Montag, 27. November 2023

Kapitalismus bedeutet Krieg - Tod und Verwüstung sascha313

 Entnommen: https://sascha313.wordpress.com/2023/11/26/116640/

Kapitalismus bedeutet Krieg – Tod und Verwüstung

Erstellt am 26. November 2023 von sascha313

Kriegsminister

Wenn der Verteidigungsminister eines Landes für mehr „Kriegstüchtigkeit“ im eigenen Volk wirbt und hernach in ein kriegführendes Land reist, das von einem faschistischen Regime beherrscht wird, so muß man sich fragen, welche Ziele verfolgt eigentlich seine Regierung. Sind es friedliche Absichten oder kommt er im Auftrag des USA-Imperialismus und der heimischen Rüstungsindustrie? Hatte nicht zuvor schon eine Waffenlobbyistin sich lautstark für mehr Aufrüstung im Lande eingesetzt? Die Situation in Europa ist brandgefährlich. Vor etwas mehr als 10 Jahren begann der faschistische Putsch in der Ukraine. Nunmehr ist mit dem massenmörderischen Angriff Israels auf das Volk von Palästina in Gaza ein weiterer Brandherd hinzugekommen. Doch was ist mit der Ukraine? Die offizielle Vertreterin des russischen Außenministeriums, Maria Sachárowa, beschreibt es so:

Der verfassungswidrige Putsch in der Ukraine
Am 21. November 2013 begannen auf dem zentralen Platz in Kiew – dem «Majdan der Unabhängigkeit» – die Anti-Regierungs-Auftritte, die zum Ausgangspunkt und gleichzeitig zum Punkt der Nicht-Rückkehr jener Katastrophe wurden, die wir heute in der Ukraine erleben. Erfahrene, von US-amerikanischen und europäischen Instrukteuren ausgebildete Provokateure haben unter attraktiven Losungen für ein „besseres, europäisches“ Leben, für visafreie Reisen in die Länder der EU, für Demokratie, Meinungsfreiheit, Menschenrechte und den Kampf gegen Korruption Massen von Menschen zu Straßenprotesten geführt.

Das Assoziierungsabkommen mit der EU
Im Januar und Februar 2014 wurden die künstlich stimulierten Unruhen unter westlicher Führung zu bewaffneten Aufständen und endeten mit einem verfassungswidrigen Putsch, der von den Bewohnern vieler Regionen des Landes abgelehnt wurde. Ich erinnere Sie daran, daß die Entscheidung der Regierung, die geplante Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der EU zu verschieben, als Auslöser für die Ereignisse vom November vor zehn Jahren diente. ☝️ Ich will hier noch einmal unterstreichen: Es ging nicht um die Ablehnung der Assoziierung, sondern um den Aufschub der Unterzeichnung. Tatsache ist, daß Kiew Verpflichtungen im Rahmen der GUS-Freihandelszone hatte und die neuen Verpflichtungen, die es im Zusammenhang mit der Assoziierung zur EU einzugehen beabsichtigte, zu diesem Regime im Widerspruch standen.

Was hat der Majdan-Putsch der Ukraine eingebracht?
❗ Im November 2013 gingen der Westen und die radikale, neonazistische ukrainische Opposition va-banque, d.h. sie gingen das Wagnis ein, den multivektoriellen Kurs der Ukraine endgültig zu verändern, um die ukrainische Wirtschaft und Politik in das westliche, neokolonialistische Koordinatensystem zu integrieren. Heute ist es angebracht, eine Frage zu stellen, was genau der «Euromajdan» der Ukraine gebracht hat? 👉 Die Antwort ist offensichtlich. Aus einer souveränen, industrialisierten und vielbevölkerten Republik der ehemaligen UdSSR hat sich die Ukraine zu einem armen, aussterbenden Gebiet entwickelt. Das Land hat seine staatliche Unabhängigkeit verloren und befindet sich im Zugriff westlicher Kolonisatoren, die seine Innen- und Außenpolitik bestimmen.

Quelle: Briefing des Russischen Außenministeriums am 21. November 2023
Faschismus in der Ukraine
Die sowjetische Publizistin Ljubow Pribytkowa schreibt: „Zu Tausenden wüteten die Horden der Bandera-Faschisten auf dem Majdan, besetzten die Regierungsgebäude, zerstörten Lenin-Denkmäler und die Denkmäler für die Helden der Sowjetunion, bewarfen die Milizeinheiten mit Brandflaschen, zündeten Berge von Autoreifen an, verprügelten mit Stöcken alle, die ihnen nicht gefielen. Der Majdan verwandelte sich in ein riesiges Flammenmeer. Dutzende Milizionäre wurden verletzt. In Lwow wurde das Büro der kommunistischen Partei der Ukraine verwüstet, der Sekretär des KP der Ukraine, Rostislaw Wassilko, wurde grausam gefoltert. Die Machtergreifung der Banditen in Kiew war nur möglich aufgrund der Unentschlossenheit des Präsidenten Janukowitsch, dieses schwachen und willenlosen Politikers, der nur dank der ausländischen Banken auf diesen Posten gelangt war.“

Quelle: https://sascha313.wordpress.com/2014/05/07/l-pribytkowa-der-faschismus-in-der-ukraine/
Die russische militärische Spezialoperation
Putin über die russische militärische Spezialoperation:
▪ Rußland hat die militärische Spezialoperation begonnen, weil es keine anderen Mittel mehr gab;
▪ der Krieg in der Ukraine wurde 2014 von Kiew begonnen, acht Jahre lang wurden Frauen, Kinder und alte Menschen getötet;
▪ es wurde klar, daß es keine zivilisierten Wege zur Gewährleistung der Sicherheit mehr gab;
▪ Man hat Rußland im Bemühen um eine friedliche Lösung in der Ukraine „an der Nase herumgeführt“, es war notwendig geworden, darauf zu reagieren.

Wie ist das mit dem Nazismus in Europa?
Nach der Befreiung Europas vom Faschismus durch die Sowjetunion 1945 war in der DDR der Faschismus mit der Wurzel ausgerottet worden. Es entstand ein sozialistischer Staat, in dem die Produktionsmittel dem Volke gehörten und kein Platz mehr war für nazistische und neonazistische Abenteuer. Die Nazi- und Kriegsverbrecher (soweit sie nicht nach Westdeutschland, Südamerika, Kanada oder in die USA geflüchtet waren) wurden hart bestraft. Sogar mit der Todesstrafe. Vor allem die Jugend der DDR wurde im antifaschistischen Sinne zu Völkerfreundschaft und zu internationaler Solidarität mit den unterdrückten Völkern erzogen. Antifaschismus war ein Grundprinzip in allen sozialistischen Ländern. Auch und vor allem in der Sowjetunion. Noch heute erinnern sich die Menschen an den hinterhältigen und wortbrüchigen Überfall Hitlerdeutschlands auf die UdSSR, und sie gedenken der Opfer des Nazismus, wie das folgende Beispiel zeigt…

Das faschistische Vernichtungslager in Sobibór
SobiborAm 14. Oktober 1943 organisierten Häftlinge des Nazi-Vernichtungslagers Sobibór unter der Führung des sowjetischen Kriegsgefangenen Alexander Petscherski einen Aufstand. Dieses Ereignis zählt zu den berühmtesten Beispielen des heroischen Kampfes gegen den Nazismus und war de facto die einzige erfolgreiche Flucht aus einem Nazi-Konzentrationslager. Sobibór war eines der sogenannten Vernichtungslager im Südwesten Polens, das ausschließlich für die systematische Ermordung von Juden und Kriegsgefangenen errichtet wurde. Es war vom 15. Mai 1942 bis zum 15. Oktober 1943 in Betrieb. In den anderthalb Jahren seines Bestehens ermordeten die Nazis nach verschiedenen Schätzungen zwischen 150.000 und 250.000 Menschen.

Applaus des kanadischen Parlaments für einen Massenmörder
Zu Beginn waren es kollaborierende Kriegsgefangene mit ukrainischen Wurzeln, die als Wächter fungierten. Ab 1943 bestand die Mehrheit von ihnen aus Mitgliedern der freiwilligen SS-Division Galizien. In dieser Gruppe befand sich auch der heutige neue «Held» der westlichen Gemeinschaft, dem das kanadische Parlament Applaus spendete. Die Geschichte von Sobibór wurde Teil der Anklage wegen der verbrecherischen und unmenschlichen Taten der Nazis im Nürnberger Prozeß. Berichte von Zeugen und Teilnehmern des Aufstands bildeten die Grundlage vieler Bücher und Filme. Die Heldentat von Alexander Petscherski und anderer Häftlinge wird für immer in unserem Gedächtnis bleiben und an zukünftige Generationen weitergegeben.

Quelle: Russische Botschaft in Deutschland
Und was hat das alles mit der BRD zu tun?
Darüber schrieb schon 1967 ein Autorenkollektiv der DDR (und die Situation ist nach der feindlichen Annexion der DDR heute wiederum nahezu unverändert): „Der westdeutsche Imperialismus stellt die Hauptgefahr für die Erhaltung des Friedens in Europa dar. Er strebt nach Hegemonie über Europa und nach der Revision der Ergebnisse des zweiten Weltkriegs… Im Interesse seiner Expansionspolitik ist er bestrebt, die bürgerlich-parlamentarische Demokratie in der Bundesrepublik zu beseitigen und seine formierte Herrschaft zu errichten. Er hat erneut eine mächtige Militärmaschine aufgebaut und strebt nach atomaren Waffen. Durch die daraus erwachsenden Gefahren gewinnt der Kampf der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten erhöhte Bedeutung.

Für den Frieden und den gesellschaftlichen Fortschritt
Unter den Bedingungen des staatsmonopolistischen Kapitalismus nimmt der ökonomische Kampf der Werktätigen objektiv-politischen Charakter an. Forderungen nach ökonomischen, politischen und kulturellen Reformen sind nur zu verwirklichen, wenn sie mit dem grundsätzlichen Kampf gegen die monopolkapitalistische Herrschaft verbunden werden. Der Kampf um die Sicherung des Friedens durch die Abwehr der Notstandsdiktatur und die Verteidigung der verfassungsmäßigen demokratischen Rechte wird immer dringlicher. In dieser Auseinandersetzung muß die Arbeiterklasse ein festes Bündnis mit allen demokratischen und friedliebenden Kräften schaffen, das fähig ist, die staatsmonopolistische Herrschaft zu überwinden und damit den Weg für den gesellschaftlichen Fortschritt frei zu machen.“

Quelle: Kleines politisches Wörterbuch,  Dietz Verlag Berlin, 1967, S.285.


Freitag, 24. November 2023

Eine weitere Niederlage für den Imperialismus? LZ

 Entnommen: https://linkezeitung.de/2023/11/24/eine-weitere-niederlage-fuer-den-imperialismus/

Eine weitere Niederlage für den Imperialismus?

VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 24. NOVEMBER 2023 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR

von Paul Oswald – https://kommunistische-organisation.de

Bild: Zerstörter M60-Kampfpanzer der IDF, 1973, Sinai-Halbinsel (Wikimedia: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Israeli_M60_wreckage.jpg)

Überblick über aktuelle Analysen zu den politischen Auswirkungen der Al-Aqsa Flut

Am 07. Oktober mit dem Beginn der Al-Aqsa Flut gelang dem palästinensischen Widerstand die bisher größte militärische Offensive seiner mehr als 70-jährigen Geschichte. Unabhängig von den weiteren Einschätzungen zeigen die Ereignisse, erstens, dass der Versuch des Westens und der Besatzungsmacht, Palästina Stück für Stück zu zerstören und politisch zu begraben, gescheitert ist – Palästina ist mit voller Wucht auf die internationale Bühne zurückgekehrt – zweitens, dass der Widerstand zu einem großen Teil einheitlich handelt, damit seine Aktionsfähigkeit gestärkt hat und gesellschaftliche Spaltungen überwindet und drittens, die Schwäche des Besatzerstaats in bisher ungekanntem Ausmaß – das aufgebaute Narrativ der Unverwundbarkeit der Siedlerkolonie ist zerstört. Die Aktion übt des weiteren Druck auf verschiedene Akteure der Region auf, was potenziell Bündniskonstellationen verändert, die politische Landkarte wandelt und eine existenzielle Gefahr für die zionistische Entität bürgt.

Es gibt bisher wenig Debatten über die Einschätzung der Ereignisse und Entwicklung auf größerer Ebene, obwohl es sich offensichtlich um Ereignisse historischen Ausmaßes handelt. Politisch handelt es sich um eine Offensive des palästinensischen Widerstands und um die völlige Offenlegung des politischen Bankrotts der zionistischen Besatzungsmacht, die nur mit Zerstörung reagieren und lediglich mit militärischer Unterstützung der USA überleben kann.

Durch die Entwicklungen wird schnell die Frage aufgeworfen, welche Auswirkungen die Al-Aqsa Flut auf die Region haben wird. Aber auch in welcher Situation sich allen voran der US-Imperialismus befindet und ob die Ereignisse in Palästina bspw. zu einem Strategiewechsel führen könnten. Einige Einschätzungen und Analysen werden hier kurz dargestellt. Dies kann lediglich eine Momentaufnahme darstellen und soll als Aufschlag dienen, für eine kontinuierliche Beschäftigung mit den laufenden Diskussionen.

In den mir bisher bekannten Analysen zeigen sich im Wesentlichen zwei unterschiedliche Linien, was die politische Einordnung der Al-Alqsa Flut hinsichtlich des US-Imperialismus anbelangt:

Die Al-Aqsa Flut bietet den USA die Möglichkeit einer Offensive, die sich übergeordnet gegen die BRICS und die Neue Seidenstraße richtet und dabei vor allem den Iran in das Visier nimmt. Nach dieser Einschätzung haben die USA ein Interesse am Genozid in Gaza und einer Ausweitung der Kampfhandlungen auf die gesamte Region. Vereinfacht nenne ich diesen Argumentationsstrang Offensive des US-Imperialismus.
Die USA haben kein Interesse an einer Ausweitung des Konflikts auf die gesamte Region. Der US-Imperialismus wird von Netanjahu in einen Konflikt hineingezogen, der nicht nur die Zionisten, sondern auch die US-Hegemonie existenziell bedroht und einen nächsten Schritt im globalen Abstieg der USA darstellt. Diese Perspektive fasse ich unter steigender Druck auf US-Herrschaft zusammen.
Während sich die erste Linie vor allem bei Journalisten wiederfindet, die in ihren Veröffentlichungen von einer zunehmend multipolaren Weltordnung ausgehen, lassen sich die Vertreter der zweiten Linie keinem eindeutigen Spektrum zuordnen.

Am Ende dieses Artikels werden noch zusätzliche Artikel dargestellt, die nicht direkt zu einer der beiden Linien zuzuordnen sind, aber dennoch interessante Zusammenhänge darstellen z.B. die Situation der Besatzer, aber auch das Verhalten von Ländern wie Russland zu Palästina.

Offensive des US-Imperialismus
Die weitreichendsten und am sichersten klingenden Einschätzungen, die eine Offensive des US-Imperialismus sehen, habe ich bisher bei The Cradle und Geopolitical Economy von drei Autoren gelesen, die nicht selten zusammen publizieren (Pepe Escobar, Ben Norton und Michael Hudson).

Eindämmung der BRICS

Pepe Escobar setzt die Al-Aqsa Flut in einem Artikel für The Cradle[i] in den Kontext der wachsenden Anzahl an Ländern die in die BRICS+ aufgenommen werden wollen. Die Al-Aqsa Flut böte den USA die Möglichkeit den Druck auf die BRICS+ Staaten zu erhöhen. Der Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate spielen für die BRICS eine Schlüsselrolle bei der Entdollarisierung, dessen Ziel darin besteht den Petrodollar zu umgehen. Von dieser Annäherung der BRICS und den OPEC+ würden die Öl-Staaten enorm profitieren.

Gleichzeitig bestehen seit den 1960er Jahren Pläne den Ben-Gurion-Kanal vom Golf von Aqaba bis zum östlichen Mittelmeer zu bauen. Dieser würde bis zum nördlichen Gazastreifen laufen. Dieser Kanal würde es dem Besatzerstaat ermöglichen, zu einem zentralen Energieknotenpunkt zu werden und den ägyptischen Suezkanal zu verdrängen. Dies passe nach Escobar zu einer möglichen Rolle Israels im Kampf um neue Wirtschaftskorridore, den die USA führen. Escobar nennt beispielhaft den Indien-MidEast Corridor (Imec) als ein solches Projekt.

In diesen Kontext stellt Escobar auch das Auftreten Netanjahus im September bei einer UN-Versammlung, bei welcher er eine Karte des „Neuen Nahen Osten“ präsentierte, auf der Palästina vollständig ausgelöscht war.

Die USA würden derzeit versuchen, die BRICS an zwei Fronten anzugreifen: in Südamerika und in Westasien. In Südamerika durch die Unterstützung Mileis in Argentinien, der versprochen hat die Beziehungen zu Brasilien abzubrechen. In Westasien durch die Erhöhung des Drucks auf Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate die Annäherung der OPEC+ an die BRICS zu blockieren. Escobar schätzt ein, dass die Biden-Regierung dem Druck aus einem Teil der amerikanischen Bevölkerung nicht nachgeben wird, den Genozid in Gaza zu stoppen. Für Escobar stellen Kriege in Europa und in Westasien die einzige Chance für die USA dar, ein „friedliches Eurasisches Jahrhundert“ zu verhindern.

Fokus auf den Iran

In einem Interview, das Ben Norton mit Michael Hudson führte[ii], schätzt dieser ein, dass die USA Israel so lange antreiben werden, bis die Hisbollah eingreifen werde. Dies würde den USA nicht nur ermöglichen den Libanon anzugreifen, sondern auch den Iran. Aus diesem Grund habe der US-Imperialismus Flugzeugträger und ein Atom-Uboot in der Region stationiert.

Die Angriffe auf Gaza dienen den USA als Vorwand um gemeinsam mit der Besatzerarmee einen syrischen Flughafen zu bombardieren, um zu verhindern das Syrien Waffen an den Libanon senden kann.

Ben Norton führt in dem Interview aus, dass die USA den Plan verfolgt haben, sieben Länder in Nordafrika und Westasien in fünf Jahren zu destabilisieren: Irak, Iran, Libanon, Libyen, Somalia und den Sudan. Der Iran sei das einzige Land, was seitdem nicht völlig zerstört worden wäre. Israel hat bei dieser Politik eine Schlüsselrolle gespielt. Michael Hudson meint, dass die Neocons in den USA davon ausgehen, dass sie keine bessere Chance bekommen würden, den Iran anzugreifen, als sie aktuell haben. Wenn es den USA gelingen sollte, dass Öl im Nahen Osten zu kontrollieren (vgl. Escobars Ausführungen), dann erhielten die USA die Möglichkeit über Energiesanktionen Länder davon abzuhalten, eine eigenständigere Entwicklung zu fördern (Multipolarität). Der Iran habe dies verstanden. Auch China und Russland wüssten, dass es um den Iran ginge. Die Dämonisierung des Irans durch die amerikanischen Medien diene als eine Kriegsvorbereitung.

Auch der amerikanische Ökonom Paul Craig Roberts[iii] spricht davon, dass die USA ein Interesse daran hätten, den Krieg regional auszuweiten und den Iran und Syrien mit einzubeziehen. Roberts meint, dass die israelische Regierung gewusst haben müsse, dass US-Streitkräfte sofort vor Ort sein werden, da sie durch den Angriff auf Gaza sehr verwundbar sind.

Der Kolumnist Sergej Ischtschenko spricht davon[iv], dass sich die Flottenbewegung der USA im Indischen Ozean sich nicht gegen die Hamas, sondern gegen den Iran richten. Auch Ischtschenko spricht davon, dass ein Jahr vor den Präsidentschaftswahlen und der Niederlage in der Ukraine, die Möglichkeit gegen den Iran vorzugehen, wie ein Geschenk für die amerikanische Elite zu sehen sei. Der Iran habe sich trotz militanter Rhetorik bislang faktisch zurückgehalten.

Hasan Illaik[v] (The Cradle) betont ebenfalls, dass die Stationierung amerikanischer Flotten dazu diene, Israel in ihrem militärischen Vorgehen zu ermutigen.

Sicherung des Abschreckungspotenzials

Der französische Autor Thierry Meyssan[vi] stellt das Risiko für die USA an militärischem Abschreckungspotenzial zu verlieren ins Zentrum seiner Argumentation. Die USA befürchten nach einer Niederlage in Syrien und in der Ukraine eine baldige Niederlage in Palästina. Meyssan wirft die Frage auf, wieso Staaten dann weiterhin in Dollar handeln sollten, wenn diese keine Angst mehr vor der amerikanischen Armee haben bräuchten.

Defensive und Schwäche der USA
Im Unterschied zu den oben erwähnten Artikeln, sehen andere Autoren in der Al-Aqsa Flut vor allem eine enorme Schwächung des US-Imperialismus sowie der Zionisten.

Schwächung der amerikanischen Position

Häufig wird sich in Artikeln auf das sogenannten Abraham-Abkommen der USA bezogen. Seit 2020 haben eine Reihe von Staaten ein diplomatisches Dokument unterschrieben, durch welches sich die USA eine Annäherung von Staaten in Westasien und Nordafrika an Israel erhoffen, ohne die Palästinafrage dafür lösen zu müssen. Neben den USA zählen zu den Unterzeichnern Bahrain, die Vereinigten Arabischen Emirate, Marokko und der Sudan.[vii]

Abdalljawad Omar schreibt in einem Artikel für Mondoweiss[viii] zu den Abrahmen-Abkommen, dass sie den Versuch der USA darstellten, regionale Bündnisse durch die Normalisierung der Beziehungen zu Israel herzustellen, ohne die Palästinafrage dabei zu lösen und ihre Soft Power zu erhöhen. Dies solle den USA dazu dienen, den militärischen Fokus auf Asien verlagern zu können. Die Situation, dass die Besatzer Verhandlungen ablehnen, sorge dafür, dass militärische Unterstützung notwendig wurde, was für den amerikanischen militärisch-industriellen Sektor eine zusätzliche Belastung neben dem Ukrainekrieg darstelle. Auch wirke sich das israelische Vorgehen auf das amerikanische Bündnissystem aus und schließt US-Soldaten mit ein.

In einem Artikel für Peoples Dispatch schreibt Abdula Rahman[ix] entgegen den Einschätzungen, die bei The Cradle oder Geopolitical Economy zu finden sind, dass viele Länder in Westasien, darunter auch jene, die die sogenannten Abraham-Abkommen unterzeichneten, zum Krieg in Gaza eine klare Position einnehmen und die Zionisten als den Aggressor verurteilen und ein Ende der Besatzung fordern. Die Besuche von Biden und Blinken in der Region führten nicht zu mehr Zuspruch, was die USA erst dazu veranlasst habe, Militär zu entsenden. Die Mehrheit der Regierungen seien dazu übergegangen, ihre Palästinaposition zu überdenken, zum einen durch den Druck durch die Bevölkerung, zum anderen wegen der sich veränderten geopolitischen Lage in der Region. Rahman führt das Beispiel Saudi-Arabien an, die eine Gaza Konferenz ausrichten werden, zu der auch der Iran eingeladen wird.

Ein sehr interessanter Artikel findet sich im Magma-Magazin von Sara Flouders[x]. Sie schreibt, dass die Al-Aqsa Flut den Mythos der „Unbesiegbarkeit“ des Siedlerstaats endgültig zerstört habe. Ähnlich wie Abdula Rahman schätzt Flouders ein, dass die sofortige Reise von Biden und das Versprechen von mehr Waffenlieferungen Ausdruck der Schwere des Schlags seien, den die US-Hegemonie erlitten habe. Der wachsende Zorn im Nahen Osten gegen die USA, haben die Abraham-Abkommen erledigt. Flouders konstatiert, dass die irakischen Raketenangriffe auf die verbleibenden US-Militärbasen, der Territorienverlust in Syrien und der Beschuss aus dem Jemen auf Israel für die strategische Position der USA gefährlich seien. Der Artikel kommt zu dem Schluss, dass die Tage der Besatzung gezählt seien, da Millionen von Siedlern täglich prüfen würden, wann ihre Sicherheit nicht mehr gewährleistet werden könne.

Schwächung von alternativen Wirtschaftskorridoren

Im Unterschied zu Pepe Escobar (s.o.) sieht Vijay Prashad[xi] das Vorhaben der USA einen Wirtschaftskorridor von Indien über den Nahen Osten bis Europa (Imec) aufzubauen, durch die Al-Aqsa Flut bedroht. Dieses Vorhaben sei ins Stocken geraten, weil es für Saudi-Arabien und die Vereinigten Emirate undenkbar geworden sei, ihre Beziehungen zu Israel zu normalisieren. D.h. im Unterschied zu Escobar, aber auch Michael Hudson, die davon schreiben, dass der Druck auf diese beiden Länder derzeit der entscheidende Punkt sei, schließt Vijay Prashad dies aus. Er zieht den Schluss, dass das Projekt scheitern wird und insgesamt die Wirtschaftssanktionen gegen China fehlschlagen werden.

Oberhand durch Achse des Widerstandes

Interessant in Bezug auf das Endsenden von Flotten durch die USA, sind die Ausführungen des Bloggers SIMPLICIUS THE THINKER[xii]. Er bewertet die Flotten eher als einen Reflex der USA. Mittlerweile komme es fast täglich zu Angriffen auf US-Stützpunkten in der Region. Durch die US-Flotten gehe natürlich eine Gefahr aus, allerdings würden diese eher darauf hindeuten, dass aktuell eher der Iran und die Achse des Widerstandes den Ton angeben würden. Dies steht in Widerspruch zu den oben angeführten Annahmen, wonach sich die Achsenstaaten eher zurückhalten werden. Der Blogger bezieht sich auf die internationalen Erwartungen, die an die Rede von Nasrallah gerichtet wurden: Nach SIMPLICIUS THE THINKER übersähen diejenigen, die lediglich auf ein stärkeres militärisches Eingreifen der Hisbollah hofften, dass die langsame Strategie der Spannung durch zunehmende Versöhnungen in der Region und dem Wachsen von neuen Bündnissen, die vom Iran und der Achse des Widerstands verfolgt wird, dem Westen einen viel größeren Schaden zusetzten.

Fehlendes Interesse an Ausweitung

Trita Parsi beschreibt in einem Artikel für Telepolis[xiii], dass Israel keine Ausweitung des Kriegs anstrebe. Durch eine zweite Front würde sich die Lage für die Besatzer enorm verschlechtern. In dem Artikel wird argumentiert, dass eigentlich kein Akteur von einem Krieg profitieren würde. Die Hisbollah aufgrund der schlechten ökonomischen Lage im Libanon. Gleiches gelte für den Iran. Biden könne sich wegen dem Scheitern in der Ukraine und den wachsenden Spannungen mit China keinen Krieg in Westasien leisten. Auch Ägypten, Syrien, aber auch Saudi-Arabien hätten nichts zu gewinnen durch eine Ausweitung. Die USA stünden unter enormen Druck, dadurch, dass die Hisbollah und potenziell der Iran in den Krieg gezogen werden. Ein direktes Eingreifen der USA in Gaza, oder gegen die Hisbollah oder den Iran würden größere Angriffe auf US-Truppen und Interessen nach sich ziehen. Das aktuelle Vorgehen Bidens, die Hisbollah und den Iran zu warnen, und gleichzeitig Israel aufzufordern, sich nicht zurückzuhalten, werde zu einem Flächenbrand führen. Im Unterschied dazu sei es den USA nach Hasan Illaik[xiv]  gelungen, Israel davon zu überzeugen, seine Ziele zurückzuschrauben und eine geplante umfassende Bodenoffensive verhindern. Seitdem verfolge Israel spezifischere Ziele: die Kontrolle des Nordens und dem äußeren Rand Gazas und die Befreiung von Gefangenen.

Letzte Hoffnung für Netanjahu

James North argumentiert in einem Artikel bei Mondoweiss[xv], im Unterschied zu Trita Parsi, dass es Netanjahu sei, der einen Krieg gegen den Iran provoziere, um dadurch die politische Katastrophe durch den 07. Oktober zu verschleiern. Ein großer Krieg wäre das einzige, das ihn im Amt halten könnte. Aus Norths Sicht und in Abgrenzung zu den obigen Artikeln, hätten die USA kein Interesse an einer Ausweitung des Kriegsgeschehen. In dem Artikel wird angeführt, dass der israelische Diplomat Alon Pinkas davon sprechen würde, dass die USA und Israel wegen der Situation in Gaza in einem Konflikt stünden. North sieht eine Gefahr darin gegeben, dass die israelische Lobby in den USA Netanjahu verteidigt und die Republikaner die Biden-Regierung dafür kritisiere, dass die USA nicht fest genug an der Seite Israel stehe. Dies könne dazu führen, dass Biden der zunehmenden Eskalation Netanjahus in Gaza, aber auch jenen gegen den Iran nachgeben könnte.

Risse in der pro-israelischen Lobby

Der Journalist Saurah Kumar Shahi [xvi] erläutert, dass die internationale Ordnung, welche von den USA geführt wird im Sterben liegt. Dies stellt noch keinen Widerspruch zu den weiter oben angegebenen Positionen dar. In seiner Analyse beleuchtet er einen nicht unwesentlichen Zusammenhang: Er erwähnt, dass die Proteste in Europa und den USA größer würden und dies bedeute, dass es für die Eliten schwieriger werde, die Interessen der pro-israelischen Lobby über die der eigenen Bevölkerung zu stellen. Die Stimmen, die eine Gerechtigkeit für die Palästinenser fordern werden unter den westlichen Eliten lauter. In dem Artikel wird die Einschätzung getroffen, dass die pro-israelische Lobby in der Politik bereits Risse verzeichne. Des zeige sich in europäischen Ländern wie Spanien, Griechenland und Irland, die sich für Palästina aussprechen. Dies sei ein Rückschlag für die pro-israelische Kräfte der jeweiligen Länder.

Weitere Themen
Russlands Rolle

Bezogen auf die Rolle Russlands gibt es unter Analysten sehr divergierende Einschätzungen. Paul Craig Roberts[xvii] spricht beispielsweise davon, dass Putin andere Akteure zurückhalte, damit sich der Krieg nicht ausbreite. Dadurch würde Russland den USA die Oberhand überlassen, wodurch wiederum das Risiko eines Flächenbrandes steige.

Pepe Escobar[xviii] betont hingegen, dass Russland seine neutrale Position verlassen habe. Putin spreche nicht nur eindeutig davon, dass es keine Rechtfertigung dafür gebe, was in Gaza passiere, sondern auch davon, dass es eindeutig sei, dass sich die USA im Abstieg befänden und mit dem Chaos, dass sie verbreiten, versuchen würden, ihre Rivalen einzudämmen. Russland erkenne zwar das Existenzrecht Israels an, allerdings nur so lange eine „faire Lösung auf der Grundlage der UN-Resolution” garantiert bliebe, wie der russische UN-Abgeordnete deutlich machte.

Wirtschaftliche Situation Israel

Kit Klarenberg[xix] schreibt, dass der Angriff auf Gaza Israel bisher knapp acht Milliarden Dollar gekostet habe und jeden weiteren Tag Ausgaben in Höhe von 260 Millionen Dollar verursache. Mehrere Bauprojekte seien zum Erliegen gekommen, weil die Besatzer keine Palästinenser mehr arbeiten lassen wollen würden. Zusätzlich sei der Tourismus, welcher für die israelische Wirtschaft eine wichtige Stütze darstellt, komplett ausgefallen. Innerhalb des Technologiesektors bahne sich eine Krise an, dessen Ausmaß für die Zionisten noch schwer abzusehen ist. Grund hierfür sei die sich verschlechternde Sicherheitslage. Es wird von Klarenberg eingeschätzt, dass die Al-Aqsa Flut zu einer Schwächung des israelischen Cybersicherheitssektors führen könnte.

In einem früheren Artikel spricht Klarenberg[xx] von einem völligen Versagen des israelischen Geheimdienstes, was britische und amerikanische Think Tanks in Erklärungsnöte brächte. Damit wendet sich Klarenberg gegen Erzählungen, nach denen die Al-Aqsa Flut von Israel zugelassen wurde. Die Offenlegung der Ineffektivität und Anfälligkeit der elektronischen Überwachsungs- und Kriegsführungssysteme durch Guerillaangriffe habe dem Ansehen des milliardenschweren Technologiesektors einen Schlag versetzt. Noch kurz vor Beginn der Operation des palästinensischen Widerstands berichteten israelische Medien über einen enormen Anstieg an Ländern, die im Jahr 2022 Cyberkriegsführungs- und Geheimdienstsysteme von Israel gekauft hatten.

Laut SIMPLICIUS THE THINKER[xxi] führe der Einzug von Reservisten zu einem erhöhten Druck auf die Wirtschaft Israels. Die Einkommen in Israel seien um 1/3 gefallen. Zusätzlich nehmen die Militärausgaben und die Schuldenquote zu. Dies führt den Blogger zu der Frage, wie lang Israel sich militärisch noch Zeit lassen könne. Er beschreibt das militärische Vorgehen als sehr langsam, da Feuergefechte vermieden würden.

In einer Bloomberg Studie[xxii] werden drei Szenarien über mögliche internationale ökonomische Auswirkungen des Kriegs beschrieben. In allen drei Szenarien ist die Wirkungsrichtung dieselbe und lediglich die Intensität variiere: Anstieg der Ölpreise, steigende Inflation und ein langsameres Wirtschaftswachstum.

Schlussbemerkung
Der knappe Überblick verdeutlicht, dass es sich mit der Al-Aqsa Flut um ein entscheidendes Ereignis für die imperialistische Vorherrschaft handelt, unabhängig davon, ob in den Ereignissen eine Offensive des Imperialismus gegen die nach politischer Souveränität strebenden Staaten gesehen wird, oder ob von Zentrifugalkräften ausgegangen wird, die die Region sowie die Imperialisten in einen ungewollten größeren Krieg ziehen.

Eine gewisse Einigkeit scheint für einen Großteil der Analysten darin zu bestehen, dass es auf die eine oder andere Weise einen größeren Krieg in der Region geben wird. Interessant ist hier zu sehen, dass auch diejenigen, die von einer Offensive der USA sprechen, ihre Niederlage bereits heraufziehen sehen. Dies rückt Palästina in das Zentrum der weltweiten antiimperialistischen Kämpfe und der palästinensische Befreiungskampf erhält strategische Bedeutung für antiimperialistische Kämpfe international.

[i] https://new.thecradle.co/articles/why-the-us-needs-this-war-in-gaza

[ii] https://geopoliticaleconomy.com/2023/11/12/why-us-support-israel-geopolitics-michael-hudson/

[iii] https://linkezeitung.de/2023/11/10/wird-der-hamas-israel-konflikt-ausser-kontrolle-geraten/

[iv] https://linkezeitung.de/2023/11/11/revanche-fuer-die-niederlage-in-der-ukraine-vor-dem-hintergrund-der-gaza-krise-bereiten-die-usa-einen-schlag-gegen-den-iran-vor/

[v] https://new.thecradle.co/articles/after-nasrallahs-speech-us-and-israel-escalate-gaza-war

[vi] https://www.voltairenet.org/article219976.html

[vii] https://dgap.org/de/forschung/publikationen/die-abraham-abkommen

[viii] https://mondoweiss.net/2023/11/could-the-war-in-palestine-potentially-undermine-the-u-s-israeli-strategic-partnership/

[ix] https://peoplesdispatch.org/2023/11/10/west-asian-governments-take-assertive-stances-against-israeli-occupation-and-its-crimes/

[x] https://magma-magazin.su/2023/11/sara-flounders/widerstand-in-gaza-zeigt-die-grenzen-der-us-macht-auf/

[xi] https://www.telepolis.de/features/Wie-der-Israel-Krieg-den-Handel-zwischen-Indien-und-Europa-abwuergt-9362495.html

[xii] https://linkezeitung.de/2023/11/11/sitrep-11-10-23-israels-wirtschaft-knickt-ein-russland-bricht-in-avdeevka-durch/

[xiii] https://www.telepolis.de/features/Israel-Gaza-USA-muessen-Waffenstillstand-fordern-um-regionalen-Krieg-zu-verhindern-9335015.html

[xiv] https://new.thecradle.co/articles/the-us-is-fueling-not-avoiding-a-regional-war

[xv] https://mondoweiss.net/2023/11/benjamin-netanyahu-is-using-joe-biden-and-it-will-cost-biden-his-presidency/

[xvi] https://orinocotribune.com/the-genie-has-escaped-the-bottle-the-zionists-dont-know-it-though/

[xvii] https://linkezeitung.de/2023/11/10/wird-der-hamas-israel-konflikt-ausser-kontrolle-geraten/

[xviii] https://new.thecradle.co/articles/russias-public-pivot-to-palestine

[xix] https://new.thecradle.co/articles/blowback-the-gaza-wars-massive-toll-on-israels-economy

[xx] https://new.thecradle.co/articles/israels-intel-failure-is-bad-for-business

[xxi] https://linkezeitung.de/2023/11/11/sitrep-11-10-23-israels-wirtschaft-knickt-ein-russland-bricht-in-avdeevka-durch/

[xxii] https://www.bloomberg.com/news/features/2023-10-12/israel-hamas-war-impact-could-tip-global-economy-into-recession

 

https://kommunistische-organisation.de/artikel/eine-weitere-niederlage-fuer-den-imperialismus/


Dienstag, 21. November 2023

Ukraine, Israel ... zwei Kriege, eine Dynamik - Kai Ehlers, Hamburg

 

https://kai-ehlers.de/2023/10/der-ukrainekrieg-im-zuge-des-globalen-wandels/  


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Ukraine, Israel … zwei Kriege, eine Dynamik

Stichworte für einen Versuch hinter die Tagesgräuel zu blicken

Von Kai Ehlers, Hamburg

Krieg in der Ukraine, Krieg in Israel, das sind zwei auseinander liegende Kriegsschauplätze, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Aber so unterschiedlich die Vorgänge in der Ukraine und in Israel zu sein scheinen, so vergleichbar sind doch ihre Dynamiken als nationalistische Extreme einer nachholenden Nationenbildung – nur zu verstehen als Ausdruck des in die Krise geratenen US- Globalismus und seiner Vorgeschichte.

Die Krise des Globalismus, das ist die Krise des Kolonialismus über drei Etappen: erster Weltkrieg – Überführung der Kolonien in abhängige Nationalstaaten; zweiter Weltkrieg – ethnische „Säuberungskriege“ im Zuge der nachkolonialen Neuordnung; Israels entwickelt sich zum ethnischen Stoßkeil des „Westens“ auf palästinensischem Boden; schließlich: Kalter Krieg – Auseinanderfallen der Sowjetunion und ungehemmtes Hervortreten der USA als „Einzige Weltmacht“, wie am klarsten von Zbigniew Brzezinski beschrieben.

Die Decke des Globalismus, unter der die USA nach dem kalten Krieg das Erbe der zusammengebrochenen Sowjetunion auf Dauer zu übernehmen gedachten, reißt heute im Zuge einer vierten, möglicherweise endgültigen Welle der Entkolonialisierung auf. Diese Entwicklung bringt neue Kräfte hervor, gestärkt von gewachsenem Selbstbewusstsein der ehemaligen Kolonien unter der Perspektive einer zukünftigen multipolaren Ordnung selbstständiger Nationalstaaten. Das ist in der Tiefe eine positive historische Dynamik, die nicht nur über die bisherige Kolonialgeschichte, sondern auch über die Decke der daraus hervorgegangenen „unipolaren“ US-Herrschaft hinausweist und ein neues Zeitalter, ein Zeitalter weltweiter, regionaler und lokaler Kooperation selbstständiger Nationalstaaten einleiten könnte.

Hier kann zukunftsorientiertes Denken einsetzen, das an der kooperativen Erhaltung unserer Welt in gegenseitiger Achtung der unterschiedlichen Interessen und kulturellen Werte der Völker und ihrer Gesellschaften orientiert ist. Das könnte der Dynamik der Selbstverwertung des Kapitals in Gestalt nationaler Konkurrenzen soziale Grenzen setzen. Das wäre eine Entwicklung, in der sich die Kulturen der alten und der neu heranwachsenden Welt im friedlichen Austausch ihrer Fähigkeiten und Möglichkeiten und im Interesse einer gemeinsamen Sorge um die Fortentwicklung unserer Welt ergänzen und zusammenwirken können, statt sich in gegenseitiger Konkurrenz Matt zu setzen – oder in den globalen Krieg zu treiben.

Das, um es so zu formulieren, sind die Lichter am fernen Horizont, die jenseits der gegenwärtigen Eskalationen sichtbar werden.

Aber…

Aber dieser Prozess der aktuellen, vielleicht letzten Stufe der Entkolonialisierung, also der tendenziellen Herausbildung nationaler, regionaler und lokaler Selbstständigkeiten in einer pluralen gemeinsam gestalteten Welt vollzieht sich nicht automatisch in kooperativen Formen, bringt auch nicht automatisch eine multinationale neue Ordnung gleichberechtigter gesellschaftlicher Einheiten und ein neues Verständnis des gemeinsamen globalen Wirtschaftens hervor, sondern befeuert zugleich auch noch eruptive, extreme, aggressive Formen des Nationalismus, die sich aus den Resten der unbewältigten Geschichte herleiten.

Extremster Ausdruck davon sind zurzeit die Vorgänge in der Ukraine und in Israel, die heute als nationalistische Geschwüre aus der kränkelnden „One-world“-Realität hervorbrechen. In der Ukraine geschieht das als Folge des Zerfalls des sowjetischen Imperiums, im Nahen Osten in der Folge der Kolonisierung Palästinas durch Israel als Speersitze des „Westens“ im arabischen Raum. Weitere nationalistische oder rassistische Eruptionen sind zu befürchten, wo Gruppen, Länder, Gesellschaften sich zwar von den nachkolonialen Fesseln befreien wollen, aber nicht bereit oder – zurückhaltender formuliert – noch nicht fähig sind zu offener ökonomischer und kulturübergreifender Kooperation im Zuge der sich herausbildenden neuen pluralen Ordnung. Da lauert am Horizont auch der Konflikt um Taiwan.

Diese aus der Vergangenheit gespeisten Konflikte, allen voran zurzeit der ukrainische und der israelische, können die Herausbildung der heute anstehenden möglichen multipolaren Ordnung verfälschen, sie in die Irre, in die Konfrontation, in neue rassistische „Säuberungskriege“, tendenziell in eine allgemeine Katastrophe ziehen – solange es den Statthaltern der gegenwärtigen unipolaren Ordnung unter Führung der USA immer noch gelingt, lokale oder regionale Konflikte, irregeleitete Nationenbildungen nach dem Prinzip „teile und herrsche“ für die Aufrechterhaltung ihrer Dominanz zu nutzen, um, so noch einmal in den Worten Brzezinskis zu sprechen, das Aufkommen globaler Rivalen verhindern.  

Es geht in diesen Kriegen jedenfalls, um das deutlich zu sagen, weder in der Ukraine noch in Israel um die Verteidigung der Demokratie. Jedenfalls, um es noch anders zu sagen, sind die inneren Konflikte nur der Hebel für die Noch-Weltmacht USA ihre globalen Rivalen auszubremsen – über die Ukraine zielt das auf Russland und China und nicht zu vergessen Europa, dass sich im unerklärten Krieg mit Russland erschöpft. Über Israel zielt es auf die Ölstaaten des mittleren und südlichen Ostens, die zusammen mit Russland in China bereit sind sich von der „westlichen“ Dominanz abzukoppeln und daran gehindert werden sollen.  

In Israel, um das deutlich zu sagen, geht es auch nicht um das Zurückkämpfen von Antisemitismus, erst recht nicht um die generelle Durchsetzung von Menschenrechten. Das zu erkennen, dazu reicht ein Blick auf die aktuellen Schlachtfelder in der Ukraine und in Israel, konkret die seit 2014 durchgeführte Dauerbombardierung des Donbass durch Kiew, konkret den gnadenlosen Bombenterror im GAZA-Streifen in Israel, der die vorangegangene Provokation seitens der Hamas weit übersteigt. Nicht vergessen werden darf die Siedlerterror im Westjordanland gegen die ansässigen Palästinenser. Rechtfertigungen wie die, mit diesen Kriegen werde „die Demokratie“ verteidigt – gegen die „russische Aggression“, wie Selenski erklärt, gegen „den Terrorismus“ wie Netanjahu es hinstellt – schrumpfen vor dem Hintergrund dieser der realen Vorgänge in der Ukraine wie auch in Israel auf pure Lippenbewegungen, auf ideologische Schleier, die über die tatsächlichen Vorgänge gezogen werden sollen.

Die tatsächlichen Vorgänge müssen ganz anders beschrieben werden. In der Ukraine wurde der historische Bonus des nachkolonialen Impulses, der zu einer selbstbestimmten Gesellschaft in kooperativer Vielfalt als Vermittler zwischen Russland und Europa hätte führen können, in einen aggressiven rassistischen Nationalismus verkehrt, für den Russen „Untermenschen“ sind. Zugewinn für die USA: ein geteiltes Eurasien, in dem Europa und Russland ihre Potenzen im halb erklärten Krieg aneinander verbrauchen. Israel hat seine Rolle als Opfer der Geschichte mit seiner gnadenlosen Antwort auf den Anschlag der Hamas, die nach Aussagen seiner führenden Militärs als „Tiere“ bekämpft werden müssen, vom Opfer zum Täter verkehrt. Hier könnte sich der Zugewinn der „einzigen Weltmacht“ allerdings durch die Empörung der arabischen, muslimischen und im weiteren Sinne südlichen Welt in einen strategischen Bumerang verwandeln.

So oder so: Der eine wie der andere Vorgang, der ukrainische wie der israelische Nationalismus verlässt, die Bahnen der humanen Gesellschaft – von Kampf um Demokratie, Kampf gegen Antisemitismus und für Menschenrechte ist schon gar nicht zu reden.

Solchen Entwicklungen kann nur mit dem Bewusstsein begegnet werden, dass Frieden und Menschlichkeit unteilbar sind.

Kai Ehlers, Hamburg >> https://kai-ehlers.de/

Montag, 20. November 2023

Russlands öffentliche Hinwendung zu Palästina - LZ

 Entnommen: https://linkezeitung.de/2023/11/20/russlands-oeffentliche-hinwendung-zu-palaestina-2/

Russlands öffentliche Hinwendung zu Palästina

VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 20. NOVEMBER 2023 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR


von Pepe Escobar – https://new.thecradle.co

Übersetzung LZ

Da die Unterstützung des Westens für Israels Gaza-Krieg nicht mehr zu rechtfertigen ist, schließt sich Moskau der globalen Mehrheit zur Verteidigung Palästinas an.

Die komplexe, nuancierte Frage der geopolitischen Neutralität Russlands in der israelisch-palästinensischen Tragödie wurde in der vergangenen Woche endgültig und unmissverständlich geklärt.

Beweisstück A ist die persönliche Ansprache des russischen Präsidenten Wladimir Putin am 30. Oktober vor dem Sicherheitsrat seines Landes, hochrangigen Regierungsvertretern und Leitern von Sicherheitsagenturen.

Zu den Zuhörern gehörten unter anderem Ministerpräsident Michail Mischustin, Duma-Sprecher Wjatscheslaw Wolodin, der Sekretär des Sicherheitsrats Nikolai Patruschew, Außenminister Sergej Lawrow, FSB-Direktor Alexander Bortnikow und der Direktor des SVR (Auslandsgeheimdienst) Sergej Narischkin.

Putin nahm sich keine Zeit, um den offiziellen Standpunkt der Russischen Föderation in den aktuellen geopolitischen Konflikten in der Ukraine und zwischen Israel und Palästina darzulegen. Dies war sowohl an sein hochkarätiges Publikum als auch an die politische Führung des westlichen Hegemons gerichtet.”

“Es gibt keine Rechtfertigung für die schrecklichen Ereignisse, die sich derzeit in Gaza abspielen, wo Hunderttausende unschuldiger Menschen wahllos getötet werden, ohne dass sie irgendwohin fliehen oder sich vor den Bombardierungen verstecken können. Wenn man blutverschmierte Kinder sieht, tote Kinder, das Leiden von Frauen und alten Menschen, wenn man sieht, dass Sanitäter getötet werden, dann ballt man natürlich die Fäuste, während einem die Tränen in die Augen schießen.”

Die US-geführte Koalition des Chaos

Dann kam eine Vorschau auf den Kontext: “Wir müssen klar verstehen, wer in Wirklichkeit hinter der Tragödie der Menschen im Nahen Osten und in anderen Regionen der Welt steckt, wer dieses tödliche Chaos organisiert hat und wer davon profitiert.”

Ohne Umschweife bezeichnete Putin “die gegenwärtig herrschenden Eliten in den Vereinigten Staaten und ihren Satelliten” als “die Hauptnutznießer der globalen Instabilität, die sie nutzen, um ihre blutige Miete zu kassieren. Auch ihre Strategie ist klar. Die Vereinigten Staaten als globale Supermacht werden schwächer und verlieren ihre Position, und jeder sieht und versteht das, auch wenn man die Trends in der Weltwirtschaft betrachtet.”

Der russische Präsident stellte einen direkten Zusammenhang zwischen dem amerikanischen Bestreben, “seine globale Diktatur” auszuweiten, und der politischen Obsession her, unaufhörlich Chaos zu verbreiten: “Dieses Chaos wird ihnen helfen, ihre Rivalen oder, wie sie es ausdrücken, ihre geopolitischen Gegner einzudämmen und zu destabilisieren, zu denen sie auch unser Land zählen, das in Wirklichkeit neue globale Wachstumszentren und souveräne, unabhängige Länder sind, die nicht bereit sind, einen Kotau zu machen und die Rolle von Dienern zu spielen.”

Putin legte Wert darauf, sowohl vor seinem internen Publikum als auch vor dem Publikum im Globalen Süden “noch einmal zu wiederholen”, dass “die herrschenden Eliten der Vereinigten Staaten und ihrer Satelliten hinter der Tragödie der Palästinenser, dem Massaker im Nahen Osten im Allgemeinen, dem Konflikt in der Ukraine und vielen anderen Konflikten in der Welt – in Afghanistan, im Irak, in Syrien und so weiter – stecken”.

Dies ist ein äußerst wichtiger Punkt. Indem der russische Präsident die Verursacher des Ukraine-Konflikts und des Krieges gegen Gaza – “die Vereinigten Staaten und ihre Satelliten” – in einen Topf wirft, hat er Israel mit dem westlichen Hegemon und dessen Agenda des “Chaos” in einen Topf geworfen.

Moskau verbündet sich mit der wahren “internationalen Gemeinschaft

Im Wesentlichen bedeutet dies, dass sich die Russische Föderation eindeutig mit der überwältigenden Mehrheit der öffentlichen Meinung des Globalen Südens bzw. der Globalen Mehrheit – von der arabischen Welt bis hin zu allen islamischen Ländern und darüber hinaus, in Afrika, Asien und Lateinamerika – auf eine Linie stellt.

Interessanterweise stimmt Moskau mit den Analysen des iranischen Führers Ayatollah Khamenei – einem strategischen Partner Russlands – und des Generalsekretärs der Hisbollah, Hassan Nasrallah, überein, die er in seiner scharfen, ausgefeilten, an Sun-Tzu erinnernden Ansprache am vergangenen Freitag über “die Spinne, die versucht, den gesamten Planeten und die ganze Welt in ihrem Spinnennetz zu verstricken” hielt.

Ein Beweis für die offizielle Position Russlands, insbesondere zu Israel-Palästina, kam von Russlands ständigem Vertreter bei den Vereinten Nationen, Wassili Nebenzya, auf einer Sondersitzung der UN-Generalversammlung zu Palästina zwei Tage nach Putins Rede.

Nebenzya stellte unmissverständlich klar, dass Israel als Besatzungsmacht kein “Recht auf Selbstverteidigung” hat – eine Tatsache, die durch ein beratendes Urteil des Internationalen Gerichtshofs der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2004 bestätigt wird.

Damals stellte der Gerichtshof mit 14 von 15 Stimmen fest, dass Israels Bau einer massiven Mauer im besetzten Palästina, einschließlich Ost-Jerusalem, gegen das Völkerrecht verstößt.

Juristisch gesehen hat Nebenzya das von Tel Aviv und der gesamten NATO-Galaxis immer wieder ins Feld geführte Argument des “Rechts auf Selbstverteidigung” für null und nichtig erklärt. Der Hegemon, Tel Avivs Beschützer, legte kürzlich sein Veto gegen Brasiliens Entwurf für einen humanitären UN-Sicherheitsrat ein, nur weil darin das “Recht Israels auf Selbstverteidigung” nicht erwähnt wurde.

Auch wenn er betonte, dass Moskau das Recht Israels, seine Sicherheit zu gewährleisten, anerkennt, betonte Nebenzya, dass dieses Recht “nur im Falle einer fairen Lösung des palästinensischen Problems auf der Grundlage anerkannter Resolutionen des UN-Sicherheitsrates vollständig garantiert werden kann.”

Die Aufzeichnungen zeigen, dass Israel keine einzige Resolution des UN-Sicherheitsrates zu Palästina respektiert.

Lawrow’s Prioritäten im besetzten Palästina

Beweisstück C für Russlands Haltung in Bezug auf Israel/Palästina lieferte Außenminister Sergej Lawrow in einer Pressekonferenz mit dem kuwaitischen Außenminister Sabah Al-Sabah, zwei Tage nach Nebenzyas Intervention bei der UNO.

Lawrow wiederholte die bereits von Putin und Nebenzya hervorgehobenen Prioritäten Moskaus: ein dringender Waffenstillstand, humanitäre Korridore und eine Rückkehr an den Verhandlungstisch, um über “einen unabhängigen palästinensischen Staat, wie er vom UN-Sicherheitsrat in den Grenzen von 1967 vorgesehen ist, der in Frieden und Sicherheit mit Israel koexistieren würde”, zu verhandeln.

Lawrow betonte erneut, dass mehrere amerikanisch-israelische Ablenkungsmanöver darauf abzielen, den Beschluss des UN-Sicherheitsrates zur Gründung eines palästinensischen Staates zu verzögern (wenn nicht gar zu begraben)”.

Dies, so der russische Außenminister, bedeute, die Palästinenser “zu einer ewigen Existenz ohne Rechte zu verdammen. Das wird weder für Frieden noch für Sicherheit in der Region sorgen, sondern den Konflikt nur weiter verschärfen. Und man wird nicht in der Lage sein, ihn zu vertiefen. Es werden die nächsten ‘Trauben des Zorns’ gesät werden, die schnell ‘sprießen’ werden.”

Lavrovs Analyse deckt sich mit der von Khamenei und Nasrallah, ebenso wie die von Putin: “Hier geht es nicht um Gaza, sondern um den israelisch-palästinensischen Konflikt. Der Staat Palästina ist ein integraler Bestandteil dieser Lösung.”

Russland sät die Saat, um die Rolle des vertrauenswürdigen Vermittlers für alle Parteien in Israel/Palästina auszuüben – eine Rolle, die für den Hegemon völlig unpassend ist, insbesondere nach der stillschweigenden Billigung der derzeitigen israelischen ethnischen Säuberung des Gazastreifens.

Es ist alles hier, klar formuliert von Lawrow: “Es wird für uns von grundlegender Bedeutung sein, die einhellige Meinung der arabischen Welt zu kennen.” Diese Botschaft richtet sich speziell an die sunnitischen Regime, die von Washington vasallisiert werden. Wenn sie dann die Kurve kriegen, “werden wir die arabische Lösung für diese sehr schwierige Frage unterstützen”.

Multipolarität ist die Voraussetzung: Frieden in Palästina

Zusammen betrachtet zeigen die Exponate A, B und C, dass Moskau dem Spiel weit voraus ist. Die allgemeine Botschaft – die überall im Globalen Süden/der Globalen Mehrheit minutiös entschlüsselt wird – lautet, dass das unabänderliche, ausgrenzende zionistische Projekt selbst unter Berücksichtigung der ununterbrochenen Spielchen des Imperiums des Chaos jetzt auf der Stelle tot ist.

Die bisher am wenigsten schlechte Lösung ist die arabische Friedensinitiative von 2002, die von allen Ländern des Islam bis hin zu Russland, dem Iran und China unterzeichnet wurde: ein unabhängiger palästinensischer Staat in den Grenzen von 1967 mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.

Das Problem ist, wie man den außer Kontrolle geratenen Zionismus davon überzeugen kann, sich zurückzuziehen. Zu den zwingenden Tatsachen vor Ort müsste es gehören, die Nabelschnur zwischen Washington und Tel Aviv zu durchtrennen – und die neokonservative, christlich-zionistische Matrix in den USA aus dem geopolitischen Spektrum zu vertreiben, die in den Silos des Tiefen Staates tief verwurzelt ist.

Beides ist kurz-, mittel- und sogar langfristig ein Ding der Unmöglichkeit.

In der Zwischenzeit zeigt ein einfacher Blick auf die Landkarte, dass die Zweistaatenlösung – vom Westjordanland bis zum Gazastreifen – in der Praxis tot ist. Es mag den Führern der Multipolarität das Herz brechen, dies zuzugeben. Es wird einige Zeit dauern und den öffentlichen Diskurs verschieben, bis sie erkennen, dass die einzige praktikable Lösung für das zionistische Projekt ein absolutes Gräuel ist: ein Ein-Staat, in dem Juden und Araber in Frieden zusammenleben.

All das bringt uns zu einer klaren Formulierung: Ohne eine gerechte Lösung für Palästina bleibt ein greifbarer Frieden im gesamten Spektrum der entstehenden Multipolarität unerreichbar. Das derzeitige Grauen im Gazastreifen zeigt, dass Frieden für das Imperium des Chaos nach wie vor keine Priorität hat, und es wird ein Russland – und vielleicht auch ein China – brauchen, um das Blatt zu wenden.

https://new.thecradle.co/articles/russias-public-pivot-to-palestine


Samstag, 18. November 2023

Kommt der Tag der Wahrheit für den Internationalen Strafgerichtshof? LZ

 Entnommen: https://linkezeitung.de/2023/11/18/kommt-der-tag-der-wahrheit-fuer-den-internationalen-strafgerichtshof/

Kommt der Tag der Wahrheit für den Internationalen Strafgerichtshof?

VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 18. NOVEMBER 2023 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR


von Thomas Röper – http://www.anti-spiegel.ru

Der Internationale Strafgerichtshof hat nun die Gelegenheit, der ganzen Welt zu zeigen, dass er ein neutraler Gerichtshof ist, denn fünf Staaten haben sich wegen israelischer Kriegsverbrechen an den Gerichtshof gewandt. Wenn er darauf nicht reagiert, stellt er seine Existenzberechtigung in Frage.

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) ist für die Staaten zuständig, die dem Rom-Statut beigetreten sind. Der IStGH ist zuständig, wenn Klage der Täter aus einem Mitgliedsstaat kommt oder wenn die Straftaten in einem Mitgliedsstaat begangen wurden. Der IStGH hat jedoch den Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Putin ausgestellt, obwohl Russland nicht dem Rom-Statut beigetreten ist und obwohl auch die Ukraine, auf deren Gebiet die angeblichen russischen Kriegsverbrechen nach Meinung des IStGH stattgefunden haben, das Rom-Statut nicht ratifiziert hat.

Damit hat der IStGH auf anschauliche Weise gegen seine eigenen Regeln verstoßen, um die Wünsche des Westens zu erfüllen. Dazu, dass der Westen den IStGH kontrolliert, kommen wir noch.

Israel und der IStGH
Offenbar haben sich einige Staaten ein Beispiel an dem Vorgehen genommen, denn fünf Länder haben die Anklagebehörde des IStGH gebeten, die Lage in Palästina zu untersuchen, obwohl auch Israel nicht Mitglied des Rom-Statutes ist, teilte der Ankläger Karim Khan mit. Ihm zufolge haben Bangladesch, Bolivien, Dschibuti, die Komoren, Südafrika und Dschibuti eine Untersuchung beantragt.

Zuvor hatten schon ein ehemaliges Mitglied des türkischen Parlaments und Istanbuler Staatsanwälte beim IStGH eine Petition gegen den israelischen Premierminister eingereicht, in der argumentiert wird, dass Netanjahu „vor den Augen der Welt Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen, Krieg geführt und Völkermord begangen hat“, wofür er gemäß den internationalen Strafrechtsnormen vor den Internationalen Strafgerichtshof gebracht werden sollte. Zwar ist eine Anrufung des IStGH im Namen des türkischen Staates unmöglich, da Ankara das Rom-Statut nicht unterzeichnet hat, aber die Türkei kann die Staatsanwaltschaft des Gerichtshofs in Den Haag über staatliche Strukturen und NGOs über Verbrechen informieren.

Nach der Logik, der Ankläger Khan bei Präsident Putin gefolgt ist, müsste man in den nächsten Wochen oder Monaten Haftbefehle gegen Verantwortliche aus der israelischen Staats- und/oder Armeeführung erwarten. Das wird natürlich nicht passieren, denn die Anträge haben nur symbolische Bedeutung, da der IStGH bereits seit dem 3. März 2021 Verbrechen untersucht, die seit dem 13. Juni 2014 im Gazastreifen und im Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem, begangen wurden und in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fallen. Khan erklärte, die Ermittlungen würden fortgesetzt und sich bis zur Eskalation der Feindseligkeiten nach den Anschlägen vom 7. Oktober 2023 erstrecken.

Der unterschiedliche Umgang des IStGH mit Israel und Russland zeigt, dass der IStGH kein Mittel der Rechtsprechung, sondern ein politisches Instrument des Westens ist.

Israels Drohung
Der israelische Botschafter in Moskau wurde im russischen Fernsehen nach der Klage aus der Türkei gegen den israelischen Premierminister gefragt und er antwortete, die wäre vor dem IStGH wäre zwecklos. Auf die Frage des Moderators, ob eine solche Klage vor dem IStGH Erfolg haben könnte, gab der israelische Botschafter folgende negative Antwort:

„Ich denke, es ist unglaublich, weil es sofort zu ähnlichen Klagen gegen andere Länder führen wird. Ich möchte keine Namen nennen, aber es könnten mehrere sein“

Das war eine sehr offene Drohung gegen bestimmte Länder des Westens. Großbritannien und die Niederlande zum Beispiel, deren Soldaten im Irak Kriegsverbrechen begangen haben, die nie vom IStGH behandelt wurden, sind Mitglieder des IStGH. Und nach der bei Präsident Putin angewandten Logik könnte der IStGH sogar gegen die USA vorgehen.

Ob Israel die Macht hat, vor dem IStGH für solche Anklagen gegen westliche Staaten zu sorgen, ist Spekulation, aber die Verbindungen Israels in westlichen Netzwerken sind bekanntlich sehr gut. In jedem Fall war das eine sehr offen ausgesprochene Drohung an den Westen, seinen Gerichtshof nicht gegen Israel ermitteln zu lassen.

Der IStGH demontiert seine Reputation derzeit vor der ganzen Welt, weil seine Doppelmoral offen sichtbar wird.

Der vom Westen kontrollierte IStGH
Dass der Internationale Strafgerichtshof dem Willen des Westens gefolgt ist und gegen Russland Haftbefehle ausgesprochen hat, ist nicht überraschend, weil praktisch alle Richter des Gerichtshofes aus den Staaten des Westens kommen. Von den derzeit 18 am Gerichtshof tätigen Richtern kommen elf aus Staaten des US-geführten Westens, wobei acht Richter aus NATO-Staaten sind (Tschechien, Großbritannien, Frankreich, Polen, Deutschland, Ungarn, Italien und Kanada) und weitere drei Richter ebenfalls aus Staaten kommen, die zum Machtbereich des US-geführten Westens gehören (Japan, Philippinen und Südkorea). Hinzu kommen noch Richter aus Staaten, die politisch ebenfalls dem Westen folgen (zum Beispiel Trinidad und Tobago oder die Dominikanische Republik).

Die Herkunft der Verantwortlichen beim Internationalen Gerichtshof stellt sicher, dass der Gerichtshof die politischen Wünsche des Westens ausführt. Und genau das erleben wir ja auch in der Praxis, denn der Internationale Strafgerichtshof hat nie gegen US-Präsidenten ermittelt, obwohl zum Beispiel George Bush Junior unbestritten illegal den Irak überfallen hat und dabei massenhaft Kriegsverbrechen begangen wurden, wofür ebenfalls niemand bestraft wurde.

Obwohl Großbritannien Mitglied des Rom-Statutes ist und an dem illegalen Angriff auf den Irak beteiligt war, gab es auch keine Klagen gegen die Verantwortlichen aus Großbritannien.

Der Westen hat bei der Gründung des Internationalen Gerichtshofes sichergestellt, dass der Gerichtshof die Entscheidungen trifft, die der Westen haben möchte. Und im Falle des Haftbefehls gegen Putin wurde das sogar offen von der EU finanziert.

Ankläger Khan und der gekaufte Haftbefehl gegen Putin
Auch die Rolle des Anklägers Khan ist bemerkenswert. Am 21. Februar 2023 wurde der Bruder des IStGH-Anklägers Karim Khan, der ehemalige britische Abgeordnete Imran Khan, der der Pädophilie beschuldigt wird, vorzeitig aus einem englischen Gefängnis entlassen. Er hatte dort weniger als die Hälfte seiner Strafe abgesessen.

Der nächste Schritt war logisch und vorhersehbar: Am 22. Februar, also nur einen Tag später, hat Staatsanwalts Karim Khan eine Eingabe an die Vorverfahrenskammer geschickt, in der die Genehmigung der „Haftbefehle“ beantragt wurde. Aber die Kammer zögerte.

Daraufhin organisierte London eine Geberkonferenz für den Internationalen Strafgerichtshof, legte als Termin den 20. März fest und deutete dem Internationalen Strafgerichtshof offen an, dass vor diesem Termin Ergebnisse vorliegen müssen, wenn Den Haag britisches Geld sehen will.

Die Richter des IStGH sind, wie sich zeigte, leicht zu kaufen, denn am17. März, vier Tage nach der öffentlichen Ankündigung der Konferenz und drei Tage vor ihrem Stattfinden, stellte der IStGH den Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und die russische Ombudsfrau für Kinderrechte Lvova-Belova aus.

Auch die EU hat für den Haftbefehl bezahlt
Am 8. Juni 2022 hat die EU in einer Presseerklärung mitgeteilt, die „Ermittlungen“ des Internationalen Strafgerichtshofes zu Kriegsverbrechen in der Ukraine finanziell mit mehreren Millionen Euro zu unterstützen. Die Entscheidung darüber ist schon früher gefallen und in der Presseerklärung klang das so:

„Bereits am 25. April (2022) haben Eurojust und der IStGH vereinbart, ihre Kräfte zu bündeln und den Gerichtshof an der gemeinsamen Ermittlungsgruppe der EU zu beteiligen. Informationen über mögliche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit werden derzeit gesammelt, um in Zukunft Ermittlungen und Gerichtsurteile zu ermöglichen und Verantwortliche für Kriegsverbrechen zur Rechenschaft zu ziehen.“

Man könnte meinen, dass das begrüßenswert gewesen wäre, waren die Ermittlungen jedoch einseitig. Gegen die Ukraine wurde und wird nicht ermittelt. Die Kriegsverbrechen, die von ukrainischer Seite zu der Zeit unbestritten schon begangen wurden, hat der Internationale Strafgerichtshof ausdrücklich nicht untersucht. Das ist keine Unterstellung von mir, das wurde in der Presseerklärung der EU deutlich gesagt:

„Das Projekt soll dazu beitragen, die Straflosigkeit bei internationalen Verbrechen weltweit zu bekämpfen. Somit werden auch die laufenden Ermittlungen zu den russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine verstärkt. (…) Es darf keine Straffreiheit für die unter russischer Besatzung begangenen Verbrechen geben.“

Damals hat die EU mitgeteilt, dass sie 7,25 Millionen Euro explizit für Ermittlungen gegen Russland bereitgestellt hat. Inzwischen wurde die Summe sogar erhöht, wie EU-Justizkommissar Didier Reynders am 20. März 2023 verkündet hat:

„Seit Beginn des russischen Angriffskrieges hat die EU-Kommission 10 Millionen Euro zur Unterstützung der Arbeit des IStGH in der Ukraine bereitgestellt. Und lassen Sie mich Ihnen versichern, dass die EU weiterhin bereit ist, die notwendige materielle Unterstützung zu leisten, da die Lage in der Ukraine eine angemessene Reaktion erfordert. Vor kurzem hat die Kommission beschlossen, die EU-Unterstützung bis 2025 in Höhe von 3 Millionen Euro fortzusetzen. Darüber hinaus erörtern die Europäische Kommission, der EU-Rat und die Länder der Gemeinschaft die Koordinierung und ein Ersuchen um zusätzliche Unterstützung durch die Staatsanwaltschaft des Internationalen Strafgerichtshofs“

Diese Einseitigkeit des IStGH ist also lange bekannt, aber anscheinend machen sich einige Staaten des Globalen Südens regelrecht „einen Spaß“ daraus, am Beispiel Israel noch einmal explizit aufzuzeigen, wessen parteiisches Instrument der IStGH ist.


Mittwoch, 15. November 2023

Der Zusammenbruch Israels und der Vereinigten Staaten - LZ

 Entnommen: https://linkezeitung.de/2023/11/15/der-zusammenbruch-israels-und-der-vereinigten-staaten/

Der Zusammenbruch Israels und der Vereinigten Staaten

VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 15. NOVEMBER 2023 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR

von Thierry Meyssan – http://www.voltairenet.org

Zum ersten Mal wird die Welt Zeuge eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit, live im Fernsehen. Die Vereinigten Staaten und Israel, die ihr Schicksal seit langem miteinander verbunden haben, werden beide für die Massenmorde in Gaza verantwortlich gemacht werden. Überall, außer in Europa, ziehen Washingtons Verbündete ihre Botschafter aus Tel Aviv ab. Morgen werden sie es in Washington tun. Alles geschieht wie beim Zerfall der UdSSR und wird auf die gleiche Weise enden: Das amerikanische Imperium ist in seiner Existenz bedroht. Der Vorgang, der gerade erst begonnen hat, kann nicht gestoppt werden.

Während wir unsere Augen auf die Massaker an Zivilisten in Israel und Gaza gerichtet haben, nehmen wir weder die inneren Spaltungen in Israel und in den USA wahr, noch die beträchtlichen Veränderungen, die diese Tragödie in der Welt verursacht. Zum ersten Mal in der Geschichte werden – live im Fernsehen übertragen – massenhaft Zivilisten getötet.

Überall – außer in Europa – vereinen sich Juden und Araber, um ihren Schmerz herauszuschreien und nach Frieden zu rufen.
Überall erkennen die Menschen, dass dieser Völkermord nicht möglich wäre, wenn die Vereinigten Staaten nicht in Echtzeit Bomben an die israelische Armee liefern würden.
Überall rufen Staaten ihre Botschafter aus Tel Aviv zurück und fragen sich, ob sie auch die nach Washington geschickten Botschafter zurückrufen sollen.

Unnötig zu erwähnen, dass die USA diesem Spektakel nur widerwillig zugestimmt haben, aber sie haben es nicht nur zugelassen, sondern mit Subventionen und Waffen auch ermöglicht. Sie haben Angst, nach ihrer Niederlage in Syrien, ihrer Niederlage in der Ukraine und vielleicht bald nach ihrer Niederlage in Palästina nun ihre Macht zu verlieren. In der Tat, wenn die Armeen des Imperiums keine Angst mehr machen, wer wird dann weiterhin in Dollar statt in seiner eigenen Währung Handel betreiben? Und dann, wie wird Washington andere nötigen, für das zu zahlen, was es selbst ausgibt? Wie werden die Vereinigten Staaten ihren Lebensstandard halten?

Aber was wird am Ende dieser Geschichte passieren? Eine Revolte im Nahen Osten oder Israels Vernichtung der Hamas auf Kosten von Tausenden von Menschenleben? Wir werden uns daran erinnern, dass Präsident Joe Biden zuerst Israel aufforderte, seinen Plan der Vertreibung der Gaza-Bevölkerung nach Ägypten aufzugeben oder, falls dies nicht gelingt, das palästinensische Volk vom Angesicht der Erde zu tilgen, und dass Tel Aviv ihm nicht gehorchte.

“Jüdische Suprematisten” verhalten sich heute wie im Jahr 1948.
Als die Vereinten Nationen dafür stimmten, zwei föderierte Staaten in Palästina zu schaffen, einen hebräischen und einen arabischen, proklamierten die Streitkräfte sich selbst zum jüdischen Staat, bevor seine Grenzen festgelegt wurden. Die “jüdischen Suprematisten ” vertrieben sofort Millionen von Palästinensern aus ihren Häusern (die “Nakhba”) und ermordeten den UN-Sonderbeauftragten, der gekommen war, um einen palästinensischen Staat zu gründen. Die sieben arabischen Armeen (Saudi-Arabien, Ägypten, Irak, Jordanien, Libanon, Syrien und Nordjemen), die versuchten, sich ihnen entgegenzustellen, wurden schnell hinweggefegt.

Heute gehorchen sie ihren Beschützern nicht mehr und massakrieren immer noch, ohne zu merken, dass die Welt sie dieses Mal beobachtet und dass ihnen niemand zu Hilfe kommen wird. Zu einer Zeit, in der die Schiiten das Prinzip eines hebräischen Staates akzeptieren, gefährdet ihre Torheit die Existenz dieses Staates.

Wir erinnern uns, wie die Sowjetunion zusammenbrach. Der Staat war nicht fähig, die eigene Bevölkerung bei einem katastrophalen Unfall zu schützen. 4000 Sowjets starben im Kernkraftwerk Tschernobyl (1986) und retteten damit ihre Mitbürger. Die Überlebenden fragten sich, warum sie 69 Jahre nach der Oktoberrevolution weiterhin diese autoritäre Herrschaft akzeptierten. Der Erste Sekretär der KPdSU, Michail Gorbatschow, schrieb, als er diese Katastrophe sah, er habe verstanden, dass sein Regime bedroht sei.
Dann kamen die Dezember-Unruhen in Kasachstan, die Unabhängigkeitsdemonstrationen im Baltikum und in Armenien. Gorbatschow änderte die Verfassung, um die alte Garde aus der Partei zu entfernen. Doch seine Reformen reichten nicht aus, um das Feuer aufzuhalten, das sich auf Aserbaidschan, Georgien, Moldawien, die Ukraine und Weißrussland ausbreitete. Der Aufstand der DDR-Jungkommunisten gegen die Breschnew-Doktrin führte zum Fall der Berliner Mauer (1989). Die Erosion der Macht in Moskau führte zur Einstellung der Hilfe für die Alliierten, einschließlich Kuba (1990) und schließlich zur Auflösung des Warschauer Paktes und zum Auseinanderbrechen der Sowjet-Union (1991). In etwas mehr als 5 Jahren ist ein Imperium, das alle für ewig hielten, in sich zusammengefallen.

Dieser unvermeidliche Prozess hat für das “amerikanische Imperium” gerade erst begonnen. Die Frage ist nicht, wie weit Benjamin Netanjahus “revisionistische Zionisten” gehen werden, sondern wie weit die US-Imperialisten sie unterstützen werden. Wann wird Washington fühlen, dass es mehr zu verlieren hat, wenn es zulässt, dass palästinensische Zivilisten massakriert werden, statt die israelische Führung zu korrigieren?

Das gleiche Problem besteht für Washington in der Ukraine. Die militärische Gegenoffensive der Regierung von Wolodymyr Selenskyj ist gescheitert. Von nun an versucht Russland nicht mehr ukrainische Waffen zu zerstören, die sofort durch Waffen ersetzt werden, die von Washington angeboten werden, sondern diejenigen zu töten, die sie benutzen. Die russischen Armeen verhalten sich wie ein gigantischer Fleischwolf, der langsam und unaufhaltsam alle ukrainischen Soldaten tötet, die sich den russischen Verteidigungslinien nähern. Kiew ist nicht mehr in der Lage, Kämpfer zu mobilisieren, und seine Soldaten weigern sich, Befehlen zu gehorchen, die sie zum sicheren Tod verurteilen. Seine Offiziere haben keine andere Wahl, als die Pazifisten zu erschießen.

Viele US-amerikanische, ukrainische und israelische Führer sprechen bereits davon, die ukrainische, “integrale nationalistische” Koalition und die Koalition der “jüdischen Suprematisten” zu ersetzen, aber die Kriegszeit eignet sich nicht dazu. Aber es muss gemacht werden.

Präsident Joe Biden muss seine, die ukrainische Marionette und ihre barbarischen israelischen Verbündeten ersetzen, so wie der Erste Sekretär Michail Gorbatschow seinen gefühllosen Vertreter in Kasachstan ersetzen musste, was den Weg für weit verbreiteten Dissens gegen korrupte Führer ebnete. Wenn Selenskyj und Netanjahu gefeuert sein werden, wird jeder wissen, dass es möglich ist, den Kopf eines Vertreters Washingtons zu bekommen, und jeder von ihnen wird wissen, dass er fliehen muss, bevor er geopfert wird.

Dieser Prozess ist nicht nur unvermeidlich, er ist unaufhaltsam. Präsident Joe Biden kann einfach nur alles in seiner Macht Stehende tun, um ihn zu verlangsamen, damit es länger dauert, aber nicht um ihn aufzuhalten.

Die westlichen Völker und Staatsmänner müssen jetzt Initiativen ergreifen, um aus diesem Schlamassel herauszukommen, ohne darauf zu warten, im Stich gelassen zu werden, wie es Kuba auf Kosten der Entbehrungen seiner “Sonderperiode” getan hat.

Es besteht eine Dringlichkeit: Diejenigen, die als letzte reagieren, müssen die Zeche für alle bezahlen. Schon jetzt sind viele Staaten des “Rests der Welt” auf der Flucht. Sie stehen Schlange, um in die BRICS oder die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit aufgenommen zu werden.

Mehr noch als Russland, das sich damals von den baltischen Staaten trennen musste, müssen sich die Vereinigten Staaten auf innere Aufstände vorbereiten. Wenn es ihnen nicht mehr gelingen wird, den Dollar im internationalen Handel durchzusetzen und ihr Lebensstandard zusammenbrechen wird, werden die armen Regionen sich weigern, zu gehorchen, während die Reichen ihre Unabhängigkeit erklären werden, angefangen bei den Republiken Texas und Kalifornien (die einzigen, die gemäß den Verträgen die rechtliche Möglichkeit dazu haben) [1]. Es ist wahrscheinlich, dass der Zerfall der Vereinigten Staaten zu einem Bürgerkrieg führen wird.

Das Verschwinden der Vereinigten Staaten wird zum Verschwinden der NATO und der Europäischen Union führen. Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich werden sich mit ihren alten Rivalitäten konfrontiert sehen, nachdem sie es versäumt haben, auf sie zu reagieren, als es an der Zeit war.

In wenigen Jahren werden Israel und das “Amerikanische Imperium” verschwinden. Wer gegen den Sinn der Geschichte kämpft, wird unnötige Kriege und Tote verursachen.

Übersetzung
Horst Frohlich
Korrekturlesen : Werner Leuthäusser
https://www.voltairenet.org/article219989.html


Montag, 13. November 2023

Phänemonales - Irrsinniges und Lesetipps

 

Phänemonales


Es ist der 13. November 2023. Wir hören morgens Radionachrichten. Bestürzende Aussage u.a.: Die Jugendkriminalität in Deutschland wachse enorm. Und die Gewalt. Einer gegen den anderen. Auf den Straßen und überall Das sei etwas Phänemonales.


Und die Ursachen???

Guter Rat: Die politische Führung möge sich bei "Opfer – Täter – Polizei" melden, die kriegen heraus, was Sache ist.

Falls nicht – hier einige Zitate aus der Zeitschrift "RotFuchs", Ausgabe November 2023.


ENTNOMMEN: https://rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2023/RF-309-11-23.pdf


Autor: Arnold Schölzel, S. 5

Zitat:

Die allgemeine Krise des Kapitalismus ist an einem Punkt, an dem die reale Möglichkeit besteht, das „kolumbianische Zeitalter“, wie es der verstorbene Philosoph Domenico Losurdo schon 2011 nannte, zu beenden, d. h. eine Weltordnung hinter uns zu lassen, die von Kapitalismus und damit von Kolonialismus, Neokolonialismus und dem Diktat stärkerer Staaten gegenüber abhängigen faktisch mehr als 500 Jahre geprägt war. Es geht nicht unmittelbar um die sozialistische Weltrevolution, sondern darum, daß, wie Losurdo formulierte, „die Sache des Friedens nicht von der Sache der Demokratisierung der internationalen Beziehungen zu trennen ist“. Die abhängigen und unterdrückten Nationen können sich zum ersten Mal Gehör, Respekt und ökonomisch faire Behandlung erkämpfen. Das ist der historische Einschnitt, dessen Zeugen wir sind.“

Uli Jeschke, S. 15

Zitat:


Es ist allerhöchste Zeit zu erkennen, daß der Keim all des gegenwärtigen Übels, von Krieg, Umweltzerstörung, Armut bis zu Migration, in der imperialistischen Form der kapitalistischen Produktionsweise liegt und nur die konsequente Umwälzung derselben auf absehbare Zeit die Weiterexistenz der Menschheit auf diesem Planeten sichern kann. Gelingt das nicht, werden Untergangsszenarien zur realen Möglichkeit der Zerstörung des gesamten Planeten. Dazu braucht es keinen Einschlag eines Kometen aus dem Kosmos.“ Uli Jeschke


Arnold Schölzel, S. 29, Aus: junge Welt, 2./3.10.23


DDR-Anschluß heute

Im Niedergang


Bei Reportagen über Ostdeutsche habe sie oft das Gefühl, sie nehme an einer „Zooführung“ teil, schreibt Redakteurin Anja Reich am 30. September in der Berliner Zeitung: „Dem westdeutschen Publikum wird erklärt, was mit den Ostdeutschen nicht stimmt.“ Gegenwärtig wird allerdings der in Großmedien allein zugelassene „Zooblick“, der Abnormes und Ekliges am östlichen deutschen Bevölkerungskörper beäugt, mit einer Gegenanschauung beantwortet: Jüngst teilte stern. de mit, laut einer Umfrage meinten 60 Prozent aller Bundesbürger, das Trennende zwischen Ost und West überwiege, im Osten waren es 75 Prozent. Einen ähnlichen Stand soll es 2008 gegeben haben. 2019 war bundesweit immerhin eine knappe Mehrheit von 51 Prozent bei der jährlichen Umfrage der Auffassung, das „Zusammenwachsen“ sei gelungen. Der DDR-A nschluß w ird nämlich in „Zooblick“-Redaktionen und vom politischen Personal fast ausschließlich in Gefühls- und Stimmungslagen oder in Gärtner- („wachsen“) und Reisekategorien („in der Demokratie ankommen“) gemessen. Die ersparen das Studium der Verhältnisse – schon gar bei Eigentum oder Macht – und füllen jede Feiertagsrede ohne Folgen. Nur die Bundesbank schert aus und teilte zum Beispiel im April mit, daß 2021 das sogenannte Medianvermögen – die Mitte zwischen armen und reichen Haushalten – im Osten bei 43 400 Euro lag, im Westen bei 127 900 Euro, also ungefähr dem Dreifachen. Bei Jahreseinkommen lauten die Durchschnittszahlen 58 000 Euro West, 45 000 Euro Ost. Nicht zu vergessen: Laut Bundesbank besitzen zehn Prozent aller Bundesbürger 56 Prozent von allem. Und selbst der „Ostbeauftragte“ der Bundesregierung – einer für Bayern wäre wichtiger – notiert in seinem jüngsten „Elitenmonitor“: Im Jahr 2022 waren nur zwölf Prozent der Führungspositionen mit Ostdeutschen besetzt. In den Medien acht Prozent, in der Justiz zwei. Will da einer Chef sein? Mehr als Verwaltung plus schöner Lackierung des Niedergangs ist 33 Jahre nach dem DDR-Anschluß für Führungskräfte nicht drin. War 2008 in der anbrechenden Weltwirtschaftskrise vom „Abgrund“ die Rede, hat die amtierende Bundesregierung dem Trend dorthin einen gewaltigen Schub gegeben: fossile Energie aus Rußland abbestellen, dann händeringend nach Ersatz suchen – auch beim neuen Erzfeind. Minister zwecks Gehirnklau von den Philippinen bis nach Südamerika um Fachkräfte betteln lassen und feststellen: Die wollen nicht zu „uns“. Wer einfach so kommt, weil er nach 20 Jahren Afghanistan-Krieg und allen übrigen „Werte“-Feldzügen dazu gezwungen ist, darf im Mittelmeer ertrinken oder soll ins Lager. Fabriken für Spitzentechnologie werden mit Milliardensubventionen aus den USA oder Taiwan gelockt. Krieg, Hochrüstung und Waffenlieferungen gehören notwendig dazu. Wenn wesentlich mehr Ostdeutsche als Westdeutsche da nicht mitmachen wollen, besagt das etwas über Sinn für Realität. Erfaßt kein „Zooblick“. Arnold Schölzel Aus: junge Welt, 2./3.10.23


Peter Blechschmidt, Raimon Brete S. 33

UNVERGESSEN


In der Bundesrepublik nehmen die rechtsradikalen und nazistischen Vorfälle und Straftaten immer mehr Fahrt auf. In einem Land, das sich offiziell als Rechtsnachfolger des 3. Reiches sieht und zugleich die Last eines durch Hitlerdeutschland entfesselten Weltkrieges mit über 60 Millionen Toten tragen muß. Über und über Opfer, Männer, Frauen und Kinder, in Vernichtungslagern der Nazis, der Holocaust mit mehr als sechs Millionen Ermordeten und hunderttausenden Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern, verhungert und erschlagen. Mit dem 8. Mai 1945, dem Tag der Befreiung vom Grauen des Krieges, folgte die Mehrzahl der Menschen in ganz Deutschland dem Schwur der Buchenwaldhäftlinge „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus!“ Doch schon im Zuge der Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen begann eine zweigeteilte Entwicklung in Deutschland. Im Osten wurden die Grundlagen für die Entwicklung einer antifaschistischen Ordnung gelegt, wurde die Entnazifizierung in der Gesellschaft, u.a. durch Antifaschisten und Kämpfer gegen den Faschismus in Verwaltung, Justiz und Polizei sowie Neulehrer, vorangetrieben. In den drei Westzonen und später in der BRD sorgte man dafür, daß Hitlers Akteure, Parteigänger und Helfer wieder in Amt und Würden kamen. Exemplarisch dafür stehen Globke als Staatssekretär, Filbinger als Ministerpräsident, Gehlen als Chef des neuen Geheimdienstes, Heusinger als Generalinspekteur der Bundeswehr, Buback als Generalbundesanwalt, Schleyer als Arbeitgeberpräsident. Kasernen der Bundeswehr und Straßen sowie Plätze tragen oder trugen Namen von früheren faschistischen Funktionären oder Offizieren/Generälen, wie von Manteuffel, Moeller, Freiherr v. Fritsch, Rommel, Lent, Marseille, Lilienthal. Nach Angliederung der DDR an die BRD kamen sogenannte Aufbauhelfer und „Neubürger“ in den Osten. Zu ihnen gehören beispielsweise der Gymnasiallehrer Höcke, Richter Meyer, der Oberst der Bundeswehr Paderski, der Bundeswehrfallschirmjäger Oberfeldwebel Kalbitz. Sie zeichnen hauptsächlich mitverantwortlich für den Aufbau rechter sowie nazistischer Strukturen und Parteien in den neuen Bundesländern. Der gesellschaftliche Umbruch zurück in kapitalistische Verhältnisse war im Osten geprägt von einem Sturm zur Tilgung des Vermächtnisses von Antifaschisten. Erinnerungsorte, Straßen und Denkmäler für Menschen, die für ihre Überzeugung und ihren Kampf gegen den Faschismus Haft und Folter erfuhren oder gar den Tod fanden, wurden gestohlen, entfernt bzw. geschleift. In Chemnitz, unserem Wirkungskreis, fand nach 1990 eine durch nichts zu rechtfertigende Straßennamenstürmerei statt, Gedenktafeln wurden zerstört oder entfernt und vor allem Schulen ihres antifaschistischen Erbes beraubt. Allein für Chemnitz stehen über 30 entfernte Straßennamen und über 15 getilgte oder mit dem Abriß der Schulen verschwundene Schulnamen. Der bis heute andauernde Angriff auf das Wertesystem der Menschen in der DDR schließt zugleich den Bruch mit allen antifaschistischen Traditionen der DDR ein. Doch der Kampf der Menschen, die sich gegen Faschismus und Krieg erhoben, war nicht umsonst. Die Erinnerung an sie wird unauslöschlich sein.“

Peter Blechschmidt, Raimon Brete Chemnitz


RotFuchs“ abonnieren einfach gemacht. Für den Bezug des RF als Printausgabe genügt ein Anruf bei Rainer Behr: 030-98 38 98 30 Wolfgang Dockhorn: 030-241 26 73 oder die formlose Bestellung per E-Mail: vertrieb@rotfuchs.net

Freitag, 10. November 2023

ISRAEL darf alles - Evelyn Hecht Galinski

 

Kommentar vom Hochblauen

Israel darf ALLES

Von Evelyn Hecht-Galinski

Als ich 2012 mein Buch mit diesem Titel veröffentlichte, mit Kommentaren die die jahrzehntelangen Verbrechen Israels gegen die palästinensische Bevölkerung beschrieben, konnte ich mir allerdings auch in meinen schlimmsten Vorstellungen nicht ausmalen, was wir gerade erleben müssen. Ja, es war beispiellos, was sich am 7. Oktober 2023 ereignete, als Hamas Aktivisten die Blockade und Grenze aus dem Gazastreifen durchbrachen und 1.400 Israelis töteten, darunter 300 Soldaten der jüdischen Besatzungsarmee. Ich schreibe bewusst jüdische Besatzungs- und nicht „Verteidigungsarmee“. Der jüdische Staat, der einzige Besatzungsstaat, verteidigt seine illegale Besatzung Palästinas. Diese Zusammenhänge werden von den westlichen Werteheuchlern unter Führung besonders der deutschen Regierung niemals erwähnt – wenn sie immer wieder auf dem Recht der Selbstverteidigung des „jüdischen Staats“ beharren, einem mehr als umstrittenen „Selbstverteidigungsrecht der Besatzer“, aber geflissentlich vergessen, auf das legale Selbstverteidigungsrecht der besetzen Palästinenser hinzuweisen. So hat sich Deutschland endgültig entschieden, jegliche Glaubwürdigkeit und jegliches Rechtsempfinden aufzugeben und sich voll darauf zu konzentrieren, den „jüdischen Staat“ in der Rolle des Kampfes zu unterstützen. Hier stellt sich also ein Land, das einen Völkermord begangen hat, und dem es in „ewiger Verpflichtung“ verbunden ist, hinter einen Staat, der heute Völkermord begeht. (1) Was passiert stattdessen? Palästinensische Organisationen wie Samidoun, das Palestine Solidarity Netzwerk, das maßgeblich an der Organisation von Protestveranstaltungen in Deutschland beteiligt war, werden verboten. (2)

Antipalästinismus und Antimuslimismus

Deutschland kriminalisiert also die Opfer des Völkermords und ihre Unterstützer. Ja, es ist höchste Zeit, dass Deutschland aufhört, palästinensischen Aktivismus mit Antisemitismus zu verwechseln, um seine Vergangenheit auf dem Rücken der Palästinenser zu sühnen. Das ist ein perfides Ablenkungsmanöver von unbewältigter Vergangenheit, das eine wahrhaftige Aufarbeitung der Vergangenheit verhindern soll. Mit dieser Art unredlicher Politik sühnt man weder den Holocaust, noch ist er im Namen der Opfer, sondern dient allein der zionistischen ethnischen Säuberungs- und Völkermord Politik. So werden keine sauberen Lösungen erreicht, sondern Vertreibung, Entmenschlichung und Unterdrückung gefördert.

Aber diese Art der Politik ist nicht neu, sondern hat sich nur massiv verstärkt. Erinnern wir uns, als schon im Mai Nakba-Demonstrationen verboten wurden und einige per Gericht erstritten wurden, aber nur unter strengsten Auflagen und unter unvorstellbarer Polizeipräsenz. Ich zitiere Majed Abusalama, den Mitbegründer und Sprecher von „Palestine Speaks in Deutschland“: „Ich habe versucht, mir in den deutschen Mainstream-Medien Gehör zu verschaffen, aber ohne Erfolg. Hätte ich versucht, für eine israelische Zeitung zu schreiben, hätte ich eine größere Freiheit gehabt, mich zu äußern, als ich sie jemals in deutschen Medien hatte. Ich war schon in mehreren europäischen Ländern, und noch nie wurde ich wegen meines palästinensischen Engagements von staatlicher Seite so angefeindet wie in Deutschland, und ich habe das Gefühl, dass der staatliche Antipalästinismus des deutschen Staates mit jedem Jahr einen neuen Höhepunkt erreicht.“ Die palästinensische Diaspora kämpft gegen das harte Durchgreifen. (3)(4)(5)

Deutschland plant, Palästinenser-Flüchtlinge vor ihrer Einbürgerung auf ihre „Israel-Liebe“ mit der Anerkennung des Existenzrechts Israels zu prüfen – ein mehr als zu hinterfragendes Ansinnen, angesichts der Tatsache, dass Israel ein Staat ohne Grenzen und ohne Verfassung ist, sondern seit Staatsgründung nur das Ziel verfolgt, mit der Vertreibung der palästinensischen Ur-Einwohner und der Aneignung ganz Palästinas ein „Groß-Israel“ entstehen zu lassen.

Rauswurf auf Verdacht: endgültige Verabschiedung vom Rechtsstaat

Wenn es demnächst gemäß der konkreten Pläne von Innenministerin Faeser (SPD) einen „Rauswurf auf Verdacht“ (SZ, 02.11.2023) geben wird, also Angehörige von so genannten Clans auszuweisen, selbst wenn kein strafrechtliches Urteil vorliegt, dann ist das die endgültige Verabschiedung vom Rechtsstaat. Kritik kommt schon von Juristen. Welche Gegner der Politik werden es demnächst sein, wenn „Nancy Pläne schmiedet“? (6)

Es ist vollständige Zensur, wenn Flaggen, Plakate und Rufe wie „From the River to the Sea“ (Vom Fluss bis zum Meer wird Palästina frei sein) verboten werden – ein alter Slogan, der auf die Einstaatenlösung zielte, nachdem die „Zweistaatenlösung“ längst zu einer unrealisierbaren Floskel verkommen ist. Ein Slogan, der Freiheit vom Jordan bis zum Mittelmeer fordert, ist in die Kritik geraten. Für die Massen, die palästinensische Fahnen schwenken, drückt der Ruf, der über den Globus hallt, den Wunsch nach Freiheit von Unterdrückung im historischen Land Palästina aus. Doch der „jüdische Staat“ und seine Unterstützer verurteilen den Satz als „pro-Hamas“, obwohl er ursprünglich von der PLO stammt. Und er wird zu einem verschleierten Gewaltaufruf verbunden mit Antisemitismus umfunktioniert. (7)(8)(9)

Auch der Ruf „Free Palestine“, ein mehr als nachvollziehbarer Wunsch nach Freiheit, wurde kritisiert. Das Verbot des Tragens von Keffiyehs, des palästinensischen Kopftuchs, an Berliner Schulen, erscheint ohne ein Verbot von jüdischen Kippas mehr als fragwürdig. Ständig wird von muslimischen Verbänden gefordert, sich eilfertig von „palästinensischem Terror“ zu distanzieren. Hat man so eine Forderung je an den Zentralrat der Juden gestellt, sich von jüdischen Staatsterror und seinen Verbrechen zu distanzieren? Wenn Kritik geübt wird an ausländischen Zahlungen an muslimische Organisationen in Deutschland, warum wird dann niemals das gleiche von jüdischen Organisationen gefordert und deren finanzielle Verbindungen zum „jüdischen Staat“ untersucht? Wenn palästinensische Schulbücher kritisiert werden, dann empfehle ich einmal das Buch von der israelisch-jüdischen Professorin, Nurit Peled-Elhanan, „Palästina in israelischen Schulbüchern“ zu lesen, um etwas darauf erwidern zu können und der Wirklichkeit etwas näher zu kommen. (9)

Staatsterror als Staatsräson

Wenn jüdisch-israelische Ärzte sogar fordern, Gazas Krankenhäuser zu zerbomben, Rabbiner Netanjahu ihren „Kosher Stempel Segen“ zu diesen Verbrechen geben, weil sie „Brutstätten der Hamas“ seien, dann frage ich mich, wie lange deutsche Politiker noch „werteorientiert an der Seite Israels“ stehen und die Staatsräson mit so einem Staatsterrorstaat aufrechterhalten. Wann wird sich Deutschland auf das Grundgesetz besinnen und endlich Konsequenzen ziehen, auf Völkermord und Besatzung reagieren und Sanktionen einleiten? (10)(11)

Schaut man sich allerdings die Video-Botschaft von Habeck an Juden und Israelis an, dann kann man nur noch fassungslos reagieren angesichts der überschwänglichen Reaktionen. Ein neuer Kanzler sei geboren. Mir fehlten allerdings noch die „schnuckeligen Siedlungen“, mit denen Habeck einen Israel-Besuch krönte. Diese Botschaft hat mir in erschreckender Weise die vollkommen verfehlte Israel-Politik vor Augen geführt – ohne Empathie für die Palästinenser, voller triefender Unterstützung für den „jüdischen Staat“. Hintergrundlos ohne wirkliche Kenntnis schließt sich diese Rede an die verfehlte Energiepolitik und das verkorkste Heizungsgesetz „Marke Heizungspumpe“ an. Dazu unbedingt ansehen, das überaus gelungene YouTube-Video von Actuarium (12)!

Es widert mich an, wenn jüdisch-rassistische Politiker der zionistischen Regierung Palästinenser als Tiere bezeichnen und wenn ich die Reden von jüdischen Politikern höre – an vorderster Front der israelische Ministerpräsident Netanjahu mit seiner „Amalek Rede, „Die Bibel befiehlt, Amalek auszurotten, einschließlich Frauen, Babys, Kindern und Tieren“ in „heiliger Mission“ eine „zweite Phase“ des Krieges ankündigt. Dazu ein Theologe „der biblische Verweis auf Amalek ist völkermörderisch“ und Menschenrechtsaktivisten warfen dem israelischen Premier einen „ausdrücklichen Aufruf zum Völkermord“ vor. (13)

Zu anti-palästinensischem Hype hochgeschaukelt

Allerdings waren die Reaktionen der Medien erschreckend. So ein unkritischer Applaus, natürlich angeführt von der „Jüdischen Allgemeinen“, dem Zentralratsblatt, gab den traurigen Zustand der deutschen „Einheits-Mainstream-Medien“ wider. Es ist dieser ekelhafte und heuchlerische „Betroffenheitsjournalismus“, den wir auch schon, wenn es um die Ukraine geht, erleben müssen. Jetzt hat sich das nochmals zu einem anti-palästinensischen Hype hochgeschaukelt, der wider besseres Wissen zelebriert wird. (14)

Der Schaden, den der „jüdische Staat“ anrichtet, ist nicht wieder gut zu machen. Er wird auf alle Juden und deutschen Unterstützer und Regierungen zurückfallen. Wie schrieb der außerordentliche Professor für Holocaust-Völkermordstudien an der Stockton Universität, Raz Segal? „Völkermord aus dem Lehrbuch, Israel hat deutlich gemacht, was es in Gaza tut. Warum hört die Welt nicht zu?“ Er schreibt auch: „Israel muss aufhören, den Holocaust zu bewaffnen“. (Dazu fällt mir aktuell der israelische UN-Botschafter Erdan ein, als er sich bei einer UN-Sitzung einen gelben Judenstern anheftete.) Hier auch noch das Interview bei Democracy Now von Raz Segal mit Amy Goodman: „Ein Fall von Völkermord aus dem Lehrbuch“. (15)(16)(17)

Wie lange wollen wir es noch schweigend hinnehmen, dass dieselben Politiker, die sich so vehement gegen Russland stellen, sich für Sanktionen aussprechen, eine Ukraine mit Nazi-Verehrung tolerieren und diese Ukraine mit Milliarden unterstützen, sich vorbehaltlos für Israel und dessen Völker mordende „Endlösungspolitik“ einsetzen? Weder das eine noch das andere ist im Sinne der deutschen Bürger. Aber was interessiert deutsche Politiker noch an deutschen Belangen, wo wir doch fest an der Seite der USA stehen und als Befehlsempfänger agieren. Wen wundert es da, dass extremistische Parteien wie die AfD ein so leichtes Spiel haben. Ich bin hinsichtlich der Zukunft sehr pessimistisch bei diesen politischen Aussichten und diesen Akteuren.


Höre, Israel
Von Erich Fried

Als wir verfolgt wurden,
war ich einer von euch.
Wie kann ich das bleiben,
wenn ihr Verfolger werdet?

Eure Sehnsucht war,
wie die anderen Völker zu werden
die euch mordeten.
Nun seid ihr geworden wie sie.

Ihr habt überlebt
die zu euch grausam waren.
Lebt ihre Grausamkeit
in euch jetzt weiter?

Den Geschlagenen habt ihr befohlen:
"Zieht eure Schuhe aus".
Wie den Sündenbock habt ihr sie
in die Wüste getrieben

in die große Moschee des Todes
deren Sandalen Sand sind
doch sie nahmen die Sünde nicht an
die ihr ihnen auflegen wolltet.

Der Eindruck der nackten Füße
im Wüstensand
überdauert die Spuren
eurer Bomben und Panzer.


Fußnoten:

1 https://www.richardsilverstein.com/2023/11/05/germany-criminalizes-palestinian-genocide/
2 https://www.jurist.org/news/2023/10/germany-moves-to-outlaw-pro-palestine-group-samidoun-amid-ongoing-israel-conflict/
3 https://www.aljazeera.com/opinions/2023/6/10/palestinians-should-not-have-to-pay-for-german-sins
4 https://www.aljazeera.com/features/2023/10/26/complete-censorship-germanys-palestinian-diaspora-fights-crackdown
5 https://www.newarab.com/news/germanys-crackdown-gaza-solidarity-not-even-sparing-jews
6 https://www.sueddeutsche.de/politik/faeser-abschiebungen-clans-verdacht-juristen-kritik-1.6297384?reduced=true
7 https://www.aljazeera.com/news/2023/11/2/from-the-river-to-the-sea-what-does-the-palestinian-slogan-really-mean
8 https://www.middleeasteye.net/news/palestine-israel-from-river-to-sea-chant-mean-actually
9 https://www.isbn.de/buch/9783981891676/palaestina-in-israelischen-schulbuechern
10 https://www.middleeasteye.net/news/israel-palestine-war-doctors-call-gaza-hospitals-bombed
11 https://mondoweiss.net/2023/10/israeli-rabbis-tell-netanyahu-that-israel-has-a-right-to-bomb-al-shifa-hospital-in-gaza/
12 https://www.youtube.com/watch?v=WIAAKmClQWA
13 https://www.commondreams.org/news/netanyahu-genocide
14 https://consortiumnews.com/2023/11/06/what-we-are-not-hearing-about-oct-7/?eType=EmailBlastContent&eId=042c68ce-968a-4839-8aac-5480237c5aa5
15 https://www.theguardian.com/commentisfree/2023/oct/24/israel-gaza-palestinians-holocaust
16 https://jewishcurrents.org/a-textbook-case-of-genocide
17 https://www.democracynow.org/2023/10/16/raz_segal_textbook_case_of_genocide


Evelyn Hecht-Galinski, Tochter des ehemaligen Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, ist Publizistin und Autorin. Ihre Kommentare für die NRhZ schreibt sie regelmäßig vom “Hochblauen”, dem 1165 m hohen “Hausberg” im Badischen, wo sie mit ihrem Ehemann Benjamin Hecht lebt. (http://sicht-vom-hochblauen.de/) 2012 kam ihr Buch “Das elfte Gebot: Israel darf alles” heraus. Erschienen im tz-Verlag, ISBN 978-3940456-51-9 (print), Preis 17,89 Euro. Am 28. September 2014 wurde sie von der NRhZ mit dem vierten “Kölner Karls-Preis für engagierte Literatur und Publizistik” ausgezeichnet