Dienstag, 30. Januar 2018

Die Hybris Israels - Buchtipp

Arn Strohmeyer: „Die israelisch-jüdische Tragödie. Von Auschwitz zum Besatzungs- und Apartheidstaat Israel. Das Ende der Verklärung“

Die Hybris Israels

Buchtipp von Harry Popow

Bring das mal auf den Punkt: Einerseits bricht Israel im Sinne der Ideologie des Zionismus fortlaufend das Völkerrecht gegenüber den Palästinensern, andererseits wird jegliche Kritik daran als Antisemitismus, also als Hetze gegen Juden, aufgefasst und verfolgt, vor allem durch die deutsche Bundesregierung und die Israel Lobby. Dabei ist doch sonnenklar: Das deutsche Kapital fühlt sich als Beschützer des israelischen Imperialismus. Eine Hydra hackt der anderen doch kein Auge aus, zumal es dabei auch stets um Riesengeschäfte geht.

Ein heißeres Eisen kann es kaum geben: Von der israelisch-jüdischen Tragödie ist die Rede im Buch von Arn Strohmeyer mit dem Untertitel „Von Auschwitz zum Besatzungs- und Apartheidstaat Israel. Das Ende einer Verklärung.“ Ohne langes Rätselraten: Wir haben es im Verhältnis zum Holocaust, zu Israel, zum Antisemitismus und zum Zionismus und damit zum Lügenberg über die Ursachen dieser Konflikte mit einer mehrfachen Tragödie zu tun. Das ist der Konflikt Israel-Palästina, die Verurteilung eines falsch verstandenen Antisemitismus durch die BRD-Regierung, die Verschleierung der ökonomischen Ursachen in der Politik sowie die Verdummung der Leser, indem die Schuld am Holocaust schlechthin den Deutschen zugeschoben wird statt dem deutschen Kapital mit Hilfe der Nationalsozialisten. So heißt es auf Seite 235: „Es ist nur als tragisch zu bezeichnen, dass Deutschland die Tragödie des Zionismus gar nicht wahrnimmt und entsprechende politische Folgerungen daraus zieht.“ Und nun wird sogar ein Beauftragter im Kampf gegen den Antisemitismus in den Ministersessel torpediert, ein Beweis mehr für das Unvermögen, Realitäten anzuerkennen und den Kapitalismus zu vernebeln.

Desto dringender ist, der Volksverdummung um des Friedens willen Paroli zu bieten. So, wie das Evelyn Hecht-Galinski, Uri Avnery, Petra Wild und Fariss Wogantzi sowie andere Publizisten in ihren kritischen Sachbüchern bereits getan haben. Und nun also Arn Strohmeyer. Es geht im Grunde genommen um Krieg und Frieden in Nah-Ost, um Menschenrechte und bewusst gebrochenes Völkerrecht. In 6 Kapiteln und 14 Abschnitten entlarvt der Autor außerordentlich akribisch und mit zahlreichen Beispielen belegt das völkerrechtswidrige Vorgehen Israels gegenüber den Palästinensern.

Massaker ohne Ende...

Wer von den Nutzern der bürgerlichen „Qualitätsmedien“ wurde darüber informiert: Dass in der Zeit der Nakba und des israelisch-arabischen Krieges 1948/49 sowie im Juni-Krieg von 1967 die Zionisten 78 Prozent Palästinas in Besitz genommen hatten? (S. 9) Dass Israel in den besetzten Gebieten foltert, mordet, willkürlich inhaftiert, grundlegende Menschenrechte und politische, kulturelle und wirtschaftliche Teilhabe beschneidet? (S. 129) Dass sich die Willkür der Kolonialherren in Häuserzerstörungen, Landraub, bürokratische Schikanen, Verbannung in Reservate hinter Mauern und Zäunen sowie permanente Razzien und Verhaftungen - oft ohne Prozess – niederschlägt? (S. 201) Dass Israel rund 94 Prozent Palästinas mit dem „Schwert“, also mit Gewalt erobert hat? (S. 205)

Das israelische Herrenvolk, so der Autor auf Seite 12, berufe sich „auf Grund seiner alten Kultur, seiner europäischen Herkunft und der Leiden, die es in seiner Geschichte durchgemacht hat, auf seinen privilegierten Status“ und habe mit seinem über ein anderes Volk errichteten Besatzungsregime jede moralische Orientierung verloren. Aus den Verfolgten von einst (Holocaust) seien brutale Täter geworden. Auf den Seiten 205/206 ergänzt der Autor: „Die Ursachen des Konflikts mit den Arabern beziehungsweise den Palästinensern (…) werden nicht in der eigenen Politik (Kriegs-, Siedlungs-, Eroberungs- oder Vertreibungspolitik) gesehen, sondern ausschließlich in der ´Feindseligkeit´ und in der Mentalität der ´Anderen´.“ Der zionistischen Ideologie nach seien Araber grundsätzlich feindselig und nicht friedensfähig. So schaffe sich Israel durch Entpolitisierung und Dämonisierung selbst ein Feindbild und erklärt sich dabei als Opfer, was eine Konfliktlösung unmöglich erscheinen lässt.

Religiöser Machtanspruch

Stellt sich auch hier die Frage, ob die Öffentlichkeit über die Hintergründe und Erscheinungsformen des Zionismus aufgeklärt ist? Arn Strohmeyer lotet tief aus, indem er auf die Entstehungsgeschichte des Zionismus eingeht. Zunächst stellt er auf Seite 68 klar, Judentum und Zionismus sind nicht dasselbe. Während das erstere eine Religion ist, eine kulturelle Gemeinschaft, so ist der Zionismus „eine nationalistische Ideologie, die aber (ob zu Recht sei dahingestellt) für sich in Anspruch nimmt, für das ganze Judentum zu sprechen“, die Israels Staatsideologie ist. Dem entgegengesetzt, so schreibt der Autor auf Seite 194, steht ein Teil des Judentums auf dem Standpunkt der Alternative eines Universalismus, der sich somit im Einklang mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte befindet. „Die Zionisten entschieden sich aber klar gegen den Universalismus und für die konservativ-nationalistische Richtung, was aber auch Absonderung und Isolation bedeutet“, so der Autor auf Seite 195. Es gehe im Grunde auch um die Trennung zwischen Juden und Nicht-Juden, die sich durch die ganze jüdische Geschichte zieht. Auf Seite 70 findet der interessierte Leser viele Argumente gegen die Behauptung der zionistischen Bewegung, ihren Anspruch auf Palästina absichernd, „dass die Juden, die sich gegen die römische Besatzung erhoben hatten, 70 n.u.Z bei der Zerstörung Jerusalems durch die Römer vertrieben worden seien und nun nach 2000 Jahren wieder in `ihr´ Land zurückkehren würden“.

Sackgassenpolitik Israels

Noch einmal: Es geht nicht gegen Juden schlechthin, nicht um scharf zu verurteilenden Rassismus, sondern um die Ideologie des Zionismus, der völkerrechtswidrigen kapitalistischen Herrschaft über Palästina. Eine wesentliche Aussage über den Nah-Ost-Konflikt findet der Leser bereits auf Seite 5, indem folgendes Zitat von Professor Dr. Udo Steinbach, deutscher Islamwissenschaftler, wiedergegeben wird: „Der Nahe Osten ist immer noch nach den Vorstellungen des Kolonialismus und Imperialismus organisiert. Israel ist ein anachronistisches Relikt des Kolonialismus und des Imperialismus. Im Nahen Osten findet ein 30jähriger Krieg statt, aber die `neue Ordnung` wird kommen. Sie wird den Nahen Osten verändern – auch die Beziehung Europas zum Nahen Osten. Das wird auch Israel miteinbeziehen – das gegenwärtige System dort ist nicht haltbar.“

Moshe Zuckermann zitierend, wird auf Seite 116 festgestellt, die Ideologie Israels – des Zionismus – ist eine der permanenten Gewalt, Israel habe sich bis heute nicht in die Staatengemeinschaft des Nahen Ostens integriert, es „ist ein Fremdkörper in der Region geblieben – eine waffenstarrende Festung in einer `feindlichen` Umwelt. Und auf Seite 120 wird konstatiert: „Dieser Staat ist nicht der Staat aller seiner Bürger, sondern nach zionistischem Verständnis aller Juden auf der Welt, also einer übernationalen Religionsgemeinschaft, die sich als Ethnie versteht.“ Eine totale Perversion: Das offizielle Israel lehne die Einhaltung von Menschenrechten und Völkerrecht in Worten und Taten ab, denn sie gehören nicht zur jüdischen Identität, so zu lesen auf Seite 175. Was das bedeutet? Für Europa und speziell für Deutschland?: „Wer nicht bereit ist, Israels partikularistischen und äußerst aggressiven Sonderweg der Abkapselung, Trennung und Isolation mit all den politischen Folgen (…) mitzutragen und Israel universalistisch vom Standpunkt des Völkerrechts und der Menschenrechte aus beurteilt, ist nach israelischem Verständnis (und dem seiner Lobby) ein „Antisemit“. Damit werden aber nicht Juden geschützt, sondern eine verbrecherische Politik. (S. 178)

Holocaust als Motiv

Es ist nicht verwunderlich, dass die israelische Staatsideologie, der Zionismus, den Holocaust „zur Rechtfertigung ihrer politischen und militärischen Ziele instrumentalisiert“ haben. (S. 28) Das diene dem permanenten Schüren von Angst und Panik vor einem neuen Holocaust, der Rechtfertigung der militärischen Stärke und der gewaltsamen Unterdrückung der Palästinenser, denen man unterstellt, die neuen Nazis zu sein und schließlich Kritiker gegenüber dem Staat zum Schweigen zu bringen. (S. 28/29) Vor allem genügte es der zionistischen Politik nicht, die Erinnerung an die Ermordeten „im westlichen Bewusstsein“ wachzuhalten, so der israelische Historiker Shlomo Sand, sie beanspruchte Einzigartigkeit, die nationale Verfügungsgewalt über den Schmerz, um „aus ihm so viel politisches Prestige und sogar wirtschaftliches Kapital zu schlagen, wie nur möglich“. „Deshalb wurden nach und nach alle anderen Opfer ausgeblendet, und der Genozid geriet zu einer ausschließlich jüdischen Angelegenheit. Auch jeder Vergleich mit anderen Völkermorden war von nun an untersagt“. (S. 37)

Wenn das Geschäft lockt...

Wenn also der deutsche Leser vor dem Antisemitismus gewarnt wird, da doch „die eigene Schuld“ dazu verpflichtet, dann ist das ohne Zweifel nicht nur – wie üblich – die Verklärung der faschistischen Verursacher von Krieg und Holocaust, sondern auch die Inkaufnahme von Kriegsverbrechen des imperialistischen Staates Israel gegenüber dem palästinensischen Volk und damit die Legitimierung von Verstößen gegen die Menschenrechte und gegen das Völkerrecht. Auf Seite 209 formuliert der Autor das Einknicken der deutschen Politik vor den Verbrechen Israels mit folgender Einschätzung: „Jede Kritik an diesem Kurs wird als Antisemitismus abgeschmettert. Nicht Israels barbarische Politik steht also am Pranger, sondern der Kritiker, der warnt und Humanität einfordert. Der denunziatorische Antisemitismus-Vorwurf ist die letzte ideologische Schutzmauer, die dieser Staat neben der realen Mauer um sich baut, um einen Zustand zu retten, der auf Dauer nicht zu retten ist.“

Umkehr vonnöten

Nicht zu retten? Ohne Zweifel hat sich Israel, wie auf Seite 312 zu lesen, „in eine politische Sackgasse manövriert, da die Zwei-Staaten-Lösung durch „Israels Unnachgiebigkeit, das Land zu teilen, und seine fortgesetzte Siedlungspolitik unmöglich geworden ist, bleibt nur die Ein-Staaten-Lösung, bei der die Palästinenser aber den größeren Bevölkerungsanteil stellen würden“. Das würde aber zu der Bildung eines – vermutlich diktatorischen – Apartheidstaates führen, so der Autor. Er mahnt eine Umkehr an, die aber „zur Zeit wegen der herrschenden Machtverhältnisse und der politischen Verblendung der Bevölkerung undenkbar ist“. Ziel sei ein säkularer demokratischer Staat, in dem Juden und Palästinenser gleichberechtigt leben können. Nur so sei der Frieden möglich. (S. 220)

Arn Strohmeyer hat mit seinem gut lesbarem und reich argumentativen Buch weiter den Weg zu einem besseren Verständnis der israelisch-jüdischen Tragödie den Weg geebnet. Klar kommt der Zusammenhang zwischen kapitalistischen Machtansprüchen und der Abwehr von „Angriffen“ im Interesse der Menschenrechte und des Völkerrechts mit dem Vorwurf des Antisemitismus zum Tragen. Das ist umso wichtiger, da es hier, wie gesagt, um Krieg und Frieden nicht nur im Nahen Osten, sondern auch um den Weltfrieden geht. Besonders hervorzuheben sind die zahlreichen Zitate von Persönlichkeiten von Politik und Kultur, selbstverständlich auch von israelischen Prominenten. Im Anhang befinden sich zudem zahlreiche Beispiele der Massaker Israels gegenüber den Palästinensern. Wenn diese so wichtige politische Lektüre – wie gehabt – von der Lügenpresse nicht so recht wahrgenommen wird, dann ist die Forderung nach politisch gänzlich anderen gesellschaftlichen Verhältnissen auch und besonders angemahnt. Die Hybris Israels – sie muss im Namen des Friedens auf den Boden der Realität geholt werden.



Arn Strohmeyer: Die israelisch-jüdische Tragödie. Von Auschwitz zum Besatzungs- und Apartheidstaat Israel. Das Ende der Verklärung, Taschenbuch: 280 Seiten, Gabriele Schäfer Verlag Herne; Auflage: 1 (13. Dezember 2017), Sprache: Deutsch, ISBN-10: 3944487575, ISBN-13: 978-3944487571, 19,90 Euro


(Erstveröffentlichung des Buchtipps in der Neuen Rheinischen Zeitung)



Samstag, 27. Januar 2018

75. Jahrestag des Sieges


Angriff auf die Sowjetunion kein Verbrechen mehr?


In Russland wird dieser Tage des 75. Jahrestages des Sieges über die Hitler-Wehrmacht in Stalingrad gedacht. Was macht Deutschland?


von Ulrich Heyden

In Berlin scheint man zu hoffen, dass der Jahrestag möglichst still und schmerzlos vorübergeht. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage (1) hervor, welche die stellvertretende Chefin der Linksfraktion, Sevim Dagdelen und andere Abgeordnete der Linksfraktion, am 20. Dezember 2017 einreichten. In ihrer Antwort erklärt die Bundesregierung, dass man den Krieg gegen die Sowjetunion nicht insgesamt als verbrecherisch bezeichnen könne. Man müsse „Einzelfälle“ prüfen. Doch die Vernichtung der Stadt Stalingrad durch 600 deutsche Flugzeuge, die Spreng- und Brandbomben warfen, war kein Einzelfall. Tausende andere Städte und Dörfer der Sowjetunion wurden ausradiert oder schwer beschädigt. Darf man das nun nicht mehr sagen, nur weil Berlin behauptet, in der Ukraine werde die Demokratie aufgebaut?

Die größte Schlacht im Zweiten Weltkrieg



Der Kampf um Stalingrad dauerte vom 17. Juli 1942 bis zum 2. Februar 1943. Es war die größte Schlacht im Zweiten Weltkrieg. Die Verluste auf beiden Seiten waren unbeschreiblich. Genaue Zahlen gibt es nicht. Nach russischen Angaben wurden 487.000 Rotarmisten getötet und 650.000 verwundet. Auf Seiten der deutschen Wehrmacht und ihrer Verbündeten starben 300.000 Soldaten, 91.545 Soldaten gerieten in Kriegsgefangenschaft, darunter 2.500 Offiziere, 24 Generäle und Generalfeldmarschall Paulus. Viele der deutschen Gefangenen starben in der Gefangenschaft in Folge von Krankheiten. Nur 6.000 der deutschen Kriegsgefangenen von Stalingrad kehrten in die Heimat zurück.

Nach dem Sieg der Roten Armee, übernahm diese die strategische Initiative. Die Menschen in deutschen Konzentrationslagern begannen zu Hoffen.

Nach dem Sieg von Stalingrad schickten Roosevelt und Churchill Glückwunschtelegramme an die sowjetische Führung. Der englische König Georg VI. schickte Stalin einen Säbel, den dieser auf der Konferenz von Teheran mit beiden Händen in Empfang nahm und küsste. Auf dem Säbel waren die Worte eingraviert „für die Verteidiger von Stalingrad als Zeichen der Anerkennung vom britischen Volk“.

Zu den Schlüsselereignissen der Schlacht gehört der Angriff der deutschen Luftwaffe mit 600 Flugzeugen am 23. August 1942, bei dem 40.000 bis 90.000 Menschen starben. Am gleichen Tag rückten deutsche Panzer bis auf einen Kilometer an die berühmte Traktorenfabrik von Stalingrad heran. Es begann ein erbitterter Kampf um die drei großen Rüstungsfabriken der Stadt, „Roter Oktober“, Traktor-Fabrik und Artillerie-Fabrik „Barrikade“, in der trotz der Kämpfe weiter produziert wurde.

Von der Traktorenfabrik fuhren die neuen Panzer – noch ohne Geschosse und nur mit einem Werksfahrer besetzt - direkt an die Front. Am 23. November 1942 schloss sich der Kessel um die deutsche 6. Armee. In der Stadt kämpft Rotarmisten und deutsche Soldaten nun Mann gegen Mann, mit Gewehren, Granaten und Messern, um jede Straße, um jedes Treppenhaus.

„Wir schliefen auf der flachen Erde“



Einer der Soldaten auf Seiten der Roten Armee war Aleksandr Glitschew. Er kämpfte seit Mitte August 1942 in einer Einheit von Aufklärern in einem Abschnitt 30 Kilometer westlich von Stalingrad. Dem Tod entrann Glitschew nur knapp. Am 14. Dezember 1942 durchbohrte ein Granatsplitter sein linkes Knie, ein anderer verfehlte sein Herz nur um Zentimeter. Es sei Zufall gewesen, dass er überlebt habe, erinnerte sich der alte Mann als ich ihn im Januar 2013 in seiner Wohnung im Westen von Moskau traf. Er sagte, „alles im Krieg ist Zufall“.

Glitschew erzählte, wie er mit seinen Kameraden in Bombentrichtern Schutz suchte. „Meistens waren wir zu müde, uns selbst Löcher zu graben So schliefen wir nachts auf der flachen Erde. Zu essen gab es bestenfalls einen Hirsebrei“.

Der damals 19 Jahre alte Rotarmist erinnerte sich genau an die Gerüche auf dem Schlachtfeld. „Da war der Geruch explodierender Granaten, der Geruch von Leichen, die niemand beerdigte, weil keine Zeit war, und der Geruch von wildem Wermut.“ Das Gewürzkraut blieb in seinem Gedächtnis haften, weil er das kniehohe Gewächs in dem heißen Sommer 1942 ständig vor der Nase hatte. Er robbte als Aufklärer fast den ganzen Tag durch die Steppe. Wer in dem flachen Gelände aufstand, war ein toter Mann, denn es gab nirgendwo Deckung.

Was er beim Anblick toter deutscher Soldaten fühlte? Glitschew schwieg lange. „Ich habe mich über keinen einzigen Toten gefreut. Jeder Gefallene, ob Russe oder Deutscher, hat in mir ein Gefühl der Bitterkeit ausgelöst. Umso unverzichtbarer war es, sich nach dem Krieg zu versöhnen.“

Gedenkveranstaltungen in russischen Städten



In Russland leben immer noch viele Kriegsveteranen. Im letzten Jahr waren es noch 1,8 Millionen. Die Veteranen werden im Mittelpunkt der diesjährigen Stalingrad-Gedenkveranstaltungen stehen.
In den Moskauer Stadtbezirken finden jeweils bis zu 60 Veranstaltungen statt. Es gibt Treffen mit Veteranen, Kranzniederlegungen, wissenschaftliche Vorträge und Konzerte.

Das Programm im Gebiet Wolgograd (dem ehemaligen Stalingrad) umfasst 200 Gedenkveranstaltungen. Am 24. Januar begann in Wolograd eine internationale wissenschaftliche Konferenz. Am 2. Februar findet in der Stadt des historischen Sieges eine Militärparade und abends ein Gedenkkonzert statt.

„Verbrecherische Einzelfälle“



Skandalös ist die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten. Inwieweit die militärischen Handlungen der Wehrmacht im Rahmen eines nicht-provozierten Angriffes und Vernichtungskrieges „grundsätzlich als verbrecherisch einzustufen sind“, wollten die Abgeordneten wissen.

Darauf antwortet die Bundesregierung am 17. Januar, “die Einordnung damaliger militärischer Handlungen der Wehrmacht als verbrecherisch im strafrechtlichen Sinne ist einzelfallbezogen vorzunehmen. Als verbrecherisch könnten Handlungen konkreter Täter einzustufen sein, die gegen anwendbares Recht verstießen, insbesondere Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“

Es verschlägt einem die Sprache, wie schnell die Bundesregierung, die in den 1980er Jahren gewonnene Einsicht über den Vernichtungskrieg an der Ost-Front mit 3,3 Millionen verhungerten sowjetischen Kriegsgefangenen nun in die Kategorie "Einzelfälle" zurückstuft.

„Unwürdig und beschämend“



Die stellvertretene Fraktionsvorsitzende der Partei Die Linke, Sevim Dagdelen erklärte gegenüber Rubikon, „die Angriffe der Wehrmacht auf Stalingrad waren ein Verbrechen wie alle militärischen Handlungen der Nazi-Wehrmacht im Rahmen des verbrecherischen Angriffs- und Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion und ihre Menschen. Da gibt es kein Vertun und keine ‚einzelfallbezogene‘ Abwägung.“ Die Abgeordnete verweist darauf, dass der Sieg der Roten Armee in Stalingrad „ein entscheidender Schritt zur Befreiung von der Nazi-Diktatur“ war. „Er war ein Triumph, der neue Hoffnung spendete und letztlich unsere Geschichte, die europäische, ja die Weltgeschichte zum Positiven verändert hat. Dass die Bundesregierung daran mit keiner Silbe erinnern will, ist unwürdig und beschämend. Es ist ein geschichtspolitischer Offenbarungseid.“

Mit ihrer Anfrage hatten die Abgeordneten der Linken offenbar versucht herauszufinden, ob die Bundesregierung den 75. Jahrestag nutzt, um Geschichtsbewusstsein und Verantwortung zu stärken, ob sie versucht Geschichtsklitterung und grassierendem Rechtsextremismus in der Bundeswehr entgegenzuwirken.

Die Antwort auf die Kleine Anfrage macht klar, dass die Bundesregierung den 75. Jahrestag verstreichen lassen will, ohne ihn für eine breite Aufklärung zu nutzen. Spezielle Veranstaltungen zum Thema Stalingrad sind nicht geplant. Allerdings plane das Zentrum für Militärgeschichte der Bundeswehr die Präsentation neuer Bücher zum Thema. Der deutsche Botschafter in der Russischen Föderation „beabsichtige“ an einer Gedenkveranstaltung in Wolgograd teilzunehmen. Das klingt nach einer Pflichtübung ohne Emotion.

Anlässlich des 70. Stalingrad-Jahrestages – nur wenige Monate vor dem Beginn des Bürgerkriegs in der Ukraine – hatte sich das offizielle Deutschland noch etwas einfallen lassen. In Wolgograd waren die Symphonieorchester von Osnabrück und Wolgograd in einem gemeinsamen Konzert aufgetreten. „Das Konzert kam bei der Bevölkerung ausgesprochen gut an und konnte einen deutlichen Akzent in Richtung Versöhnung und Zukunft setzen“, hieß es damals in einem Bericht der deutschen Botschaft. Ob das Wort Aussöhnung von deutscher Seite in diesem Jahr überhaupt Verwendung findet? Angesichts des Tons, den die Bundesregierung in ihrer Antwort an die Abgeordneten anschlägt, wäre das eine Überraschung.

Die Worte von Bundespräsident Weizsäcker einfach beiseite gewischt



Was zeigt die Antwort der Bundesregierung? Der Autor dieser Zeilen hat den Eindruck, dass Berlin an die Positionen während des Kalten Krieges in den 1950er und 1960er Jahren anknüpft. Damals war in Westdeutschland offiziell nur von verbrecherischen "Einzelfällen" an der Ostfront die Rede. Die große Masse der Soldaten habe sich an Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung nicht beteiligt, hieß es in den Medien und am Tisch der Familie.

Dass eine ganze Armee die Sowjetunion ohne Vorwarnung überfiel und mit einem verbrecherischen Vernichtungskrieg überzog, wurde in der Bundesrepublik erst ab Mitte der 1980er Jahre von Teilen der westdeutschen Elite als Fakt angenommen und auch öffentlich ausgesprochen. Ein Durchbruch in Richtung zur bitteren Wahrheit war die Rede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, der am 8. Mai 1985 erklärte, der 8. Mai sei „ein Tag der Befreiung“.

Weizsäcker erwähnte die „unsäglich vielen Bürger der Sowjetunion und der Polen, die ihr Leben verloren haben“. Er sagte, „die Initiative zum Krieg aber ging von Deutschland aus, nicht von der Sowjetunion.“ Er sagte auch „wenn wir daran denken, was unsere östlichen Nachbarn im Kriege erleiden mußten, werden wir besser verstehen, daß der Ausgleich, die Entspannung und die friedliche Nachbarschaft mit diesen Ländern zentrale Aufgaben der deutschen Außenpolitik bleiben.“

Beim Lesen dieser Zeilen fragt man sich, warum ist die Solidarität mit der komplett gescheiterten Putsch-Regierung in Kiew so wichtig, dass man von geschichtlicher Verantwortung gegenüber Russland nun nichts mehr wissen will? Steht die geschichtliche Verantwortung einem größeren Ziel, dem Sturz von Putin im Wege? Muss Putin deshalb mit immer neuen Vorwürfen verteufelt werden, weil sich noch zu viele Deutsche der geschichtlichen Verantwortung gegenüber Russland bewusst sind? Sind einfach noch nicht Alle weichgekocht und kriegsbereit?

„Ich will einen Sohn und eine Tochter“



Mein eingangs erwähnter Gesprächspartner, Aleksandr Glitschew, verstarb im November 2014 im Alter von 91 Jahren. Glitschew hat etwas Kostbares hinterlassen, ein Buch mit Erzählungen über den Krieg und die Zeit danach. In einer der Geschichten, erzählt er von Mascha, einer Krankenschwester, die seinen Aufklärungstrupp begleitete. Mascha war 19 und damit so alt wie die meisten Soldaten der Einheit. Eines Nachts sollte ein Hügel gestürmt werden, um MG-Stellungen der Deutschen auszuschalten. Mascha sagte, „Kinder, ich warte auf euch. Kommt zurück. Mit Gott.“ Glitschew notiert in seinem Buch: „Warum sie ‚mit Gott‘ sagte, wussten wir nicht und nahmen es hin. Vermutlich wusste sie es selbst nicht.“ Von der Operation kehrten die Soldaten mit etlichen Verwundeten zurück. Glitschew selbst war schwer am Bein verletzt und wurde von Mascha verbunden. Wochen später lag sie selbst schwer verwundet auf einer Krankentrage. Glitschew notierte: „Sie ist leichenblass, stöhnt und flüstert immer wieder, ‚ich will einen Sohn und eine Tochter‘. Dann rollen ihr Tränen übers Gesicht. Am Morgen ist sie tot. Über der Steppe steigt mit frohem Licht die Sonne auf.“

Quellen und Anmerkungen:

(1) http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/003/1900302.pdf





Freitag, 26. Januar 2018

Das Ausradieren von Verbrechen

Aus der Rede von Angela Merkel (CDU) auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, veröffentlicht in der Linken Zeitung am 26.01.2018:



Gelernt oder nicht?

„Merkel erinnerte in Davos daran, „dass 1918, vor hundert Jahren, der Erste Weltkrieg endete“, und warf die Frage auf: „Haben wir aus der Geschichte wirklich gelernt oder haben wir es nicht?“ Ihre gesamte Rede machte deutlich, dass die herrschende Klasse nicht das Geringste aus ihren vergangenen Verbrechen „gelernt“ hat. Auf die wachsende Gefahr eines Weltkriegs und revolutionärer Aufstände der Arbeiterklasse – Merkel warnte in ihrer Rede vor „disruptiven Entwicklungen“ und einer Wiederkehr der „Maschinenstürmer“ – reagieren die kapitalistischen Eliten mit ihren alten Rezepten: Militarismus, Krieg und Diktatur.“

(Entnommen: https://linkezeitung.de/2018/01/26/merkel-ruft-nach-europaeischer-grossmachtpolitik/ ) 





Der Sieg der Geldsäcke

Sehr richtig, Frau Kanzlerin, das deutsche Kapital hat viel aus der Geschichte gelernt: Nie wieder das „Verbrechen“ des Sturzes der Kapitalelite wie einst in der DDR zuzulassen und sich stets den Weg zu mehr Macht und Krieg und zur Unterdrückung jeglicher Friedensbewegung frei zu schießen. Zunächst nur mit Heuchelei, Lügen, Geschichstfälschungen. Gute Nacht für die Zukunft. Harry Popow



"Maschinenstürmer“ in Aufruhr

Videos von der Kundgebung auf dem Rosa-Luxemburg-Platz und im Babylon anlässlich der Verleihung des Karlspreises am 14.12.2017
Siehe Link:

http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24447

Das Verbrechen, nichts gelernt zu haben

Entnommen: https://linkezeitung.de/2018/01/26/merkel-ruft-nach-europaeischer-grossmachtpolitik/



Merkel ruft nach europäischer Großmachtpolitik


VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 26. JANUAR 2018

von Johannes Stern – http://www.wsws.org

Die Rede von Angela Merkel (CDU) auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos machte deutlich, um welche Fragen es bei der Bildung einer Großen Koalition in Berlin wirklich geht. Die Bundeskanzlerin trommelte im Schweizer Skiresort für eine gemeinsame europäische Verteidigungspolitik, die Deutschland und Europa in die Lage versetzt, ihre wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen durchzusetzen.

„Wenn Europa mit seinen zukünftig 27 Mitgliedstaaten nicht in der Lage sein wird, ein einheitliches Signal an große Länder wie China, Indien, die Vereinigten Staaten von Amerika oder Russland zu senden, sondern wenn Außenpolitik national gemacht und so versucht wird, ein Player in der Welt zu sein, dann wird das misslingen“, warnte Merkel. „Wir haben, wenn wir als Europäer ernst genommen werden wollen, eine weitere große Aufgabe, nämlich im Bereich der Außenpolitik zusammenzuarbeiten.“

Zu seinen internationalen Rivalen zählt der deutsche Imperialismus neben Russland und China sieben Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs auch wieder die USA. Merkel wetterte in ihrer Rede gegen „Abschottung und Protektionismus“. Ohne dass sie Trump namentlich nannte, war jedem klar, dass ihre Aussagen gegen Washington gerichtet waren. „Merkel gibt den Anti-Trump“, titelte der Berliner Tagesspiegel am Donnerstag, und die Frankfurter Allgemeine Zeitung kommentierte: „Soviel Dissens im Grundsätzlichen war lange nicht mehr im sogenannten Westen.“

Merkel trat explizit für eine von den USA unabhängige Außen- und Militärpolitik ein. „Die Tatsache, dass Europa außenpolitisch nicht der aktivste Kontinent war, sondern wir uns oft auf die Vereinigten Staaten von Amerika verlassen haben, die sich jetzt aber auch mehr auf sich konzentrieren, muss uns dazu bringen, dass wir sagen: Wir müssen mehr Verantwortung übernehmen; wir müssen unser Schicksal mehr in die eigene Hand nehmen.“ Und sie fügte hinzu: „Das tun wir, indem wir eben eine gemeinsame Verteidigungspolitik gegründet haben.“

Merkel ließ keinen Zweifel daran, dass Europa militärisch aufgerüstet werden soll, um eine unabhängige Rolle in den Kriegen um die Neuaufteilung der Welt zu spielen. „Warum sind die gemeinsame Außenpolitik, die gemeinsame Verteidigungspolitik und die gemeinsame Entwicklungspolitik von so großem Interesse?“, fragte sie und gab die Antwort: „Wenn Sie sich die Umgebung Europas anschauen, dann wissen Sie, dass vor unserer Haustür ein Großteil der globalen Konflikte stattfindet.“ Europa habe sich zu wenig „um den Bürgerkrieg in Syrien“ und „um den IS im Irak gekümmert“.

Auch in andere Teilen der arabischen Welt und in Afrika forderte Merkel ein viel energischeres Eingreifen der europäischen Mächte. Sie erklärte: „Wir sind mitverantwortlich für die Entwicklung des afrikanischen Kontinents. Wir sind mitverantwortlich bei der Frage, wie es im Irak weitergeht. Wir sind mitverantwortlich bei der Frage, wie es in Libyen weitergeht.“ Europa sei hierbei zu „zögerlich“, und es liege „noch sehr, sehr viel Arbeit vor uns“.

Welche „Arbeit“ Merkel im Sinn hat, zeigt der Bericht zur diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz, die Mitte Februar stattfinden wird. In ihm heißt es, dass die 28 Mitgliedsstaaten der EU plus Norwegen ab 2024 114 Milliarden US-Dollar mehr in die Verteidigung stecken müssten, um das angestrebte Zwei-Prozent-Ziel der Nato zu erreichen. Der größte Teil müsse dabei von Deutschland, Italien und Spanien getragen werden, „da diese Länder über ein großes Bruttoinlandsprodukt, aber im Verhältnis dazu relativ geringe Verteidigungsausgaben verfügen“.

Das gesamte Papier mit dem Untertitel „Building the European Armed Forces of the Future“ (Aufbau der europäischen Streitkräfte der Zukunft) macht deutlich, dass sich die herrschende Klasse in Deutschland und Europa wieder auf große militärische Konflikte und Kriege zwischen den Großmächten selbst vorbereitet. Die Kapitel des bislang nur auf Englisch veröffentlichten Dokuments tragen Überschriften wie „Consolidate the European industrial base“, „Address the readiness problem“ oder „Prioritize investment in equipment in order to upgrade Europe’s armed forces“ – „Konsolidierung der europäischen Industriebasis“, „Lösen des Problems der Einsatzbereitschaft“, „Vorrang der Ausrüstungsinvestitionen bei der Modernisierung der europäischen Streitkräfte“.

Maßstab für die deutsch-europäischen Kriegsplanungen ist die militärische Schlagkraft der USA. Die Streitkräfte der EU-Nato-Staaten verfügten mit 1,38 Millionen Soldaten bereits über etwas mehr Soldaten als die USA, heißt es im Bericht. Die Herausforderung sei die Entwicklung ihrer „Fähigkeiten“. Während die USA in den vergangenen zehn Jahren durchschnittlich 26 Prozent ihres Verteidigungsbudgets in neues militärisches Equipment gesteckt hätten, seien es in Europa lediglich 18 Prozent gewesen.

Die Aufgabe der nächsten Bundesregierung wird es sein, die Rückkehr Deutschlands zu einer aggressiven Außen- und Großmachtpolitik, die die letzte Große Koalition auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 eingeleitet hatte, möglichst schnell voranzutreiben.

„Deutschland muss sich sputen“, fordert Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in einem aktuellen Interview in der WirtschaftsWoche. „Für die Bundeswehr“ seien „die Sondierungen mit der SPD ein guter Einstieg. Wir haben für die Mittelfrist immerhin zehn Milliarden Euro mehr für die Bundeswehr fest vereinbart. Mit Jamaika wäre das nicht möglich gewesen.“

Merkel erinnerte in Davos daran, „dass 1918, vor hundert Jahren, der Erste Weltkrieg endete“, und warf die Frage auf: „Haben wir aus der Geschichte wirklich gelernt oder haben wir es nicht?“ Ihre gesamte Rede machte deutlich, dass die herrschende Klasse nicht das Geringste aus ihren vergangenen Verbrechen „gelernt“ hat. Auf die wachsende Gefahr eines Weltkriegs und revolutionärer Aufstände der Arbeiterklasse – Merkel warnte in ihrer Rede vor „disruptiven Entwicklungen“ und einer Wiederkehr der „Maschinenstürmer“ – reagieren die kapitalistischen Eliten mit ihren alten Rezepten: Militarismus, Krieg und Diktatur.
http://www.wsws.org/de/articles/2018/01/26/merk-j26.html


Kommentar:
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Sehr richtig, Frau Kanzlerin, das deutsche Kapital hat viel aus der Geschichte gelernt: Nie wieder das „Verbrechen“ des Sturzes der Kapitalelite wie einst in der DDR zuzulassen und sich stets den Weg zu mehr Macht und Krieg und zur Unterdrückung jeglicher Friedensbewegung frei zu schießen. Zunächst nur mit Heuchelei, Lügen, Geschichstverdrehungen. Gute Nacht für die Zukunft. Harry Popow

Donnerstag, 25. Januar 2018

Hexenjagd gegen Israel-Kritiker


Kommentar vom Hochblauen


Sich fügen heißt lügen


Von Evelyn Hecht-Galinski

Wenn sich am 27. Januar zum dreiundsiebzigsten Mal die Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee jährt, dann sollte dieser Gedenktag uns alle zum Nachdenken zwingen. In Zeiten, in denen die Presse und Meinungsfreiheit in großer Gefahr ist und in denen jede objektive Kritik und Berichterstattung über die zionistisch-jüdischen Verbrechen in Palästina als Antisemitismus diffamiert werden sollen, sollten wir uns nicht fügen, sondern beherzt dagegen ankämpfen. Tatsächlich muss jeder echte Antisemitismus bekämpft werden, allerdings nicht der erfundene.

Wenn dieser Gedenktag – in diesem Jahr am 31. Januar – im Bundestag begangen wird und die Holocaustüberlebende Anita Lasker-Wallfisch die Gedenkrede halten wird, dann ist zu hoffen, dass Frau Wallfisch sich auch mit der Thematik der Besatzung und der Rolle des "Jüdischen Staates" und Parallelen zu diesem Gedenktag auseinandersetzen wird. Sind es doch gerade die letzten Holocaustüberlebenden, die sich noch äußern können und sich verweigern, als Botschafter/innen für die Verbrechen des "Jüdischen Staates" instrumentalisiert zu werden.

Während der Holocaust im "Jüdischen Staat" für alles benutzt wird, was der zionistischen Sache und der illegalen Besetzung Palästinas nützlich sein könnte, werden die letzten Überlebenden finanziell vergessen und leben zum Teil in schrecklicher Armut. Da muss man sich schon fragen, wo sind die ganzen Wiedergutmachungsgelder geblieben, die aus Deutschland kamen? Waren es nicht Hilfsorganisationen, wie z.B. die in New York ansässige "Jewish Claims Conference" die aus "bürokratischen" Gründen die Rückerstattung von enteigneten Vermögenswerten an Holocaustopfer zurück hielt? Was ist aus den 17 verdächtigten Angestellten geworden, den Angestellten der Claims Conference, die wegen Veruntreuung von 42 Millionen US-Dollar, die sie seit 1993 veruntreut haben sollen, angeklagt wurden? Dieses Problem ist schon seit vielen Jahren bekannt, wird aber immer wieder vertuscht. (1)

Hungernde Holocaustopfer im "Jüdischen Staat"

Schon im Jahr 2010 wies die Süddeutsche Zeitung in einem Artikel unter dem Titel "Die vernachlässigten Opfer" auf diesen beschämenden Tatbestand im "Jüdischen Staat" hin. Es war erschütternd zu lesen, dass Holocaustüberlebende so armselig mit einer Mini-Rente dahinvegetieren, sich entscheiden müssen zwischen Medikamenten und Essen, wie die israelische Vereinigung "Amcha" berichtete. (2) In diesem Januar berichtete Russia Today dankenswerter Weise über die hungernden Holocaustopfer im "Jüdischen Staat". (3)

Was wir momentan in Deutschland erleben, gleicht einer Hexenjagd gegen alle Kritiker der unsäglichen Besatzungs- und Unterdrückungspolitik im "Jüdischen Staat". Während jüdische Menschen – allerdings nur die, die auf der "richtigen" Seite stehen – zu Opfern und "Heiligen" erklärt werden, gelten jüdische Friedensaktivisten als Antisemiten oder "jüdische Selbsthasser".

Mithilfe des Zentralrats der Juden wird der Muslimhass gefördert und Demonstrationen und Proteste, die sich gegen die israelischen Völkerrechts- und Besatzungsverbrechen richten, als Antisemitismus diffamiert. So meint man das Problem der Israel-kritischen Demonstrationen unter Kontrolle zu haben und als Judenfeindlichkeit verunglimpfen zu können. (4)

Tatsächlich kann ich palästinensische, arabische, türkische und muslimische Bürger sehr gut verstehen, die sich auch in Deutschland gegen die Politik des "Jüdischen Staates" wehren, zumal oftmals ihre Familienmitglieder oder Glaubensbrüder betroffen sind.

Solidarität mit den muslimischen Bürgern!

Wir alle – engagierte deutsche Bürger, die sich schon lange für die Freiheit Palästinas einsetzen – sollten uns solidarisieren mit den muslimischen Bürgern, die immer mehr dem Schüren von anti-muslimischen Ressentiments ausgesetzt sind.

Nein, wer Flüchtlinge ins Land holt, holt sich keinen Antisemitismus und keine muslimischen Judenhasser nach Deutschland. Ganz im Gegenteil, es ist gut, wenn der Zentralrat der Juden endlich einmal mit den Tatsachen der völkerrechtswidrigen Besatzungspolitik konfrontiert wird.

Wenn also der Zentralratspräsident Schuster die Einschränkung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit fordert, gar Gesetzesänderungen, um so alles zu unterdrücken, was "jüdischen und israelischen" Interessen im Wege steht, dann ist eine rote Linie überschritten.

In der Tat gehört es zum verständlichen Ausdruck der Meinungsäußerung, wenn der Davidstern als Symbol der Unterdrückung verbrannt wird oder wenn das Palästinensertuch mit Stolz getragen wird. Es ist eben kein Symbol des Judenhasses, wie es Ex-Zentralratspräsidentin Knobloch uns einreden will, sondern es ist das stolze Symbol Palästinas, dass auch ich sehr gern trage. Wenn also wieder einmal die in ihrem Philosemitismus nicht zu überbietende Springer-Presse mit ihrem Redakteur Martin Niewendick Hetze dieser Art verbreitet, dann sollten wir alle uns dagegen wehren! (5)

Genug Fake News, Verunglimpfungen und konzertierte Hetz-Aktionen!

Wir haben genug von Fake News, Verunglimpfungen und konzertierten Hetz-Aktionen. Bis heute kursieren die Falschmeldungen von "Tod den Juden" im Netz, während diese medial schon längst widerrufen werden mussten. Tatsächlich waren diese Rufe auf Berliner Demonstrationen nicht zu hören, während die, die "Tod den Arabern"-Rufe im "Jüdischen Staat" fast täglich von judaistischen Extremisten geschrieen oder an Häuserwände geschmiert werden. (6)

Was die Fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen am 16. Januar im Deutschen Bundestag als Antrag einbrachten, ist an "Alternativen Fakten" nicht zu überbieten.

Unter dem Titel "Antisemitismus entschlossen bekämpfen" werden das Grundgesetz und die Menschenwürde, die für alle Bürger gleich gelten sollte, faktisch außer Kraft gesetzt und mit Füßen getreten.

Ja, natürlich hat Deutschland eine Verantwortung gegenüber jüdischen Bürgern. Das betrifft aber im gleichen Masse alle – auch muslimische, christliche und atheistische Bürger. Was also will man uns erzählen? Dass jüdische Bürger etwas "Besonderes" sind? Wenn das kein Antisemitismus ist! Wenn demnächst – wie es zu befürchten ist – ein Antisemitismusbeauftragter eingesetzt wird, der eigentlich nur ein Befehlsempfänger der Israel-Lobby und mit ihr verbundener christlich-zionistischer Gruppen sein wird, dann ist das ein untaugliches Mittel, das allein ein schreckliches Symbol der Einschränkung des demokratischen Klimas in Deutschland fördert. Wir brauchen einen Rassismusbeauftragten, der gegen alle Formen des Rassismus vorgeht. Dabei sollte der Rassismus gegen muslimische Bürger einen besonderen Stellenwert bekommen.

Eine philosemitisch ungenießbare, giftige Suppe kochen?

Mit diesem verlogenen, völkerrechts- und verfassungswidrigen Antrag wird versucht, das Thema Antisemitismus, Antizionismus und Israel-Kritik in einen Topf zu werfen und eine triefend philosemitisch ungenießbare, giftige Suppe zu kochen, die uns alle zum Schweigen bringen soll. (7)

Als ich die Debatte über den Antrag im Bundestag hörte, war unter den sich an die Israel-Lobby in triefender Judenliebe anbiedernden Politikern CSU-Dobrindt besonders Ekel erregend. Verquickte er doch tatsächlich deutsche Leitkultur und deutschen Patriotismus mit diesem Antrag.

Ist es demnächst deutsche patriotische Leitkultur, wenn uns ein Tsunami von undemokratischen Maßnahmen überrollen wird? Beginnend mit der Verweigerung von öffentlichen Räumen für Veranstaltungen, die es wagen, die rassistische illegale jüdische Besatzungspolitik zu kritisieren oder die BDS-Bewegung unterstützen? Dieser Antrag stellt sich damit ganz klar auch gegen EU-Recht. Im Grunde ist dieser von allen Parteien unterstützte Antrag ein Geschenk für die AfD. Schließlich kam ja gerade auch ein von der CDU/CSU und vom Zentralrat der Juden unterstützter Vorschlag, Deportationen von muslimischen Flüchtlingen zu ermöglichen, sollten sie gegen Regeln verstoßen, die denen der Israel-Lobby zuwider laufen. Ich schrieb schon 2011: „Wir werden alle zu Antisemiten gemacht“. Inzwischen hat sich dieser Tatbestand immer mehr bewahrheitet – wenn doch tatsächlich diejenigen, die das (fiktive!) Existenzrecht des Staates Israel in Frage stellen oder den Holocaust nicht verinnerlichen, demnächst des Landes verwiesen werden können.

Was daraus erwachsen kann, kann man sich ausmalen. Wenn dieser Antrag "Demokratie und Rechtsstaat" beschwört, dann ist das ein Hohn. Kommen nach den muslimischen Flüchtlingen die BDS-Anhänger und zum Schluss alle Israel-Kritiker? Stehen wir demnächst - geht es nach diesen philosemitischen "Leitkulturern" – wegen Volksverhetzung vor Gericht, wenn wir die Völker- und Menschenrechtsverbrechen des "Jüdischen Staates" kritisieren? Ebenso wenn wir dem Begriff vom "jüdischen und demokratischen Staat" widersprechen, denn "Jüdischer Staat" und demokratisch schließen sich aus, wird doch massiv eine Ethnie und Religion bevorzugt. Ist das die deutsche Staatsräson der Leitkultur? Nein danke, da kann man sich nur noch angeekelt abwenden.

Wird die kommende GRO/KO unter Leitung der christlichen Zionistin Merkel weiter schweigen zu den Verbrechen des "Jüdischen Staates" und im Gegenteil dieses Jahr zum "Jubeljahr" für Israel machen? Es ist zu befürchten. 70 Jahre Staatsgründung auf Kosten des palästinensischen Volkes sind ein willkommener Anlass, um alle philosemitischen Register zu ziehen.

Ekelhafter Antrag der Komplizenschaft mit einem Besatzungsregime der übelsten Sorte

Wenn also am 31. Januar der Holocaustgedenktag begangen wird, dann gebietet dieses Andenken auch, dass Stellung bezogen wird gegen den Bundestagsantrag, der Apartheid, Menschenrechtsverbrechen, Unterdrückung von Palästinenser/innen und fortschreitender illegaler Besatzung Palästinas einseitig den Segen gibt. Es ist ein ekelhafter Antrag der Komplizenschaft mit einem Besatzungsregime der übelsten Sorte. Nicht in unserem Namen! Wenn wir schweigen, machen wir uns erneut schuldig.

Sich fügen heißt lügen! (Erich Mühsam) Wir fügen uns nicht!





Mittwoch, 24. Januar 2018

Antisemitismusvorwurf vernebelt den Kapitalismus


Wie eine „Arbeitsdefinition“ die Gesellschaft spaltet und Kritik strafbar macht


Instrumentalisierter Antisemitismus


Von Rudolph Bauer

Eine Gefahr geht um in Deutschland und Europa: der Antisemitismus. Er trägt gegenwärtig zwei Gesichter: sowohl die alte Fratze des Vorurteils als auch eine neue Grimasse, die des Antisemitismusvorwurfs. Beim Vorurteil handelt es sich um ein klischeehaftes Denkmuster, das in seiner Kernbedeutung alle möglichen Formen von Feindschaft gegen Juden als religiöse und/oder soziale Minderheit zum Inhalt hat. Tiefstpunkt der auf antisemitischen Vorurteilen fußenden Politik war der rassistische KZ- und Tötungsmaschinen-Antisemitismus in Nazi-Deutschland.

Im Unterschied zum antisemitischen Vorurteil richtet sich der Antisemitismusvorwurf nicht gegen „die Juden“ allgemein, durchaus aber gegen einzelne Juden, die deshalb als antisemitisch angeprangert werden, weil sie der israelischen Politik kritisch gegenüber stehen. Dabei berufen sich die Brandmarker auf die Antisemitismus -„Arbeitsdefinition“ der IHRA (International Holocaust Remembrance Alliance / Internationales Bündnis zum Holocaustgedenken). Die Gültigkeit dieser Begriffsbestimmung wurde am 20. September 2017 vom deutschen Bundeskabinett beschlossen.

Die Begriffserklärung der IHRA soll in Zukunft der Polizei und den Gerichten Orientierung geben. Sie lautet: „Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen.“ In erweiterter Form umfasst die Definition einen dritten Satz, der wie folgt lautet: „Darüber hinaus kann auch der Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, Ziel solcher Angriffe sein.“

Dem Beschluss der Bundesregierung ist keine demokratische Debatte vorausgegangen. Vielmehr wurden Prüfsteine für die strafrechtliche Verfolgung beider Erscheinungsformen des Antisemitismus – des Vorurteils und des Vorwurfs – durch die Hintertür eines Kabinettsentscheids beschlossen. Der Beschluss liefert eine weitere Handhabe, um die im Grundgesetz verbürgte Meinungsfreiheit einzuschränken. Die IHRA-Definition dient zur Rechtfertigung, wenn versucht wird, kritische Meinungsäußerungen oder Parteinahmen dadurch zu unterbinden, dass ihren Vertretern der Zugang zu öffentlichen oder öffentlich geförderten Räumen verwehrt wird (vgl. Johannes Feest: Israelkritik und Antisemitismusvorwurf. Veranstaltungsverbote als Problem der Meinungsfreiheit; in: Vorgänge 4/2017).

In der Bundesrepublik häufen sich auf der Grundlage der IHRA-Definition die Forderungen nach einem Antisemitismusbeauftragten und nach der Verschärfung der Strafgesetze. Eine Studie – sie wird in Heft 2/2018 der Marxistischen Blätter veröffentlicht werden – kommt zu dem Schluss, dass die „Arbeitsdefinition“ der IHRA Mängel aufweist. Ihr zufolge speise sich der Antisemitismus aus sinnlicher Wahrnehmung. Eine solche Erklärung sei strukturell selbst antisemitisch. Weder benenne sie die Träger, Vermittler und handelnden Akteure des Antisemitismus, noch erwähne sie die gesellschaftlichen Entstehungszusammenhänge.

Wörtlich heißt es in der Studie: „Der Antisemitismus wird feindbildartig zu etwas Schrecklichem (v)erklärt, aber weder werden seine besonderen Erscheinungsformen auseinander gehalten, noch wird die Frage nach seinen Wurzeln und seiner Ausbreitung gestellt, um sodann auf dieser Grundlage pädagogisch aufzuklären und vorzubeugen.“

Der Adressatenkreis antisemitischer Gegnerschaft werde durch die IHRA-Definition nicht eingegrenzt, sondern ausgeweitet. In irreführender Weise gelte auch der Staat Israel als Zielscheibe und Opfer des Antisemitismus. Während das antisemitische Vorurteil rassistischer Prägung sowohl jüdische Individuen als auch die gesellschaftliche Minderheit der „Juden“ betraf und betrifft, werde mit Hilfe der IHRA-Definition die Regierung der jüdischen Mehrheitsgesellschaft Israels in Schutz genommen, jeder Kritik enthoben und zum Tabu erklärt.

Die Studie kommt u. a. zu dem Ergebnis: „Damit wird der … erweiterte Antisemitismusbegriff zu einem Instrument der Beeinflussung und Lenkung der öffentlichen Meinung im Interesse derjenigen, denen an der Immunität israelischer Regierungs-, Militär- und Besatzungspolitik gelegen ist. Das betrifft sowohl den israelischen Staat und seine gegenwärtige Regierung als auch all diejenigen Staaten, welche der israelischen Regierungspolitik nichts entgegen setzen und sie vielmehr durch Waffenlieferungen militärisch unterstützen, wie etwa die Bundesrepublik Deutschland.“

Der erweiterte Antisemitismusbegriff diene nicht zuletzt der Entstellung und Brandmarkung linker Kritik. In den Hintergrund gerate die entschiedene Verurteilung sowohl des rassistischen Gebrauchs kollektiver antisemitischer Vorurteile zur Rechtfertigung der Zwangsarbeitslager und der Vernichtungsindustrie der NS-Diktatur als auch der Wiederkehr faschistischer Regierungsmehrheiten in Europa. „Der auf dem erweiterten Begriffsverständnis fußende Antisemitismusvorwurf vernebelt – wie auch schon der klassische Rasse-Antisemitismus – die Widersprüche der kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, wie sie im gegenwärtigen Stadium des globalen Imperialismus besonders krisenhaft hervortreten.“

Beide Formen des Antisemitismus – der rassistische, welcher „die Juden“ irrational angreift, ebenso wie der erweiterte, welcher zum Zweck der Verdrängung, Vorverurteilung und Rechtfertigung militärischer Kumpanei angewendet wird – seien der gesellschaftlichen Spaltung dienlich. Der rassistische Antisemitismus habe die Gesellschaft in eine jüdische Minderheit und eine nicht-jüdische („arischreinrassige“) Mehrheit gespalten. Der erweiterte Begriff des Antisemitismus spalte die Gesellschaft ebenfalls: in die Minderheit derjenigen, die sich der „Staatsräson“ einer Unantastbarkeit israelischer Politik nicht beugen und die große Mehrheit jener Deutschen, welche sich im kollektiven Unterbewusstsein als „Israelfreunde“ Versöhnung und Entlastung versprechen von den nach der Besiegung Nazi-Deutschlands verdrängten und nicht betrauerten Schuldgefühlen. „Reflexartig, wie durch einen äußeren Reiz bedingt, entledigen sie sich damit der bis heute lastenden schweren Schuld der industriell durchgeführten Abschlachtung der europäischen Juden und der Verantwortung gegenüber deren (israelischen) Nachkommen sowie gegenüber den von diesen entrechteten, vertriebenen und getöteten Bewohnern Palästinas.“


Mit Dank übernommen aus "Unsere Zeit" vom 12. Januar 2018

Siehe auch:

Der Israel-Beauftragte
Unter falscher Flagge
Von Ulrich Gellermann
NRhZ 644 vom 24.01.2018
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24520

Kommentar vom Hochblauen
Sich fügen heißt lügen
Von Evelyn Hecht-Galinski
NRhZ 644 vom 24.01.2018
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24510

Online-Flyer Nr. 644  vom 24.01.2018



Dienstag, 23. Januar 2018

Zur türkischen Offensive in Syrien


Abrechnung mit NATO-Partner USA“: Karin Leukefeld zur türkischen Offensive in Syrien


VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 23. JANUAR 2018

von Karin Leukefeld – https://deutsch.rt.com

Am Samstag haben türkische Kampfverbände einen Angriff auf kurdische Einheiten im Nordwesten Syriens gestartet. Noch ist kein Ende in Sicht. RT Deutsch-Korrespondentin Karin Leukefeld schildert die Hintergründe der neuerlichen Eskalation des Konfliktes.

Der Einmarsch der türkischen Armee in Afrin kommt nicht unerwartet und könnte dem Beispiel der Operation „Schutzschild Euphrat“ folgen, die von August 2016 bis März 2017 dauerte. Dabei sicherte die türkische Armee mit Verbündeten, zumeist islamistischen Kampfverbänden unterschiedlicher Couleur, ein Gebiet entlang der türkisch-syrischen Grenze zwischen Jarabulus, Al Bab und Azaz.

Ähnlich könnte nun mit der neuen Militäroperation die türkisch-syrische Grenze zwischen Hatay und Kilis im türkischen Sinne gesichert werden. Die Türkei will – ähnlich wie mit der Operation „Schutzschild Euphrat“ – eine 30 Kilometer tief auf syrisches Territorium reichende „Schutzzone“ besetzen. Dorthin könnten Inlandsvertriebene, etwa aus der umkämpften Provinz Idlib, gebracht werden.

Das kurdische Projekt der „Demokratischen Föderation Nordsyrien“ als Grund für den Angriff zu nennen, den die Türkei als „Selbstverteidigung“ darstellt, ist vordergründig. Die syrischen Kurden haben die Türkei nicht bedroht, und vor dem Krieg gab es zwischen Afrin und Hatay, Adana und Gaziantep (in der Türkei) enge familiäre und wirtschaftliche Beziehungen.

Der türkische Vormarsch könnte auch eine Abrechnung mit dem NATO-Partner USA bedeuten. Die Vereinigten Staaten planen eine Aufteilung Syriens und den Aufbau neuer Verwaltungs- und Regierungsstrukturen im Norden Syriens, ohne sich mit anderen regionalen Akteuren darüber abzustimmen. US-Außenminister Rex Tillerson sprach offen darüber vor dem Hoover Institut an der Stanford University.

Möglicherweise will die Türkei sicherstellen, ein von ihr – nicht von den USA – kontrolliertes Gebiet zwischen Jarabulus, Al Bab, Azaz und Afrin zu markieren und dort die selbstgewählte Interimsregierung („Syrische Nationale Koalition“) zu installieren. Dafür dürfte es auch Unterstützung von Deutschland, Frankreich und den Golfstaaten geben. Die Bundesregierung kooperiert bereits mit der Interimsregierung und verwaltet – mit den UAE – einen Finanzfonds für sie, in den die sogenannten „Freunde Syriens“ einzahlen. Der Fonds lagert bei der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).

Bereits im Sommer 2017 hatte die syrische Regierung – durch russische Vermittlung – der kurdischen Selbstverwaltung in Afrin militärische Unterstützung (gegen die Türkei) angeboten. Die Kurden lehnten ab. Ähnlich war es nun vor dem türkischen Angriff. Russland bat die Kurden erneut, syrisches Militär nach Afrin zu lassen, die Kurden lehnten ab. Aldar Xelil von der kurdischen Selbstverwaltung Afrin sagte im kurdischen Sender Sterk TV: „Wir haben das nicht akzeptiert, und wir werden unsere Territorien nicht aufgeben. Wir werden alle unsere Gebiete verteidigen.“ Dass Xelil von „unseren Gebieten“ spricht, ist irritierend, weil die kurdische Seite immer wieder betont, man sei Teil von Syrien und wolle sich nicht abtrennen. Die Formulierung von Xelil weist aber darauf hin, dass in den Köpfen der politisch Verantwortlichen tatsächlich ein Bruch mit Syrien vollzogen wird.

Bei den syrischen Gesprächspartnern „auf der Straße“ findet man wenig Verständnis für das Verhalten der Kurden. Gleichwohl wird der türkische Einmarsch vehement kritisiert und für sehr gefährlich gehalten. Viele Leute halten die Kurden für dickköpfig und stur, nicht aber für Feinde. Das Beispiel des Unabhängigkeitsreferendums im Nordirak hätte ihnen eine Lehre sein müssen, sagen die Syrer. Lokale Selbstverwaltung, wie in der syrischen Verfassung vorgesehen, sollen sie erhalten. Auch die kulturellen Rechte der Kurden – etwa hinsichtlich der Sprache und Medien – sollen in der Verfassung verankert werden. Allerdings keine Föderation, das sei in Syrien nicht zu machen.

https://deutsch.rt.com/der-nahe-osten/64003-kein-unerwarteter-angriff-karin-leukefeld/





Montag, 22. Januar 2018

Der moralisch maskierte Beauftragte


Unter falscher Flagge
Der Israel-Beauftragte



Autor: U. Gellermann
Datum: 22. Januar 2018

Jüngst wurden Israel-Flaggen in Berlin verbrannt. Das wäre, wenn es echte Flaggen gewesen wären, echt strafbar gewesen. Man hätte die Täter nach § 90a des Strafgesetzbuches ein bisschen bestrafen können. Ziemlich sicher waren es aber keine echten Hoheitssymbole, sondern selbstgebastelte Imitate. Deren Verbrennung gilt als schlichte Meinungsäußerung. Eine Meinung zu äußern, ist aber noch nicht strafbar. In Israel werden von einer kleinen orthodoxen jüdischen Minderheit aus religiösen Gründen ziemlich regelmäßig israelische Flaggen verbrannt: Die Orthodoxen mögen den zionistischen Staat nicht. Aber nicht mal ausgemachte zionistische Hardliner kamen bisher auf die Idee, diese Gruppierung für antisemitisch zu halten.

Ganz anders in Deutschland. Die paar aus Protest gegen die israelische Unterdrückung der Palästinenser angekokelten Fähnchen führten zu einem mächtigen öffentlichen Aufbäumen: Kanzlerin Angela Merkel sprach von „gravierenden Ausschreitungen“, der studierte SPD-Justizminister Heiko Maaß meinte, dass, wer israelische Fahnen in Brand stecke, auch „unsere Werte“ verbrennen würde. Und Josef Schuster, der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, äußerte im Reflex: Wer israelische Fahnen verbrennt, stellt das Existenzrecht Israels infrage. So aufgezäumt galoppierte der Politgaul gleich in den Bundestag und führte zu einer Entschließungsvorlage mit dem hochtrabenden Titel „Antisemitismus entschlossen bekämpfen“. Die bediente sich dann eines alten schäbigen Tricks und setzte „Boykottaufrufe und Beleidigungen gegen Israel“ dem Antisemitismus gleich. Der Mord an europäischen Juden durch die deutschen Nazis und die darüber anhaltende deutsche Scham wird mit der absichtlichen Verwechslung von Israel-Kritik und Antisemitismus schamlos für eigene Ziele ausgebeutet und entwertet.

Mit dieser Sorte selbst erzeugten Rückenwindes forderte der Deutsche Bundestag die Bundesregierung auf, einen Antisemitismusbeauftragten zu berufen. „Der Antisemitismusbeauftragte soll sich der ressortübergreifenden Koordination der Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung des Antisemitismus widmen.“ Der Antisemitismus, den es zweifellos gibt, ist eine ziemlich verrückte Weltanschauung, die einer religiösen oder ethnischen Gruppe eine diffuse Schuld zuweist. Solcherlei verdrehte Ideologie ist nicht auf die Verleumdung und Verachtung von Juden beschränkt. Wer in den letzten Jahren deutsche Mainstream-Medienprodukte konsumierte, konnte zur Auffassung gelangen, dass „die“ Russen oder „Putin“ für alles erdenklich Schlechte verantwortlich seien.

In beide Fällen, dem Antisemitismus und der Russophobie, sollen die ideologischen Konstrukte auch dazu herhalten, deutsche Schuld zu minimieren. Aber während es im Falle des millionenfachen Mordes an den europäischen Juden eine informierte und informierende Öffentlichkeit gibt, ist sowohl die Zahl der ermordeten Sowjetbürger, die deutlich mehr als zwanzig Millionen beträgt, als auch die deutsche Verantwortung für den rassistischen Feldzug gegen die zumeist russischen „Untermenschen“ kaum bekannt. Wer das nicht glauben mag, der muss sich nur schlichte Fragen stellen: Gibt es ein Mahnmal für die von den Nazis ermordeten sowjetischen Völker in Deutschland, gab es eine „Wiedergutmachung“ für die unzähligen Toten und die im Gefolge der „verbrannten Erde“ angerichteten unermesslichen Schäden, gab und gibt es eine deutsche Außenpolitik, die auf die Freundschaft mit Russland, dem Nachfolgestaat der Sowjetunion orientierte? Und während man die Feindschaft des westdeutschen Staates gegen die Sowjetunion noch der Zweiteilung der Welt, dem Kampf der Systeme zuordnen mochte, blieb nach der Implosion der Sowjetunion kein politisches Konstrukt zur Rechtfertigung dieser rassistisch aufgeladenen Haltung mehr übrig.

Das deutsche Grundgesetz in seiner kühlen juristischen Weisheit behauptet, dass ALLE Menschen vor dem Gesetz gleich sind und verlangt deshalb, dass NIEMAND „wegen seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden“ darf. NIEMAND. Wenn jetzt eine religiös definierte Gruppe, die Israelis, einen eigenen Kommissar zur Sicherung ihrer Interessen bekommt, dann widerspricht das dem Grundgesetz und wirft eine Reihe von Fragen auf, die nicht juristisch zu beantworten sind. Da die Mütter und Väter des neue Manifestes zur Begründung nur ideologisches Geschwurbel anbieten, ist man auf begründete Vermutungen zur Beantwortung der Fragen angewiesen.

Ganz sicher soll diese innenpolitische Maßnahme die deutsche Außenpolitik gegenüber Israel zementieren. Jene ziemlich bedingungslose Treue einem Staat gegenüber, der eine aggressive Haltung gegen seine Nachbarn einnimmt. Einem Staat, dessen atomare Bewaffnung zumindest seinen iranischen Konkurrenten im Nahen Osten gefährlich bedroht. Einem Staat, der im Inneren eine Sorte der Apartheid pflegt, die weder den internationalen Menschenrechten entspricht, noch auf die friedliche Lösung des Nah-Ost-Konfliktes orientiert. Ebenso sicher dient dieser neue Beauftragte auch der Legitimierung der permanenten deutschen Rüstungs-Exporte nach Israel. Von den vielen Kleinwaffen, die im israelischen Bürgerkrieg gegen die Palästinenser Verwendung finden, bis zu U-Booten und Korvetten für die israelische Marine, die den Großmachtansprüchen der Israelis dienlich sind.

Der Antisemitismus-Beauftragte wird in Wahrheit ein moralisch maskierter Israel-Beauftragter sein. Ein Funktionär, der für das Gehalt eines Staatssekretärs die Existenz des modernen deutschen Staates nicht aus dem Verbrechen des Zweiten Weltkriegs erklären soll, sondern ihn primär auf das Verbrechen des Holocaust zurückführt. Das umgeht das Friedensgebot des Grundgesetzes, das blendet die Frage aus, ob sich denn ein Verursacher des Zweiten Weltkrieges an diversen Kriegen in anderen Ländern beteiligen darf, das veredelt eine militarisierte Außenpolitik und formiert das Land auch im Inneren: „Wir sind sind die GUTEN, soll der Beauftragte akzentuieren. Wir haben aus unserer Schuld gegenüber den Juden gelernt. Dass es noch andere Opfer gibt, soll die deutsche Öffentlichkeit nicht wissen.

Was fehlt ist nur noch der Name des hohen Beauftragten. Fraglos drängt sich Henryk M. Broder, der Kasper der Israel-Rundum-Verteidigung auf. Von Broder stammt der zynische Satz „Verglichen mit dem Warschauer Ghetto ist Gaza ein Club Méditerranée.“ Von dieser mörderischen Position ist der Schritt zum Vergeltungs-Terror nicht mehr weit weiß Broder: „Die Idee, man könnte dem Terror nur mit rechtsstaatlichen Mitteln beikommen, übersteigt die Grenze zum Irrealen.“ Broder hätte auf alle Fälle den Vorteil, dass der ganze romantische Klimbim um den neuen Job auf seinen Wesensgehalt geführt würde: Wer nicht für Israel ist, der ist ein Feind.





Freitag, 19. Januar 2018

Stolz auf NVA-Tradition



Position des Verbandes zur Pflege der
Traditionen der Nationalen Volksarmee und der Grenztruppen der DDR e.V.
zum Entwurf „Die Traditionen der Bundeswehr - Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege“



Die Verteidigungsministerin Ursula von der
Leyen legte der Öffentlichkeit den Entwurf eines
Dokumentes „Die Traditionen der Bundeswehr“
vor. Ein neuer Traditionserlass wurde nach
einer Reihe rechtsextremistischer Umtriebe,
die dem Ansehen der Bundeswehr schadeten,
notwendig. Die Bundesbürger können nun zu
diesem Dokument Position beziehen.



Es ist nicht Aufgabe des „Verbandes
zur Pflege der Traditionen der NVA und der
Grenztruppen der DDR“, sich mit den Traditionen
der Bundeswehr auseinander zu
setzen. Wir sind der Pflege unserer Traditionen
verpflichtet. Grundlage dafür bietet unsere
Satzung.



Auch wenn wir es begrüßen, dass sich die
Bundeswehr mit dem neuen Erlass von einigen
fragwürdigen Traditionen verabschieden
will, halten wir es für dringend notwendig,
einige der im Entwurf der Richtlinie gegen die
NVA verwendeten Argumente entschieden
zurückzuweisen, setzen sie doch die seit
1990 auf allen politischen Ebenen betriebene
Delegitimierung der DDR und damit auch der
NVA fort.



Die unter Punkt 2.3 aufgeführte Behauptung:
„Traditionsverständnis und Fahneneid der NVA
leiteten sich aus ihrem Selbstverständnis
als … Parteiarmee ab …“ ist grundfalsch
und dient der Diskreditierung der Armee als
Ganzes und ihres Führungspersonals. Die in
der Verfassung der DDR festgeschriebene
führende Rolle der Partei, die für alle Bereiche
des gesellschaftlichen Lebens in der DDR galt,
wird für eine solche Behauptung unzulässig
strapaziert.



Die NVA der DDR war eine echte
Volksarmee, die sich dem Volke der Deutschen
Demokratischen Republik verbunden fühlte
und deren Führungspersonal aus dem Volke
stammte. Diese Verbundenheit mit dem
Volke haben Führung und Truppe der NVA
auch während der politischen Ereignisse in
den Jahren 1989/90 bewiesen. Aufgabe der
Nationalen Volksarmee war es, gemeinsam
mit den anderen Armeen der Staaten des
Warschauer Vertrages den Schutz der
Grenzen dieser Staaten und des Friedens zu
gewährleisten, nicht aber für die Stabilität im
Innern der DDR Sorge zu tragen.
Auch der Punkt 3.4 kann nicht unwidersprochen
bleiben.



Unser Verband verwahrt sich ganz
entschieden dagegen, in einem Atemzug
mit dem NS-Regime und der faschistischen
Wehrmacht genannt zu werden.
Man kann sich des Eindrucks nicht
erwehren, dass NVA und Wehrmacht
gleichgestellt werden sollen. Damit werden
Verbrechen der Wehrmacht verharmlost und
die Lebensleistungen der Soldaten der DDR,
deren höchste Motivation die Erhaltung des
Friedens war, herabgewürdigt.



Während ihrer Existenz hat die NVA
weder Kriegsverbrechen begangen noch
völkerrechtswidrige Kriege geführt! Im
Gegenteil, durch ihr Wirken im Verbund des
Warschauer Vertrages hat sie zur längsten
Friedensperiode in der europäischen
Geschichte beigetragen. Eine Zeit, die seit dem
völkerrechtswidrigen Krieg gegen Jugoslawien,
auch unter Mitwirkung der Bundeswehr, zu
Grabe getragen wurde.



Insofern ist es verständlich, dass die NVA
laut Richtlinie nicht traditionsstiftend für die
Bundeswehr sein kann. Darauf können wir
stolz sein. Aber wir verwahren uns nochmals
nachdrücklich, mit der braunen Vergangenheit
Deutschlands auch nur ansatzweise in
Verbindung gebracht zu werden.

Kleiner, aber durchaus bemerkenswerter
Nebeneffekt: Die Ministerin selbst führt mit
diesem Erlass die Mär von der angeblichen
Armee der Einheit, die es nie gegeben hat, ad
absurdum!
Der Vorstand Der Ältestenrat



Mittwoch, 17. Januar 2018

Einheitsfront gegen Krieg


Ein friedenspolitischer Rück- und Ausblick auf das Jahrhundertjahr des „Roten Oktober“

Erfolgreicher Widerstand gegen die Kriegsgefahr erfordert 2018 die breitest mögliche Abwehrfront

Von Irene Eckert

Am 7. November 1917 begann mit der Russischen Oktober-Revolution ein Epochenwechsel, dessen Geburtswehen noch andauern. Mit der Parole „Brot und Frieden“ zog sich die junge Sowjetmacht einseitig aus dem Gemetzel des Ersten Weltkrieges zurück. Das russische Volk begann unter Führung Lenins und der bolschewistischen Partei mit dem opferreichen Aufbau einer neuen, einer humaneren Ordnung ihrer Gesellschaft. Offene und geheime Störmanöver ausländischer Mächte im Bunde mit der inneren Opposition ließen allerdings nicht auf sich warten. Lenins Bemühungen um einen sofortigen und bedingungslosen Frieden mit dem Hauptkontrahenten Deutschland wurden vom Doppelagenten in der jungen Sowjetregierung, dem Ukrainer Lev Davidovitsch Trotsky torpediert. Trotzdem kam es schließlich im 2. Anlauf zum für die Russen äußerst verlustreichen Friedensschluss von Brest-Litowsk in Weißrussland unterzeichnet im Hauptquartier Ost der deutschen Armee. Bereits am 23. Dezember 1917, am Tage nach der ersten Verhandlungsrunde hatten Großbritannien und Frankreich in Paris ein Abkommen getroffen, das die Zerlegung Sowjetrusslands vorsah. (1) Von nun arbeitete man in den Botschaften der Amerikaner, Briten und Franzosen mittels eines Heeres von Geheimdienstagenten fieberhaft und mit erheblichen Mitteln daran, die junge Sowjetherrschaft zu stürzen und eine Militärdiktatur zu errichten.

Sommer 1918: Attentat auf Lenin

Am 30. August 1918 sollte ein mörderisches Attentat auf den Revolutionsführer Lenin mittels vergifteter Geschosse dessen Lebensdauer erheblich abkürzen (2). Die Täterin war eine junge Frau, Fanja Kaplan, ehemalige Anarchistin und verurteilte „Sozialrevolutionärin“ und Terroristin. (3) Lenins Lunge war knapp oberhalb dem Herzen durchschossen worden. Eine zweite Kugel verfehlte knapp die Hauptarterie. Lenin war nur das prominenteste Opfer einer Serie von Attentaten. Von der ersten Stunde an wurden die Sowjetorgane außerdem durch Schädlinge infiltriert. (4)

Ausländische Militärinterventionen 1918-20

Im Sommer 1918 fielen unter fadenscheinigen Vorwänden US-amerikanische Truppen in Archangelsk und Sibirien ein, wo sie gemeinsam mit Briten, Franzosen und Japanern eine antisowjetische Ordnung zu installieren suchten. Das geschah unter dem 'Friedens'präsidenten Woodrow Wilson und obwohl Amerika nicht mit Russland im Krieg war. Es geschah, obwohl die neue sowjetische Regierung nach allen Seiten hin unverkennbaren Friedenswillen demonstriert hatte. Es ging bereits damals um die geostrategisch wichtigen Rohstoffe der Region. An den Interventionskriegen gegen das junge Sowjetland beteiligten sich bis 1920 insgesamt 14 Armeen mit 250 000 Soldaten. (5) Die gegen Sowjetrussland kämpfenden Länder hatten offiziell nie eine Kriegserklärung ausgesprochen. In den Geschichtsbüchern wird diese Periode wenn überhaupt, dann unter Bürgerkrieg abgehandelt. Eine bewaffnete Intervention mit all den verheerenden Folgen hat es lehrbuchgemäß nie gegeben. Während der Versailler Friedensverhandlungen war Sowjetrussland zwar Thema, saß aber keineswegs mit am Tisch. Es wurde boykottiert.

Trotz Sabotage und Terror: Strahlkraft Sowjetrusslands am Horizont

Dennoch, trotz aller Sabotageversuche, trotz weißem Terror, von außen mit massiven Mitteln unterstützt, trotz des frühen Ablebens des geschätzten Revolutionsführers Lenin im Jahre 1924 ging es nach dem Ende der Interventionskriege dank Stalin und seiner Genossen weiser Führung zügig voran. Der soziale Fortschritt war auf allen Ebenen allmählich spürbar. Der Aufbau im Lande wirkte auch nach außen hin als Fanal dafür, dass eine andere, eine bessere Welt möglich ist. Die Literatur von Augenzeugen, die das Sowjetland bereist haben, besonders aus den 30iger Jahren spricht Bände (6). Die Strahlkraft des ersten Arbeiter- und Bauernstaats nahm stetig zu.

Der Geist von Rapallo musste ausgetreten werden

Das Beispiel durfte nicht weiter Schule machen. Die alliierten Kriegstreiber wetzten daher weiter ihre Messer. Sie waren nicht bereit, ihre Niederlage hinzunehmen. Der große Bankenkrach und die Millionenheere an Arbeitslosen in den kapitalistischen Ländern 1929 hatten das Versagen des vorherrschenden Wirtschaftsmodells vor aller Welt sinnfällig gemacht. Krieg und Faschismus war ihre Antwort. Die Wühlarbeit gegen das positive Alternativmodell nahm zu. Deutschland kam dabei eine Schlüsselrolle zu. Unser Land war das Geburtsland des Sozialismus. Die Novemberrevolution hätte beinahe zu einer deutschen Räterepublik geführt, Bayern war besonders anfällig. Soziale Demokraten lösten die Kaiserherrschaft ab. Deutschland trat aus der Kriegsfront gegen Russland aus. In Rapallo wurden 1922 einvernehmliche Verträge zwischen beiden Ländern zu gegenseitigem Nutzen ausgehandelt.

 Dieser Geist von Rapallo, die Idee einer friedlichen Zusammenarbeit mit Sowjetrussland, musste aus der Sicht des international agierenden Imperialismus, der die Welt beherrschen wollte, ausgetreten werden. Der Sozialismus war ein zu vernichtender, wo immer er das Haupt erhob. Russland und seine unermesslichen Schätze wollte man an sich und das alternative Gesellschaftsmodell niederreißen.

Deutschland war und bleibt ein Schlüsselfaktor

Deutschland war dabei ein strategischer Schlüsselfaktor. Weil die Massen dem Sozialismus hier besonders zugetan waren, griff man zu einem grandiosen Täuschungsmanöver. Man (7) zog einen arbeitslosen Lumpen aus einem Obdachlosenheim, einen ehemals Kriegsblinden, einen Wehrmachtsspion, einen der die große Gosche gegen Juden führte, heran und machte ihn zum 'nationalsozialistischen Führer' der Deutschen. Man staffierte ihn und seine Krypto-Arbeiterpartei mit großzügigen Mitteln aus, gab ihm Uniform und Leibgarde und unterrichtete ihn in Tischsitten. Mittels brutaler Gewalt und mithilfe eines raffinierten Propaganda-Apparates hievte man ihn schließlich im Januar 1933 an die Macht. Dem „jüdischen Bolschewismus“ sollte mit seiner Hilfe endgültig Garaus gemacht werden. Der Krieg gegen das Sowjetland, in dem viele jüdische Bolschewiki in führenden Stellungen tätig waren (8), war nur eine Frage der Zeit, darin waren die Hintermänner sich einig.

Da aber die soziale Idee, die mit dem deutschstämmigen Juden Karl Marx konkret geworden war, weltweit eine Massenbewegung ausgelöst hatte und auch in den Vereinigten Staaten stark, mussten auch ihre Vernichter weltweit agieren. (9) Der Faschismus – inszeniert zur Zerstörung jeglicher sozialer Idee - war weder eine deutsche Erfindung noch ein rein deutsches Phänomen. Ihn und seine Handlanger gab und gibt es im übrigen nach wie vor weltweit. (10) Faschismus bedeutet aber nicht nur Rassismus, sondern auch Krieg. Faschismus bedeutet Krieg gegen die arbeitende Bevölkerung im Inneren und Eroberungs- und Vernichtungskrieg nach außen. Kriege bedürfen aber immer zu ihrer Legitimation der Feindbilder. Fremdrassige Völker eigenen sich dafür besonders. Der Krieg gegen den jüdischen und russischen (!) Untermenschen, gegen die Ostvölker wurde von langer Hand propagandistisch vorbereitet. In Hitlerdeutschland boomte die Rüstungsindustrie. Hitlerdeutschland war unter den Westalliierten kein Paria-Staat mehr. Kommunisten, Sozial- und andere Demokraten hatte man in Lagern entsorgt.

Offener Angriff auf Sowjetrussland scheitert, aber die Faschisten geben nicht auf

Der Angriff auf Russland erfolgte 1941. Dank des um- und weitsichtigen sowjetischen Führungspersonals und mithilfe des Molotow-Ribbentrop Abkommens (11) hatte man ihn um zwei Jahre verzögern können. Der schließliche Sieg des überlegenen Gesellschaftssystem forderte einen hohen Preis: 27 Millionen Todesopfer in Sowjetrussland (12) und eine verwüstete Infrastruktur.

Die Anti-Hitlerkoalition findet mit Präsident Roosevelts verfrühtem Tod im April 1945 ein jähes Ende. Trotz des noch scheinbar einvernehmlich verabschiedeten Potsdamer Abkommens kappen die Amerikaner den Sowjets die Kredite. Churchill tat kund „man habe das falsche Schwein geschlachtet“. Zwei Atombombenabwürfe signalisieren den Russen noch im August von Potsdam aus die Zeichen der 'Neuen Zeit'. Der abgehalfterte britische Premier begab sich nach seiner Züricher Rede 1946 in die USA zu Harry Truman und bereitete dort mit dem neuen US-amerikanischen Präsidenten die Einläutung des Kalten Krieges in Fulton/Missouri vor. Die aus dem Faschismus bekannte „Kommunisten“hatz wurde im Frühjahr 1947 (wieder) eröffnet. Flüchtige, deutsche Demokraten, die unter Roosevelt Asyl im Lande der unbegrenzten Möglichkeiten gefunden hatten, Persönlichkeiten vom Range Charlie Chaplins, Bert Brechts, Thomas Manns verließen die 'Neue Welt' in Richtung Europa.

Der Kalte Krieg wird heiß

Ein heißer, mörderischer Stellvertreterkrieg zwischen Kapitalismus und Kommunismus wurde 1950 in Korea ausgetragen. Die Kommunisten hatten unter Mao das chinesische Festland befreit, die Amerikaner sich anstelle der Japaner im Süden Koreas festgesetzt. Da sie den Norden nicht erobern konnten, suchten sie ihn mit aller Gewalt zu zerstören – kurz vor dem Einsatz nuklearer Waffen machten sie 1953 halt. Die Russen waren inzwischen auch im Besitz solcher Vernichtungsmittel.

Das Jahr 1953 brachte das Ende des Koreakrieges und ließ Millionen Tote zurück. Bis heute verweigern die USA den Koreanern einen Friedensvertrag, wie sie ihn auch den Deutschen bis heute verweigert haben. Im Juni brachen vom RIAS Berlin angeheizte Arbeiterunruhen im Osten Berlins aus. Sowjetische Panzer rollten. Anfang März 1953 war Stalin verstorben. Der einstige „Sozialrevolutionär“, der Trotzkist (13) und Ukrainer Chruschtschow hatte in Moskau das Ruder übernommen. Seine Mimikry war offenbar perfekt gewesen, denn er hatte sich als eifriger „Trotzkistenjäger“ hervorgetan und dafür gesorgt, dass viele Unschuldige Opfer von übergriffigen Säuberungsaktionen wurden. (14) Opfer, die von ihm später bewusst wahrheitswidrig Stalin und seinen Leuten in die Schuhe geschoben wurden.

Die traurige Rolle Nikita Chruschtschow – der Anfang vom Ende

Die von Nikita Chruschtschow als Partei- und Regierungschef getroffenen Entscheidungen stellten im Sowjetland die Weichen um. Die langjährige, opferreiche Aufbauarbeit wurde zurückgerollt, das Erfolgsmodell ab jetzt von innen heraus entschieden demontiert. Vorläufiger Höhe- und Weltwendepunkt war Chruschtschows 'geheimes' Anklagepamphlet auf dem XX. Parteitag der KPdSU 1956 gegen die angebliche Unfähigkeit und das Verbrechertum Stalins. (15) Neu an diesem zuerst von der New York Times veröffentlichten Dossier, das in der UdSSR zunächst nicht erscheinen durfte, war lediglich, dass die alten niederträchtigen Verleumdungen gegen die sowjetische Führung jetzt von innen heraus in die Welt geschleudert wurden. Chruschtschows Widersacher aber, treue Anhänger des stalinschen Erfolgskurses im In-und Ausland wurden in rascher Folge beseitigt. (16)

 Die weltweite Hexenjagd auf 'Kommunisten' schien jetzt substantiell und menschenrechtlich fundiert. Kaum einer noch durchschaute das teuflische Spiel einer allmählichen Metamorphose des Arbeiter- und Bauernstaates. Auch die nachfolgend schleichende Transformation fast aller kommunistischen Parteien weltweit blieb unbegriffen. (17) Zwar wurde Chruschtschow 1964 abgelöst, aber das war zu spät. Der Zersetzungsprozess war in seinem ganzen Ausmaß nicht erfasst worden und konnte daher nicht mehr aufgehalten werden. Die Kossygin, Breschnew, Andropow und Tschernenko waren alt und oder krank, keine Politiker von Format, die den Verfallsprozess hätten aufhalten können. Als Gorbatschow 1985 kam, jung und dynamisch, da erschien er vor aller Welt als Hoffnungsträger. In Wirklichkeit trieb er das vom Imperialismus vorausgeplante Werk der Demontage des Sowjetstaates weiter voran. Boris Jelzin betrieb dann den Ausverkauf der Restbestände, ließ im Oktober 1993 Panzer rollen und das Parlament beschießen (18). Am 31. Januar 1999 ist der Mann am Ende und in einem Anflug von möglichem Klarsinn übergibt er das Szepter an einen bis dato völlig Unbekannten, an seinen Ministerpräsidenten Vladimir Putin.

Nationale Neubesinnung unter Putin

Mit Putins Wahlbestätigung im März 2000 beginnt die Konsolidierung Russlands. (19) Der neue russische Präsident bezeichnete den Zusammenbruch der Sowjetunion als größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts. Aber der Antidemokrat und Liquidator Jelzin wird vom Westen als Revolutionär (20) bejubelt, während man seinen Nachfolger Putin bald dämonisieren wird. Der Sozialismus in Russland ist Geschichte, aber es beginnt im Rahmen der BRICS Staatengruppe eine neue Ära der Zusammenarbeit mit dem befreundeten China, das unter kommunistischer Führung rasante wirtschaftliche Erfolge feiert.

Friedenspolitische Kernaufgabe: Neuerlichen kriegerischen Aufmarsch an der Ostfront stoppen

Obwohl Russland gegenüber dem Sowjetreich um ein erhebliches Stück geschrumpft ist, obwohl es um sein Ursprungsland, die Ukraine gebracht wurde, obwohl es kapitalistisch geworden ist, so sind die Begehrlichkeiten des dekadenten Imperialismus ihm gegenüber nicht geringer geworden. Russland und China gelten laut neuester US-Geostrategie als wichtigste Feinde. Konkurrenz muss niedergemacht werden, Rohstoffe und Märkte in den eigenen Besitz gebracht werden. Diesem Zweck dient die militärpolitische Umzingelung, ihm dienen die annähernd 1000 US-amerikanischen Militärstützpunkte weltweit. Diesem Zweck dient ein Militärhaushalt, der so groß ist, wie jener der acht nachfolgenden Staaten zusammen genommen und mehr als zehnmal größer als derjenige Russlands.

Nein zum Feindbild Russland, zu Sanktionen und Kriegsvorbereitung

Russland und vor allem seine besonnene Führung, verkörpert in der Person des Präsidenten Vladimir Putin, werden im NATO-Westen in altbekannter Manier verunglimpft, beleidigt, jeglicher Würde beraubt. Das kapitalistische Russland wird wie ehedem die sozialistische Sowjetrepublik jeder denkbaren Unrechtshandlung beschuldigt und zwar ohne die Spur eines Beweises dafür zu liefern. Das propagandistische Dauerfeuer, so hofft man, wird schon Wirkung zeigen und die öffentliche Meinung sturmreif manipulieren. Was der US-amerikanische und NATO beherrschte 'Tiefe Staat' will und wozu er seine ihm tributpflichtigen Vasallen (21) nötigt, ist ein offener Krieg gegen Russland. Deshalb der Treuebruch gegenüber Gorbatschow, dem man versichert hatte, die NATO werde nach Abzug der Warschauer Pakt Truppen nicht nach Osten ausgedehnt. Dazu dienen die uns aufgezwungenen Wirtschaftssanktionen. Dem Angriffsziel Russland ist der Aufmarsch von schwer bewaffneten NATO-Verbänden vom Baltikum bis zum Schwarzen Meer gewidmet. Der Rest ist Propaganda. Die durch den quasi faschistischen, US-gesteuerten Putsch in Kiew künstlich provozierte Krim-Krise dient nur als Vorwand mit Hilfe dessen die geplante Aggression bemäntelt werden soll. In Anbetracht der Atomwaffen über die Russland verfügt, die es im Falle von Übergriffen auf sein Territorium angekündigter Maßen auch einzusetzen gedenkt, eine für uns tödliche, selbstmörderische Strategie.

Warum kein Antikriegsaufruf, warum kein Aufschrei von Links?

Das Ausbleiben öffentlicher Massenproteste gegen ein solch wahnsinniges Vorhaben ist vor dem Hintergrund der Erfahrung zweier Weltkriege und der Niederlage einer bis an die Zähne gerüsteten Deutschen Wehrmacht gegen Sowjetrussland nur auf Grund von Unkenntnis und Desinformation nachzuvollziehen. Von herausragender, niederschmetternder Bedeutung bleibt aber für das Verständnis der desolaten Situation das Versagen des gesamten linken Spektrums von linksliberal, Grün über die Partei 'Die Linke' bis hin zu den großen Gewerkschaften und kommunistischen Splittergruppen. Man hat dort den Ernst der Lage ganz offenbar nicht begriffen. Der gezielt gesteuerte Niedergang des Sozialismus hat vor der kommunistisch-sozialistischen Weltbewegung nicht halt gemacht. Selbst demokratische Volks- und Bürgerbewegungen wurden absichtsvoll mit in den Schlund gezogen. Der Faschismus trägt heute im Westen allerdings Filzlatschen. Sämtliche Ansätze sozialer Zusammenschlüsse (22) wurden systematisch infiltriert, Führungspersonal korrumpiert und vor allem das theoretische Instrumentarium zur wirklichkeitsgerechten Analyse geopolitischer Vorgänge aus der Hand geschlagen. Freund und Feind können nicht mehr angemessen geortet werden, werden als austauschbar oder gleichrangig gehandelt. Die Bedeutung der UN-Charta, die Bedeutung nationaler Grenzen und Rechte, der Ansprüche auf staatliche Souveränität, ja auf Staatsbürgerrechte wurden als mehr oder weniger obsolet oder gar rechtslastig ad acta gelegt. Damit ist die Linke in all ihren Schattierungen als massenmobilisierende Kraft - in Deutschland und Europa spätestens seit der so genannten Wiedervereinigung – zahnlos geworden, beschäftigt mit Nebenfragen. Das Volk selbst wurde zu einer Manövrier-Masse für konterrevolutionäre, gegen die eigenen Interessen gerichtete Belange.

Die 'Neue Rechte' ist nicht der Feind

Statt zu mobilisieren gegen den Kriegsaufmarsch, mobilisiert man gegen einen vermeintlichen Gegner von Rechts. Völlig verkannt wird dabei, dass nicht die 'Neue Rechte' von Trump bis AFD den neuen Faschismus verkörpern, sondern dass dieser längst an den Hebeln der Macht sitzt und häufig genug ein weibliches Gesicht trägt. Die 'Neue Rechte', das sind Abweichler aus dem Lager der Bourgeoisie; sie sind dem Tiefen Staat und dem gesamten Militärisch-Industriellen Komplex ein Dorn im Auge. Ihre Interessen zielen zwar auf Profit, sie sind durch und durch kapitalistisch, aber sie sind nicht kriegerischer Natur. Vielmehr stört der Kriegsaufmarsch ihre Geschäfte. Alle neurechten Bewegungen wollen gute Beziehungen mit Russland, sind gegen die Sanktionspolitik, wollen nationale Souveränitätsrechte gesichert wissen und sichere Grenzen. Sie sind durchweg an Chinas Initiative 'Neue Seidenstraße', interessiert und wollen sich am absehbaren Riesengeschäft beteiligen, nicht es zerbomben. Leider, vielleicht aus nachvollziehbaren Gründen, stellen sie diese wichtigen Aspekte ihres Abweichlertums nicht in den Vordergrund, sondern punkten mit vermeintlicher Fremdenfeindlichkeit oder gar Rassismus und vor allem mit Antikommunismus. Das ist so, weil sie zwar gegen den importierten Islamo-Terror sind, aber genau wie die Linke, nicht begriffen haben, dass dieser neue Faschismusimport unter falscher Flagge segelt, genau wie der alte.

Ob Braun oder Schwarz, der Feind ist und bleibt der Faschismus

Die Nazis waren keine Sozialisten, ja nicht einmal Nationalisten. Die Islamisten aller Couleur sind keine Muslime, keine Anhänger oder gar Kenner des Islam, sie sind Faschisten, die nachweislich von den gleichen Kräften hochgezogen wurden und finanziert werden wie einst Adolf Hitler und seine Schlägertrupps. Die Unkenntnis in Sachen Islam, der nach dem verloren gegangenen Feindbild Rot lange als praktischer Ersatzfeind herhalten musste, rächt sich sträflich. Nicht der Islam, eine Religion des Friedens, nicht das Judentum, eine Religion der Gerechtigkeit, nicht die Religion überhaupt ist der Feind, auch nicht der Sozialismus, sondern der Faschismus, der alle Menschheitsideale pervertiert und instrumentalisiert. Dieser aber ist Ausdruck und Resultat der „am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ wie es der Kommunist Dimitrov schon 1935 treffend auf den Begriff brachte. Diese auch damals zu späte Einsicht fehlt aber heute gänzlich und zwar auf der rechten wie auf der linken Seite. Aus diesem Faschismusbegriff ergeben sich nämlich handlungspraktische Konsequenzen. Alle Menschen aus allen Lagern, die guten Willens und gegen den neuerlichen Kriegsaufmarsch gen Russland sich zu engagieren bereit sind, müssen ungeachtet sonstiger Differenzen zusammenwirken. Es gilt das Feindbild Russland zu demontieren, wie ein Matthias Platzeck und eine Gabriele Krone-Schmalz dies tun (23). Es gilt aufzustehen gegen eine hetzerische Feindbildpropaganda, die leider vom linken Spektrum gegen einen Anti-Establishment-Präsidenten und potenziellen Verständigungspolitiker wie Donald Trump betrieben wird, ganz wie damals 1922 gegen Walter Rathenau, dem der Rapallo-Vertrag zu verdanken war, also Verständigungspolitik mit Sowjetrussland auf Augenhöhe.

Die Situation heute ist nicht weniger bedenklich. Die jahrelange Hetze gegen einen friedenspolitisch engagierten und äußerst erfolgreichen Journalisten wie Ken Jebsen etwa wird von links aus betrieben, nicht von rechts – das müsste doch allen am Friedenserhalt interessierten Menschen auf der „Linken“ ein Nachdenken mehr wert sein. Gut, dass es dort auch Persönlichkeiten wie Andreas Wehr, Dieter Dehm, Wolfgang Gehrke (24) gibt, aber diese spielen leider in ihren Kreisen eine marginalisierte Rolle, sind nicht die Tonsetzer. Natürlich gibt es auch die sozialdemokratisch inspirierten „Nachdenkseiten“ von Albrecht Müller. Aber das ist zu wenig noch. Aus dem rechten Spektrum wirkt unermüdlich der großartige Willy Wimmer, der von den LINKEN mehr oder weniger ignoriert wird. Dieser CDU-Mann scheint der einzige zu sein, der vollumfänglich verstanden hat, was die Stunde geschlagen hat.

Es wäre eine große Aufgabe im Jahr 2018 das Feindbild „Neurechts“ genauso wie das Feindbild Russland abzustreifen und sich dem Studium derer jeweiligen wahren Natur zu widmen.

Auch die nach wie vor unhinterfragt akzeptierte Gleichung Stalin gleich Hitler bedarf dringend einer auf Recherchearbeit basierenden Korrektur. Solange diese Gleichung bestehen bleibt, liegt ein mächtiger Bremsklotz auf dem Wege zu menschheitlichem Fortschritt.

Allerdings zeigt wiederum das Beispiel Russland, dass Fortschritt möglich ist, trotz unbegriffener Historie und trotz gravierender Interessen- und Meinungsdifferenzen, wo nämlich ein guter Wille herrscht und das gemeinsame Interesse an der friedlichen Bewahrung des Bestehenden im Vordergrund steht. Russland und das von der jungen Margarita Simonyan geleitete Russia Today (RT) Team führt uns mit großem kreativen journalistischen Können und mit Humor sowohl Meinungsvielfalt als auch die hohe Kunst diplomatischer Zusammenarbeit vor.

Möge uns das völkerübergreifende Zusammenwirken der großen friedliebenden Nationen Russische Föderation, Volksrepublik China und Islamische Republik Iran auch im Jahr 2018 einen großen Krieg ersparen helfen. Mögen diese Nationen uns als Vorbild für weit ausgreifende Zusammenarbeit im Kleinen dienen. Nur wenn uns das gelingt, werden unsere Kinder und Kindeskinder die Früchte des epochalen Wechsels noch ernten können, der mit dem Roten Oktober eingeläutet wurde und dessen Geburtswehen andauern. Vor uns die Mühen der Ebenen. (25)