Übernahme des folgenden Textes mit Genehmigung des Autors Franz Witsch!
Liebe FreundeInnen des politischen Engagements,
der Anschlag auf das islamkritische Satiremagazin "Charlie Hebdo" ist an
Grausamkeit kaum zu überbieten.(Q1) Diesmal sind nicht wahllos
irgendwelche Bürger betroffen, sondern ganz bestimmte Bürger, denen man
Kritik am Islam verübelt.
Wie auf diese Grausamkeit reagieren?
Der französische Präsident Holland ruft die Nation zur Einheit auf. (Q1)
Alle Franzosen müssen zusammenstehen; die Frage ist nur: in Bezug auf was, für wen oder gegen wen?
Ist doch klar! Gegen das Böse schlechthin; was sonst? Man wird in
Zukunft noch mehr Taten sehen wollen, die Sicherheit versprechen. Und
das sofort!
In solchen Situationen versagt sich die Öffentlichkeit jede Analyse, die
über die Feststellung dessen, was geschehen ist, hinausgeht. Das ist
eine Verteidigungshaltung wie sie bei Reptilien ganz "natürlich" ist.
Dürfen sich Menschen aber auf Instinktverhalten reduzieren? Ich meine,
unter keinen Umständen.
Reptilien kennen keine Reflektion über das hinaus, was sie unmittelbar
ist. Gefahr bedeutet: Flucht, Angriff oder Verteidigung - sofort! Das
einzelne Faktum gerinnt hier zum Ganzen; nicht soziale und ökonomische
Strukturen, in die das Faktum eingebunden ist, aus dem heraus es sich
verstehen und erklären ließe. So reagieren Menschen im Kriegszustand -
eben wie Reptilien, wenn Angst aufkommt und keine Zeit bleibt, sie zu
verarbeiten: dann werden Ängste kurzschlüssig, im Tunnelblick auf das
Böse, verarbeitet. Das geschieht schichtübergreifend. Politiker oder
Wissenschaftler vermögen - nicht weniger fragwürdig - ihren Tunnelblick
nur besser zu verbergen - in endloser Quasselei z.B. bei Weichspüler
Jauch.
Auch für so manchen Wissenschaftler fällt das Böse vom Himmel. Er
verkennt, dass es aus den sozialen und ökonomischen Strukturen heraus
wächst, in die wir unmittelbar und mittelbar involviert sind, zumal über
längere Zeiträume. Nunmehr, wo der Terror in Europa gezielt bestimmte
Menschen mordet, werden sich die Menschen unter Anleitung der
Öffentlichkeit in ihr Reptilienschneckenhaus zurückziehen.
Nicht nur dass Menschen in Zukunft, weil sie Angst haben, den Mund
halten; es ist schlimmer: man wird den gezielten Hinrichtungen der
Amerikanern jetzt mit noch mehr Verständnis begegnen. Und darüber
vergessen, dass sie mit ihren weltweiten Kriegen v.a. gegen den Irak,
den Islamismus in Gestalt u.a. des Islamischen Staates heraufbeschworen
haben.
Schlimm ist, dass die Amis zusammen mit ihren Verbündeten, v.a. den
Europäer, nur die Sprache der Gewalt gegen andere Staaten kennen, dazu
extralegale Hinrichtungen mutmaßlicher Terroristen über ferngelenkte
Drohnen (Q2). So etwas verträgt sich absolut nicht mit
konstruktiv-analytischer Kritik gegen den Islam, geschweige gegen
islamische Mitbürger. Die ich für absolut notwendig halte, nicht zuletzt
um der Pegida-Bewegung wirksam zu begegnen. Das geschieht bislang nicht
die Spur - wie auch an der Seite von Typen wie Bundespräsident Gauck.
Das folgende Zitat aus Q2 illustriert die alltägliche Gewalt des Westen, in die wir Europäer tief verstrickt sind:
>>Dass Informationen aus Deutschland auch für extralegale Tötungen
verwendet werden, ist laut Einschätzung der Bundesregierung
unbedenklich. Bereits 2010 erklärte sie schriftlich, man dürfe
"feindliche Kämpfer auch außerhalb der Teilnahme an konkreten
Feindseligkeiten gezielt bekämpfen"; dies schließe explizit "den Einsatz
tödlich wirkender Gewalt ein".[14] Ebenfalls 2010 war aus dem
Bundesverteidigungsministerium zu erfahren, es richte sich "nach den
Umständen des Einzelfalls", "welche Personen ... als feindliche Kämpfer
jederzeit bekämpft werden können und welche Personen ihren Schutz als
Zivilpersonen ausnahmsweise verlieren".[15] Beide Auskünfte waren auf
den Afghanistan-Krieg gemünzt und sollten die "gezielte Tötung" von
Verdächtigen im Krieg jenseits rechtsstaatlicher Verfahren legitimieren.
Ungeachtet der Tatsache, dass Völkerrechtler diese Interpretation
scharf kritisieren, bleibt festzuhalten, dass Pakistan, aber auch der
Jemen oder Somalia, wo ebenfalls regelmäßig "gezielte Tötungen" verübt
werden, nicht zum afghanischen Kriegsgebiet gehören. Informationen
deutscher Geheimdienste haben zumindest in einem Fall zur extralegalen
Tötung eines Deutschen in Pakistan beigetragen - im Fall Bünyamin
Erdoğan.<<
Ich meine: Solange diese Form der Gewalt sowie jede militärische
Intervention gegen sogenannte feindliche Länder nicht aufhören, brauchen
wir uns über mehr Sicherheit vor Anschlägen in Europa nicht zu
unterhalten.
Dazu kein Wort von Gauck. Nicht einmal von der SPD hört man etwas. Die
Grünen haben seit dem Ukraine-Konflikt ohnehin jede Glaubwürdigkeit
verloren. Mit all denen zusammen gegen Pegida auf die Straße? Niemals!
Herzliche Grüße
Franz Witsch
www.film-und-politik.de
Anmerkungen:
[14] Deutscher Bundestag, Drucksache 17/2884, 08.09.2010.
[15] Deutscher Bundestag, Drucksache 17/2775, 20.08.2010.
Quellen:
Q1: Angriff auf Satiremagazin: Terroranschlag in Paris - Mindestens zwölf Tote
faz.net vom 07.01.2015
http://www.faz.net/aktuell/politik/anschlag-auf-satiremagazin-charlie-hebdo-in-paris-11-tote-13357436.html
Q2: Zur Tötung vorgeschlagen
gfp vom 06.01.2015
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59025
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