Montag, 27. April 2015

Mai vor 70 Jahren: Weiße Armbinden

Weiße Armbinden (Mai 1945)



Donnerwetter, so ein Glück, sagen Mama und Papa, als sie ihr Mietwohnhaus in Berlin–Schöneberg unzerstört wiedersehen. Hier hat die Familie vor der Evakuierung gewohnt. Aber deren Wohnung in der dritten Etage links ist inzwischen besetzt, die Ziebers dürfen in die zweite Etage rechts. Aber noch heulen herzzerreißend und furchterregend die Sirenen. Nacht für Nacht, manchmal auch tagsüber. Sie müssen im Keller bleiben. Provisorisch sind Bettgestelle aufgebaut, manchmal liegen nur Matratzen da. Brot auf Zuteilung, gleich für mehrere Tage. Wenn irgendwo Bomben heulend und krachend in Häuser schlagen und die Erde bebt, dröhnt und stöhnt, dann bleibt das Herz stehen vor Angst. Jede Sekunde kann es auch das eigene Miethaus erwischen, jede Minute ... Papa muß nun doch noch an die Front, zum Volkssturm, wie er sagt. Nach drei Tagen ist er wieder da. Dort, wo er sich melden sollte, seien schon die Russen. Wie froh die Kinder sind ... Henry hört, wie er Mama von Menschen berichtet, die an Laternen aufgehängt wurden, an ihnen ein Schild mit der Aufschrift: Ich bin ein Verräter. Es ist alles so schrecklich und gruselig. Eines Nachts nimmt Papa seinen Größten mit aufs Dach des Hauses. Der Ängstliche sieht die langen bläulich-weißen Strahlen der Scheinwerfer, die den Himmel nach Flugzeugen abtasten. Dann schrillen wieder die Sirenen. Henry schaut tapfer und zitternd. Papa läßt ihn wieder frei und Mama schimpft unten im Keller.



Nach vielen, vielen Tagen stehen an der Kellertür Soldaten, später erfährt Henry, es waren Mongolen. Sie wollen irgendetwas. Man holt Mama, sie sei doch Russin. Die Soldaten wollen nur etwas Tee, doch zuvor muß sie einen Schluck nehmen. Das ist selbstverständlich, sagt Mama, sie müssen vorsichtig sein, sind natürlich mißtrauisch. Es muß der neunte Mai gewesen sein, Henry streift sich nach dem Aufstehen soeben lange Strümpfe über, da sagt seine Mutter ganz leise, als würde sie es noch nicht glauben, den folgenschweren Satz: „Ab heute ist Frieden.“ Sie drückt ihren Ältesten und hat Tränen in den Augen ...



Elektrischen Strom gibt es vorläufig nicht. Papa stellt ein Fahrrad in den Flur und auf den Kopf, drückt den Dynamo an die Reifen, legt Leitungen in die Küche und in die Wohnstube, und Henry darf die Pedalen schwingen. Die Lämpchen glimmen auf. Die Kinder sind stolz auf Papas Erfindungsgeist. Und froh und neugierig machen Henry, Sophia und Axel die Erzählungen von Mama über ihr Rußland: über die Datsche ihrer Tante, über die Blumen, über Tanten, über deren Kuchen, über das viele Spielzeug von Mama, das man auf einem Foto sehen kann. Ihre Heimat darf den Kindern nun näher kommen, sie wird so vertraut werden, daß die Kinder sich wünschen, bald nach Moskau zu ziehen, so träumen sie von einer glücklichen Zukunft, die ihnen die warmherzigen Worte ihrer  Mutter eingibt. Das gräbt sich in Henrys Bewußtsein so fest ein, daß er in der Schule die Sowjetunion als „schon immer gut“ verteidigen wird gegen die Behauptung, sie hätte erst einmal eine Revolution machen müssen, bevor sie ganz prima wurde.



Bei Ziebers herrscht kurz darauf trotz der Freude über den Frieden schmerzliche Trauer. Berno, der zweijährige Bruder, hat Lungenentzündung, und, er schafft es nicht. Unser Bruder! Mama ist kraftlos auf den Fußboden gesunken im Hausflur und schluchzt und schluchzt herzzerreißend, die Kinder zittern und heulen. Damit nicht genug: Arnold, der jüngste, hat Keuchhusten. Er wird an den Beinen nach oben gehalten, wird mit Fett (Margarine oder?) eingerieben. Wie durch ein Wunder – er wird gerettet. Langsam erobern die Kinder der Ziebers wieder die Straße. Aber vor die Haustüre treten darf nur, wer eine weiße Armbinde trägt. Henry hat keine, will aber wissen, wie weit er sich hinauswagen darf. Also schneidet er sich zwei Streifen weißes Papier zurecht, befestigt sie an beiden Oberarmen. Tür auf und mal sehen, was da passiert. Er dreht seine Arme aber nach hinten. Auf der anderen Straßenseite hockt in einer Hausruine ein Soldat. Henry sieht den Lauf einer Waffe, der sich nach oben bewegt, direkt auf Henry. Der kriegt Schiß. Da streckt er seine zwei Arme mit den Binden vor. Der Lauf senkt sich wieder. Der Junge holt tief Luft, er ist fast stolz auf seine Mutprobe und daß er die geforderten Binden vorzeigen konnte. Mit paar Freunden zieht er zur nächsten Straßenecke. Dort war mal eine Panzersperre. Die sollte den „Feind“ aufhalten. Doch die Kinder sehen nur einen zerschossenen und niedergewalzten Trümmerhaufen. Knorke, wie die Russen das gemacht haben, bestätigen sie sich gegenseitig. In den Ruinen stinkt es. Brandgeruch. An einer Pumpe holen sich die Leute Wasser. Ein russisches Pferdefuhrwerk hält, Soldaten verteilen Schwarzbrot. „Chleb“ heißt das Brot, sagt die  Mutter. Sie ist so stolz auf ihre Landsleute, auf ihr großes Land. Und wieder muß sie davon berichten, von blühenden Bäumen im Garten ihrer Tante bei Moskau, von einem Bild voller Schönheit, wo das Edle und Gute zu Hause sind. Die Kinder glauben fest an ihre Erzählungen, besonders der Henry, der ewige Träumer. Und so setzt sich fest in seinem Inneren ein Bedürfnis nach Harmonie, nach Menschlichkeit, Schutzschild und Richtschnur für Visionen zugleich ...


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Mutter im Denkmal (Mai 1949)



 Wieder einmal Ortswechsel. Die Ziebers – so nennen sich noch die Kinder Henry, Sophia und Axel, der jüngste Bruder Arnold mußte auf Gerichtsbeschluß zum Vater Zieber  – wohnen nunmehr in Berlin–Treptow, Rethelstraße. In der Nähe verläuft die Grenze nach Westberlin. Der Weg zur Schule führt hier entlang. Über dem Wohngebiet die großen amerikanischen Versorgungsbomber, die in Tempelhof starten und auch landen. Die Familie wohnt direkt am Treptower Park. Hier, wo die Kinder Indianer spielen und mit dem selbst gebastelten Tomahawk Jagd auf Karnickel und mit dem Katapult auf Enten machen, hier wird gebaut. Ein Riesendenkmal, ein Ehrenmal für die gefallenen sowjetischen Helden des zweiten Weltkrieges. Mutter arbeitet im Baustab als Dolmetscherin. Dann steht sie – drei oder vier Tage lang, wie sie sagt - Modell für die Krypta. Sie ist die Mutige, die einer anderen Frau von hinten tröstend die Hände auf die Schultern legt, erklärt die Tamara ihren Kindern. Nach der Eröffnung am 8. Mai 1949 sieht Henry das Mosaik-Bild. Es befindet sich in dem runden Innenraum des Denkmals. Er sieht viele Figuren, das seiner Mutter entdeckt er ganz links und findet es wunderschön. (Das Ehrenmal hat eine Höhe von zwölf Metern. Für die Figur, dem Soldaten mit dem Kind im linken Arm, stand laut einem Bericht von Tschuikow ein Nikolai Massalow Pate.)


(Harry Popow - „In die Stille gerettet“. Persönliche Lebensbilder. Engelsdorfer Verlag, Leipzig, 2010, 308 Seiten, 16 Euro, ISBN 978-3-86268-060-3)

Tabu-Thema: Flüchtlingsursachen

Ursachenbekämpfung? Fehlanzeige

Wer faselte kürzlich von Ursachen finden wegen der Flüchtlingsströme? 

Dann schwächelte diese Aussage ab, SIE sprach nur noch von dringlicher 

Rettung von Menschenleben. Hier ein Zitat aus einem online-Beitrag.



Eine Regierung, die zur Rettung der Bank Hypo Real Estate 20
Milliarden Euro ausgibt, (185 Jahre Mare Nostrum), die 1,2 Milliarden
(elf Jahre Mare Nostrum) zusätzlich im Haushalt für die  Bundeswehr
2016 bereit stellt und für zwei Tage G7-Gipfel 110 Mio. Euro (365 Tage
Rettung durch Mare Nostrum) locker macht, zeigt wo ihre Interessen
liegen.

Diese Union tötet; sie tötet durch Unterlassen, durch unterlassene
Hilfeleistung. Sie tötet, weil die Fluchtursachen nicht in den Ländern des
Südens, sondern in den kapitalistischen Zentren – eben auch in Europa –
liegen. Landgrabbing, Überfischung, Zerstörung der einheimischen
Landwirtschaft und Industrie durch die Multis, Hunger und Wassermangel
infolge des durch die kapitalistische Produktions- und Konsumtionsweise
verursachten Klimawandels, Kriege zur Ausweitung von Einflusszonen
und zur Sicherung des Zugriffs auf Ressourcen sowie zur Beseitigung
unliebsamer Regierungen treiben Millionen in die Flucht.

Nicht die Flüchtlinge und die Fluchthelfer, sondern diese Fluchtursachen
müssen bekämpft werden!“



Korrigieren SIE sich, allmächtige Herrscherin!

Ostberliner zu Flüchtlingsursachen

Ein Ostberliner zur Ursachenfindung

 Ich bin mir nicht ganz sicher, wer die Schleuser sind. Bestimmt keine Kleinkriminellen. Sicher auch eine gewisse Anzahl der Geister (IS), die man jetzt nicht mehr los wird, nachdem man sie rief mit den Beifallsbekundungen für die bunten Revolutionen im afrikanisch-arabischen Raum. Und eine andere Anzahl aus Kreisen, die ihre große Chance sahen, als durch die sogenannten Revolutionen die staatlichen Ordnungen im Norden Afrikas und im Nahen Osten weggewischt wurden, gezielt mit westlicher Hilfe. (Parallelen zur Ukraine sind erkennbar, nur sind die vorerst nicht ganz so erfolgreich). 

Und es ist alltäglich ein treffliches Thema, um zu präsentieren, wie menschlich, solidarisch und großzügig doch der Kapitalismus ist. Ich sehe nur, das zig Millionen Menschen durch Irak-Krieg, Syrienkrieg, Revolutionen in Lybien Ägypten und anderswo ins Elend getrieben wurden. Wie in allen anderen Putschen, Kriegen und kriegsunterstützenden Maßnahmen wie damals in Vietnam, Afghanistan und tausend anderen Punkten auf der Welt, die nur mittels Militärpräsenz in trügerischem Frieden westlicher Vorstellung leben dürfen. 

 Und jetzt "Ursachenfindung" für die Flüchtlingsströme? Es ist eben im Zeitalter moderner weltweiter Kommunikation nicht mehr möglich, sich gegen die Völker, die teils Jahrhunderte unter Kolonialherrschaft oder weitab im Busch schon ewig vor sich hin lebten, die im 21. Jhdt. langsam begreifen, auch auf Grund aufkommender höherer Bildung, abzuschirmen und ihnen zu vermitteln, es wäre ihr Schicksal. Die Ausbeutung dauerte zu lange, der Preis wird jetzt eingefordert. Einige haben das sehr schnell begriffen und machen sich das jetzt finanziell zur Erwerbsquelle, indem sie die "Reisen" nach Europa organisieren. Mit für mich recht zweifelhafter Verwendung der Gelder. 

 Die Welt kommt in Bewegung, und wenn nich ganz schnell begonnen wird, mehr Gerechtigkeit zu schaffen, sehe ich, dass die gegenwärtige Entwicklung sich zuspitzen wird mit heute unkalkulierbaren Folgen. Das wissen die Politiker ganz genau, aber die Devise heißt, der eigene Arxxx muß gerettet werden, solange wie möglich, wenn es sein muß mit allen verfügbaren Mitteln. Deshalb die alltägliche Beeinflussung durch die Medien, das Vorgaukeln von Frieden und Wohlstand. Gegen wen wird denn dann und warum im Inland aufgerüstet?

 Gruß vom Ostberliner

Freitag, 24. April 2015

Blogstatistik vom 24.04.2015

Blog-Statistik

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Stand vom 14.10.2013: 11030 Hits
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Stand vom 08.01.2015, 19:00 Uhr: 24686 Hits
Stand vom 24.04.2015, 10 Uhr: 29.637 Hits

Meistbesuchte Themen:
Kurzvita Harry Popow
Nachhilfe für Ewiggestrige
Krieg ist kein Gesetz der Natur
Weichspüler am Werk
Ein neuer Kalter Krieg
Entpolitisierung



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Donnerstag, 23. April 2015

Günther Ballentin zu "Platons Erben..."

Platons Erben...“ – ein großartiger Reigen

Mein guter und langjähriger Freund seit dem Jahre 1957, Günther Ballentin, ein Chronist, Historiker und Autor zahlreicher Bücher – so zum Beispiel „Die Zerstörung der Stadt Schwedt/Oder 1945“ - schrieb mir am 19. April 2015 zu meinem Buch „Platons Erben in Aufruhr“ folgende Briefzeilen:

Lieber Harry, die Buchsendung hat mich erreicht. DANKE! Großartig dieser Reigen der „Kleinen Form“! Sie hat in der polemischen Landschaft der „Informations-Gesellschaft“ ihre vorrangige Berechtigung. Gerade auch die Rezension als journalistisch-publizistisches Genre. Die Buchkritik konnte ja seit jeher Autoren-Förderung oder Autoren-Verunglimpfung sein. Selbst Goethe befand sich nicht selten auch in Abwehrhaltung. Er schreibt: „Die Kritik erscheint wie Ate: Sie verfolgt die Autoren, aber hinkend.“ (Ate: Griechische legendäre Figur, Göttin des Unheils.) Gegen eine positiv-kritische Rezension kann kein Autor etwas haben. In „Platons Erben...“ findet der zeitgenössische Leser vor allem Autoren-förderliche und Leser-förderliche Beiträge.
Und da ist noch die Rezensenten-Arbeit! Du wirst wissen, was es bedeutet, sich in die Lage zu versetzen, eine Buchbesprechung schreiben zu können. Welch ein Maß an Textvertiefung! Ich habe diesen enormen Lese-Einsatz in früheren Jahren auch nicht gescheut.



Harry Popow: „Platons Erben in Aufruhr. Rezensionen, Essays, Tagebuch- und Blognotizen, Briefe“, Verlag: epubli GmbH, Berlin, 316 Seiten, www.epubli.de , ISBN 978-3-7375-3823-7, Preis: 16,28 Euro

http://www.epubli.de/shop/buch/PLATONS-ERBEN-IN-AUFRUHR-Harry-Popow-9783737538237/44867
 

Dienstag, 21. April 2015

Hanna Fleiss - Boat People

Boat People

Tief die Wasser des Mittelmeers,
die Fische erbrechen unterm Überangebot
menschlicher Leiber, und kein
hilfreicher Moses in Sicht

Völkerscharen wälzen sich
durch die Straßen Europas - Schreckbild
jedes mittleren Angestellten, und die
es über das Meer geschafft haben,
Gestalten des Elends, gefesselt an Traum und
Trauma, erwärmen die Glieder an Feuern
brennender Asylunterkünfte

Wir, vor den Bildschirmen, die uns
das Ausmaß deutscher Jämmerlichkeiten
nicht zumuten wollen,wenden uns ab,
verschließen, aufrichtig ergriffen,
die Türen unseres Arkadiens mit
dreifachdoppelten Riegeln

9.12.14, Hanna Fleiss



Montag, 13. April 2015

ISOR: 70. Jahrestag in Würde begehen




Mit dem Sieg der Sowjetarmee im

Mai 1945 kam die Befreiung von
der Barbarei des Faschismus und
damit der Frieden aus dem Osten

Generalleutnant a.D. Manfred Grätz

Generalleutnant a.D. Manfred Volland

Haben wir im vergangenen Jahr des Beginns der verheerenden Kriege des letzten Jahrhunderts gedacht und dabei besonders die Schuld des deutschen Imperialismus hervorgehoben, so gedenken und feiern wir dieses Jahr den 70. Jahrestag des Sieges der Sowjetarmee im Großen Vaterländischen Krieg und der Befreiung vom Faschismus. In einer Zeit der Verhetzung, Verleumdung und Verketzerung des russischen Volkes, der Beleidigung und Diskriminierung durch die gleichen Kräfte, die die Schuld an den Kriegen der Vergangenheit tragen, gilt unser Dank den Helden der Sowjetarmee und dem ganzen sowjetischen Volk für ihre weltgeschichtliche Tat.

Die Maitage des Jahres 2015 sind zugleich Gedenktage des Sieges der gesamten Antihitlerkoalition über den deutschen Faschismus und deshalb werden sie auch ein Gedenken an das gemeinsame Heldentum aller Krieger sein, die an der Vernichtung des Faschismus beteiligt waren. Das zu betonen ist wichtig, um auch gegenwärtig wieder eine gemeinsame europäische Front gegen Kriegsabenteurer und neue Kriegsgefahren zu schmieden.

Bei Anerkennung des Beitrages der Alliierten im 2. Weltkrieg bei der Niederschlagung des deutschen Faschismus ist und bleibt unumstößliche Tatsache, dass der Sowjetunion das Hauptverdienst zukommt. Sie hat die größten Opfer gebracht, 27 Millionen Tote, 1700 Städte 70 000 Dörfer und sechs Millionen Gebäude fielen den faschistischen Barbaren zum Opfer. Wer das verschweigt oder ignoriert, lügt und verfälscht bewusst die Geschichte. Es war der heldenhafte Kampf der Soldaten der Sowjetarmee und Hunderttausender Partisanen, es waren die heroischen und aufopferungsvollen Leistungen von Millionen Sowjetbürgern, ihr vorbildliche Handeln an der Front und im Hinterland, die den Sieg errangen. 1418 Tage haben sie zunächst in erbitterten Abwehrschlachten, dann ab 1942 in großartigen Offensivschlachten die faschistischen Armeen niedergerungen. Das Land von Brest bis Wladiwostok hat aus seinen Wunden geblutet, vor Schmerz gestöhnt und vor Trauer geweint. Übermenschlicher Mut und Standhaftigkeit, ein unbändiger Glaube an den Sieg haben den Überlebenswillen des sowjetischen Volkes in den Jahren von 1941 bis 1945 geprägt.

Am 2. Mai wehte dann endlich über dem Reichstag in Berlin die rote Fahne des Sieges. Sowjetsoldaten hatten den ersehnten Frieden nach Europa getragen und die geschundenen Völker von der Barbarei des Faschismus befreit.

Daraus entstand der heilige Schwur: Nie wieder Krieg. Nie wieder Faschismus.

Dieser Sieg der Sowjetarmee war eine welthistorische Befreiungstat. Sie sollte endlich auch vom heutigen Deutschland so bewertet und anerkannt werden.

Es darf nie in Vergessenheit geraten, dass die Sowjetarmee und das ganze Sowjetische Volk der faschistischen Armee ihre Grenzen aufgezeigt haben und den Mythos ihrer Unbesiegbarkeit zerstörten. Unvergessen werden der Menschheit die bedeutenden Kämpfe und Schlachten des 2. Weltkrieges bleiben, deren entscheidende Höhepunkte die Schlacht vor Moskau im Winter 1941/42, die Niederlage der Faschisten vor Stalingrad im Winter 1942/43, die die Wende im Zweiten Weltkrieg einleitete, und schließlich die größte Panzerschlacht im Kursker Bogen im Sommer 1943 waren.

Eine gigantische Leistung war die Verlagerung der wichtigsten Industriebetriebe aus den westlichen Teilen der Sowjetunion hinter den Ural bis in die Tiefen Sibiriens, um sie den Zugriffen der faschistischen Aggressoren zu entziehen. Dadurch war es möglich, die Streitkräfte mit modernen Waffen und Kampftechnik zu versorgen. Dazu zählten der robuste Panzer T-34, der als Stalinorgel bekannte Geschoßwerfer „Katjuscha“, moderne Granatwerfer und Geschütze, die Jak und Iljuschin-Jagd- und Bombenflugzeuge, sowie moderne Kriegsschiffe und automatische Handfeuerwaffen. Wir können uns noch gut daran erinnern, als wir als junge Soldaten der NVA erstmalig im legendären T-34 saßen. Es erfüllte uns mit Stolz, an solchen kampferprobten Waffen ausgebildet zu werden.

Drei Viertel der militärischen Kräfte Deutschlands wurden durch die Sowjetarmee zerschlagen. Die kampffähigsten und stärksten Truppen Deutschlands, ihre Elitetruppen und Verbündeten sind im Osten untergegangen.

In diesen Tagen wird in Moskau und vielen weiteren Orten der früheren Sowjetunion auch der legendären, bewährten Heerführer gedacht, die entscheidenden Anteil an diesen Erfolgen der Sowjetarmee hatten. Ihre Ehrung hat nichts mit kulthafter Anbetung von Persönlichkeiten zu tun. Sie haben mit Klugheit, militärischer Erfahrung und Können, gestützt auf den Willen von Millionen Kämpfern an der Front, entscheidend den Verlauf des Krieges beeinflusst. Sehr gründlich haben wir uns während des Studiums an den sowjetischen Militärakademien mit ihren Lehren und Erfahrungen vertraut gemacht. Ihre Erkenntnisse und Erfahrungen waren für uns in der NVA stets Anleitung für unser Handeln. Während unserer Tätigkeit als Chef des Militärbezirkes Leipzig der NVA, und als Stellvertreter, Mitglied des Militärrates und Chef der Politischen Verwaltung, waren uns diese Heerführer bei der Wahrnehmung unserer Führungsverantwortung sehr oft Vorbild. Eine der wichtigsten Lehren, die sie uns vermittelten, war: Jede noch so kluge Entscheidung wird nur dann wirksam, wenn sie durch die Soldaten an der Basis ins Leben umgesetzt wird.

Der Große Vaterländische Krieg hat den Friedenswillen der russischen Menschen geprägt. Die noch Überlebenden werden die Gräueltaten der Faschisten nicht vergessen. Man kann davon überzeugt sein, dass der heldenmütige Kampf des sowjetischen Volkes und die daraus erwachsende Sehnsucht nach Frieden nachfolgenden Generationen, den Kindern, Enkeln und Urenkeln im patriotischen Verantwortungsbewusstsein übergeben wurden. Es gibt kaum eine russische Familie, die heute nicht in traditioneller Trauer ihrer Toten gedenkt und sich ihrer erinnert. Immer wieder versichern uns unsere langjährigen russischen Freunde und Genossen: “Lasst uns gemeinsam in Frieden und Harmonie miteinander leben. Wir dürfen nicht zulassen, dass unterschiedliche Kulturen und Lebensauffassungen, Vorstellungen über Demokratie und bürgerliche Freiheiten Anlass sind für gewaltsame Auseinandersetzungen. Wir Russen lieben unser Land, wie ihr Deutschen das Eurige. Jeder soll es nach seinen Vorstellungen und Willen gestalten oder wie es der deutsche Volksmund sagt, ,nach seiner Fasson selig werden’, aber friedlich nebeneinander.“

Wie schamlos und beleidigend sind deshalb die Vorwürfe der westlichen Welt, ihrer Politiker, der Medien und allen voran der NATO, „dass die größte Gefahr für den Frieden heute von Russland ausgeht.“ Obama hat sich am 24.09.2014 bei seiner Erklärung vor der 69. UN-Vollversammlung gegenüber Russland derart beleidigend geäußert, dass man an seiner staatsmännischen Fähigkeit zweifeln muss. Er stufte das Ebolavirus, als todbringende Epidemie, die grausamen Massaker der IS-Terroristen, sowie die Handlungen Russlands, als die größten Gefahren für die Welt ein. Normaler Menschenverstand verbietet eine solche Aneinanderreihung und Gleichsetzung.

Genau so erbärmlich muss man Gaucks Auftreten zum 75. Jahrestag des Beginns des 2. Weltkrieges auf der Westernplatte bei Danzig bewerten. Kein Wort darüber, dass die Sowjetunion die größten Opfer zur Befreiung der europäischen Völker vom Faschismus erbracht hat, kein Wort des Gedenkens an die 27 Millionen toten Sowjetbürger. Dafür neue Drohgebärden gegen Russland. Statt Friedenspolemik und Deeskalation, Kriegspolemik aus dem Munde des Bundespräsidenten.

Das Fernbleiben der Bundeskanzlerin an den Feierlichkeiten am 9. Mai in Moskau ist eine Missachtung und Beleidigung der Millionen Opfer der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg, die dieses Land auch für die Befreiung Deutschlands gebracht hat. Wir sehen darin einen neuerlichen widerlichen Affront gegenüber Russland und eine weitere Verschärfung des Kalten Krieges.

Unsere russischen Freunde können gewiss sein, wir linken Kräfte, Freunde der Sowjetunion und Russlands werden den 70. Jahrestag in Würde begehen und der Millionen Opfer gedenken.

So in Berlin-Treptow, auf den Seelower Höhen, in Buckow/Märkische Schweiz und anderen Orten. Dort werden wir unseren Eid erneuern: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg.

Beide Autoren haben viel Gemeinsames. Sie haben als Kinder noch die grausige Fratze des Krieges erlebt. Beide haben nach dem Krieg einen analogen Entwicklungsweg genommen. Sie waren Jahrzehnte in verantwortlichen Funktionen der NVA tätig und sind heute noch stolz, mitgeholfen zu haben, dass 40 Jahre von der DDR Frieden ausging. Jeder hat zwei sowjetische Militär-Akademien besucht. Beim Studium in der Sowjetunion haben sie sich mit dem Verlauf der bedeuteten Schlachten im Großen Vaterländischen Krieg vertraut gemacht und sehr gründlich die Strategie und Taktik der Sowjetarmee studiert und daraus die Lehren für

ihre Tätigkeit in der NVA gezogen. Sie haben viele gemeinsame Dienstorte und Schnittstellen, so auf der Generalstabsakademie in Moskau, in Neubrandenburg dem Militärbezirk V der NVA, in Leipzig dem Militärbezirk III und dem Ministerium für Nationale Verteidigung. Inzwischen haben sie das 80. Lebensjahr hinter sich gelassen und sind weiterhin aktiv gesellschaftlich tätig, so im Ältestenrat des Verbandes zur Pflege derTraditionen der NVA und GT der DDR, bei ISOR und im RotFuchs, um auch damit die Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg wach zu halten. Die Liebe zur Sowjetunion, der Sowjetarmee und heute zum russischen

Volk ist tief in ihren Herzen verankert.

Zwischenruf:

Blühende Landschaften“ gedeihen am

besten dann, wenn „die Sonne schön

wie nie über Deutschland scheint.“

w.k.

Sonntag, 5. April 2015

Erklärung des Freidenker-Verbandes








70 Jahre nach der Befreiung vom Faschismus
Deutschland braucht eine grundlegend andere Außenpolitik
Für Antifaschisten und in der DDR galt der 8. Mai 1945 von Anfang an als „Tag der Befreiung“, die herrschenden Kreise Westdeutschlands brauchten nach der Kapitulation des Deutschen Reiches immerhin 40 Jahre, um den Tag nicht mehr als „Niederlage“ und „Untergang“ zu betrauern.
Der Wechsel der Sprachregelung durch den dafür viel bewunderten Richard von Weizsäcker war 1985 in der BRD nicht nur späte Einsicht, sondern vor allem auch Teil der Strategie des „Wandels durch Annäherung“, die das Vertrauen „unserer östlichen Nachbarn“ erwecken sollte. Das angestrebte Ziel wurde erreicht – Europa von der Elbe bis zum Pazifik von sozialistischen Gesellschaftsordnungen „befreit“.
Die heutige Weltlage beschwört Vergleiche mit den beiden Weltkriegen herauf. In weiten Teilen der Welt erleben wir imperialistische Einmischung und Kriege in Serie. Deutsche Regierungen ermächtigen sich, anderen Nationen Vorschriften zu machen, wirtschaftlichen und diplomatischen Druck auszuüben und selbst bis zur Androhung und Anwendung militärischer Gewalt zu gehen. NATO und EU vereinnahmten ein osteuropäisches Land nach dem anderen. Die „Partnerschaft mit Russland“ schlug in offene Konfrontation um. 
  
Bis zur Annexion der DDR galt, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf. Das vereinte Deutschland begab sich wieder auf die alten Pfade deutscher Expansion Richtung Osteuropa. Die Lehren aus dem Faschismus wurden beim Krieg gegen Jugoslawien, dem dritten in einem Jahrhundert, mit dem rot-grünen Schlachtruf „Nie wieder Auschwitz“ pervertiert. Dies stellte eine neue Variante der Auschwitz-Lüge dar, einen Akt von staatlichem Geschichtsrevisionismus. Es soll vergessen gemacht werden, dass die Sowjetunion das Hauptziel der Expansionsgelüste des deutschen Kapitals und der faschistischen Aggression war. Verdrängt werden soll, dass im opferreichen Kampf der Anti-Hitler-Koalition die Sowjetunion die Hauptlast trug. Sie hatte 27 Millionen Tote zu beklagen, große Teile des Landes wurden verwüstet, Städte und Dörfer, Industrieanlagen und Kultureinrichtungen dem Boden gleich gemacht.
Insbesondere sollen wir vergessen, mit welch rassistischer Propaganda und psychologischen Kriegsvorbereitung gegen die „bolschewistische Gefahr“, den „verschlagenen Iwan“ und die „slawischen Untermenschen“ die deutschen Faschisten ihren Vernichtungskrieg und den Massenmord im Osten vorbereitet haben.
 
Wir sollen nicht erkennen, dass die heutigen Anti-Russland-Kampagnen gefährliche und fatale historische Vorläufer hatten. In der offiziellen Erinnerungskultur kommt die Leistung der antifaschistischen Widerstandskämpfer, der Partisaninnen und Partisanen und der Deserteure nicht vor. Die Leugnung der Selbstbefreiung des KZ Buchenwald ist ein Akt von staatlichem Geschichtsrevisionismus. Der Schwur von Buchenwald „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung“ ist bis heute nicht eingelöst. In der Erinnerungskultur des vereinten Deutschland soll insbesondere der zweite Teil der Losung „Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg!“ verdrängt werden.
Unerfüllte Friedenshoffnungen   
Die Befreiung vom Faschismus hatte auch international das Kräfteverhältnis zugunsten der Friedens- und Fortschrittskräfte verändert. Die drei Siegermächte USA, Sowjetunion und Großbritannien schufen einvernehmlich wichtige Grundlagen für eine neue friedliche Weltordnung. Die Vereinten Nationen wurden als universelles System kollektiver Sicherheit geschaffen. Die UNO-Charta bekräftigte das Prinzip der souveränen Gleichheit der Staaten und das Verbot der Androhung und Anwendung militärischer Gewalt in den internationalen Beziehungen. Friedensverträge wurden mit Italien, Rumänien, Ungarn, Bulgarien und Finnland geschlossen. Das Potsdamer Abkommen der „großen Drei“ vom 2. August 1945 wird in der offiziellen Erinnerungskultur nicht gewürdigt. Es eröffnete die Perspektive einer friedlichen, antifaschistischen, demokratischen Zukunft: völlige Abrüstung und Entmilitarisierung Deutschlands, die Ausschaltung der zur Kriegsproduktion geeigneten Industrie, die Dezentralisierung der Wirtschaft und Vernichtung der Kartelle und Monopolvereinigungen. Aktive Nazis waren aus allen öffentlichen Ämtern und verantwortlichen Positionen der Wirtschaft zu entfernen, alle Nazi-Gesetze aufzuheben und das Erziehungs- und Gerichtswesen sowie die öffentliche Verwaltung antifaschistisch neu aufzubauen. Kriegsverbrecher und Mitschuldige sollten verhaftet und vor Gericht gestellt werden, die NSDAP mit allen Gliederungen vernichtet und Sicherheiten geschaffen werden, dass sie in keiner Form wieder auferstehen können. Jeder nazistischen und militaristischen Betätigung und Propaganda sei vorzubeugen. 
Das Potsdamer Abkommen wurde in der DDR, nicht aber in der BRD verwirklicht. Das sollen die Attacken gegen den „Unrechtsstaat DDR“ vergessen machen, und die höhnische Rede vom „staatlich verordneten Antifaschismus“, dass die Entnazifizierung im Westen höchst widerwillig und unvollkommen durchgeführt wurde – bis zur geheimdienstlich gesteuerten NPD heute. Daher behauptet die Staatsdoktrin der BRD, dass im Osten Deutschlands 1945 nur eine Diktatur gegen eine andere getauscht und die Befreiung der Ostdeutschen erst 1989/90 mit der Annexion durch die BRD erfolgt sei. Dem setzen wir die Erkenntnis entgegen, die zuletzt im DGB-Grundsatzprogramm 1981 formuliert wurde: „Die Entwicklung in der Bundesrepublik hat zu einer Wiederherstellung alter Besitz- und Machtverhältnisse geführt." Entsprechend gilt weiterhin die Feststellung von Bertolt Brecht: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“, und ebenso Max Horkheimer: „Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen“.
Ziel: Zerstörung des Antifaschismus
Diesen Zusammenhang von Kapitalismus und Faschismus, seine Systembedingtheit, soll mit allen Mitteln aus dem Bewusstsein verdrängt werden.
Es beginnt damit, dass in den Medien und offiziellen Debatten kaum noch der Faschismus beim Namen genannt wird, es wird fast durchgängig von „Nationalsozialismus“ gesprochen. Damit wird der demagogische, von den Faschisten zur Eigenwerbung erfundene Name für bare Münze genommen. Früher war dies ein Erkennungsmerkmal der Nazis, heute haben die Herrschenden den Nutzen erkannt, den Faschismus als eine Variante des Sozialismus auszugeben, um Sozialisten zu attackieren und die Kapitalseite aus der Schusslinie zu nehmen.
Die Auflösung des Faschismus-Begriffs wird mit der Erfindung eines „Islamfaschismus“ fortgesetzt, er wird zur Rechtfertigung neokolonialer Kreuzzüge im Mittleren Osten ebenso eingesetzt wie für islamophobe Kampagnen zu Hause. Rassistische Kulturkämpfer und bürgerlichen Atheisten stellen sich als Propagandisten zur Verfügung.
 
Die Interessen des Finanzkapitals, die zum Faschismus drängen, werden auch damit zum ‚Verschwinden‘ gebracht, dass der Antisemitismus zum Kern und Wesen des Faschismus erklärt wird. Der Massenmord an den Juden war zwar ein Kennzeichen der barbarischen deutschen Variante des Faschismus, ist aber nicht notwendiger Teil jeder faschistischen Herrschaft. Die Ersetzung des Antifaschismus durch eine „Antisemitismus-Ideologie“ wird genutzt, um alles und jeden unter „Antisemitismus“-Verdacht zu stellen: Kritik an den israelischen Kriegen gegen die Palästinenser, dem Siedler-Kolonialismus und der Apartheid-Politik der Zionisten, selbst wenn die Kritik von Günther Grass oder von antizionistischen Juden kommt.
„Antisemitisch“ sei die Globalisierungskritik von Arundhati Roy, attac und blockupy, ebenso wie jede Kritik am Finanzkapital, Heuschrecken-Hedgefonds, der Profitgier und der Macht der Banken und Konzerne. Letztlich werden alle sozialen Proteste zu „Antisemitismus“ umgelogen. Dies folgt der Umdeutung bzw. Verdrehung, dass der Faschismus kein Projekt der imperialistischen Eliten, sondern der subalternen Massen gewesen sei, die sich korrumpiert als „willige Vollstrecker“ einspannen ließen. Folglich wurzele der Faschismus im „sozialistischen Kollektivismus“.
Damit mündet dieser heruntergekommene „Antifaschismus“ in der antikommunistischen Totalitarismus-Doktrin „rot = braun“, der Gleichsetzung der antifaschistischen Widerstandskämpfer mit den Faschisten, der Opfer mit ihren Mördern.
Nach der Entwertung des Antisemitismusbegriffs droht die Trennschärfe, was faschistisch, wer Faschist ist, verloren zu gehen. Konservative Auffassungen oder ‚rechte‘ Positionen werden von manchen umstandslos als ‚faschistisch‘ etikettiert, wenn es einen Vorteil im Schlagabtausch verspricht. ‚Faschismus‘ soll alles Mögliche sein und wird in großer Vielfalt angeboten, um Antifaschisten in die Irre zu führen.
  
Aber nicht alles, was nicht näher definiert als „rechts“ gilt, jede ausländerfeindliche Stammtischparole, jeder sexistische und Schwulen-Witz, nicht alles, was politisch falsch oder menschenverachtend oder geschmacklos ist, ist auch schon faschistisch. Rechtspopulisten müssen beim Namen genannt werden, gegen reaktionäre Inhalte muss man streiten, hier ist politische Auseinandersetzung angesagt. Bei Faschismus gilt das nicht: Hier gilt das Verbot. Aber nur hier.
Faschismus: eine Form kapitalistischer Barbarei

   Die zentrale Erkenntnis, dass Faschismus eine Form der Kapitalherrschaft ist, will die Propagandamaschine des Kapitals unbedingt aus den Köpfen schlagen.
Die Zerfaserung und Schredderung jedes konsistenten Faschismusbegriffs durch das Angebot beliebiger Faschismus-Zuschreibungen soll insbesondere vergessen machen, was nach Faschismusforscher Reinhard Kühnl tatsächliches und herausragendes Merkmal des Faschismus ist: Die erbitterte Feindschaft gegenüber der organisierten Arbeiterbewegung mit Verbot und Zerstörung ihrer Parteien, Gewerkschaften und Kulturorganisationen, die Verfolgung und physische Zerstörung ihrer Aktivisten und Funktionäre, der pathologische und mörderische Antikommunismus.
  
Dies kennzeichnet den Faschismus in allen Ländern, zu allen Zeiten und in den unterschiedlichen Formen, in denen er bisher auftrat. Es verweist zugleich auf jene, die den Faschismus förderten, an die Macht brachten, und auf Ihre Interessen: die Interessen der Bank- und Konzernherren an ungestörter Profitmacherei. Wer die Feindschaft zur Arbeiterbewegung als zentrales Kennzeichen aller Faschisten negiert, will insbesondere verschweigen: Der Faschismus ist ein von den Besitzenden eingesetztes Regime. Der Bundesvorsitzende der Freidenker, Klaus Hartmann, sagte 2004 anlässlich des 60. Jahrestages der Ermordung des Freidenker-Vorsitzenden Max Sievers durch die deutschen Faschisten 1944: „Wir betrachten es als eine aktuelle Aufgabe, den Antifaschismus nicht nur gegen offene Faschisten und Reaktionäre, sondern auch gegen scheinbar wohlmeinende Banalisierer, Sinnentleerer und Sinnverdreher zu verteidigen. Wir bestehen auf der begrifflichen Klarheit: Freidenker sind entschiedene Gegner des Faschismus, nicht eines sogenannten ‚Nationalsozialismus‘.“ Unsichtbar gemacht würden „jene, die Hitler an die Macht geschoben haben, die sein Mordsystem installiert und die daran verdient haben“, ebenso bringe man „die gegensätzlichen Klasseninteressen, die unterschiedlichen Klassenkräfte, den Klassencharakter der faschistischen Herrschaft“ zum Verschwinden. Der letztliche Zweck der Übung sei die Beseitigung der „Dimitroff’schen Charakteristik des Faschismus als offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals.“ Inzwischen ist es ‚antideutschen‘ Schriftstellern bei „wikipedia“ gelungen, diese Faschismusdefinition von Georgi Dimitroff als „Agenten-“ bzw. „Verschwörungstheorie“ zu denunzieren, die mit der „angeblichen Finanzierung der NSDAP durch das Großkapital vor 1933“ begründet werde.  
Gegen diese neuen Propagandisten des Großkapitals bleiben wir bei der Feststellung des Historikers und Freidenker-Beiratsmitglieds Kurt Gossweiler: „Der Faschismus ist die äußerste Konsequenz des dem Imperialismus innewohnenden Dranges nach Reaktion und Gewalt, der darauf abzielt, die Macht der Monopole zu ihrer ökonomischen und politischen Allmacht zu steigern.“
Von 1945 zu 1990
  
Der Sieg über den Faschismus und die hohe Autorität der Sowjetunion schufen günstige Bedingungen dafür, dass die demokratischen Kräfte und die Arbeiterbewegung in den kapitalistischen Ländern wie die nationalen Befreiungsbewegungen in den kolonialen und abhängigen Ländern stark an Einfluss gewannen. Das veränderte politische Kräfteverhältnis begründete Hoffnungen auf eine nicht vom Imperialismus bestimmte Weltordnung. Die Sowjetunion hatte allen Grund, auch bei der Gestaltung der Nachkriegsordnung das Zusammenwirken mit den Kriegsalliierten fortzusetzen. Doch der Klassenhass gegen den Kommunismus gewann in den USA und in Großbritannien umgehend die Oberhand, klassisch formuliert von Churchill, man habe mit Hitler „das falsche Schwein geschlachtet“.
In den USA hatte der Weltkrieg kaum Zerstörung hinterlassen, und gestützt auf eine intakte Ökonomie mit immensen Exportmöglichkeiten in die zerstörten Länder errangen die USA schnell eine Weltmachtstellung. Die nutzten sie, Westeuropa wirtschaftlich durch den Marshall-Plan und militärisch durch die NATO unter ihre Kontrolle zu bringen. Politisch schalteten sie von Kooperation auf Konfrontation um, der Startschuss für den Kalten Krieg fiel symbolisch bereits mit den Atombombenangriffen auf Hiroshima und Nagasaki. Der von den USA entfesselte kalte Krieg spaltete Europa und Deutschland. 
Die sowjetische Seite stellte sich auf die Spaltung der Welt in zwei Lager ein und verstand sich als Widerpart zum imperialistischen Lager, indem sie die Länder der neuen Volksdemokratien und die nationalen Befreiungsbewegung stützte und um sich scharte. So begründet die Hoffnungen auf eine bessere Weltordnung 1945 waren, so illusionär waren Wunschvorstellungen von der „Neuen Weltordnung“, in der „Markt und Demokratie“ herrschen sollten, die nach der Niederlage des Sozialismus in Europa 1989/1990 aufkamen. Wer solchen Illusionen anhing, schien vergessen zu haben, dass im kalten Krieg „friedliche Koexistenz“ nur so lange gegeben war, wie die sozialistischen Staaten wachsam blieben, begriff nicht, dass sie den Weg des Untergangs beschritten, als sie in Überschätzung der eigenen Stärke den erreichten Weltzustand als unumkehrbar glaubten, bis sie im Kampf um eine neue Weltordnung schließlich kapitulierten. 
Doch schon kurz nach seinem vermeintlichen Sieg zeigte sich das imperialistische Weltsystem außer Stande, das wieder kapitalistisch gewordene Russland und das marktsozialistische China auf der Grundlage von Respekt und Gleichberechtigung in das vom Finanzkapital dominierte Staatensystem einzugliedern. Ganz zu schweigen davon, dass unter dem Diktat des Weltmarktes viele Entwicklungsstaaten zur Stagnation und zum Niedergang verurteilt waren. Unterstützt von ‚postsowjetischen‘ Führern gingen imperialistische Konzerne und Politiker daran, sich die ‚Filetstücke‘ der Wirtschaft, insbesondere die russischen Bodenschätze, unter den Nagel zu reißen, die Territorien weiter zu zerlegen, jede politische und militärische Gegenwehr unmöglich zu machen und einen Teil der Beute ergebenen heimischen Oligarchen zu überlassen.
Ein neuer Systemkonflikt
  
Dieser Ausverkauf wurde ab 2000 mit dem politischen Wechsel zu Präsident Putin gestoppt und weitgehend rückgängig gemacht. Oligarchen existieren zwar weiterhin, haben aber ihren beherrschenden Einfluss in Wirtschaft und Politik verloren. Der überwiegende Teil der Ökonomie, insbesondere der Schlüsselindustrien und Rohstoffe, befinden sich (wieder) in staatlicher Hand oder unter staatlicher Kontrolle. Der Traum ewig sprudelnder Profitquellen ist für die westlichen Konzerne ausgeträumt. Folgerichtig ist die westliche „Wertegemeinschaft“ alarmiert und verstört und hat einen neuen Feind ausgemacht. Um Russland und China formierte sich mit Brasilien, Indien und Südafrika eine neue Staatengruppe, die sich nach den Anfangsbuchstaben dieser Länder als BRICS bezeichnet. Diese Staaten sind schnell wachsende Schwellenländer, mit denen ein weltpolitisches Gegengewicht zum Machtblock der USA und ihren Verbündeten entsteht. Als marktwirtschaftliche Ökonomien sind sie Teil des kapitalistischen Weltmarkts, aber im Unterschied zu westlichen Ländern verfügt der Staat über die Kontrolle strategischer Sektoren der Volkswirtschaft. 
Auch wenn Kapitalisten eine zum Teil bedeutende Rolle spielen, gibt es in diesen Ländern nicht jene kleine parasitäre Schicht der Finanzoligarchie, die sich in westlichen Ländern nur über einen langen Zeitraum seit dem 19. Jahrhundert herausbilden konnte und die das entscheidende Kennzeichen des Imperialismus darstellt. Kurz: Politiker spielen in diesen Ländern eine bedeutend größere Rolle, und für die Durchsetzung von Interessen der Mehrheit der Bevölkerung sind grundsätzlich günstigere Voraussetzungen gegeben. Dem, was heute als neuer kalter Krieg in Europa erscheint, liegt ein neuer Systemkonflikt zugrunde. In ihm ringen zwei Gruppen um die Gestaltung der Weltpolitik: einerseits die USA und andere imperialistische Zentren, die sich als liberale marktwirtschaftliche Demokratien darstellen, in Wirklichkeit aber reaktionären staatsmonopolistischen Kapitalismus repräsentieren, andererseits die BRICS-Länder, die einen neuen Typ von relativ fortschrittlichem „Staatskapitalismus“ verkörpern.
Der neue Systemkonflikt entfaltet sich insbesondere auf dem Gebiet der Weltwährungspolitik. Die BRICS-Länder sind entschlossen, die beherrschende Stellung und parasitäre Rolle des US-Dollars zu beenden, die es den USA erlauben, einen hohen staatlichen und privaten Konsum, eine gigantische Militärmacht und aggressive Außenpolitik zu finanzieren, indem alle anderen Länder den Dollar, d.h. bedrucktes grünes Papier, als Zahlungsmittel für reale wirtschaftliche Leistungen entgegen nehmen müssen. Der Angriff auf den Dollar erinnert daran, dass die Sowjetunion 1952 den Goldrubel einführte und mit den RGW-Ländern bei einer internationalen ökonomischen Beratung den sozialistischen und Entwicklungsländern vorschlug, als Gegengewicht zur wirtschaftlichen Expansionspolitik der USA die Bildung eines gemeinsamen Marktes für Waren, Dienstleistungen und Investitionen zu bilden. Man hatte erkannt, dass „die Amerikaner mit allen Mitteln versuchen werden, sich des Dollarüberflusses zu entledigen, den sie in den Jahren des Krieges angehäuft haben“ und man wollte „eine solche Entwicklung mit unseren Verbündeten verhindern“ (Stalin). Aus dem Projekt wurde nichts, weil die UdSSR kurz darauf Kurs auf weltpolitische „Bipolarität“ mit den USA nahmen und den Bruch mit der VR China vollzogen. Dass die BRICS-Staaten etwa 60 Jahre später nach der Niederlage des Sozialismus eine ähnliche Politik unter kapitalistischen Vorzeichen aufnehmen, ist ein Indiz dafür, dass dem Vorgang eine tiefere Logik der Weltpolitik zugrunde liegt.
Wieder Faschismus und Krieg?
 
Geschichte scheint sich zu wiederholen, solange sich die Mechanismen des imperialistischen Zeitalters nicht grundlegend ändern. Immer wieder kommt es, wie Lenin analysierte, infolge der ungleichen Entwicklung im Kapitalismus und des imperialistischen Ringens um Neuaufteilung der Welt zu weltpolitischen Situationen, in denen die Ordnung der Welt als ganze zur Disposition steht. Aus solchen Konstellationen entstanden die beiden Weltkriege und der kalte Krieg.
Heute kann von einer „friedlichen, offenen und freien Weltordnung“, die das außenpolitische Strategiepapier „Neue Macht. Neue Verantwortung“ beschwört, nicht die Rede sein. Diese Handlungsanweisung für die Bundesregierung wurde von der „Stiftung Wissenschaft und Politik“ gemeinsam mit der US-Stiftung „German Marshall Fund of the United States“ ausgebrütet, sie fordert „Handlungsbereitschaft“ Deutschlands gegenüber „Störern der internationalen Ordnung“ in Form von „mehr militärischem Einsatz“ in „Formaten für NATO-Operationen (…) bei denen (man) weniger auf US-Hilfe angewiesen (ist)“. Von dieser „Ordnung“, für die also künftig Krieg geführt werden soll, profitiert nicht, wie behauptet, „Deutschland“ sondern nur eine winzige parasitäre Schicht der deutschen und internationalen Finanzoligarchie. Diese Superreichen werden immer reicher, während die Armut wächst. Dass „diese Wirtschaft tötet“, meint auch Papst Franziskus. 
  
Im Interesse des Finanzkapitals streben die deutschen Machteliten wieder nach Weltmacht, zum dritten Mal, nunmehr in der trügerischen Gewissheit der inzwischen erreichten Vormachtstellung in der Europäischen Union und als Teil der so genannten „westlichen Wertegemeinschaft“. Die Machthaber Deutschlands scheinen bereit, sich bis auf weiteres der globalen Strategie der einzigen Supermacht USA unterzuordnen. Sie gehen sogar – wie beispielsweise in der Konfrontation gegen Russland – soweit, gegen nationale Gesamtinteressen der kapitalistischen Klasse zu handeln. Dabei ist jedoch auch die „klassische“ innerimperialistische Rivalität zwischen Deutschland und den USA nicht zu übersehen, die in der gemeinsam forcierten Osterweiterung von NATO und EU auf Schritt und Tritt in Erscheinung getreten ist.  
In dieser Lage sollte die Erinnerung an den „Tag der Befreiung“, der 1945 eine Zäsur der Weltpolitik markierte, das Bewusstsein dafür schärfen, dass sich Deutschland heute wieder in einer Lage befindet, die eine grundlegend andere Außenpolitik erfordert, in einer Weltlage, in der alle friedliebenden und gerecht denkenden Menschen, alle fortschrittlichen und Friedensorganisationen aufgefordert sind, dafür einzutreten, dass unser Land aus imperialistischen Bündnissen wie NATO und EU ausscheidet und für eine den Wettbewerb verschiedener Systeme ermöglichende Weltordnung und ein multilaterales Staatensystem auf der Grundlage des Völkerrechts eintritt.   
Deutschland ist von keiner Seite bedroht. Die Machthaber müssen einräumen, dass das Land nur von befreundeten Nationen umgeben ist. Dennoch rüsten sie auf. Sie schicken deutsche Soldaten weltweit in immer abenteuerlichere Militäreinsätze. Doch die „unipolare“ Globalisierung unter der Vorherrschaft der USA und ihrer Verbündeten richtet sich gegen die Lebensinteressen der Völker. Die Arroganz der „westlichen Wertegemeinschaft“ stößt auf den Widerstand der Kräfte der nationalen Selbstbehauptung. Gegen die Vorherrschaft der Zentren des parasitären staatsmonopolistischen Kapitals formieren sich insbesondere die BRICS-Staaten und die mit ihnen kooperierenden Entwicklungs- und Schwellenländer. Um über die wirkliche Dynamik der Weltpolitik hinwegzutäuschen, operieren die NATO-Mächte mit dem willkürlichen Konstrukt eines sogenannten „erweiterten Sicherheitsbegriffs.“ Angeblich gehe es um „Sicherung der Handelswege und Rohstoffquellen“, „Kampf gegen Terror“, „Schutz vor Putins Russland“ etc. Derartige Feindbilder sind austauschbar. In Wirklichkeit geht es immer nur um Projektionen des eigenen Vorherrschaftsstrebens der parasitären Finanzoligarchie der imperialistischen Zentren.
Eine grundlegend andere Außenpolitik
  
70 Jahre nach der Befreiung sind imperialistische Kräfte wieder bereit, sich faschistischer Kräfte zu bedienen, um die Ukraine ihrem Einfluss- und Herrschaftsbereich einzugliedern, und dabei sogar einen erneuten Krieg gegen Russland zu riskieren. Um die wachsende Weltkriegsgefahr zu stoppen, müssen alle Kräfte mobilisiert werden. Dafür ist es zwingend notwendig, eine grundlegend andere deutsche Außenpolitik zu entwickeln, eine Außenpolitik „von unten“ gegen die Kräfte, die in klassenbedingter Verblendung bereits zwei Mal Deutschland in die Katastrophe geführt haben. Unerlässlich ist, dass Deutschland aus den imperialistischen Bündnissystemen NATO und der militarisierten EU, von denen die Hauptbedrohung des Weltfriedens ausgeht, durch einen demokratischen Akt der wiedergewonnen Volkssouveränität herausgelöst wird. Auf der Basis der souveränen Gleichheit der Staaten gilt es, von Lissabon bis Wladiwostok eine Zone gleicher Sicherheit und gleichberechtigter Zusammenarbeit zu schaffen. Das kann nur in einem breiten gesellschaftlichen Prozess geschehen, Kriegsverhinderung und Antifaschismus sind nur erfolgversprechend als soziale Bündnispolitik gegen das große Kapital. Dieser Verantwortung müssen sich die fortschrittlichen und Friedensorganisationen stellen. Aus dem Rückblick auf die 70 Jahre seit der Befreiung von Faschismus und Krieg 1945 ergibt sich, alle Kräfte für den Frieden zu mobilisieren.
Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg! Dies bedeutet 2015 vor allem:
Schluss mit den Sanktionen, Verständigung statt Konfrontation mit Russland!
Keine Unterstützung, Steuergelder und Waffen für die profaschistischen Machthaber in Kiew!
Solidarität mit den Antifaschistinnen und Antifaschisten in der Ukraine!
Deutschland raus aus der NATO, NATO raus aus Deutschland!

Beschlossen vom Verbandsvorstand des Deutschen Freidenker-Verbandes, Magdeburg, 28./29.03.2015Diese Erklärung des Deutschen Freidenker-Verbandes e.V. kann hier als PDF-Dokument (ca. 310 KB) heruntergeladen werden.
Freidenker-Brief Nr. 3/2015 v. 3. April 2015 – N A C H T R A G
8. Mai 2015 – 70 Jahre „Tag der Befreiung“

1.        Nachzutragen ist, dass der Text, „Streit in der Friedensbewegung - wie breit darf sie sein?“, der uns von Doris Pumphrey vorab zur Verfügung gestellt wurde, das Einleitungsreferat auf der Veranstaltung zur Eröffnung des Marx-Engels Zentrums Berlin (MEZ) am 26. März 2015 gewesen und inzwischen auch auf der MEZ-Webseite postiert worden ist: http://www.mez-berlin.de/streit-in-der-friedensbewegung-wie-breit-darf-sie-sein-114.html.
2.        Ferner der Hinweis auf die dort ebenfalls veröffentlichten Anmerkungen von Andreas Wehr zu dem Artikel „Formierte Gegenaufklärung“ in der Zeitung Junge Welt vom 21./22. März 2015. Wehrs Kritik ist beispielhaft dafür, wie analytischen Fehleinschätzungen in der Friedensbewegung argumentativ zu entgegnen ist. (Siehe auch: https://theoriepraxis.wordpress.com/2015/04/02/auseinandersetzung-um-und-in-der-friedensbewegung/)
Solidarischen Grüße an die Ostermärsche 2015




Samstag, 4. April 2015

Platons Erben in Aufruhr


Platons Erben in Aufruhr
Kürzlich schrieb Martin Mademann, ein aufmerksamer Freund und User folgende Zeilen an den Blogger und Autor Harry Popow: Lieber Harry, Deine Mitteilung über Dein soeben erschienenes Buch „Platons Erben in Aufruhr“ hat mich neugierig gemacht. Ich habe die Buchvorstellung im Internet gelesen. Schon der Buchtitel ist eine sehr gute Verbindung von Denken und Sprache. Die kurze, wesentliche, ideell orientierende Beschreibung des Buches ist eine große Leistung. Sicherlich bist Du der Verfasser. Überhaupt war es eine sehr gute Idee, Deine zahlreichen gehaltvollen und empfehlenden Buchrezensionen in einem Buch zusammenfassend zu veröffentlichen. Das ist wohl einmalig. Harry, meine Anerkennung! Ich grüße Dich. M.



Hier der Buchtipp:


Perlen der Erkenntnis findet man – wer wüsste das nicht - sowohl im Alltag, als auch beim kritischen Lesen. Über fünfzig politische Sachbücher wollten –  in guter Zusammenarbeit mit der Neuen Rheinischen Zeitung, Herausgeber und  Redakteur Peter Kleinert – von Harry Popow gründlich durchforstet, besprochen und  veröffentlicht werden. Welch ein Vergnügen des Denkens, von dem Bertold Brecht schrieb.

Es sind  ruhestörende Autoren, die nach vorne denken und schreiben, es sind deren Werke, die nicht immer auf die Bestsellerlisten gelangen und auch in Printmedien als Rezensionen kaum zu finden sind und dennoch tiefgründig recherchierte Wegweiser darstellen. Folgen Sie den Spuren Platons und anderer Intellektueller und lassen sich   inspirieren von deren Kraft der überzeugenden Worte. Lesen sie in dem Tipp zum  Titel „Blattkritik“ vom Versagen der von Geldgebern abhängigen und dem Erwerb unterliegender Medien, eine demokratische Öffentlichkeit herzustellen. Grinsen sie mit, wie Konsumenten zum Shoppen verführt werden. Oder wie und warum Mord `´(s)geschäfte vom Staat geduldet und gefördert werden. Erfahren sie von den Tränen des Vaterlandes bei den Konflikten zwischen Israel und den Palästinensern. Oder wie eine Chamäleon-Dame ihr Volk verschaukelt. Oder wie Mumia Abu-Jamal (USA) in einem  amerikanischen Dok-Film sehr warmherzig und lebendig als aufrechter Klassenkämpfer beschrieben wird. Oder wie Daniela Dahn das Privateigentum an Produktionsmitteln unter Beschuss nimmt...

Nicht weniger interessant: Essays sowie kritische Tagebuch- und Blog-Notizen  einschließlich E-Mails zum politischen Alltag. Besuchen sie das sowjetische Ehrenmal in Treptow, lesen Sie eine interessante Zwiesprache mit Tamara... Oder  amüsieren Sie sich über ein „fiktives“ Wortgefecht mit einem, der Substanz für ein Gewürz hält. Oder erleben Sie eine Feld- und Waldwanderung, die mit einer kleinen Überraschung endet. Oder die Premiere eines italienischen Dokumentarfilms im Filmtheater Babylon. Oder den Dank eines Piraten für die Besprechung seines Buches.

Jedes Wort und jeder Satz – wie kann das anders sein – aus sehr subjektiver und privater Sicht des Autors und seiner Leser. Lassen sie sich kurzweilig entführen in die Welt des Widerstands gegen beabsichtigte Sinnentleerungen, bewusst provozierter Hohlköpfigkeit, gegen gesellschaftlichen Stillstand. Zu entdecken sind Anzeichen aufkommenden Lichts, die munter machen können, die Hoffnung wecken – als Platons Erben.

Harry Popow: „Platons Erben in Aufruhr. Rezensionen, Essays, Tagebuch- und Blognotizen, Briefe“, Verlag: epubli GmbH, Berlin, 316 Seiten, www.epubli.de , ISBN 978-3-7375-3823-7, Preis: 16,28 Euro


http://www.epubli.de/shop/buch/PLATONS-ERBEN-IN-AUFRUHR-Harry-Popow-9783737538237/44867
 
 

Donnerstag, 2. April 2015

Hanna zur Apitz-Verfilmung

Lieber Harry,
hab Dank für deine kluge Einschätzung der sogenannten Neuverfilmung von Bruno Apitz "Nackt unter Wölfen". Die gestern im Fernsehen gelaufene BRD-Adaption ist nach meiner Einschätzung als Gegenentwurf zu der hervorragenden DEFA-Fassung konzipiert worden, à la "Jetzt wollen wir mal zeigen, was der Apitz wirklich geschrieben hat". Und so wird vor allem unterschlagen, dass in Buchenwald die Kommunisten als Funktionshäftlinge, wie die Kapos bei der SS hießen, unendlich viele Menschenleben retteten und für Tausende das Überleben der Gräuel möglich machten, wofür auch der Kampf um das Leben des Kindes steht. Und dass es auch ein Film ist, der die Selbstbefreiung des KZ vor Eintreffen der US-amerikanischen Truppen bezweifeln soll, versteht sich. Schwerpunkt des Films ist das Aufzeigen des Leidens im KZ, was ja nicht zu verkennen ist, geht aber an der Aussage des Buches von Apitz vorbei, der vor allem die illegale Lagerorganisation der Kommunisten in den Mittelpunkt gestellt hatte. So gesehen kann man sagen, die Filmfassung des BRD-Regisseurs Philipp Kadelbach nutzt lediglich Teile des Apitz-Buches, unterschlägt aber das Grundanliegen des Autors, nämlich dem Heroismus der Kommunisten ein Denkmal zu setzen - ganz im Sinne des hierzulande herrschenden Antikommunismus. Da fragt man sich, was der Regisseur unter der "heutigen Sichtsweise" versteht.
Die gestern nachfolgende halbstündige Dokumentation "Buchenwald - Heldenmythos und Lagerwirklichkeit" kleidet die ganze antikommunistische Grundhaltung in die niederträchtige Frage, ob die Funktionshäftlinge nicht doch gemeinsame Sache mit der SS gemacht hätten. Erbärmlicher geht es nimmer.

Hanna Fleiss

Fallen Bestien vom Himmel?


Fallen Bestien vom Himmel?


„Nackt unter Wölfen“, am ersten April im ARD. Was sagte der Regisseur am Abend zuvor im TV? Er habe den gleichnamigen DDR-Film gesehen und war sehr gerührt. Er aber habe es anders gemacht, den heutigen Sehgewohnheiten angepasst. Als einstige DDR-Bürger, die diesen hochdramatischen Film mit Erwin Geschonneck und Armin Müller-Stahl ebenfalls gesehen hatten, fragten wir uns, wohin wohl die Reise gehen wird mit den „neuen Sichten“. Denn damals fühlten wir mit Herz und Kopf, in einem Staat zu leben, der vom Grundsatz her absolut antifaschistisch geprägt war. Das machte mich persönlich stolz, sehr sogar. Und so nimmt man die atemberaubende Bestialität der faschistischen Mordbanden im Lager in diesem neuen Film sehr wohl zur Kenntnis. Sehr gut gebaute Szenen, die ans Herz gingen. Und dann? Es fehlten meiner Ansicht nach die deutliche politische und gesellschaftskritische innerliche Motivierung sowohl der Widerständler, die sich um den kleinen Jungen bemühten. Hatten sie keine Visionen von einem künftigen friedlichen Deutschland, keinen Schwur geleistet, so einen Wahnsinn nie wieder zuzulassen? Und welche verbrecherische Ideologie trieb die Naziverbrecher zu ihren Bluttaten? In den Lagern und auf dem weltweiten Schlachtfeld? Fielen die Bestien vom Himmel? Von wem wurden sie unterstützt?

So blieb das Kind eigentlich nur Symbolfigur für den Überlebenswillen der KZ-Insassen. Darauf wurde die Botschaft des Films reduziert. Man fragt sich, wo bleibt angesichts heutiger Gefahren für die bürgerliche Demokratie, für Frieden in Europa und darüberhinaus das vermittelnde Vermächtnis an die Heutigen? Kein Wort der Mahnung, keine Silbe davon, gefährlicher werdenden Zeiten – vor allem der neu aufkommenden neonazistischen Umtriebe – aktiv entgegenzutreten? Der Regisseur fühlte sich durch den DDR-Film sehr angeregt? Sein Herz mag betroffen gewesen sein, sein Tiefsinn blieb dabei wohl außen vor? Neoliberale Anpassungs-Ideologie läßt grüssen.

Harry Popow