aber sie ist es ihrer inneren Verfasstheit, Moral, Geistigkeit, ihrer politischen Hygiene nach nie gewesen. Sie hat die Nazizeit so wenig ´bewältigt` wie die Weimarer Republik die Kaiserzeit; beide Staaten übernahmen den komplett erhaltenen Beamten-, Militär- und Wirtschaftsapparat des alten Staates. Beide Staaten übernahmen den alten Gefühlshaushalt und Wertekatalog. Beide Staaten waren/sind innen morsch.“ Auf Seite 240 schrieb Raddatz: „Für die Menschen zumindest meiner Generation war Geld nicht der Maßstab, es bestimmte nicht den Lebenshorizont. Verwirklichung fand in der Arbeit statt. (…) Träume galten nicht dem Haben, sie galten dem Sein.“

Der Wissenschaftler O. war einst hoch angesehen, auch international. Auf einem sehr wichtigen Spezialgebiet. Unentbehrlich für weitere Forschungen. Behauptete sich durch große Fähigkeiten und enormes Wissen. Dann besetzten die neuen Herrscher das Land: Raus aus dem Unternehmen! Wir brauchen Sie nicht! Er, der Professor: Ich will ja nur weiter auf meinem Fachgebiet forschen. Atempause. Kurzes Überlegen beim Evaluierer. Das Angebot: Er möge das Materiallager übernehmen...

Diese Demütigung wird Professor O. niemals vergessen. Gibt es eine größere Frechheit, eine größere Dummheit? Eine größere Verachtung geistigen Schaffens? Da war sie – die berüchtigte westliche Arroganz. Ungeist duldet keinen Geist neben sich. Oder wollte man aus ihm einen Hofnarren machen? So wie im Jahre 1714 Friedrich Wilhelm I. den Präsidenten der preußischen Akademie der Wissenschaften Jacob Paul von Gundling in sein „Tabakskollegium“ befiehlt und ihn fortan zum Hofnarren stempelt? (Karl-Heinz Otto, „Gundling“, Edition Märkische Reisebilder, 1. Auflage 2003, Seite 18.)

Und heute als Rentner? Professor O. sitzt gerne am Computer und schreibt und schreibt. Politische Texte. Auch Rezensionen. Lässt er davon etwas per online ins Netz entwischen, dann kann er sich mitunter frisch machen. Zustimmung auf der einen, Zeckenbisse auf der anderen Seite. Er sei einer, der die neue Zeit verschlafen habe, ein Ewiggestriger, ein Träumer. Ihn möge man bald entsorgen, aber das Alter tue es ja ohnehin, biologisch sozusagen…

Die Täuschung - „SO oder SO“

Wo ist der Sinn des Lebens geblieben? Der Professor liest folgende treffende Worte in der Monatszeitschrift RotFuchs vom August 2014: „Die Erosion der unipolaren Weltordnung seit dem Ende des Kalten Krieges hat sich durch die Ukraine-Krise beschleunigt, während Russland als aufsteigende Großmacht neues Selbstvertrauen gewinnt. Es ist nicht gewillt, der 20jährigen NATO-Ausdehnung auf seine Kosten weiterhin keinen Widerstand entgegenzusetzen.“

In der gleichen Schrift schreibt die Autorin Samira Manthey von der Methode der Eliten, Zweifel und Hoffnungslosigkeit zu säen, indem den Lesern eingetrichtert wird, man müsse alles „so oder so“ sehen. Begriffe würden ihre Eindeutigkeit verlieren, Möglichkeiten wären schöner als `Festschreibungen, „es gäbe keinerlei Gemeinsamkeiten zwischen Individuen und vor allem nicht die daraus resultierende Verantwortung füreinander.“

Alles so oder so sehen? Nach keinem Standpunkt streben? Keine Meinung, keine Urteilskraft ausbilden wollen? Welch ein Verlust an Werten geht da vonstatten, fragt sich Herr O. Er hat von der USA-Militärdoktrin gelesen, vom Bestreben Washingtons, in der Welt zu dominieren, Europa als Aufmarschgebiet gen Osten unter seinen Fittichen im Griff zu behalten. Was kann er, der Herr Professor, dagegen tun? Eigentlich gar nichts. Oder doch? Vielleicht eine Buchlesung organisieren? Als Hilfe zur Aufklärung? Um zu zeigen, mit welchem Menschenbild und mit welchen Methoden das Weltkapital gegen die Völker vorgeht? Beginnen würde er als Verehrer des russischen Schriftstellers Anton Tschechow mit dessen Erzählung vom Jahre 1889 „Eine langweilige Geschichte“. Ein Zitat ist ihm ans Herz gewachsen:

Wenn im Menschen nicht das lebt, was höher und stärker als alle äußeren Umstände ist, dann freilich genügt für ihn ein ordentlicher Schnupfen, um das Gleichgewicht zu verlieren und in jedem Vogel eine Eule zu sehen, ...“ (Seite 87).

Auf Seite 90 bedauert der Dichter jene Menschen, die sich von keiner Idee, sprich Weltanschauung, leiten lassen, als arme Seelen, als Kreaturen, die „keine Zuflucht“ finden. Und er hänsele gerne, wo er „mit einem Fuße schon im Grabe stehe!“ ( Seite 71, Insel-Verlag, Leipzig 1977).

Wer sucht und findet heute, im Jahre 2014, Zuflucht, Lebenssinn? Es scheint, Tschechows literarische Mahnung im zaristischen Russland würde nach fast 130 Jahren fortgeschrieben werden müssen. Diesmal in Europa, mehr noch in Deutschland. Nur unter einem anderen Titel. Der sollte lauten: „Arme Seelen zwischen allen Stühlen.“

Wie soll man sich positionieren? Gibt es fertige Antworten? Wie ist es mit der Neugier bestellt, mit dem Drang nach Bildung? Was geschieht heute in und mit der Gesellschaft? Muss er sich eine Antwort geben? Soll es ihm wie dem alten russischen Professor ergehen, den der gute alte Anton Tschechow im Regen stehen ließ, als dieser seiner Pflegetochter nicht darauf antworten konnte, worin der Sinn des Lebens bestehe. Wer und warum verführt und verdummt man die Hörer und Leser? Weiß er es, der heutige Prof. O.?

Liebe contra Menschenverachtung

Herr O., angetrieben von inneren Ängsten, ob die Welt nunmehr im Jahre 2014 am Scheideweg steht, ob wieder Kriege dominieren oder die Hoffnung auf ewigen Frieden, zweifelt. Wer ist schuld am Dilemma zwischen neuerlichem Waffengeklirr und der Lethargie, der Abwartehaltung vieler „armer Seelen“? Wer will das eindeutig beantworten? Wo „es uns doch so gut geht?“ Sind etwa die Politik und die Medien mit ihren Denkschablonen, Verführungskünsten und Verhaltensmustern so leicht zu durchschauen? Steht bei denen der Mensch im Mittelpunkt? Ja doch, rufen die Zecken. Du darfst alles, du bekommst alles. Du musst nur kaufen auf Teufel komm raus. Dann bist du okay. Ist das nicht eine Absage an das Menschsein, fragt sich Herr O. Eine Antwort findet er in der Zeitung „junge Welt“, geschrieben von Werner Seppmann:

Es wird ein Menschenbild negiert, das als Gegenprinzip zur Welt der Entfremdung und Verdinglichung dienen könnte. Die theoretische Abwertung des Menschen korrespondiert mit der Weigerung, sich überhaupt noch mit den gesellschaftlichen Verhältnissen und den von ihnen produzierten Entfremdungsformen jenseits symbolischer Beschwörungsrituale auseinanderzusetzen.“

Liebe oder Menschenverachtung? Was dominiert? Was soll man dazu sagen, wenn bereits Studenten darauf getrimmt werden, die Politik und vor allem das Soziale nicht mit ins Kalkül ihrer Bestrebungen zu ziehen? Es sei nicht notwendig, sich mit diesem unnützen Zeug zu beschäftigen? So gelesen in dem soeben veröffentlichten Büchlein „Warum unsere Studenten so angepasst sind.“ Autorin: Christiane Florin.

Ist diese Anpassung nur bei Studenten anzutreffen? Warum ganze Heerscharen von Hörern und Lesern schlucken sollen, was die Oberen samt ihrer Medien verkünden, fragt sich der Rentner. Er sammelt und sammelt in online-Zeitungen und politischen Sachbüchern. Und wird fündig...

Geist verscharren & Geist retten

Es ist der fünfzehnte August. Den Herr Professor O. schüttelt ein Lach- und gleichzeitig ein Weinkrampf. Da wurde in den Nachrichten gemeldet, der Kopf des großen Denkers Lenin sei einst nach der sogenannten Wende im Walde vergraben worden. Die einen frohlocken, die anderen verspüren symbolisch einen großen Verlust. Die Ersteren glauben mit Sicherheit, mit dem Verscharren des Granitschädels die Menschheit auf ein Nimmerwiedersehen von seinem Geist befreit zu haben, die Gegenspieler sind nicht müde geworden, ihn wieder – symbolisch – aus der Erde zu kratzen. Angst vor dem großen Geist auf der einen Seite – Verlust und Wiederbelebungsversuche auf der anderen. Zwei Pole, die sich gegenseitig abstoßen. Die den tieferen Grund bilden für das Dilemma in unserer Welt. Die einen verscharren den menschlichen politischen Geist – die anderen kratzen ihn wieder an´s Tageslicht. So oder so...

Zu den Ersteren gehört auch Brandenburgs Ministerpräsident. Der lässt am 17. August 2014 im „Märkischen Sonntag“ verlauten: „Unser Nachwuchs muss ein so bedeutsames Datum kennen und einordnen können (er meint den 13. August 1961, Anmerkung H.P.). Auch wenn wie heute selbstbestimmt und in Freiheit leben, so bleibt es zugleich wichtig, an das Unrecht und an die Mauertoten zu erinnern.“

Was faselt da Herr Woidke (und andere Politiker stoßen in das gleiche Horn), man müsse etwas einordnen können? Wenn bei TV-Umfragen fast jeder zweite gar nicht mehr weiß, wann die „Mauer“ erbaut wurde? Wenn deren Sinn flöten gegangen ist, wenn die geschichtlichen Ursachen des vom Westen provozierten Kalten Krieges totgeschwiegen und lediglich auf Tränen, Familientrennungen und Opfer in der Berichterstattung reduziert werden? Die Betrachtungsweise, das „So oder so“ bekommt damit eine viel größere und wichtigere Funktion, eine politische Dimension. Zu kurz gedacht?

Da redet der Herr Bundespräsident - und mit ihm die ganze Schar der Politischen und Kapitalmächtigen - bei der Beurteilung des Ersten Weltkrieges lediglich von den Schrecken der menschlichen Katastrophe, und das Jetzige müsse mit der Waffe in der Hand europaweit verteidigt werden. So gauckelt einer rum, der unter Freiheit lediglich die Finanzgewaltigen und deren Machtfestigung meint. Und die Verursacher der Kriege? Dazu kein Wort, das wäre ja Selbstmord. Dafür schwingen andere Töne durch den Äther: „Wir sind wieder wer!“ Auch mit Waffenlieferungen an die irakischen Kurden? Großmachtgelüste lassen grüßen.

Niemand der sogenannten Eliten und ihrer Marionetten hat also das Wohl der Menschen im Auge. Die Neuaufteilung der Welt steht allemal wieder auf der Tagesordnung. Was bist du als Bürger im Kapitalismus? Freiwild auf dem Wild-Tanz-Parkett des ungezügelten Marktes. Wenn du kein Konsumidiot sein willst und kannst - dann bist du ein überflüssiger Mensch. So einfach und brutal ist das. Das einstige WIR tendiert zum ICH! Deshalb lobpreisen sie den Individualismus. Zertreten kollektive Erfahrungen, jeglichen Rest von Solidarität, lassen dem Zwischenmenschlichen mit ihrer kalten Gier nach Profit keinen Raum mehr. Predigen die Selbsthilfe, um Geld zu sparen. Soll doch jeder zusehen, wie er weiterkommt. Der Staat hält sich raus. Weitgehend. Und die Deutschen erklimmen im europäischen Raum eine Vormachtstellung. Für wen bitte? Und züchten gehorsame Mitläufer. Auch mit dem Sturmgewehr in der Hand?

Freiheit für wen? Und diesen Begriff benutzen die Oberen heute als Schlagwort! Nichts steckt dahinter als das was tatsächlich gemeint ist: Die Herrschaft des Kapitals. Dafür sollst du leben, dafür sollst du zahlen, dafür sollst du - einst unter dem Motto für Gott und Vaterland - dein Leben geben. Ist hier jemand betrunken? Im Kern geht es um eine sehr grundlegende Fehleinschätzung der realen Welt. Die einfach existiert, und zwar ohne den Willen der Menschen. Diesen Natur- und gesellschaftlichen Gesetzen hat sich die Menschheit unterzuordnen. Freiheit ohne deren gesetzmäßige Grundlagen zu betrachten bedeutet schlechthin eine idealistische Sicht. Sie zu berücksichtigen, um keine Fehldiagnosen zuzulassen, erfordert eine realistische, dialektische Sicht. So einfach liegen die Dinge, will man sich nicht von den Herrschenden verkohlen lassen. Da hilft keine Frömmelei, kein Wille, es sich menschlich einrichten zu wollen - wenn du gesetzmäßige Abhängigkeiten und Zusammenhänge arrogant ignorierst, dann wirst du es eines Tages zu spüren bekommen. Dann gehst du halt bei stürmischer See ins Wasser und der Sog zieht dich hinaus auf ein Nimmerwiedersehen. Tödlich wird das Ganze, wenn man dem ursächlich vorhandenen Zusammenhang zwischen Maximalprofit und der Entstehung und dem Führen von Kriegen aus dem Wege geht. Tödlich für Millionen von Menschen. Gewinnbringend für die angestrebten Millionen der Kriegsgewinnler. So oder so.

Um Symptome oder Ursachen?

So oder so?“ Sozialismus oder Barbarei? Frieden oder Krieg? Muss man da noch überlegen, abwägen? Wo leben wir? Diese schwankende, lavierende Unverbindlichkeit als Methode. Sie folgt haargenau dem oben geschilderten bürgerlichen Menschenbild. Du hast stets die Wahlmöglichkeit. Oben sein, ganz oben, oder im Nirgendwo landen. „Na und?“, meint mancher Zyniker. Substanz oder Inhalt. Reden oder Tun. Sich mit Symptomen begnügen oder den Ursachen auf den Grund gehen? Verpackung oder Inhalt. Make-up oder Leere. Oberfläche oder Tiefe. Das Böse oder das Gute? (Übrigens die einfältigste Sicht, die es gibt auf Erden.) Wachstum statt Fortschritt, Konflikt statt Krieg, Kollateralschäden statt zivile Opfer.„Tafeln“ als Aushängeschilder des sich sozial gebärdenden Staates. Da rühren die Allmächtigen am Schlaf der Welt, rühren die Kriegstrommeln - und keiner regt sich auf? Befinden wir uns noch im Wachzustand?

Ich will, dass unsere Frauen, Kinder, Freunde und Schüler in uns nicht den Namen und nicht die Etikette lieben, sondern einfach den Menschen“, schreibt Anton Tschechow in der langweiligen Geschichte auf Seite 86.

Zum Haare raufen! Das verbietet niemand. Das „großartige“ demokratische Angebot der Mächtigen im pluralistischen System: Da darfst´e schreiben oder quasseln bis dein Kopf qualmt, schimpfen, randalieren, die Politik fertigmachen, demonstrieren. Du darfst lesen oder den TV einstellen, einen anderen Sender wählen oder alles auch sein lassen. Du darfst überhaupt alles rausschreien in Mails, Briefen, Beschwerden und Artikeln - das Ganze hat nur einen Haken: Es geht alles durch ein unsichtbares Sieb. Das nennt sich nicht Zensur, nein, nein, es ist eine Methode der Ablenkung, des Totschweigens, der Orientierung auf Banalitäten, auf Nebensächlichkeiten. Die angepriesene Vielfalt soll für Demokratie stehen. Das ist irritierend. Und bemäntelt gleichzeitig die wahren Absichten der oberen Zehntausend nach Macht und Profit auf Kosten des Sozialen. Die Negierung des Gesamtzusammenhangs - das ist Ideologie der schlimmsten Art, das ist gewollt. Was ist eine Hochwassergefahr, die gebändigt werden kann, gegen eine mächtiger werdende geistige Vertuschungs- und Verdrehungs-Flut? Unterhaltung aber auf seichteste Art liegt immer gut im Rennen, lässt sich gut verkaufen, ist richtig cool. Herr O. kann ein Lied davon singen...

So wird Verdruss geboren. Gleichgültigkeit. Und Untätigkeit, etwas ändern zu wollen und zu können. Manche greifen zum Alkohol, andere beten wieder, vielen ist es schnuppe, sie arbeiten und machen sich keinen Kopf. Viele jüngere Leute besinnen sich nur auf sich selber. „Viele junge Menschen leben völlig losgelöst von echter gesellschaftlicher Aktion als schnäppchenjagende Konsumenten und törichte Objekte politischer Manipulation. Das geschieht zur Freude derer, die Solidarität und echte Massenimpulse gar nicht erst aufkommen lassen wollen.“ (RotFuchs August 2014)

Das Politikverständnis habe sich verflüssigt, bemängelt Christiane Florin in ihrem in Teil I genanntem Buch zu den angepassten Studenten auf Seite 20, es sei unterspült „von einer Mischung aus Desinteresse und punktuellem Engagement. Verflüchtigt hat sich der Gedanke, dass politisches Bewusstsein zum Erwachsenwerden dazugehört.“

Schwindet mit dem WIR die Verantwortung des Einzelnen für das Ganze? Dazu ein Zitat aus dem „RotFuchs“ (August 2014, S. 13): „In einer Zeit, in der sich die Tagespolitik fast ausschließlich mit Krisen und Kriegen beschäftigt, werden Völkerrechtsverbrechen und der Bruch elementarer Menschenrechtsnormen zur Gewohnheit. Man nimmt sie gewissermaßen als Begleiterscheinungen des politischen Geschehens hin, weil ja ohnehin niemand zur Verantwortung gezogen wird. Die Eigenschaft des menschlichen Verstandes, Autoritäten und Entscheidungen zu hinterfragen, ist vielen leider abhanden gekommen. Eine perfide Propaganda entzieht ihnen die Fähigkeit, über Zusammenhänge tiefer nachzudenken, zumal sich das Leben der meisten auf einen reinen Existenzkampf reduziert hat. Der verbleibende Rest an frei verfügbarer Zeit wird immer mehr mit Late-Night-, Talk-, Dschungel- und Ekel-Shows sowie Videospielen vergeudet. Da bleibt für eigenes Denken kein Platz. Begriffe wie Recht und Gesetz werden von den Herrschenden bagatellisiert oder instrumentalisiert, wenn sie ins Bild passen, um noch so abstruse Ziele oder Geschehnisse zu rechtfertigen.“

Nein, nein, Herr O. lässt sich nicht mehr täuschen: Weder bei gutem Essen noch bei geistiger Kost, weder beim Einkaufen noch bei verführerischen Werbetelefonaten, weder bei falschen Versprechungen noch bei angeblichen Mogelpackungen, weder bei inhaltlich flachgebürsteten TV-Produktionen noch bei oberflächlichen Talk-Shows, weder bei fehlerhaften Diagnosen von Ärzten noch bei falsch servierten Speisen im Restaurant. Tiefgründige Diagnosen? Fehlanzeige, das gefährdet das Überleben der angeblichen Elite.

Wer wehrt sich? Zwischen Kriegsgeschrei auch ein Mahnruf der Linken, endlich mal wieder: So ist in der jungen Welt vom 14.08.2014 mit der Überschrift „Gescheiterte Staaten in Serie“ eine Gemeinsame Erklärung der Vorsitzenden der Partei DIE LINKE, Bernd Riexinger und Katja Kipping, sowie des Vorsitzenden der Linksfraktion im Bundestag, Gregor Gysi, zu lesen: „Die Welt steht am Scheideweg zwischen einer neuen Ära der Eskalation in Blockkonstellationen und einer Renaissance internationaler Konfliktlösungsmechanismen im globalen Maßstab.“

Stehen auch die Menschen am Scheideweg? Was tun, wenn ihnen lediglich ein Ist-Zustand vorgezeigt wird, wenn ihnen Ursachen vorenthalten werden? Das ist geistige Unterdrückung. Das verdirbt und vernebelt die Hirne, das macht die Menschen letztendlich krank und gefügig. Damit ist die Verführung perfekt, der Magen verdorben und das Hirn entleert. Das Resultat oberflächlicher und inhaltsloser Berichterstattung: Kälte, Enthemmung, Leichtsinn, Arroganz, Interessenlosigkeit, Unglaube an Veränderungen, Inaktivität, Zurückziehen auf das nur Private. So beginnt der langsame Tod, die seelenlose Etappe des Absterbens der eigentlichen Werte - der Frage nach dem Sinn des Lebens. Des Zustandes, dass es keine Fragen mehr gibt. Die Armut des Materiellen hat eine Schwester: Die Armut der Zufriedenen, die sich behaglich zurücklehnen und im „Berufsleben“ stets auf Lauer-Position sein müssen. Gleichgültigkeit und Abscheu vor Politik, das ist Verfall.

Herr Professor O. und Tschechow-Verehrer wird seine Buchlesung halten. Seine Krankheit der drohenden Sorg- und Interessenlosigkeit hat er überwunden. Selbstbestimmt. Wenn auch das Wort noch kein Tun ist. Er wird, das ahnt er, seine Lesung über den Sinn des Lebens womöglich in einem halbleeren Saal halten. Seine Gedanken? Werden sie ins Leere gehen? Vor müde abnickenden Studenten? Wäre das ein Zeichen des Verfalls? Das Unbehagen jener bourgeoisen Gelehrten und Publizisten in Zeitungen und Sachbüchern, die Zustände zwar markieren, treffend und kritisch oft, sozusagen in jedes Fettnäpfchen tretend, hält an: Lösungen sind nicht in Sicht? Bleibt es dabei: So oder so? Arme Seelen zwischen allen Stühlen? Oder übersieht er sie – die Anzeichen vom Widerstand der Unzerbrechlichen weltweit? ...

Lieber Anton Tschechow, es wird wieder andere Zeiten geben, versprochen!
(Erstveröffentlichung in der Neuen Rheinischen Zeitung:

Mehr über den Rezensenten: http://cleo-schreiber.blogspot.com

Dieses Essay "Arme Seelen..." findet man auch im folgenden Buch:

Harry Popow: „Platons Erben in Aufruhr. Rezensionen, Essays, Tagebuch- und Blognotizen, Briefe“, Verlag: epubli GmbH, Berlin, 316 Seiten, www.epubli.de , ISBN 978-3-7375-3823-7, Preis: 16,28 Euro

http://www.epubli.de/shop/buch/PLATONS-ERBEN-IN-AUFRUHR-Harry-Popow-9783737538237/44867


Harry Popow schrieb auch folgendes Buch: „In die Stille gerettet. Persönliche Lebensbilder.“ Engelsdorfer Verlag, Leipzig, 2010, 308 Seiten, 16 Euro, ISBN 978-3-86268-060-3)