Samstag, 31. Dezember 2016

Stoppt den Amoklauf in den Krieg


Friedensappell zum Jahreswechsel 2016/2017


Stoppt den Amoklauf in den Krieg


Vom Bundesverband Arbeiterfotografie

Was wir in diesen Tagen erleben, kann nur das Werk von Geistesgestörten sein. Eine Panzerbrigade der USA trifft in Bremerhaven ein und bewegt sich quer durch Deutschland in Richtung Russland. Die USA verweisen unter fadenscheinigem Vorwand 35 russische Diplomaten des Landes. In Ankara wird der russische Botschafter Andrej Karlow ermordet. Ein russisches Flugzeug auf dem Weg nach Syrien stürzt ins Meer. Das lässt sich nur als Amoklauf werten – ein Amoklauf, der womöglich mit dem 20. Januar 2017, dem Tag der geplanten Vereidigung des neuen US-Präsidenten, zu tun hat und damit, dass an diesem Tag die bisherige Machtkonstellation mit der Mordsmarionette Obama an der Spitze endet. Es ist zu befürchten, dass es ein Amoklauf in Richtung Krieg ist – Krieg gegen Russland und China.

Schon seit Jahren werden an den Westgrenzen Russlands NATO-Militärmanöver durchgeführt. Und das AEGIS-Raketen-System, das angeblich iranische Atomraketen abwehren soll, wird gegen Russland in Stellung gebracht. „Ich habe... Beweise dafür gesammelt, dass ein Atomkrieg kein drohender Schatten mehr ist, sondern bereits vorbereitet wird; das wurde mir auch von Insidern bestätigt. Der Aufmarsch der größten US-geführten Streitmacht seit dem Zweiten Weltkrieg ist bereits in vollem Gange – in der nördlichen Hemisphäre an den Westgrenzen Russlands und in Asien in den im oder am Pazifik liegenden Nachbarstaaten Chinas.“ Das schreibt der australische Journalist und Filmemacher John Pilger in Zusammenhang mit seinem 2016 fertig gestellten Dokumentarfilm "The Coming War on China".

Es ist also offensichtlich. Wir müssen mit absoluter Priorität und aller Kraft den geistesgestörten Kräften des Krieges entgegenwirken. Dazu bedarf es einer starken LINKEN und einer breiten Friedensbewegung, die klare, zielführende Forderungen erhebt und Aktionen des Widerstands organisiert. Deutschland muss umgehend dazu gebracht werden, – am besten zusammen mit anderen Staaten – aus der NATO auszutreten und den Vertrag über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland zu kündigen. Damit wird den Kräften des Krieges eine wichtige Basis ihres kriminellen Tuns genommen.

Was tun?

Was aber ist zu tun, wenn führende Köpfe der LINKEN und der Friedensbewegung sich als Kräfte enttarnen, die im Sinne des Imperiums operieren – wenn offenbar wird, dass die Forderung nach Auflösung der NATO erhoben wird, weil sie im Gegensatz zur Forderung nach Austritt aus der NATO nahezu unrealisierbar und damit wirkungslos ist – wenn US-"Kommunisten" mittels der unbelegten Behauptung, Trump habe sich für den Einsatz von Atomwaffen ausgesprochen, zur Wahl der erwiesenen Kriegsverbrecherin aufrufen, und eine "marxistische" Zeitung dies unkommentiert verbreitet – wenn ein Spitzenpolitiker der LINKEN den verstorbenen Fidel Castro "Diktator" nennt?

Was ist zu tun, wenn eine Spitzenpolitikerin der LINKEN, die sich noch dazu mit dem Attribut "kommunistisch" schmückt, den syrischen Präsidenten Assad am 4. Dezember 2015 im Bundestag als „Diktator“ bezeichnet, „der sein Land brutal unterdrückt“, oder bei einer Veranstaltung der Friedensbewegung am 3. Oktober 2015 in Kalkar Assad gar einen „blutigen Diktator“ nennt, und am 18. Dezember 2016 in einem Interview mit der "Welt am Sonntag" befragt von Stefan Aust und Martin Scholz auf deren Einwurf „Sie wollen die Massaker in Syrien jetzt nicht ernsthaft ausschließlich den USA anlasten. Zurzeit sind es Assads Regierungstruppen, die mit Unterstützung Russlands unsägliches Leid über die Zivilbevölkerung in Aleppo bringen.“ sich dem Imperium andient, indem sie – als wäre nicht klar, von welcher Seite der Krieg begonnen wurde – äußert: „In diesem Krieg sind alle Seiten für bestialische Kriegsverbrechen verantwortlich. Nachdem Russland in diesen Krieg eingetreten ist, haben sich Brutalität, auch die Schrecken für die Zivilbevölkerung noch mal verstärkt. Letztlich geht es Russland um das Gleiche wie den USA: um Macht und Einfluss in der Region.“

Was ist zu tun, wenn führende Köpfe der LINKEN und der Friedensbewegung auf diese Weise die Feindbilder bedienen, die zur Führung von Kriegen benötigt werden? „Weil die Vorbereitungen eines völkerrechts- und verfassungswidrigen Angriffskrieges gegen Russland auch und gerade auf deutschem Territorium schon sehr weit fortgeschritten sind, können wir nicht noch mehr Zeit mit internen Streitereien und langatmigen Grundsatzdiskussionen verschwenden – auch nicht mit fragwürdigen Anti-Trump-Demos, die nur verdecken sollen, dass alle konkreten Kriegsvorbereitungen schon unter Obama angelaufen sind. Wir müssen möglichst schnell ein Netzwerk aus bereits bestehenden und noch zu gründenden Friedensinitiativen bilden...“ Das schreiben Wolfgang Jung und Fee Strieffler, Herausgeber der LUFTPOST, der Friedenspolitischen Mitteilungen aus der US-Militärregion Kaiserslautern/Ramstein. Das kann nur heißen: es müssen an den falschen Köpfen der LINKEN und der Friedensbewegung vorbei breite Bevölkerungsschichten gewonnen werden. Dazu sind wir alle gefordert. Die Zeit drängt!

NATO raus - raus aus der NATO

LUFTPOST sieht in diesem Zusammenhang fünf Forderungen, die es zu erheben gilt:



1. Sofortiges Verbot aller von Militärbasen in der Bundesrepublik ausgehenden völkerrechts- und verfassungswidrigen Aktivitäten und aller Vorbereitungen für einen Angriffskrieg gegen Russland
2. Einstellung aller Auslandseinsätze der Bundeswehr
3. Ausfuhrstopp für sämtliche in der Bundesrepublik Deutschland hergestellten Waffen
4. Kündigung des Vertrages über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland – des so genannten Stationierungsvertrages
5. Austritt der Bundesrepublik Deutschland aus der NATO



Das deckt sich weitgehend mit den Forderungen der von Freidenkern und Arbeiterfotografie initiierten Kampagne "Deutschland raus aus der NATO – NATO raus aus Deutschland", deren an die Bundesregierung gerichtete Hauptforderungen lauten:


1. NATO-Vertrag kündigen! Deutschland darf nicht länger Mitglied in einer Organisation bleiben, die von der Politik des US-Imperialismus dominiert wird. DEUTSCHLAND RAUS AUS DER NATO!
2. Truppenstationierungs-Vertrag kündigen! Territorium und Luftraum Deutschlands dürfen nicht länger durch USA und NATO für Angriffskriege missbraucht werden. NATO RAUS AUS DEUTSCHLAND!
3. Mit Russland kooperieren! Verständigung und Zusammenarbeit mit Russland zum Nutzen aller Völker Europas. Keine weitere Ostexpansion von NATO und EU.
4. Eine grundsätzlich andere, friedliche Außenpolitik gestalten! Auslandseinsätze der Bundeswehr beenden. Rüstungsexporte verbieten. Atomwaffen von deutschem Boden verbannen. Kampfdrohnen ächten. Wirtschaftssanktionen beenden. Fluchtursachen bekämpfen. Das Völkerrecht verteidigen. Für gerechten Frieden in Palästina eintreten. Eine unabhängige, internationale Untersuchung der Attentate vom 11. September 2001 fordern.
5. Die Unterwerfung unter supranationale Instanzen des Finanzkapitals beenden! Freihandelsabkommen wie TTIP, CETA und TISA ablehnen. Europa sozial und antimilitaristisch umgestalten. Den US-Dollar als einzige internationale Handelswährung überwinden.



Der Amoklauf in den Krieg, der uns alle zu verschlingen droht, muss gestoppt werden! Aufklärung, Aktion, Widerstand ist die Devise!

Online-Flyer Nr. 594 vom 31.12.2016






Der Tanz geht weiter...






Vater und Tochter Lucy, unsere Enkelin. Gegenwart und Zukunft. Der Tanz geht weiter... 

WIE, das hängt von uns allen ab!! 

Eine Mail aus Thailand von unserem Sohn Patrick, gesendet am 31.12.2016, Foto: Gattin Sarina

Danke, liebe Sarina, für dieses herrliche Foto.


Deine Schwiegereltern Ingrid und Harry

Das WUNDER...


Seit den US-Präsidentschaftswahlen im November ist alles anders


Trump wirkt Wunder



Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann

Wunder oder Wahnsinn? Auf einmal ist alles anders. Was bislang übersehen wurde, wird jetzt groß herausgestellt. Selbst dort, wo fast nichts ist, wird etwas konstruiert. Das, was als Antiamerikanismus verpönt war, wird jetzt mit aller Kraft ins Blickfeld gerückt. Und – es ist kaum zu glauben – beachtliche Teile der Linken und der Friedensbewegung auf der einen und große Teile der Herrschaftsapparate inklusive der Medien auf der anderen Seite rücken zusammen. Es ist ganz so, als wäre zwischen den beiden Seiten so etwas wie eine Querfront entstanden. Sie haben das gleiche Feindbild. Wer oder was hat dieses Wunder bewirkt? Es ist Donald Trump, der – wenn nichts dazwischen kommt – am 20. Januar 2017 Präsident der USA wird. Wer in der Linken oder der Friedensbewegung hat in der Vergangenheit die Regierungsmannschaften bisheriger Präsidenten durchleuchtet? Wer hat dies im Falle Obama getan? Fast niemand! Und nun im Falle Trump geht es los zu einem Zeitpunkt, wo noch kaum etwas feststeht. Plötzlich – wie aus dem Nichts – ist ein kritisches Bewusstsein entflammt, das in früheren Zeiten von denen, die jetzt auf der neuen Welle reiten, als zutiefst "anti-amerikanisch" und "rechts" gebrandmarkt wurde.

Am 21.11.2016 findet sich in einer "marxistischen" Tageszeitung ein mit "Trumps Gruselkabinett" überschriebener Artikel (1). Und einige Wochen später, am 16.12.2016, ist in einer "sozialistischen" Wochenzeitung der Artikel eines anderen Autors zu lesen, der ebenfalls mit "Trumps Gruselkabinett" betitelt ist (2). Und aus einem der Zentren der Friedensbewegung in Deutschland kommen Aussagen, in denen von einem "zutiefst reaktionären Milliardärsnetzwerk" und "Milliardärskriegskabinett" die Rede ist (3).


Ist Michael Flynn ein Hardliner des Pentagon?

Michael Flynn war unter Präsident Obama von 2012 bis 2014 Chef des militärischen Geheimdienstes DIA (Defense Intelligence Agency), ohne dass dies in linken Kreisen größere Beachtung fand (4). Nun ist das anders. Nun, wo Flynn möglicherweise Trumps nationaler Sicherheitsberater wird, wird er ins Rampenlicht gerückt. Springers WELT gibt knapp zwei Wochen nach der Wahl den Ton an: „Untaugliches Management und schlechte Personalführung wurden ihm vorgeworfen. Flynn hat die Obama-Regierung wiederholt kritisiert wegen ihres aus seiner Sicht nicht ausreichend aggressiven Vorgehens gegen den 'Islamischen Staat'.“ (5)

Fast identisch formuliert die "marxistische" Tageszeitung: „Ob er von Obama gefeuert wurde, weil er organisatorisch ein Versager war oder weil er den Islamismus zu hart kritisiert hatte..., ist umstritten.“ Die WELT vergibt für Flynn das Schimpfwort-Etikett "Hardliner". Das wiederholt sich in der "sozialistischen" Wochenzeitung. Dort wird Flynn als militärischer "Hardliner" bezeichnet, der das Pentagon „in allen Fragen der 'Sicherheit', genauer der Kriegsführung, maßgebend vertreten“ werde. Flynn sei einer der „Repräsentanten des sogenannten 'Krieges gegen den Terror'“, verlautet aus dem bereits erwähnten Zentrum der Friedensbewegung.

An diesen Springer-konformen Einschätzungen ist – außer, dass sie Springer-konform sind – noch etwas anderes eigenartig. Der Freidenker-Vorsitzende Klaus Hartmann erkennt: „Auffällig ist das Michael-Flynn-Bashing... Verschwiegen wird durchgehend, warum der vormalige Chef des Militärgeheimdienstes beim Pentagon und Obama in Ungnade fiel und entlassen wurde: weil er vor der Förderung der Terroristen des Daesh (IS) in Syrien durch die Obama-Administration gewarnt und sie öffentlich gemacht hat.“ (6)

Wolfgang Effenberger schreibt am 30.11.2016 in der NRhZ: „Auf die Frage..., warum denn die USA mit radikalen Dschihadisten zusammenarbeiten, antwortete Flynn [im August 2015 in einem Al Jazeera-Interview], dass es eine absichtliche Entscheidung [willful decision] der Regierung war... Flynn und andere hochrangige Generäle halten es für einen Fehler, dass NATO-Länder radikale islamische Gruppen wie IS und al-Nusra unterstützen. Flynn wollte auch nicht, dass Assad durch Fundamentalisten ersetzt wird... Der verantwortlich denkende General machte sich mit seinen unbequemen Wahrheiten keine Freunde. Seinem Ersuchen, dem Präsidenten und der damaligen Außenministerin Hillary Clinton über die terroristischen Gefahren berichten zu dürfen, wurde nicht entsprochen. Stattdessen erhielt er am 7. August 2014 vom Präsidenten und Friedensnobelpreisträger die Entlassungsurkunde.“ (7)

Wenn jetzt Flynn als jemand hingestellt wird, der das Pentagon in allen Fragen der Sicherheit bzw. Kriegsführung maßgebend vertritt und als Repräsentant des so genannten 'Krieges gegen den Terror' bezeichnet wird, löst das – gelinde gesagt – Verwunderung aus. Der Grad der Verwunderung wird noch gesteigert, wenn wir uns die Rede vergegenwärtigen, die Donald Trump am 11. August 2016 gehalten hat, in der er das von Flynn Angedeutete noch krasser formulierte: „Der IS (Islamische Staat) ehrt Präsident Obama. Er ist der Gründer des IS. Er ist der Gründer des IS – okay? Er ist der Gründer! Er hat den IS gegründet! Und ich möchte sagen, Mitgründerin dürfte die betrügerische Hillary Clinton sein. Mitgründerin! Die betrügerische Hillary Clinton! Das ist es, worum es geht!“ („ISIS is honoring President Obama. He is the founder of ISIS. He is the founder of ISIS, okay? He's the founder! He founded ISIS! And I would say, the co-founder would be crooked Hillary Clinton. Co-founder! Crooked Hillary Clinton! And that's what it's about!”) (8)(9)(10)


Will Trump Atomwaffen einsetzen?

Ja, es ist so: Trump wirkt Wunder. Es ist die Verkehrung der Welt. Ein Mann auf dem Weg an die Spitze des US-Imperiums spricht etwas aus, was eher von den Gegnern des US-Imperiums zu erwarten wäre – und die Linke und die Friedensbewegung nehmen es kaum zur Kenntnis. Demgegenüber wird in linken Kreisen etwas über Donald Trump verbreitet, wofür es keine Belege gibt.

Von US-"Kommunisten", der KPUSA, und der "marxistischen" Tageszeitung wird behauptet, Trump habe gefragt: „Warum sollten wir keine Atomwaffen einsetzen?“ Am 31.10.2016 erscheint in der "marxistischen" Zeitung ein Artikel mit dem Titel "Für das kleinere Übel – US-Kommunisten rufen zur Wahl Hillary Clintons auf...". (11) Darin gibt es die folgende Passage: „Man mache sich keine Illusionen über die Demokratische Partei. Trump stelle jedoch eine weitaus größere Gefahr als Clinton dar.“ Und dann heißt es, die US-Kommunisten wörtlich zitierend über den US-Präsidentschaftskandidaten Trump: „Das ist ein Mann, der die Frage stellt: 'Warum sollten wir keine Atomwaffen einsetzen?'“ Das wird behauptet, obwohl es nicht schwierig ist herauszufinden, dass es für die Trump belastende Behauptung keine Belege gibt und sie aus dem Spektrum von Medien und Geheimdiensten kommt, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, einen Präsidenten Trump zu verhindern. US-"Kommunisten" und die "marxistische" Tageszeitung aber transportieren die unbelegte Behauptung als Tatsache. (12)

Wie anders war es, als Obama am 5.4.2009 in Prag seine Propaganda-Rede über eine "Welt ohne Atomwaffen" hielt, um darin Äußerungen einzubetten, mit denen er das angeblich gegen den Iran gerichtete Raketenabwehrsystem angepriesen hat. Da war Obama für erhebliche Teile der Friedensbewegung doch tatsächlich derjenige, der Hoffnung auf eine Welt ohne Atomwaffen verbreitet. Dabei hätte man sich seine Rede nur vornehmen müssen. Dann hätte man gelesen: „Wir werden den Iran vor eine klare Wahl stellen... Ich sage es ganz deutlich: Irans Atom- und Raketen-Aktivitäten stellen eine reale Bedrohung dar – nicht nur für die Vereinigten Staaten, sondern auch für Irans Nachbarn und unsere Bündnispartner. Die Tschechische Republik und Polen haben Mut bewiesen, indem sie der Stationierung eines Verteidigungssystems gegen diese Raketen zustimmten. Solange eine Bedrohung von Iran ausgeht, werden wir voranschreiten mit dem Bau eines kosteneffektiven und bewährten Raketenabwehrsystems. Wenn die iranische Bedrohung beseitigt ist, werden wir eine stärkere Sicherheitsbasis haben...“ (13)(14) Es geht dabei um den so genannten AEGIS-Raketenabwehrschirm, bei dem es sich in Wirklichkeit um ein atomares Aggressionssystem handelt, das sich in erster Linie gegen Russland richtet.


Will Trump Frieden in Palästina und mit Russland?

Was von Trumps Äußerungen sich in der Realität wieder finden wird, wissen wir nicht. Auch andere Politiker sagen viel, was sich gut anhört – siehe Obama. Und wir wissen auch nicht, was die Machtkonstellation, in der er sich als Präsident bewegt, zulassen wird. Aber es ist erstaunlich, dass Äußerungen, die – wären sie von einem seiner Vorgänger ausgesprochen worden – in den Leitmedien ganz groß herausgestellt worden wären, im Falle Trump kaum Beachtung finden – weder in den Leitmedien noch in den überwiegenden Teilen der Linken und der Friedensbewegung.

Zum Thema Palästina/Israel hat Trump am 23. November 2016 im Interview mit der "New York Times" erklärt: „Gerne wäre ich derjenige, der Israel und Palästinensern Frieden bringen kann... Ich würde das sehr gut finden. Es wäre eine großartige Leistung, denn niemand war dazu bislang fähig... Einflussreiche israelische Geschäftsleute sagen mir, das sei nicht zu machen, das sei unmöglich. Ich stimme dem nicht zu. Ich glaube, Frieden ist machbar. Ich glaube, die Menschen sind es leid, erschossen und getötet zu werden... Ich habe Gründe zu glauben, dass ich es schaffen kann.“ (15)

Und hinsichtlich der Beziehungen der USA zu Russland und hinsichtlich des Krieges in Syrien hat Trump im Interview mit der "New York Times" geäußert: „Ich möchte gern mit Russland gut auskommen und ich denke, dass auch Russland gerne mit uns gut auskommen möchte. Das ist in unserem gemeinsamen Interesse... Wäre es nicht schön, wenn wir gut mit Russland auskämen. Wäre es nicht schön, wenn wir gemeinsam gegen den Islamischen Staat vorgingen... Wir müssen dem Wahnsinn, der sich in Syrien abspielt, ein Ende setzen.“ (15)


Schluss mit Regime-Change! Stabilität, nicht Chaos!

Die Regime-Change-Praxis des US-Imperiums soll nach den Worten des neu gewählten US-Präsident Donald Trump ein Ende haben. Das brachte er am 1. Dezember 2016 bei einer in Cincinnati im US-Bundesstaat Ohio gehaltenen Rede zum Ausdruck. Wörtlich sagte er: „Leute! Wir werden eine neue US-Außenpolitik verfolgen, die endlich aus den Fehlern der Vergangenheit lernt. Wir werden mit dem Versuch aufhören, Regime zu Fall zu bringen und Regierungen zu stürzen... Unser Ziel ist Stabilität, nicht Chaos.” (“We will pursue a new foreign policy that finally learns from the mistakes of the past. We will stop looking to topple regimes and overthrow governments, folks... Our goal is stability, not chaos...”) (16)(17)(18)(19)

Bereits am 7.9.2016 hatte Trump in einer Rede zur "nationalen Sicherheit" geäußert: „Wir wollen eine stabile, friedliche Welt verwirklichen – mit weniger Konflikten und mehr Gemeinsamkeiten... Die gegenwärtige Strategie des Regime-Sturzes, die keinen Plan für den Tag danach hat, erzeugt lediglich ein Machtvakuum, das von Terroristen gefüllt wird.“ (20)

Doch dieser Mann, der es wagt, solche für führende US-Kreise ungewöhnliche Vorstellungen zu äußern, ist selber Zielscheibe von Regime-Change-Absichten. Soros lässt grüßen. Das zeigt sich auch in der deutschen Friedensbewegung, aus der der Ruf erschallt: "Auf den Straßen und Plätzen weltweit: Trump stoppen!". (21) Das erinnert an eine Meldung von RT Deutsch, in der es am 14.11.2016 heißt: „NGO mit Verbindungen zu Clinton und Soros wiegelt zu Anti-Trump-Protesten auf. Eine der einflussreichsten Organisationen hinter den Anti-Trump-Demonstrationen in den USA ist MoveOn. Die Webseite der NGO ruft zum Protest gegen den gewählten Präsidenten auf. Die Organisation unterhält laut den Podesta-Email-Leaks signifikante Beziehungen zum umstrittenen Clinton-Unterstützer und Milliardär George Soros.“ (22)

Und auch Campact, eine "Bürgerbewegung", die gegen TTIP und CETA mobilisiert hat, ist mit von der Partie. Kaum ist das Wahlergebnis bekannt, mobilisiert sie gegen den Mann, der als einen seiner ersten Schritte seiner Präsidentschaft die Aufkündigung des TPP-Abkommens, des pazifischen Gegenstücks zu TTIP, angekündigt hat, und verkündet am 10.11.2016: „Wir sagen es klar heraus: Donald Trumps Sieg hat uns kalt erwischt. Was wir uns nicht vorstellen konnten oder wollten – jetzt ist es Realität. Ein Rassist, ein Frauenverächter, ein Lügner und Spalter wird der 45. Präsident der USA.“ (23) Wieder werden wir Zeuge einer Verkehrung der Welt. Es ist das Manager-Magazin, das am 22.11.2016 formuliert: „Wenn Trump TPP kippt, dürfte das geplante Freihandelsabkommen TTIP mit Europa wohl auch nicht mehr viel Chancen haben.“ (24) Bei Ulrich Gellermann kommt die Frage auf: Wem gehört eigentlich CAMPACT? (25) Der Grad an Transparenz gestattet ihm keine klare Antwort auf diese Frage.

Eine andere "Bürgerbewegung" ist "WeMove.EU". Sie lanciert eine Kampagne "Vereint gegen eine Politik von Angst und Hass", zu der es heißt: „Es gibt eine wichtige Lehre aus dem Brexit und aus Trumps Erfolg... Es braucht Menschen, die sich wehren… Mit dem Unterzeichnen unseres Versprechens gegen Hass und Gewalt gehören Sie zu einer pan-europäischen Bewegung.“ (26) Und wer finanziert diese Bewegung? "WeMove.EU" gibt die Antwort: „Für die gegenwärtige Start-Up-Phase hat WeMove.EU eine Anschubfinanzierung von der deutschen Online-Kampagnen-Organisation campact.de… erhalten.“ (27)

Man solle sich doch nicht den Unsinn einreden lassen, dass dieser "Kerl" Trump mit seinem "Milliardärskriegskabinett" irgendetwas mit Frieden zu tun habe, heißt es aus dem erwähnten Zentrum der Friedensbewegung – ohne darzulegen, dass US-Präsidenten generell Milliardärsinteressen vertreten, und ohne daran zu erinnern, dass Linke und Friedensbewegung sich im Fall Obama ganz anders verhalten haben. Eine Demonstration gegen einen der größten Kriegspropagandisten unter dem Motto "Auf den Straßen und Plätzen weltweit: Obama stoppen!" hat es bei dessen Vereidigung nicht gegeben – selbst am Beginn seiner zweiten Amtsperiode nicht, als schon klar war, dass sich hinter seinen schönen hohlen Worten nur deren Gegenteil verbarg: Mord über Mord und Krieg über Krieg.

Doch Trump, der von der "marxistischen" Tageszeitung am Tag nach der Wahl in einem mit "Das lautere Übel gewinnt" überschriebenen Artikel als "polternder Milliardär" bezeichnet wird, der von den "US-Medien zum neuen Staatschef erklärt" worden sei (28), wird mit seinen ungewöhnlichen Äußerungen zur Zielscheibe. Ein Mann, der in Sachen IS Klartext redet, soll gestoppt werden. Ein Mann, der erklärt, Frieden in Palästina schaffen zu wollen, mit Russland gut auskommen zu wollen und den Krieg in Syrien beenden zu wollen, soll gestoppt werden. Ein Mann, der erklärt, die Regime-Change-Praxis der USA beenden zu wollen, soll gestoppt und per Regime-Change beseitigt werden.

Und diese gegen Donald Trump gerichteten Regime-Change-Absichten, wie sie sich in einem George Soros und seinen Farbrevolutionen verkörpern, werden getragen von den Herrschaftsmedien – im Verbund mit Kräften in der Friedensbewegung. Das sieht ganz nach einer neuen Form von Querfront aus, wie sie sich bereits 2014 bei den Attacken gegen die so genannte "Neue Friedensbewegung" gezeigt hat. Was können die Kräfte in der Friedensbewegung damit bewirken wollen? Wenn Donald Trump tatsächlich am 20. Januar 2017 als nächster US-Präsident vereidigt werden sollte, wenn alle Versuche, dies im Vorfeld zu verhindern, scheitern sollten, und dann tatsächlich am Tage der Vereidigung zusammen mit Regime-Change-Kräften in den USA in Berlin am Brandenburger Tor unter dem Motto "Auf den Straßen und Plätzen weltweit: Trump stoppen!" oder vielleicht auch "No to Trump"demonstriert werden sollte, stellt sich die Frage: wofür? Für Clinton? Allein die Ankündigung einer solchen Demonstration trägt dazu bei, in Deutschland in einem "linken" Spektrum den Boden zu bereiten für die Akzeptanz, wenn Trump auf die eine oder andere Weise aus dem Weg geräumt werden sollte.

Ein erster Versuch, Trumps Präsidentschaft zu verhindern, schlug fehl. Die von einer US-GRÜNEN für drei Staaten beantragte Neuauszählung ging nach hinten los. Für Michigan und Pennsylvania wurde die Neuauszählung gerichtlich unterbunden. Und im Bundesstaat Wisconsin ergab die Neuauszählung ein für Trump verbessertes Ergebnis. (29) „Die Millionenbeträge, die für die Neuauszählungen nötig sind, sammelten sich auf dem Spendenkonto der grünen Kandidatin Jill Stein zuletzt mit bemerkenswerter Regelmäßigkeit an – 160.000 Dollar pro Stunde. Diese Regelmäßigkeit nährte in Sozialen Medien Spekulationen, dass der Milliardär George Soros heimlich (aber maßgeblich) dazu beigetragen haben könnte“, schreibt Peter Mühlbauer am 26.11.2016 bei Telepolis. (30)


Der Antiamerikanismus kommt in Mode

Es bleibt die Frage: was ist mit Donald Trump so anders, dass sogar überwiegende Teile der Herrschaftsmedien gegen ihn Front machen? Woher rührt diese Welle von "Antiamerikanismus" – insbesondere unten denen, für die bislang "Antiamerikanismus" ein Kampfbegriff war, mit dem Kritik an den USA abgewehrt werden sollte?

Karl-Heinz Peil antwortet auf die Frage, warum es die Gegnerschaft zu Trump in bisher nicht dagewesener Weise gibt, was welche herrschenden Kreise an Trump stört und welche Interessen er zu verletzen droht: „Das Alleinstellungsmerkmal von Trump bzw. das absolute Novum in der US-Politik besteht darin, dass jemand Präsident wird, der nicht von Großkonzernen gekauft worden ist. Damit konnte er sich im Wahlkampf hervorragend selbst inszenieren, indem er die Korruptheit von Clinton anprangerte – also eigentlich den Normalfall in der US-Politik. Mehr als seine problematische Persönlichkeitsstruktur ist dieser Umstand für den größten Teil der herrschenden Klasse ein Alarmsignal gewesen.“ (31)

Wolfgang Effenberger erklärt es wie folgt: „Das Prinzip 'Gruppe Clinton' lautet: 'Was gut für General Motors ist, ist gut für die USA.' Dagegen hat das Prinzip der 'Gruppe Trump' eine kleine aber wichtige Ergänzung: 'Was gut für General Motors ist, ist gut für die USA nur dann, wenn General Motors in den USA produziert und in den USA Steuern zahlt.' Trump, gut integriert in die US-Eliten, ist also Teil eines Systems, welches untereinander einen äußerst harten inneren Kampf zwischen den kapitalistischen Nationalisten und den kapitalistischen Internationalisten führt, deren Interessen, Ziele und Visionen nicht kompatibel sind.“ (32)

Es zeigt sich: die Herrschaftsmedien wie SPIEGEL, ZEIT, TAZ etc. sind der verlängerte Arm der kapitalistischen Internationalisten. Soll das, was den Herrschaftsmedien – Clinton als US-Präsidentin zu installieren – nicht gelungen ist, jetzt die Aufgabe der Linken und der Friedensbewegung sein?


Die Amerikaner kommen

Am 14.12.2016 melden die "Kieler Nachrichten": „US-Panzer auf dem Weg ins Baltikum – Die Amerikaner kommen. In Fort Carson (Colorado) hat sich die 3. Panzerbrigade der 4. US Infanteriedivision mit mehr als 2000 Panzern und Lastwagen auf dem Weg gemacht.“ (33) Es ist sehr zu hoffen, dass nicht in der Amtszeit Obama noch ein großer Krieg angezettelt wird, den Trump dann als Erbe zu übernehmen hat und nicht mehr ohne weiteres stoppen kann.


Vorab-Veröffentlichung aus der Quartalsschrift DAS KROKODIL, Ausgabe 19 (Dezember 2016) – Grundsatzschrift über die Freiheit des Denkens – bissig – streitbar – schön und wahr und (manchmal) satirisch.

Mehr dazu und wie es sich bestellen lässt, hier: http://www.das-krokodil.com/






Mittwoch, 28. Dezember 2016

Aussicht: Konfliktreiches Jahr 2017

Konfliktreiches Jahr 2017?



Menschenverachtende Politik



Bürgerbrief von Franz Witsch



Liebe FreundeInnen des politischen Engagements,

die Indizien häufen sich, dass das Jahr 2017 äußerst konfliktgeladen sein wird. Dafür sprechen Quellen (siehe unten), auf die ich mich in diesem Bürgerbrief beziehe. Sie allein werfen schon ein überaus schlechtes Licht darauf, in welchem Land wir leben, vor allem aber von welcher Mischpoke von Politikern wir regiert werden und wie sich die USA in der Welt verhalten. Gelinde gesagt, schlimmer als ein Elefant im Porzellanladen.

Es ist z.B. eine Frechheit ohnegleichen, dass die US-Regierung, jedenfalls ihr Geheimdienst CIA, einräumt, für den Syrien-Krieg verantwortlich zu sein (vgl. Q01) und zugleich gebetsmühlenhaft Russland für die Toten von Aleppo verantwortlich macht. Und nun will "die US-Regierung (...) kurz vor dem Amtsantritt von Donald Trump noch einmal eine Söldner-Offensive in Syrien lancieren; wobei "die geplante Aufrüstung (...) vor allem den Söldnern aus Saudi-Arabien zugutekommen" soll (vgl. Q14).

Diese so absurde wie Menschen verachtende Politik wird von  der Merkel-Regierung noch unterstützt, jedenfalls nicht ausdrücklich kritisiert. Ja und dass Frau Merkel verfassungswidrige Beihilfe zur Lynchjustiz durch Drohneneinsätze gegen mutmaßliche Terroristen leistet, darüber gibt es nunmehr nicht mehr den geringsten Zweifel (Q02).

Dass dem so ist, sagen die sozialen Medien, u.a. meine Wenigkeit (vgl. z.B. MVS, S. 1), seit Jahren: dass der Westen Kriege anzettelt und damit den Terror überall in der Welt anheizt. Das müssen die sogenannten Qualitäts-Medien - peinlich, peinlich - nun einräumen, zumindest im Kleingedruckten.

Mehr noch: sie müssen indirekt zugeben (ohne es wörtlich über die Lippen zu bringen), dass sie uns seit Jahren mit Fake-News berieseln, also nach Strich und Faden belügen, sodass die Merkel-Regierung im Windschatten dazu ihre Wahnsinns-Politik ruhigeren Gewissens betreiben kann; zu der gehören außerdem noch Sanktionen gegen Russland und, ganz schlimm, gegen die Zivilbevölkerung in Syrien und nicht zuletzt eine hierzulande unerträgliche, noch von Bundespräsident Gauck flankierte Kriegshetze.

Hinzu kommt die offensichtliche Unverschämtheit, dass im Bundeskanzleramt ernsthaft über ein "Abwehrzentrum gegen Fake-News" (der internet-basierten sozialen Medien) debattiert wird (vgl. Q03, Q04).

Vielleicht möchte man ja in Anlehnung an Georges Orwells "1984" (vgl. Q12) so eine Art Wahrheitsministerium einrichten, als wären wir von Falsch-Nachrichten ernsthaft bedroht. Tatsächlich will die Politik davon ablenken, dass exakt von ihr die eigentliche Bedrohung ausgeht. Dazu heißt es in (Q04):
"Mit den Warnungen vor Fake-News, Desinformation und postfaktischer Information" werde "eine Bedrohungslage aufgebläht, die (...) einer strategischen Kommunikation gleicht, die einen vermeintlichen Gegner groß macht, um von den eigenen Schwächen abzulenken."

Diesen betrüblichen sozialen Sachverhalt immer noch nicht zu gewahren, weist auf massive Realitätsverluste auf der Basis "gefühlter Wahrheiten" (vgl. T04) hin. Die Leute stricken sich ihre Welt wie im Wahn zurecht. Katastrophen werden gespürt, aber dieses Gespür sogleich durch ein Gefühl ersetzt oder verdrängt, das auf eine imaginäre Welt verweist, die man für real, mithin verallgemeinerbar hält, in der es sich gut leben lässt.

Einen solchen Wahn pflegen ganz besonders nachdrücklich und hartnäckig Politiker mit ihren konstruierten Fake-News-Bedrohungslagen, während die eine oder andere Zeitung diesen Wahn dann doch nicht so ohne weiteres mitgeht, freilich ohne ihn beim Namen zu nennen (vgl. Q05). So ganz möchte man denn doch nicht wahrhaben, dass wir von verrückten Politikern regiert werden und wahrlich nicht in der besten aller möglichen Welten leben.

Die Frage ist, wie weit wollen Regierung und Opposition dieses Spiel noch treiben? Etwa so weit, bis es auf der Hand liegt, dass wir von Wahnsinnigen regiert und im Parlament repräsentiert werden? Vielleicht so weit, bis "die Katastrophe" eingetreten ist.

Wahr ist: Der Finanz-Crash lauert überall, nicht nur in der EZB oder maroden Banken, sondern möglicherweise im BREXIT (vgl. Q10) oder ausgelöst durch einen Handelskrieg, den uns die zukünftige US-Regierung Trump vermutlich aufnötigen wird (vgl. Q08, Q09, ferner T04, S. 35f). Es ist mir ein Rätsel, wie CDU-Mitglied und Friedensaktivist Willy Wimmer es hinkriegt, mit Trump auf eine friedlichere Zukunft zu hoffen (vgl. Q11). Wo lebt der eigentlich?

Absurd aber wahr: Es muss wahrscheinlich erst eine Katastrophe eingetreten sein, damit Politiker sie für möglich halten. Schlimm ist, dass die Medien, anstatt über Bedrohungen seriös zu recherchieren, vielleicht wenigstens in der guten Absicht, das Schlimmste gar nicht erst so weit kommen zu lassen, uns seit Jahren nachdrücklich z.B. über den Syrien-Krieg belügen (vgl. Q01). Auch sie müssen sich fragen lassen, wie lange sie dieses miese Spiel noch treiben wollen. Vielleicht so weit, dass es auf der Hand liegt, dass sie es bewusst mit geradezu krimineller Energie tun?

Denn eines steht fest; wenn es legitim ist von kriminellen Taten zu sprechen, dann leisten die Medien Beihilfe dazu; dann könnte die Regierung nicht so "kriminell" handeln, wie sie es wohl bald immer mehr dem Augenschein nach tut.

Dass die Lage ernst ist, meinen auch die gar nicht so alternativen und auch nicht besonders seriösen Bestseller-Autoren Matthias Weik und Marc Friedrich in den "Deutschen-Wirtschafts-Nachrichten" (vgl. Q06). Für mich sind sie in Anlehnung an den Ausdruck "Kriegs-Gewinnler" Katastrophen-Gewinnler. Unentwegt reden sie vom Finanz-Crash, um im gleichen Atemzug den Lesern zu zeigen, wie sie ihr Vermögen vor dem Crash retten können (Q06). Ja, und die DWN sind sich für eine solche Werbung nicht zu schade.

Das ist nicht nur unseriös, sondern überdies ein Symptom für ein ganz massives Theorie-Defizit. Das heißt, sie diskutieren "ihre" Tatsachen nicht in sich stimmig in einem umfassenden sozialen Kontext (Was das bedeutet - dazu später mehr in einem längeren Text T05, vgl. Q13). Ja und für jenes Theorie-Defizit möchten sich die DWN von ihren Lesern auch noch bezahlen lassen (Q07). Ganz schön frech. Jedenfalls sind sie mich als Leser, der sie regelmäßig erwähnt und zitiert, dann los! Denn wisse: werden Menschen in den sozialen Medien erst einmal bezahlt, leidet ihre Qualität. Mit der ist es jetzt schon nicht gut bestellt.

Das alles hört sich nicht gut an. Dennoch wünsche ich allen LeserInnen ein möglichst gutes Jahr, und dass mein politischer Pessimismus gegenstandslos sein möge.

Herzliche Grüße
Franz Witsch
www.film-und-politik.de



Quellen:

MVS: Franz Witsch, Mentale Voraussetzungen einer Militarisierung sozial-ökonomischer Strukturen.
http://film-und-politik.de/Politik/NGFP-MVS.pdf
Q01: Russland findet Massengräber: CIA räumt erstmals US-Verantwortung in Syrien-Krieg ein
DWN vom 26.12.2016
https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/12/26/cia-raeumt-erstmals-us-verantwortung-in-syrien-krieg-ein/?ls=ap
Q02: Ramstein: Wie Deutschland an den Drohnen-Kriegen der USA mitwirkt
DWNachrichten vom 26.12.2016
https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/12/26/ramstein-wie-deutschland-an-den-drohnen-kriegen-der-usa-mitwirkt/?ls=ap
Q03: Bundesministerium des Inneren plant "Abwehrzentrum gegen Desinformation", von Thomas Pany.
Telepolis vom 23.12.2016 
https://www.heise.de/tp/features/Bundesministerium-des-Inneren-plant-Abwehrzentrum-gegen-Desinformation-3581513.html
Q04: In der Politik ist Panik vor Desinformation ausgebrochen, von Florian Rötzer.
Telepolis vom 27.12.2016
https://www.heise.de/tp/features/In-der-Politik-ist-Panik-vor-Desinformation-ausgebrochen-3581903.html
Q05: Fake News De Maizière plant offenbar „Abwehrzentrum gegen Desinformation“, Von Melanie Reinsch
Berliner Zeitung vom 23.12.2016
http://www.berliner-zeitung.de/25367554
Q06: Investoren wetten auf das Ende der Ära Merkel im Jahr 2017.
Von Matthias Weik und Marc Friedrich
DWN vom vom 24.12.2016
https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/12/24/investoren-wetten-auf-das-ende-der-aera-merkel-im-jahr-2017/
Q07: Sichern Sie (sich) die Zukunft der Deutschen Wirtschafts Nachrichten!
DWN vom 15.09.2016
https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/09/15/sichern-sie-sich-die-zukunft-der-deutschen-wirtschafts-nachrichten/
Q08: USA rüsten sich zum Handelskrieg gegen China
DWN vom 25.12.2016
https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/12/25/usa-ruesten-sich-zum-handelskrieg-gegen-china/
Q09:Streit um Strafzölle: China warnt EU und USA vor weltweitem Handelskrieg
DWN vom 17.12.2016
https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/12/17/china-warnt-eu-und-usa-vor-weltweitem-handelskrieg/
Q10: Verträge zu komplex: „Es wird blutig werden“: Briten planen EU-Austritt als Crash
DWN vom 27.12.2016
https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/12/27/es-wird-blutig-werden-briten-planen-eu-austritt-als-crash/
Q11: Willy Wimmer zur politischen Lage in Deutschland nach dem Attentat.
youtube vom 23.12.2016
https://www.youtube.com/watch?v=gTgY6CMcPc4
Q12: George Orwell, 1984 (Roman)
https://de.wikipedia.org/wiki/1984_(Roman)
Q13 (T01-T04): Mentalisieren: Anmerkungen zur Gestaltung des Innenlebens (in mehreren Teilen), von Franz Witsch
http://film-und-politik.de/Politik/K14.pdf
Q14: Gegen Russland: USA wollen Söldner in Syrien aufrüsten
Die US-Regierung will kurz vor dem Amtsantritt von Donald Trump noch einmal eine Söldner-Offensive in Syrien lancieren.
DWN vom 27.12.2016
https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/12/27/gegen-russland-usa-wollen-soeldner-in-syrien-aufruesten/









Dienstag, 27. Dezember 2016

Wer den Terror stärker macht


Wagenknecht: Deutschland und die USA haben den IS gestärkt


Deutsche Wirtschafts Nachrichten | Veröffentlicht: 25.12.16 23:49 Uhr


Sahra Wagenknecht kritisiert den Westen wegen seiner Verwicklung in die globalen Kriege: Diese habe den Terror nicht beendet, sondern stärker gemacht.

Die dpa bringt ein interessantes Interview mit der Chefin der Fraktion der Linkspartei, Sahra Wagenknecht:

Die Linken-Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht wirft der Bundesregierung vor, das Erstarken terroristischer Gruppen mitverantwortet zu haben. «Wir müssen darüber sprechen, warum es überhaupt eine solche Häufung islamistischer Terroranschläge gibt – in Deutschland, Europa, im Nahen Osten», sagte die Linksfraktionschefin der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Es stelle sich die Frage: «Welche Mitverantwortung hat die westliche, insbesondere die amerikanische, aber auch die deutsche Außenpolitik für das Erstarken des „Islamischen Staats“ (IS) und anderer Terrorbanden?» Seit 15 Jahren werde ein sogenannter «Krieg gegen den Terror» geführt, zuerst in Afghanistan, dann auch im Irak, in Libyen und in Syrien. «Und die Bilanz all dieser Kriege ist, dass der islamistische Terrorismus nicht geschwächt, sondern massiv verstärkt wurde.» Durch die Kriegsbeteiligung der Bundeswehr sei Deutschland inzwischen selbst zur Zielscheibe geworden. «Wir müssen diese Politik verändern», forderte die Politikerin.

«Wir müssen zivile Unterstützung leisten», betonte sie. «Aber alle Einsätze, bei denen die Bundeswehr für den Tod von Menschen mitverantwortlich ist, müssen sofort beendet werden.»

Es sei schlimm, wenn in Syrien Krankenhäuser und Schulen von den Russen oder Präsident Baschar al-Assad in Schutt und Asche gebombt werden. «Aber auch bei den Angriffen der US-geführten Koalition geschieht Ähnliches und es kommen unzählige Zivilisten ums Leben, etwa in Rakka oder aktuell in Mossul.» Das Gleiche gelte für die US-Drohnenangriffe. Damit werde Hass geschürt und das Vorurteil bestätigt, dass dem Westen Menschenleben in der islamischen Welt nichts wert seien. «Es ist zutiefst unehrlich, Russland zu verurteilen und selbst das Gleiche zu tun.»

Deutschland dürfe sich auch nicht ständig «der US-Hegemonie» unterordnen. Mit dem Wahlsieg von Donald Trump sei ein Loslösen «aus dem Schlepptau der US-Politik» dringender geworden. Die USA hätten die Nato in ein Interventionsbündnis verwandelt. Ersetzt werden müsse die Nato durch ein kollektives Sicherheitssystem unter Einschluss Russlands. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sei im Wesentlichen immer dem Willen Washingtons gefolgt. Der zukünftige US-Präsident Trump sende unterschiedliche Signale aus. «Gegenüber China oder Nahost sind es bedenkliche Signale. Wenn er keine Konfrontation mit Russland sucht, wäre das positiv.»

Wagenknecht sagte, Europa müsse großes Interesse an Frieden und Zusammenarbeit mit Russland haben. «Die Tradition der Entspannung bestand darin, durch eine Politik der Kooperation und gemeinsamer Sicherheit die Gefahr eines militärischen Konflikts mit Moskau weitestgehend auszuschließen.» Der frühere SPD-Kanzler Willy Brandt sei der russischen Politik kritisch gegenübergestanden und trotzdem um Entspannung bemüht gewesen. «An diese Tradition sollten wir anknüpfen. Das schließt ein, alles zu vermeiden, was in Russland als Provokation empfunden werden kann.» Eine Flugverbotszone in Syrien etwa, wie sie auch grüne Politiker gefordert hätten, wäre aus ihrer Sicht ohne militärischen Konflikt mit Russland nicht durchsetzbar. «Solche Forderungen sind daher vollkommen verantwortungslos.»






Mittwoch, 21. Dezember 2016

Geheuchelte Tränen

Krododilstränen – und weiter so
Gestern Abend, am 20. Dezember 2016, im Fernsehen: Stundenlanges Heulen. Tapfer bleiben. Wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir halten zusammen. Die oder der Täter – pfui Teufel. Nieder mit den Verbrechern. Nieder mit dem IS, der offensichtlich dahintersteckt. Was tun? Mehr Sicherheit, mehr Polizei. Mehr Betonklötzer zur Abwehr von Bombenfahrzeugen. Und nochmals Tränen. Ich wartete. Eine Stunde, zwei Stunden – kein Wort zu den Ursachen, zu möglichen hochgezüchteten Hintermännern. Seit 2001 läuft das so. Wer bezahlt sie, wer unterstützt sie? Solange der Hintergrund und die Drahtzieher nicht offen benannt werden, was faktisch auf die Veränderung der Gesellschaftsverhältnisse hinauslaufen würde, solange die politischen Großmäuler nur Pflasterchen auf offene Wunden legen, solange brauchen wir – na was schon – mehr, mehr, mehr Polizei und Überwachung. Macht man weiter so! Die Verschweiger gehören hinter Gitter. H.P.

Samstag, 17. Dezember 2016

Westen misst mit zweierlei Maß

Entnommen: https://linkezeitung.de/2016/12/17/zweierlei-mass-in-aleppo-und-mossul/



Zweierlei Maß in Aleppo und Mossul


VERÖFFENTLICHT VON EGESTER ⋅ 17. DEZEMBER 2016

von Bill Van Auken – http://www.wsws.org

Westliche Politiker und Medien werden nicht müde, die syrische Regierung und Russland eines „regelrechten Massakers“ in Ostaleppo zu beschuldigen.

Der amerikanische Außenminister John Kerry prangerte den syrischen Präsidenten Bashar Al-Assad auch dann noch an, als bereits lange Kolonnen grüner Busse aus Ostaleppo herausfuhren. Sie brachten die letzten islamistischen „Rebellen“ in Sicherheit, die dort mit Unterstützung der Westmächte gekämpft hatten.

Auf einer Pressekonferenz im Außenministerium schimpfte Kerry, für die Lage in der nordsyrischen Stadt gebe es keine Rechtfertigung. Die Schuld dafür schob er auch den syrischen Verbündeten Russland und Iran in die Schuhe.

Kerrys Schuldzuweisungen sind Ausdruck der wachsenden Wut und Verzweiflung, die sich der herrschenden Kreise in den Vereinigten Staaten und Washingtons Militär- und Geheimdienstapparat bemächtigt. Sie stehen jetzt vor dem Scherbenhaufen ihrer fünfjährigen Regimewechseloperation in Syrien. Da die Al-Qaida-freundlichen Milizen aus Aleppo vertrieben sind, haben die Vereinigten Staaten ihren letzten Stützpunkt in dieser bedeutenden Großstadtregion verloren. Damit haben sich die Aussichten, dass diese Stellvertretertruppen Assad stürzen könnten, praktisch in Luft aufgelöst.

Kerry blieb nichts weiter übrig, als eine „Einstellung der Feindseligkeiten“ in Aleppo zu fordern. Ein von Russland und der Türkei vermittelter Waffenstillstand schien zu halten, und sowohl die „Rebellen“ als auch Zivilisten wurden vereinbarungsgemäß evakuiert. Washington war offenbar nicht einmal darüber informiert, geschweige denn in die Operation einbezogen worden.

Kerry verkündete: „Der Fall von Aleppo, wenn er denn eintreten sollte, wird den Krieg nicht beenden; dieser wird weiter gehen.“ Diese Erklärung kam einer Drohung gleich: Die CIA könnte die Erlaubnis erhalten, noch mehr Waffen an „irreguläre Truppen“ in Syrien zu liefern. Die Obama-Regierung hat kürzlich das amerikanische Waffenexportkontrollgesetz ausgesetzt, um genau das zu ermöglichen. Aber auch wenn die „Rebellen“ diese Waffen bekommen, ist schwer erkennbar, wie sie eine neue Offensive starten könnten.

Das Zetergeschrei, das die USA über die Methoden der syrischen Regierung und ihrer Verbündeten anstimmen, trieft vor Heuchelei. Dies wird umso klarer, wenn man die brutale Belagerung der Stadt Mossul betrachtet. Diese Belagerung ist mindestens genauso schlimm und sie geht vom Pentagon aus. In Mossul, der zweitgrößten Stadt des Irak, betrifft sie eine wesentlich größere Einwohnerschaft. In der Metropolregion Mossul leben noch bis zu anderthalb Millionen Menschen, seitdem die irakische Armee die Stadt im Juni 2014 an den IS auslieferte.

Die Offensive gegen Mossul dauert nun schon fast zwei Monate. Die Lage der Einwohner wird immer prekärer und die Zahl der zivilen Opfer nimmt ständig zu.

Sporadische Berichte der Regionalmedien liefern nur flüchtige Blicke auf das Blutbad in Mossul. Wie die türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtet, hat ein Drohnenangriff am 13. Dezember im Mossuler Stadtteil al-Falah eine komplette Großfamilie ausgelöscht. „Neun Familienmitglieder wurden bei dem Angriff getötet“, sagte ein irakischer Polizeivertreter der Nachrichtenagentur.

The New Arab (Al-Araby Al-Jadeed) berichtete am 15. Dezember: „Mindestens vierzig Zivilisten, darunter Frauen und Kinder, wurden durch Luftangriffe und Artilleriebeschuss im Osten der IS-Hochburg Mossul getötet, und Dutzende weitere verletzt. Das haben lokale Quellen und medizinische Helfer berichtet. Die Zivilisten wurden Mittwoch früh getötet. Viele Verletzte sind noch unter den Trümmern verschüttet“.

Vergleichbare Berichte über das Leid in Aleppo werden in den westlichen Medien pausenlos wiederholt und mit wüsten Beschimpfungen Syriens und Russlands versehen. Berichte über die Schlächterei in Mossul werden dagegen praktisch ausgeblendet.

Die wenigen Meldungen, die es darüber gibt, konzentrieren sich darauf, dass die Bevölkerung von Mossul vom IS terrorisiert werde. Dadurch würden die Zivilisten daran gehindert, die belagerten Stadtviertel zu verlassen, und als „menschliche Schutzschilde“ missbraucht. Es ist die gleiche brutale Taktik, wie sie die vom Westen unterstützten „Rebellen“ einsetzten, als sie die Zivilbevölkerung in Aleppo terrorisierten. Für deren Schicksal wird aber einzig und allein die syrische Regierung verantwortlich gemacht.

Generalleutnant Stephen Townsend, der Oberkommandierende der US-Truppen im Irak, schätzte Anfang der Woche, dass die US-freundlichen Soldaten seit Beginn der Offensive am 17. Oktober schon „mehr als zweitausend IS-Kämpfer getötet oder schwer verwundet“ hätten. Das sagte Townsend auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit US-Verteidigungsminister Ashton Carter auf dem Luftwaffenstützpunkt Qayara Airbase.

Über die Zahl getöteter Zivilisten machte er keinerlei Angaben, aber angesichts der Taktik, die in Mossul zum Einsatz kommt, ist es unvermeidlich, dass weit mehr Zivilisten als IS-Kämpfer getötet werden. Die Taktik besteht darin, dass Special Forces, die in die Stadt eindringen, in den dicht bewohnten Stadtteilen regelmäßig Luft- und Artillerieunterstützung gegen Häuser anfordern, in denen sie IS-Kämpfer vermuten.

Wie das UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Einsätze berichtete, wurden allein in der Woche vom 4. bis 11. Dezember 685 Zivilisten bei Kämpfen verletzt. Die Zahl deckt nur einen Teil der Opfer ab, weil die Verletzten in Bezirken, die noch unter Kontrolle des IS sind, nicht mitgezählt werden.

Ärzte und Pflegepersonal arbeiten in der Stadt unter unmöglichen Bedingungen. Sie haben keine Medikamente, kein sauberes Verbandsmaterial und nicht einmal Wasser und Strom, da diese fast überall in der Stadt durch Luftangriffe unterbrochen sind.

Wie die Regierung berichtet, sind hunderttausend Menschen durch die Belagerung obdachlos geworden, darunter mindestens 35 000 Kinder. Es werden Vorkehrungen getroffen, um letztlich eine halbe Million Menschen aus der Stadt zu vertreiben.

Inzwischen hat der Winter Einzug in Mossul gehalten und die Temperaturen fallen unter null. Die Bevölkerung hat kein Heizmaterial und keinen Strom mehr für Licht und Wärme und sehr viele Flüchtlinge leben in Zelten. Nahrungsmittel gehen zur Neige und die Preise steigen. Am Ende könnten Hunger, Kälte und Krankheiten unter den Menschen mehr Opfer fordern als Bomben und Granaten.

Die Belagerung wird von amerikanischen und alliierten Luftangriffen und einer Armee von zehntausend US- und Nato-Soldaten sowie Söldnern getragen. Aber trotz der barbarischen Bedingungen spricht im Westen niemand über „Kriegsverbrechen“ oder fordert gar, wie in Aleppo, einen Waffenstillstand.

Die brutale Belagerung von Mossul dient der Sicherung der Interessen und der Vorherrschaft der amerikanischen und alliierten Imperialisten. In Aleppo dagegen droht denselben Imperialisten ein herber Rückschlag. In Syrien haben sie die mit al-Qaida verbündeten Stellvertretertruppen selbst eingesetzt, und die CIA hat sie bewaffnet. Dieser Versuch ist gescheitert.

Das erklärt, warum die Medien zwei menschliche Katastrophen, die gerade mal fünfhundert Kilometer voneinander entfernt stattfinden, so unterschiedlich darstellen.

Seit dem Sommer 2014, als die Intervention im Irak und in Syrien begann, sind nach Schätzungen der Londoner Beobachtergruppe Airwars mindestens 2013 Zivilisten durch Luftschläge Washingtons getötet worden. Die wirkliche Zahl wird allerdings als wesentlich höher eingeschätzt. Im Pentagon hat man indessen bisher erst den Tod von 173 Zivilisten eingeräumt – in einem Bombenkrieg, in dem schon über 16 500 Angriffe geflogen wurden.

http://www.wsws.org/de/articles/2016/12/17/moss-d17.html






Freitag, 16. Dezember 2016

Das trojanische Pferd

Entnommen: https://linkezeitung.de/2016/12/15/donald-trump-trojanisches-pferd-der-kommenden-finanz-militaerdiktatur/



Donald Trump – Trojanisches Pferd der kommenden Finanz-Militärdiktatur?


VERÖFFENTLICHT VON EGESTER ⋅ 15. DEZEMBER 2016

von Ernst Wolff – https://deutsch.rt.com

Der Erfolg Donald Trumps bei den US-Wahlen geht vor allem auf das Versprechen des Milliardärs zurück, den Washingtoner „Sumpf“ trocken zu legen. Doch wie ernst nimmt der kommende US-Präsident seine Versprechen? Gastautor Ernst Wolff sieht die USA auf dem Weg zur Finanz- und Militärdiktatur.

Mit Forderungen wie “Dry the swamp!” (“Legt den Sumpf trocken!”) präsentierte sich Donald Trump im US-Wahlkampf als entschlossener Gegner des US-Establishments. Millionen am System zweifelnde Amerikaner glaubten ihm und setzten darauf, dass er als Präsident der korrupten Elite des Landes endlich die Stirn bieten werde.

Das eigentliche Machtzentrum: An der Wall Street in New York werden die Entscheidungen über Krieg und Frieden getroffen.



Mehr lesen: Weder Trump, noch Clinton: Die US-Politik wird von der Wall Street entschieden


Mittlerweile dürfte den Informierteren unter ihnen klar geworden sein, dass sie nicht nur einem Irrtum aufgesessen, sondern ganz bewusst hinters Licht geführt worden sind: Trump erweist sich seit seiner Wahl als trojanisches Pferd, das den Sumpf nicht etwa trockenlegen, sondern ihm ganz im Gegenteil zu noch größerer Macht verhelfen will.

Und nicht nur das: Wer im Wahlkampf glaubte, mit Hillary Clinton entscheide man sich für die Fortsetzung der US-Kriegspolitik, mit Trump dagegen für ihr Ende, der reibt sich spätestens seit zwei Wochen ungläubig die Augen: Das Kabinett des 45. US-Präsidenten gleicht mit seinen Ex-Generälen und Wirtschaftsbossen eher einer Mischung aus südamerikanischer Militärjunta und der Führungsetage eines Wirtschaftskonzerns als den Kabinetten früherer Präsidenten.

Ein solch offener Betrug am Wähler ist in den USA allerdings nichts Neues, und das hat seinen Grund: Spätestens seit dem Dezember 1913 wird die Richtung der US-Politik nämlich nicht vom Weißen Haus in Washington, sondern von der Wall Street und ihrer wichtigsten Organisation, der US-Zentralbank Federal Reserve, vorgegeben. Beide haben andere Vorstellungen von der Zukunft des Landes als der arbeitende Bürger.

Hinter der US-Politik steht immer die Finanzindustrie

Mit der Gründung der Federal Reserve im Jahre 1913 sicherte sich ein Kartell von US-Banken und ihren ultravermögenden Besitzern die Kontrolle über die US-Währung, den Dollar.

Seit 1913 ist die Regierung der USA nicht mehr und nicht weniger als die politische Exekutive der Federal Reserve. Ihre wichtigste Aufgabe besteht darin, dem amerikanischen Volk die Interessen der Finanzindustrie als die eigenen zu verkaufen – mit allen Mitteln. Bereits drei Jahre nach der Gründung der Federal Reserve ließ sich der demokratische Kandidat Woodrow Wilson mit dem Versprechen wählen, die USA aus dem in Europa tobenden Ersten Weltkrieg herauszuhalten. Einen Monat nach seiner Amtseinführung erklärte er Deutschland den Krieg.

Warum? Weil die Großbanken der Wall Street milliardenschwere Kredite an England, Frankreich und Italien vergeben hatten und fürchteten, dass sie diese im Fall eines deutschen Sieges würden abschreiben müssen.

Ähnliches gilt für den Zweiten Weltkrieg, bei dem es sich keinesfalls – wie in den meisten Geschichtsbüchern dargestellt – um eine Konfrontation zwischen Demokratie und Diktatur handelte. Zum einen hätten sich Hitlers Nationalsozialisten ohne Kredite der Wall Street niemals an der Macht halten können. Zum anderen stieß die auf dem Boden der USA entstandene und von der Wall Street finanzierte größte Wirtschaftsmaschinerie aller Zeiten zu Beginn der Vierziger Jahre an ihre nationalen Grenzen.

Haben die Börsen die Parlamente längst abgelöst? An der Wall Street werden täglich Milliarden bewegt.



Mehr lesen: Demokratie im Finanzkapitalismus: Wahlen ändern nichts


Das heißt: Die USA brauchten Märkte, um die Waren, die der heimische Markt nicht mehr aufnehmen konnte, abzusetzen. Hierzu war der Wall Street jedes Mittel recht – von der Teilnahme am Weltkrieg bis zum Abwurf von Atombomben.

Auch die weiteren Kriege der USA – ob Korea, Vietnam, Afghanistan, Irak, Libyen oder Syrien – wurden im Interesse der US-Finanzelite geführt. Dasselbe gilt für die mit Hilfe der US-Geheimdienste durchgeführten Putsche in Asien, Afrika und Südamerika, die in keinem einzigen Fall, wie offiziell behauptet, der Abschaffung von Diktaturen dienten. Jüngstes Beispiel ist die Militärjunta in Ägypten: Sie kann sich nur auf Grund der finanziellen und militärischen Unterstützung der USA an der Macht halten. Im übrigen ist Saudi-Arabien, eine der rückständigsten Diktaturen der Erde, seit Jahrzehnten der engste Verbündete der USA im Nahen Osten.

Das System hat sich längst verselbständigt

Im Verlaufe ihrer über einhundertjährigen Geschichte hat sich die US-Finanzindustrie einen riesigen Apparat geschaffen, durch den sie ihre Macht über alle Bereiche der amerikanischen Gesellschaft ausübt. Sie beherrscht sämtliche Märkte, den militärisch-industriellen Komplex, die Medien und die Politik.

Wahlen dienen innerhalb dieses Systems nur dazu, die amerikanische Bevölkerung in dem Irrglauben zu wiegen, sie habe ein Mitspracherecht bei der Gestaltung der eigenen Geschicke. Der in jedem Wahlkampf hochgespielte Konflikt zwischen Demokraten und Republikanern erweist sich bei näherem Hinsehen als seit Jahrzehnten wirksames Mittel, um kritische Strömungen innerhalb der Bevölkerung aufzufangen und so ein politisches Ausbrechen größerer Bevölkerungsteile zu verhindern.

Genau dieser Mechanismus lässt sich im zurückliegenden Wahlkampf am Beispiel Bernie Sanders nachverfolgen: Wie inzwischen durch WikiLeaks-Emails belegt, diente Sanders Wahlkampf von Anfang an dazu, solche Wähler zurückzuholen, die der Demokratischen Partei den Rücken kehren wollten und sie – nach seinem bereits vorher mit der Parteispitze vereinbarten Rückzug – der von Sanders im Wahlkampf heftig angegriffenen Hillary Clinton als „kleinerem Übel“ zuzuführen.


Mehr lesen: Ernst Wolff: „US-Wirtschaft stagniert, deshalb schaden USA ihren Konkurrenten“



Ähnlich wie Sanders setzte auch Donald Trump im „Wahlkampf“ auf eine durch die tiefe Unzufriedenheit der Bevölkerung ausgelöste Proteststimmung, nur dass er diese nicht wie Sanders in vermeintlich sozialistische, sondern in nationalistische Bahnen lenkte („Make America great again!“) und dabei immer wieder den „Kampf gegen das Establishment“ beschwor.

Viele oberflächliche Beobachter nahmen deshalb an, der zum Milliardär aufgestiegene Baulöwe wolle den „Sumpf in Washington“ tatsächlich trockenlegen. Eine solche Wandlung allerdings ist in etwa so realistisch wie die Quadratur des Kreises: Sie würde bedeuten, dass die US-Finanzindustrie nach einhundert Jahren unumschränkter Diktatur tatenlos zusähe, wie ihr mit parlamentarischen Mitteln die Macht aus den Händen genommen wird.

Trumps Amtszeit wird vom Niedergang der USA bestimmt

Inzwischen entpuppt sich Donald Trump als ein Präsident, der sich bei seiner Machtausübung stärker als jeder seiner Vorgänger auf die Finanzindustrie und das Militär stützen will. Das ist kein Zufall, denn Trump übernimmt das Amt in einer Zeit monumentaler Probleme, die sich kontinuierlich verschlimmern und mit unerbittlicher Logik auf einen Crash des Finanzsystems und das Ende der weltweiten Dollar-Herrschaft hinauslaufen.

Seit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers im Gefolge der Subprime-Hypothekenkrise wird das globale Finanzsystems nur durch ein historisch nie dagewesenes Ausmaß an Manipulation durch die Federal Reserve und andere Zentralbanken am Leben erhalten. Seit 2008 sind zweistellige Billionenbeträge an Geld gedruckt und weltweit von den Zentralbanken mehr als 670 Mal die Zinsen gesenkt worden.

Diese Maßnahmen haben nicht etwa, wie angeblich beabsichtigt, zur Erholung der Realwirtschaft geführt. Die Gelder sind fast ausschließlich in die Finanzspekulation geflossen und haben riesige Blasen an den Anleihe-, Aktien- und Immobilienmärkten erzeugt. Konservative Anleger sind auf Grund der Niedrigzinsen stärker denn je ins Risiko gegangen, zahlreiche systemrelevante Großbanken in aller Welt werden nur noch künstlich über Wasser gehalten, das System ist zerbrechlicher als je zuvor.

Bei Staatsschulden von knapp 20 Billionen US-Dollar warten auf die arbeitende Bevölkerung der USA auch nicht die von Trump versprochenen gut bezahlten neuen Arbeitsplätze, sondern Austeritätsprogramme mit drastischen Kürzungen aller Art. Sobald die Inflation stärker auf die Realwirtschaft durchschlägt, wird sich die Tatsache, dass 60 Prozent der Amerikaner nicht mehr als 1.000 Dollar Rücklagen haben, bitter rächen. Wenn Trump, wie angekündigt, dann auch noch mit Steuererleichterungen für die Ultrareichen aufwartet, wird es in den USA zu schweren sozialen Auseinandersetzungen kommen.


Mehr lesen: Welche Außenpolitik macht Donald Trump? „Europa sollte die Chance erkennen“



Genau dann wird sich zeigen, warum das US-Establishment, das lange Zeit auf Hillary Clinton gesetzt hatte, in der Endphase des Wahlkampfes umgeschwungen ist und Trump den Vorzug gegeben hat: Zur Niederschlagung der durch die gegenwärtige Entwicklung des Finanzsystems unvermeidlichen sozialen Explosion wird zunächst eine Regierung gebraucht, die von den wahren Schuldigen an der Wall Street ablenkt und dem Volk Sündenböcke in Form von Minderheiten vorwirft – wofür Trump sich im Wahlkampf unter anderem durch seine Ausfälle gegen Muslime empfohlen hat. Sollte das nicht funktionieren, wird eine Regierung im Stil südamerikanischer Diktaturen gebraucht, die die soziale Frage mit Gewalt löst – also ein Kabinett wie das von Donald Trump, in dem der Bereich der „nationalen Sicherheit“ direkt in den Hände von Militärs gelegt wurde.

Ernst Wolff ist freier Journalist und Autor des Buches „Weltmacht IWF – Chronik eines Raubzugs“, erschienen im Tectum-Verlag, Marburg.

https://deutsch.rt.com/meinung/44273-donald-trump-trojanisches-pferd-kommenden/






Montag, 12. Dezember 2016

Die journalistischen Verschweiger

KURZDENKER von Beruf
Leserbrief an die Berliner Zeitung
Liebe Berliner Zeitung, heute am 12. 12. 2016, suchte ich online vergeblich die Beiträge „Krieg der Skrupellosen“ von Martin Gehlen sowie die Artikel „Möge die Macht mit ihm sein“ von Julian Daum sowie „Kriegsroboter schießen am Ostbahnhof“ von Elmar Schütze. Sie sagen den Lesern, sie mögen ihre Lesermeinungen bei der Kommentarfunktion einstellen, aber wenn man die Artikel nicht findet oder sie online nicht aufzuspüren sind? Deshalb auf diesem Wege kurze Bemerkungen zu den oben genannten Veröffentlichungen. Ich finde es empörend, dass Herr Martin Gehlen in Bezug auf Syrien und Aleppo letztendlich wieder – wie in der gesamten Lügenpresse üblich – die alleinige Schuld Russland zuschiebt. Zu den Hauptverursachern – den USA – verschwendet er kein Wort. Ekelhaftes Duckmäusertum ist das. Und Vorschub leistend für weiteres Blutvergiessen... Nachdenklichkeit und echter Friedenswille sehen anders aus. Julian Daum lobhudelt den Nachfolger von „STAR WARS“, den nächsten Teil des Weltraumepos „Rogue One“ über alle Maßen. Und Elmar Schütze haut auf die gleiche Pauke und schwärmt, dass für „Rogue One“ ein riesengroßes Wandbild aufgebaut wurde und dafür 250 Farbdosen verwendet wurden. Abstoßend die nahezu politisch-moralische Verderbtheit der Journalisten, die sich darüber ausschweigen, dieses Filmmonster in einen kultur-moralischen Zusammenhang zu stellen, kurz, eine Wertung vorzunehmen. Fressen sie auch überall das, was ihnen vorgesetzt wird? Geistige Regsamkeit, kritische Sichten – gehört das der Vergangenheit an? Gruß von Harry Popow, Schöneiche bei Berlin

Prompte Antwort der Redaktion am folgenden Tag:


Sehr geehrter Herr Popow,
vielen Dank für Ihre Mail und Ihre Anmerkungen. Nicht alle Artikel, die in der Printausgabe erscheinen, werden automatisch online gestellt.

Freundliche Grüße ...

Dienstag, 6. Dezember 2016

Muckis Beichte - eine Rezension

Muckis Beichte. Prügel-Nonnen u.a. Liebesgaben – ein Lebenskünstler erzählt“ - Arnold Kamenz


AUSBRUCHSVERSUCHE

Buchtipp von Harry Popow

Alte Weisheit: Es gibt nichts, was unpolitisch wäre. Alles und jedes menschliche Tun hänge von den jeweiligen Umständen ab. Seitdem ich das Büchlein „Muckis Beichte“ von Arnold Kamenz gelesen habe, kamen mir im ersten Moment Zweifel. Kann man ein Buch, in dem sich dir kleine und große Schweinereien ins Gedächtnis schmuggeln, als politisch bezeichnen? Wo es nur so wimmelt von Prügel gegenüber Kindern, von Sex und Kindesmissbrauch, von Saufereien und Knast, von Entziehungskuren und von Lieblosigkeit gegenüber Kindern sowie von Hurerei und Exzessen, kann man dieses als politische Äußerungen betrachten? Zumal der Text eigentlich nur Zustände beschreibt, also eine naturalistischen Sicht präsentiert?


Unumwunden: Der Autor Arnold Kamenz hat dies alles erlebt. In Westberlin der 60er und 70er Jahre und später. Er konnte nicht richtig Fuß fassen in einem System, dass nicht für die Menschen da ist. Geprägt von Arbeitslosigkeit, von bürokratischen Beamten, von Willkürakten gegenüber vermeintlichen Kriminellen, hat ein jeder das Seine zu tun, um über die Runden zu kommen.

Es ist kein Zufall, dass der Autor erst in seinem 65. Lebensjahr diese Schrift verfasste. Und das in einer sehr, sehr offenen Sprache. Er beschönigt nichts, nicht seine Fehler, nicht die Umstände, die ihn zum inneren Widerstand gegen die Unbilden der Macht verführten. Ja, er wird zynisch, er sagt Dinge, die man schier gerne überlesen haben würde. Es ist nicht nur die Sauferei, nicht nur der feuchtfröhliche Umgang mit dem weiblichen Geschlecht. Es ist die Abstinenz vor jeglichem Gedanken an den Sinn des Lebens, es ist die reinste Selbstaufgabe als Persönlichkeit.

Und trotzdem: Dieser Autor, mit Spitznamen nennt er sich Mucki, beichtet eigentlich die Unzulänglichkeit seines Daseins, indem er lediglich Spaß haben will und ums Überleben kämpft. So reihen sich in seinen Berichten Episoden an Episoden (welch ein erstaunliches Gedächtnis), die mitunter langweilig wirken, aber man kommt als Leser nicht umhin, den Kopf zu schütteln über den Mut, nicht aufzugeben. So finden sich denn auch zahlreiche Perlen der Erkenntnis des Mucki, im Interesse der Vernunft Menschlichkeit zu zeigen. Und das geschieht in vielen Momenten, da er sich für andere Kameraden und Bekannte selbstlos einsetzt, ihnen hilft in Notsituationen. Er selbst versucht aus dem Dilemma seines Daseins auszubrechen, indem er sich von seinen Saufbrüdern fernhalten will, indem er ins Ausland reist, indem er die Wohnung wechselt. Oft auch vergebliche Liebesmüh. Interessant auch seine Meinung zu Kriegen. So formuliert er seine Ansicht auf Seite 41: „Bis zum Abendbrot durften wir dann noch spielen. Mit Jeep-Panzer und anderem Kriegsmaterial. Ich war immer erstaunt, dass die mit so was spielten. Denn ich wusste, dass Krieg Scheiße ist und das Krieg alles kaputt macht. Menschen wurden voneinander getrennt und verstümmelt und was noch schlimmer ist, getötet. Ich kannte viele, wo der Papa im Krieg war, die nie wieder kamen.“

Sein Aufschrei nach einem sinnvollen Leben zeigt sich beim Autor am klarsten, wo er mit folgenden Worten sein Innertes preisgibt: „Ich hatte Michi immer gesagt: „Sorge dafür, dass das Kind nie in ein Heim kommt. Ich habe es erlebt, wie schmerzhaft es ist. Keine Familie, mit der man über seine Sorgen reden kann. Und kuscheln kenne ich aus meiner Kindheit überhaupt nicht. Darum kann ich auch heute nur schwer meine Liebe zeigen. Hand in Hand gehen oder von allein mal jemanden in den Arm nehmen, das hab ich gar nicht gelernt. Ich dachte, dass brauch man nicht, dabei ist es doch so wichtig. Wonach ich mich auch sehnte und das auch heute noch vermisse.“

Zweifellos wird dieses Buch mit all seinen Impressionen über das Auf und Ab des ausgebeuteten Menschen seine Leser finden. Und sei es wegen der Gier, mehr über asoziales Verhalten zu erfahren, über die Untergründe menschlichen Fehlverhaltens. Mögen jene Leser aber auch herausfinden, wieviel Kraft dazu gehört, im unmenschlichen System zu bestehen und sich dazu durchzuringen, seinen Zeifeln an den Widrigkeiten des Lebens eigenes Nachdenken und bewusstes Verhalten entgegenzusetzen. Damit sei auch mein Zweifel als Rezensent aus der Welt: „Muckis Beichte“ ist – ohne Wenn und Aber ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Verhältnisse, nicht nur vor Jahren, sondern vor allem in der heutigen Zeit der Gefahr neuer Kriege.

Arnold Kamenz: „Muckis Beichte. Prügel-Nonnen u.a. Liebesgaben – ein Lebenskünstler erzählt“, Taschenbuch: 311 Seiten, Verlag: dbusiness.de Verlag (11. November 2016), ISBN-10: 3946837263, ISBN-13: 978-3946837268, Preis: 9,90 Euro, www.amazon.de/Muckis-Beichte-Prügel-Nonnen-u-Liebesgaben/dp/3946837263
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Sonntag, 4. Dezember 2016

Wer den Hintern schminkt...

Den folgenden Beitrag entnahm ich dem Dezember-RotFuchs aus aktuellem Anlass: Erstens ergab die Landratswahl – lt. Der Zeitung Blickpunkt 48/2016 - im Kreis Oder Spree im ersten Wahlgang vom 27. November 2016 eine Wahlbeteiligung von sage und schreibe 31,8 Prozent!!! (Eine Stichwahl wird erforderlich.) Zweitens stehen 2017 die Bundestagswahlen an. Was aber bedeuten Wahlen, was Demokratie?



Entnommen: http://www.rotfuchs.net/rotfuchs-lesen/das-unbehagen-in-der-demokratie.html

Das Unbehagen in der Demokratie



Theodor Weißenborn


Das aus dem Griechischen stammende Wort „Demokratie“ und die Sache, die es bezeichnet, bedeuten laut allen mir bekannten Enzyklopädien (im Gegensatz etwa zu Theokratie, Aristokratie, Plutokratie und anderen Herrschaftsformen) soviel wie Volksherrschaft, und diese stützt sich auf den ehernen Grundsatz, daß alle Gewalt vom Volke ausgeht, womit stets die Gesamtheit des Volkes und nicht etwa eine privilegierte Gruppe oder nur eine soziale Oberschicht gemeint ist, sondern (so in der Formaldemokratie) die Mehrheit, deren Wille auf direktem Wege durch Plebiszite (Volksabstimmungen) oder die Wahl von Volksvertretern (parlamentarische Demokratie) zu ermitteln ist. Auf diese Weise (so der englische Philosoph Jeremy Bentham, 1748 bis 1832) soll „das größte Glück der größten Zahl“ gewährleistet sein, was freilich voraussetzt, daß die Mehrheit weiß, was für sie gut ist und nicht etwa in einem „falschen Bewußtsein“ (Marx) befangen ist.

Genau hier setzt bereits unsere Skepsis an, denn selbst unter der Voraussetzung sogenannter freier Wahlen und dort, wo Wahlergebnisse nicht gefälscht werden, kommt es schon im Vorfeld von Wahlen zu massiven und oftmals irreführenden Beeinflussungen der Wähler, durch die Schürung von Ängsten oder verheißungsvolle Versprechen („herrliche Zeiten“, „Wohlstand für alle“, „Keiner soll hungern und frieren“, „blühende Landschaften“ usw.), die sich dann über kurz oder lang als dreiste Lügen erweisen.

Besonders fragwürdig sind die Ergebnisse von Volksabstimmungen, die allenfalls etwas darüber sagen, was die Mehrheit will oder nicht will, aber nicht das geringste darüber, ob das von der Mehrheit Gewollte gut und richtig ist. Zwar sehen vier Augen mehr als zwei, aber auch fünf oder gar fünfzig Millionen Wähler können verblendet in einem Begeisterungstaumel Fehlentscheidungen treffen und sich wie die Lemminge ins Verderben stürzen. Wer garantiert, daß selbst nach den atomaren Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima nicht Mehrheiten weiterhin für das Betreiben von Atomkraftwerken plädieren? Und fordern nicht gerade jetzt fanatisierte Massen in der Türkei die Wiedereinführung der den Menschenrechten hohnsprechenden Todesstrafe? – Wer dächte da nicht unwillkürlich an den kollektiven Schrei: „Führer befiehl, wir folgen!“ oder an das Ende der Weimarer Demokratie durch die Selbstentmachtung des Parlaments, das mehrheitlich das Ermächtigungsgesetz erließ und damit die Voraussetzung für die Schreckensherrschaft der Faschisten schuf?

Damit sind wir bei einem Beispiel, das zeigt, daß auch der parlamentarischen Demokratie nicht zu trauen ist – sei es, weil Abgeordnete mit Blindheit geschlagen sein können, sei es, daß sie (auch das ist menschlich) bestechlich und korrupt sind oder Vetternwirschaft betreiben, das heißt trotz ihres Auftrags, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden, auf dem Wege der Gesetzgebung unter Täuschung der Öffentlichkeit Entscheidungen treffen, die (siehe die Zahlen der Obdachlosen, die der unterhalb der Armutsgrenze lebenden Kinder, die der verarmten Rentner) gerade nicht das Glück der größten Zahl, sondern im Gegenteil den wachsenden Wohlstand einer verschwindend kleinen Gruppe von Kapitaleignern fördern – jener 10 Prozent der Gesamtbevölkerung, die im Besitz von 90 Prozent des gesamten Volksvermögens sind!

Längst werden in den demokratisch verfaßten Ländern Europas und der übrigen Welt die wirklich wichtigen gesellschaftspolischen Entscheidungen nicht mehr von den gewählten Regierungen getroffen! Die Bankenbosse, die Konzernherren, die Pharmaindustrie, die Waffenfabrikanten sind es, die das Sagen haben, die die Regierungen unter Druck setzen und im Bündnis mit diesen die Völker knechten. Dies eben ist unsern Regenten vorzuwerfen: daß sie mit den Feinden ihrer Völker paktieren, die Demokratie mißbrauchen, ihre Wähler betrügen, daß sie das Unrecht verschleiern, statt es publik zu machen, und also mitschuldig werden. Manche zunächst demokratisch gewählte Regenten mutieren über kurz oder lang sogar zu Diktatoren, die demokratische Grundrechte abbauen, Verfassungen aushebeln und die Menschenrechte verletzen.
Von einer inhaltlichen Verwirklichung der Demokratie, etwa der Vergesellschaftung der Produktionsmittel, kann ebenfalls nicht die Rede sein, obwohl gerade dafür Artikel 14 des Grundgesetzes („Eigentum verpflichtet“) die Voraussetzung böte.

Angesichts eines derart desaströsen Bildes, wie zumal die westeuropäischen parlamentarischen oder Formaldemokratien es bieten – was um alles in der Welt könnte bei einer derartigen Diagnose noch ein praktikables Therapeutikum sein? Wir wissen, längst sind die Monopolkapitalisten so klug geworden, daß sie die vielfältigen Formen der Ausbeutung geschickt zu tarnen wissen, längst sind sie so schlau, die unterdrückten Massen leidlich bei Laune zu halten und über ihre Nöte zu täuschen, damit sie nur ja kein Klassenbewußtsein entwickeln oder gar sich international zusammenschließen. Revolutionäre Situationen (obwohl sie da und dort, z. B. in Bangladesch, längst existieren) werden verschleiert, damit sie nicht ins Bewußtsein der Weltöffentlichkeit dringen. Die leidvoll Betroffenen, die Ausgebeuteten, hält man bewußt in der Angst, daß es ihnen, sobald sie aufbegehren, noch schlechter gehen werde als ohnehin schon. Wie sehr, bis zu welchem Grad muß der Leidensdruck noch steigen?

Ich bin kein Prophet, aber eines scheint mir sicher: Früher oder später wird es da oder dort zur Revolution kommen, und die Kapitaleigner, im Bündnis mit den Militärs, werden nicht zögern, Waffen einzusetzen, um ihre Pfründe zu sichern. Es droht ein womöglich globaler Krieg. Um ihn zu verhindern, ist eine neue Internationale weltweiter Friedenskräfte dringend geboten!



Kurzkommentar:
Es ist wohl wahr: Ohne Maskierungen hat das Kapital keine Chance. Es braucht die Täuschung, die Schminke. Doch man könne den Hintern schminken wie man will, es wird kein ordentliches Gesicht daraus, so zitiert Kurt Tucholsky in „Schloß Gripsholm“ seinen Freund Karlchen.

H.P.

Samstag, 3. Dezember 2016

RotFuchs: Ohne Frieden kein Überleben

Entnommen: http://www.rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2016/RF-227-12-16.pdf



Ohne Frieden kein Überleben



Die bundesweite Friedensdemonstration in Berlin am 8. Oktober war eines der wenigen erfreulichen Ereignisse im zu Ende gehenden Jahr. Die Organisatoren schrieben zu Recht in ihrer Abschlußerklärung: „Wir setzen ein deutliches Zeichen gegen Krieg und für Frieden – überall. Vor allem in Syrien.“ Erstmals seit mehreren Jahren gelang es, bundesweit Menschen in dieser Zahl – insgesamt etwa 8000 – zu mobilisieren. Sie sprachen es auf Plakaten, Transparenten und in den Redebeiträgen klar aus: Dieses Land führt Krieg, und damit muß Schluß sein! Es nimmt in vorderster Linie an den Feldzügen teil, die vom Westen unter Führung der USA angezettelt wurden und unter per manentem Bruch des Völkerrechts stattfinden. Von deutschem Boden geht wieder Krieg aus. Die bürgerlichen Medien, die Politiker der etablierten Parteien, erklären, das Gegenteil sei wahr. Die Bundesrepublik habe eine fast 70jährige Friedensperiode erlebt. Nur weil keine Bomben auf Hamburg oder Stuttgart fallen? Der Staatsterror des Westens von Nordafrika bis Zentralasien findet längst sein blutiges Echo auf europäischem Boden. Das nunmehr 15 Jahre andauernde Schießen und Bomben in Afghanistan, die direkte deutsche Beteiligung mit Aufklärungsflugzeugen am Syrien-Krieg, das Truppenkontingent in Mali – das alles hat mit Krieg nichts zu tun? Von US-Atomwaffen in der Eifel, von Ramstein Air Base, der Drehscheibe für den Drohnenkrieg Barack Obamas und seines Vorgängers, vom Rüstungsexport und von der logistischen Unterstützung der Bundeswehr für jeden Krieg der USA und anderer NATO-Partner ganz zu schweigen. Nein, der Westen führt einen Angriffskrieg nach dem andern, aber er redet nicht gern darüber.



Der 8. Oktober hat ein Zeichen gesetzt, indem er auf die Tatsachen hingewiesen hat. Das besagt aber zugleich: Er kann nur ein Anfang gewesen sein. Erstens werden diese Kriege fortgesetzt, zweitens treffen NATO und Bundesregierung Vorbereitungen auf mehr und größere Kriege – was sollen deutsche Soldaten und deutsche Panzer an der russischen Grenze in Litauen? –, drittens war in diesem Jahr verräterisch oft in Erklärungen hoher US-Generale und des US-Kriegsministers von einem dritten Weltkrieg die Rede. Die Mehrheit der Menschen, auch in der Bundesrepublik, ist besorgt, ihre Beunruhigung wird genutzt, um Themen wie Migration, Integration, versuchte oder vollführte Attentate nationalistisch auszuschlachten und um Arbeiter- wie Friedensbewegung zu spalten. Das Verfahren ist nicht neu, der Imperialismus nutzt es wiederkehrend seit seinen Anfängen – mit dem deutschen Faschismus und dem zweiten Griff nach der Weltmacht hatte es seine schlimmsten Auswirkungen. In der Bundesrepublik bietet sich jetzt eine neue völkisch-rassistische Partei, die nun in zehn Landtagen sitzt, als Instrument an, um imperialistischen Klasseninteressen wieder eine Massenbasis zu verschaffen. Mit ihr öffnet sich das Bürgertum politisch erneut für Faschisten.



Ein Aufstand gegen den Krieg und gegen die vor aller Augen stattfindenden Kriegsvorbereitungen, auch die ideologischen, ist nötig. Er bedarf nicht Tausender, nicht Zehntausender, er bedarf Millionen Menschen, die auf die Straße gehen. Die größte organisierte Friedensbewegung, die Gewerkschaften, sind bis heute ebensowenig mobilisiert wie Millionen Wähler von SPD, Grünen, Linken, aber auch der bürgerlichen Parteien. Sie müssen gewonnen werden, so wie es gegen TTIP und CETA in beachtlichem Maß gelang. Dann wird aus dem Zeichen vom 8. Oktober 2016 eine Macht.
Arnold Schölzel





Mittwoch, 30. November 2016

Der Cyber-Russe - Gellermann

Entnommen:
http://www.rationalgalerie.de/home/der-cyber-russe-ist-unterwegs.html



Der Cyber-Russe ist unterwegs


Die Antwort kann nur die Atom-Bombe sein

Autor: U. Gellermann
Datum: 30. November 2016

Wen haben wir denn da? Bruno Kahl. Den verlängerten Arm der dunklen Macht im Herzen der CDU, Schäubles Hausdiener seit 1996, seit er dem damaligen CDU-Fraktionsvorsitzenden „in verschiedenen Funktionen“ zuarbeitete. Um ihm dann beim Bundesministerium des Inneren die Pantoffeln zu reichen und schließlich seinem Herrn und Meister in das Finanzministerium zu folgen. Nun ist er Chef des Bundesnachrichtendienstes, der oberste Auslands-Spion und verkündet als erstes: “Störversuche aus Russland“ Im Internet. Schauerlich heulen die Wölfe aus Sibirien im www. Grimmig wird Putin die Strippen der Telekom ziehen. Und das Ziel sind die Wahlen in Deutschland.

Wer hatte begonnen die guten alten Luftschutz-Sirenen aus den glorreichen Reichsjahren zum Zweck des Cyber-Alarms zu reaktivieren? War es der Internet-Junkie Angela Merkel, als sie jüngst den Bundestag auffordert, sich mit neuen Möglichkeiten der politischen Manipulation wie die von Computern erzeugten künstlichen Identitäten oder Falschmeldungen zu beschäftigen? War es der Netz-Artist und SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann, der sich sorgte, dass die Ergebnisse der Bundestagswahl durch Cyber-Attacken manipuliert werden könnten? Oder doch der Chef des britischen Geheimdienstes MI5, Andrew Parker, der im GUARDIAN Klartext redete: „Russland ist eine zunehmende Bedrohung für die Stabilität in Großbritannien“ und der vor den „ausgefeilten Werkzeugen“ der Moskowiter warnte. Aha, die Russen feilen an ihren Computer-Chips! Dann kann es nicht mehr lange dauern und sie sägen auch an unseren Plasmabildschirmen.

Das Interview mit dem Mann vom Bundesnachrichtendienst soll angeblich der ehrenwerte Heribert Prantl von der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG geführt haben. Aber diese primitive Suggestiv-Vorlage kann doch der Prantl, den wir kennen, nie selbst gegeben haben: „Seit dem Ukrainekrieg wird auch das deutschsprachige Internet vollgemüllt mit Desinformationen aus sogenannten Troll-Fabriken in Russland“. Es muss sich bei dieser unter Prantl firmierenden Figur um irgendeinen Geheimdienst-Klon handeln. Denn der echte Prantl weiß schon, dass gerade im Ukrainekrieg die Falsch-Informationen in Deutschland schön von Hand gemacht wurden. Sowohl von den Atlantikern in seiner Zeitung als auch gern und genauso schlecht in den öffentlich-rechtlichen Nachrichten.

Wie soll es nur vor sich gehen, wenn der Russe, nachdem er zum Frühstück schon ein westliches Werte-Kind gefrühstückt hat, unsere garantiert freien Wahlen mit seinen Trollen beeinflusst? Hackt sich der Russe direkt in die Wahlcomputer, um der russlanddeutschen Partei EINHEIT (единство) zu einem Kantersieg bei den Bundestagswahlen zu verhelfen? Oder werden die Agenten Putins bei SPUTNIK News und RT Deutsch von der Kinderarmut in Deutschland oder ähnlichem Horror berichten, um die Wähler zu verunsichern? Und was machen die Wähler dann? Kaufen sie sich alle Kalaschnikows, zerschießen die Wahlurnen und ertränken die Wahl-Leiter in hochprozentigem Wodka?

Geradezu pünktlich zum Wahlkampfauftakt, nur wenige Tage nach der Merkel-Kandidatur, kam es zu massiven Ausfällen von Routern der Deutschen Telekom. Flugs hatte das Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) „Erkenntnisse“ in der Qualität von Visionen der heiligen Theresa: Der Ausfall, der 900.000 Geräte lahmlegte, sei die Folge einer weltweiten Attacke auf ausgewählte Fernverwaltungsports. Arne Schönbohm, der Chef des BSI, ist Mitglied solch klassischer Cyber-Nerd-Vereine wie der Atlantik-Brücke, der Clausewitz-Gesellschaft und des Förderkreises Deutsches Heer. Von dort werden sicher auch die gern zitierten „Sicherheitsexperten“ kommen, die immer wieder auf die Machenschaften russischer Gruppierungen verweisen, die „mutmaßlich“ von Geheimdiensten des Putin-Regimes gesteuert werden.

In der Stunde der Gefahr, wenn das deutsche Netz vom Russen völlig zersetzt ist und die deutschen Wahlen in Moskau gefälscht werden, ist immer noch auf die Wacht am Main Verlass: Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG. Sie fürchtet, dass die USA, die „schon unter Obama zunehmend zögerlich den Weltpolizisten gespielt“ habe, noch zögerlicher werden könne. Das sei zwar „angesichts der vielen Misserfolge bei astronomisch hohen Kosten, finanziellen wie politischen“, nicht verwunderlich. Aber jetzt müsse die „eigene (deutsche) nukleare Abschreckungsfähigkeit, welche die Zweifel an Amerikas Garantien ausgleichen könnte“ her. Mit echten deutschen Atombomben könnte dem Russen das Handwerk gelegt werden. Bis zum Ural. Und, wenn nötig, auch darüber hinaus. Zweifellos und garantiert.






Montag, 28. November 2016

Fidel Castro

Entnommen: https://www.jungewelt.de/2016/11-28/066.php



»Die Ideen werden siegen!«


Fidel Castro hat sein Leben dem Kampf für ­soziale Gerechtigkeit und Frieden gewidmet. Sein ­revolutionärer Humanismus bleibt ein Auftrag an die Nachwelt.
Ein Nachruf
Von Volker Hermsdorf

Kein anderer Mensch ist schon zu Lebzeiten von seinen Gegnern so oft für tot erklärt worden wie Fidel Castro. »Einmal habe ich gesagt, dass an dem Tag, an dem ich wirklich sterbe, niemand es glauben wird«, antwortete er vor mehr als zehn Jahren auf eine Frage seines Interviewers Ignacio Ramonet. Nun müssen wir es glauben. Der Comandante en Jefe der Kubanischen Revolution Fidel Castro Ruz ist am 25. November 2016 um 22.29 Uhr im Alter von 90 Jahren verstorben. Ein »Unentbehrlicher«, wie Bertolt Brecht diejenigen nannte, die ihr Leben lang für eine bessere Welt kämpfen, ist gegangen.

Fidels Leistungen und sein Vermächtnis sind jedoch für das kubanische Volk und die fortschrittlichen Menschen in aller Welt unvergänglich. Während Kuba und seine Freunde weltweit um einen großen Menschen trauern, feiern Gegner der Kubanischen Revolution Fidel Castros Tod bereits als vermeintlichen Triumph. Er selbst hatte das vorausgesehen. »Unsere Feinde sollten sich keine Illusionen machen, ich sterbe morgen, und mein Einfluss mag zunehmen«, sagte er im Interview mit Ramonet und fügte hinzu: »Ich könnte es wie Cid Campeador machen, den sie tot auf dem Pferd mit sich führten und so Schlachten gewannen.«

Verräter seiner Klasse



Die Schlacht um die Unabhängigkeit und Souveränität Kubas, das mit dem Sieg der Revolution zum ersten Mal in seiner Geschichte frei von der Vorherrschaft fremder Mächte wurde, hatten bewaffnete Arbeiter, Bauern, Landarbeiter und Studenten unter Fidel Castros Führung bereits am 1. Januar 1959 gewonnen. Die gestürzte einheimische Oligarchie, die Gefolgsleute des geflohenen Diktators Fulgencia Batista und ihre Verbündeten haben ihm das ebensowenig verziehen wie die Großaktionäre der enteigneten Konzerne, die Wall Street und deren jeweilige Vertreter im Kongress der USA und im Weißen Haus. Für sie war Fidel so etwas wie ein Verräter seiner Klasse, jemand, der der Gruppe der Besitzenden und Privilegierten und deren Lebensstil aus freien Stücken den Rücken gekehrt hatte.

Der Lebensweg des Sohnes eines armen einfachen Einwanderers aus Galicien, der es in Kuba als Großgrundbesitzer zu Wohlstand gebracht hatte, war das Ergebnis einer bewussten Entscheidung, die Fidel selbst mit einem Zitat des kubanischen Nationalhelden José Martí begründete: »Der wahrhaftige Mensch schaut nicht, auf welcher Seite man besser leben kann, sondern welcher Seite man verpflichtet ist.« Diesem Motto ist er bis zu seinem Tod treu geblieben. Fidel Castro ergriff immer Partei für diejenigen, die nicht auf der Sonnenseite leben. Er widmete sein individuelles Schicksal kompromisslos dem Einsatz für die Beseitigung gesellschaftlicher Verhältnisse, in denen, wie Karl Marx es einmal formulierte, »der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist«.

Um die Verwirklichung dieses Lebenszieles ging es ihm in Kuba, in Lateinamerika, in Afrika, weltweit. Dabei lag es ihm fern, seine Entscheidung als Verdienst zu preisen. In einem Brief an den kubanischen Studentenverband FEU bemerkte Fidel Castro dazu einmal beinahe scherzhaft, er sei »auf wundersame Weise dem Reichtum entkommen«. Am 19. April 2016 – in seiner letzten Rede auf dem VII. Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas – bezeichnete er es als »Privileg«, ein »Revolutionär zu sein, was das Ergebnis unseres eigenen Bewusstseins ist«.

Sieg im Befreiungskrieg



»Er besitzt die Überzeugung, dass die größte Errungenschaft des Menschen in einem gut ausgebildeten Bewusstsein besteht und dass moralische Motivationen eher dazu fähig sind als materielle, die Welt zu verändern und der Geschichte einen Schub zu verleihen«, schrieb der im April 2014 verstorbene Literaturnobelpreisträger Gabriel García Márquez, einer seiner zahlreichen aufrichtigen Freunde, über Fidel Castro. Nach einem hervorragenden Abschluss an der Universität von Havanna hatte dieser sich zunächst als talentierter junger Anwalt Achtung erworben und stand vor einer glänzenden bürgerlichen Karriere. Doch er entschied sich für den Kampf gegen die Batista-Diktatur, die – unterstützt von den USA und anderen Ländern wie der Bundesrepublik Deutschland Konrad Adenauers – zu einem der blutigsten Regime in Lateinamerika und der Karibik zählte.

Fidel Castro tauschte die Anwaltsrobe gegen die olivgrüne Felduniform. Zu seinem einzigen Schmuck wurde ein fünfzackiger Stern, das Symbol des Befreiungskampfes der Guerilleros. Der von ihm angeführte Angriff auf die Moncada-Kaserne in Santiago de Cuba am 26. Juli 1953 scheiterte zwar militärisch, gilt aber dennoch als Startsignal für die Kubanische Revolution. Im anschließenden Prozess wurde Fidel Castro vom Angeklagten zum Ankläger, sein Schlussplädo­yer, gipfelnd in dem Satz »Die Geschichte wird mich freisprechen«, zu seiner vielleicht berühmtesten Rede. Nicht der Sturm auf die Kaserne sei unbegreiflich, hielt er den Richtern entgegen: »Unbegreiflich ist, dass Kinder ohne ärztliche Hilfe sterben, dass dreißig Prozent unserer Landbevölkerung nicht ihren Namen schreiben können und (…) dass die meisten Familien auf dem Lande unter schlechteren Bedingungen leben als die Indianer, die Kolumbus traf, als er das schönste Land entdeckte, das Menschenaugen je gesehen haben.«

In dieser Rede skizzierte Fidel Castro bereits in Grundzügen ein politisches Programm für die Zeit nach der Revolution, an deren Erfolg er nie zweifelte. Nach einer Zeit im Gefängnis formte Fidel im mexikanischen Exil mit seinem jüngeren Bruder Raúl, dem argentinischen Arzt Ernesto »Che« Guevara und anderen Gefährten den Kern einer Guerilla, deren 82 Kämpfer unter seiner Leitung am 2. Dezember 1956 mit der Yacht »Granma« an der kubanischen Süd­küste landeten und den Befreiungskrieg gegen das Regime aufnahmen. Als die Revolutionäre mit Unterstützung der Bevölkerung einen Sieg nach dem anderen errangen, plünderte der Diktator die Staatskasse und floh kurz vor der Silvesterfeier 1958 aus Kuba. Nach einem Triumphzug durch das ganze Land – in Kuba heute »Karawane der Freiheit« genannt – zog die Rebellenarmee mit Fidel Castro an der Spitze am 8. Januar 1959, nur 25 Monate nach Landung der »Granma«, unter dem Jubel der Bevölkerung in die Hauptstadt ein. Mit dem Sieg der Revolution war Kuba zum ersten Mal in seiner Geschichte souverän und unabhängig von fremden Mächten geworden.

Die gestürzten Profiteure von Batistas Terrorregime, die im Kalten Krieg in aller Welt erstarkenden Antikommunisten und die Herren der Kuba bis dahin beherrschenden US-Konzerne wollten die Emanzipation der Menschen in ihrem Hinterhof jedoch nicht hinnehmen. Das kubanische Volk sollte mit einer von Fidels Armee zurückgeschlagenen Invasion, mit Terroranschlägen und mit der längsten Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade, die je über ein Land verhängt wurde, in die Knie gezwungen werden.

Als Repräsentant des unbeugsamen, rebellischen Volkes war dessen Revolutionsführer Fidel Castro eine bevorzugte Zielscheibe aller Angriffe. Die Feinde gaben sich nicht mit der Dämonisierung seiner Person zufrieden, sondern organisierten Hunderte Anschläge auf sein Leben. Doch da alle Mordversuche scheiterten, diffamierten die erfolglosen Gegner der Kubanischen Revolution deren anerkannten Führer, auch nachdem dieser vom Parlament zum Präsidenten des Landes gewählt worden war, als »Diktator«. Mit dieser Diktion wird der kubanische Revolutionsführer von Mainstream-Medien, die ihre Kundschaft ansonsten auf Kriege einstimmen, Mörderregime stützen und Folter verharmlosen, solange dies im Interesse der »richtigen Seite« geschieht, bis heute und auch noch nach seinem Tod zu diskreditieren versucht.

Über Kuba hinaus



Fidel Castro selbst hat sich gelegentlich dazu und zu Fragen des bürgerlichen Demokratiekonzepts geäußert. Mit dem brasilianischen Dominikaner und Befreiungstheologen Frei Betto sprach er über die »Demokratie« Athens, wo »das Volk sich auf dem Marktplatz versammelte, um die politischen Probleme zu besprechen. Wir bewunderten das«, sagte Fidel. Später habe er jedoch begriffen, »dass es eine kleine Gruppe von Aristokraten war, die sich auf dem Marktplatz traf, um Entscheidungen zu treffen, und dass es außer ihnen eine bedeutende Masse von Bürgern gab, die jeglicher Rechte beraubt waren«. Schließlich habe es noch die große Menge der Sklaven gegeben. Die Athener Demokratie, sagte der Revolutionsführer, erinnere ihn »sehr an die kapitalistische Demokratie heute«.

Das ihm von den Verteidigern eben dieser kapitalistischen »Demokratie« verpasste Etikett des »Diktators« wurde ihm auch dann noch angehängt, als er sich im August 2006 infolge einer schweren Erkrankung von allen Staats- und Regierungsämtern zurückzog und eine Gruppe von sieben Personen Fidel Castros Ämter und Funktionen übernahm. Als US-Präsident George W. Bush und konterrevolutionäre Organisationen die Kubaner daraufhin zu »militärischen oder zivilen Erhebungen« aufforderten, um die Regierung zu stürzen, erklärte der schwerkranke Fidel Castro in einer kurzen Botschaft an das Volk Kubas und die Freunde auf der Welt: »Das Land ist auf seine Verteidigung durch die Revolutionären Armeestreitkräfte und das Volk vorbereitet.«

Tatsächlich konnten die mächtigen Feinde weder mit Waffen noch mit Lügen etwas gegen das Bewusstsein und die Widerstandskraft der Mehrheit des kubanischen Volkes ausrichten. Die rund elf Millionen Kubaner erwiesen sich als stärker als die Millionäre, die zwar weiterhin in Washington und in den Spitzen der multinationalen Konzerne, dank Fidel aber nicht mehr im sozialistischen Kuba das Sagen haben. Fidel Castro hat die Mächtigen der Welt immer gestört und ihre Pläne oft genug durchkreuzt, in Kuba, in Lateinamerika wie auf dem restlichen Globus, wo er zum Symbol dafür wurde, dass eine andere Welt möglich ist.

Als Revolutionsführer hat Fidel Castro zunächst nur die Geschichte Kubas verändert. Er hat die Vergnügungsinsel, die bis dahin den Reichen als Bordell und Spielcasino diente, in einen selbstbewussten Akteur der Weltpolitik verwandelt. Das Ende der Apartheid in Südafrika wurde 1975 mit der von Fidel angeordneten und nach einer aufständischen Sklavin benannten »Operation Carlota« und dem Einsatz kubanischer Soldaten in Angola eingeleitet. Zahlreiche Kubaner haben ihr Leben im Krieg gegen das Rassistenregime geopfert. Außer bei der weißen »Herrenrasse«, die wie der Diktator Batista in Kuba durch die von Fidel geführte Revolution ihre Macht einbüßte, wird sein Name auf dem Kontinent überall mit Respekt und Dankbarkeit genannt.

Der Comandante en Jefe hat die Bewegung der Blockfreien ebenso inspiriert wie später den Integrationsprozess Lateinamerikas. Gemeinsam mit dem 2013 verstorbenen venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez entwickelte Fidel Castro das Konzept der vor zwölf Jahren gegründeten »Bolivarianischen Allianz für die Völker unseres Amerikas« (ALBA), eines lateinamerikanischen Staatenbundes, der eine soziale Verpflichtung des Handels, Zusammenarbeit in den Bereichen Gesundheit und Bildung, den Aufbau eines solidarischen Bank- und Finanzsystems, industrielle Kooperationen sowie Projekte im Kommunikations- und Medienbereich zum Ziel hat. Der Gründung der ALBA folgte im Februar 2010 – ebenfalls auf ein Konzept Fidel Castros zurückgehend – die Konstituierung der »Lateinamerikanischen und Karibischen Staatengemeinschaft« (CELAC). Diese Organisation – eine Alternative zur 1948 von den USA initiierten und dominierten OAS – besteht aus allen 33 Mitgliedsländern Lateinamerikas und der Karibik. Erstmals blieben die nicht dazugehörenden Staaten USA und Kanada außen vor. Ein gewaltiger Schritt für den Integrationsprozess Lateinamerikas und ein weiterer Erfolg des Comandante en Jefe.

Waffen gegen den Tod



In seinen letzten Lebensjahren warnte Fidel ­Castro zunehmend vor einer globalen Katastrophe: »Ich glaube, dass die Menschheit heutzutage in realer und wirklicher Gefahr des Aussterbens schwebt«, sagte er im November 2005 vor Studenten der Universität von Havanna. Er wiederholte seine Warnung auch in den Folgejahren, wie etwa auf dem VI. Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas im April 2016, und begründete sie mit der »zerstörerischen Macht der modernen Waffen«, den begrenzten Ressourcen von Trinkwasser und der zunehmenden Ungleichheit in der Welt. Kuba, so hatte Fidel bereits 2005 erklärt, habe sich nie mit der Produktion von Atomwaffen beschäftigt. Dies wohl auch, weil man nach der sogenannten Kuba-Krise 1962 zu der Erkenntnis gelangt war, dass das Land derartige Waffen nicht brauche. »Wir widmen unsere Ressourcen«, so sagte Fidel weiter, der Entwicklung von »Waffen, um den Tod zu bekämpfen, um AIDS zu bekämpfen, um Krankheiten zu bekämpfen, um Krebs zu bekämpfen«. Trotz anhaltender Blockade durch die USA und aller eigenen Schwierigkeiten engagiert sich die sozialistische Insel nach dem von Fidel Castro formulierten Motto »Wir geben nicht nur das, was wir übrig haben, sondern wir teilen, was wir haben. Das ist der Humanismus, der die kubanische Gesellschaft prägt.«

Viele Projekte wurden von Fidel Castro selbst initiiert. So behandeln zum Beispiel Zehntausende kubanische Mediziner Menschen in mehr als sechzig Ländern und den ärmsten Regionen der Welt. Durch das kubanische Hilfsprogramm »Misión Milagro« wurden Millionen vor dem Erblinden bewahrt, Zigtausende Kranke nach Kuba geflogen und dort kostenlos behandelt. Havanna fördert die Ausbildung ausländischer Ärzte und Spezialisten im Gesundheitswesen. Junge Menschen aus armen Ländern und Staaten, in denen ein Medizinstudium vor allem den Angehörigen der Oberschicht vorbehalten ist, erhalten in der am 15. November 1999 auf Initiative Fidel ­Castros gegründeten Lateinamerikanischen Hochschule für Medizin (ELAM) Studienplätze und Stipendien.

Nach Ausbruch der Ebola-Epidemie in Westafrika starrte die wohlhabende »westliche Staatengemeinschaft« noch wie das Kaninchen auf die Schlange, als Havanna bereits Hunderte freiwillige Helfer in die Region geschickt hatte. Auch die Geißel des Analphabetismus wurde dank Kubas Hilfe erfolgreich bekämpft. Mit dem Programm »Yo sí puedo« (Ja, ich kann es) lernten Millionen Menschen in aller Welt Lesen und Schreiben. »Wir besitzen eine andere Art von Atomwaffe«, hatte Fidel den Kubanern stets in Erinnerung gerufen und dabei auf »die Kraft der Solidarität und der Ideen« verwiesen. Vor den Studenten in Havanna forderte er im Jahr 2005 – nach seiner Warnung vor den globalen Gefahren – eine »Ideenschlacht auf Weltebene«. Und er prophezeite selbstbewusst: »Die Ideen werden siegen!«

Den Prinzipien treu




Als Ausdruck dieser Überzeugung wandte ­Fidel Castro sich, obwohl er die von ihm immer geforderte Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Havanna und Washington ausdrücklich begrüßte, Anfang des Jahres entschieden gegen jeden Versuch, die kubanische Jugend von den Zielen der Revolution abzubringen. US-Präsident Barack Obama hatte im März während seiner Rede im Großen Theater von Havanna mit – wie Fidel es nannte – »honigsüßen Worten« die Kubaner unter anderem dazu aufgefordert, ihre Vergangenheit zu vergessen. Bei diesen Worten, so der Comandante, lief »jeder von uns Gefahr, einen Herzinfarkt zu bekommen«. Er wolle dem US-Präsidenten einen »bescheidenen Vorschlag« unterbreiten, schrieb Fidel und empfahl Obama, »dass er reflektiert und nicht versucht, Theorien über die kubanische Politik zu entwickeln«.

Einen Monat später hielt Fidel Castro auf dem VII. Kongress der Kommunistischen Partei Kubas seine letzte Rede, die im kubanischen Fernsehen übertragen wurde. »Vielleicht ist es das letzte Mal, das ich in diesem Saal spreche«, erklärte er vor rund 1.000 bewegten Delegierten. Den Menschen im ganzen Land und Kubas Freunden in aller Welt stockte der Atem. Fidel Castro sprach ruhig, ernst und ohne Wehmut. »Bald wird es mir ergehen wie allen anderen. Alle kommen wir an die Reihe, aber die Ideen der kubanischen Kommunisten bleiben«, sagte er. Trotz dieser Worte sprach aus Fidels Rede der Optimismus des lebenslangen Kämpfers, der von der Kraft der Ideen überzeugt ist, die sich entfaltet, wenn diese zur kollektiven Gegenwehr führen.

Fidel Castro hat mit seinem Leben ein Beispiel dafür gegeben, dass es den Menschen möglich ist, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und die Welt nach eigenen Vorstellungen zu verändern und zu gestalten. Er hat sich dessen nie gerühmt. »Wenn es ein Verdienst geben kann«, sagte er im Gespräch mit Ramonet, auf sein mögliches Ende hinweisend, »dann liegt es in der Tatsache, beständig gewesen zu sein in der Treue zu den Ideen und Prinzipien.« Den Comandante en Jefe zu ehren heißt, seinen Kampf für eine andere, eine bessere Welt noch entschiedener und unermüdlicher weiterzuführen. Doch der Respekt vor Fidels Größe gebietet es auch, für einen kurzen Moment innezuhalten, sich vor seinem Beispiel zu verneigen und gemeinsam mit dem Volk Kubas zu versprechen: »¡Hasta Siempre, Comandante!«