Entnommen: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=27547
Kurfürst Elon
Musk und Herzog Jeff Bezos
Der Neue
Feudalismus ist längst Realität
Von Hermann Ploppa
Umfassende Revolutionen und
tiefgreifende Reformen haben uns die Errungenschaften von
Rechtsstaatlichkeit, persönlicher Freiheit und Sicherheit im
öffentlichen Raum gebracht. Korrupte Eliten sind gerade dabei, diese
Errungenschaften auf dem Kehrichthaufen der Geschichte zu entsorgen.
--- Das war mal vor unvorstellbaren Äonen. Damals gab es eine große
Mehrheit armer Menschen, die im Erdreich wühlten und dem Boden unter
großem Körperverschleiß einen bescheidenen Ertrag an Lebensmitteln
abgerungen haben. Die Zähne fielen den Erdmenschen bereits im besten
Erwachsenenalter aus. Und mit Mitte Fünfzig waren die Fronarbeiter
verbraucht und fielen tot um. Es gab damals eine ganz kleine Schicht
von Superreichen. Diese Superreichen nannte man Adlige. Das waren
auch arme Schweine, mit Verlaub gesagt. Sie mieden jede Handarbeit
und wuschen sich nie. Es juckte wie Hulle unter der Allonge-Perücke,
und der Körpergestank musste durch immer neue Ladungen von Parfüm
übertüncht werden. Sie langweilten sich buchstäblich zu Tode. Um
ihre Langeweile totzuschlagen, begaben sie sich auf die Fuchsjagd und
ritten dabei ungeniert durch die Ackerflächen der armen Leute und
machten die dringend benötigte Ernte mal eben aus Daffke kaputt.
Wenn es ihnen gefiel, schossen sie auch mal einen Dachdecker vom
Dach. Niemand konnte die Adligen Stinkstiefel vor Gericht bringen. Im
Gegenteil. Wer Seiner Hoheit nicht passte, verschwand für immer im
Kerker. Wenn der Landesfürst die Religion wechselte, mussten auch
alle Untertanen die neue Religion des Fürsten übernehmen. Wenn der
geile Fürst eine Bauerstochter erblickte, konnte er sie einfach
schwängern. Er hatte sogar das Recht, die Braut eines Bauern als
Erster in der Hochzeitsnacht sexuell zu missbrauchen. Das war
verbrieft als Ius Primae Noctis – das „Recht“ der ersten Nacht!
<1>
Nun, wir alle wissen, dass seit jenen düsteren
Zeiten das Bürgertum und die Arbeiterbewegung unermüdlich daran
gearbeitet haben, dass ein starker Staat gleiches Recht für alle
Bürger garantiert. Ein Grundgesetz, auf das sich – zumindest
theoretisch – alle Bundesbürger berufen können. Das ist keine
Selbstverständlichkeit. Während wir alle diese Instrumente noch
besitzen, hat längst eine andere Realität diese Errungenschaften
ausgehöhlt. Politik machen jetzt Parteifunktionäre, die allesamt in
elitären Netzwerken ausgebildet werden. Die politischen Grundsätze
werden bei Stiftungen und Unternehmensberatungsfirmen ausgearbeitet
und festgelegt. Werbeagenturen wie zum Beispiel Scholz & Friends
bestimmen sodann, wie die Vorgaben der Bertelsmann-Stiftung, KPMG,
Ernst & Young, Boston Consulting oder Roland Berger den Menschen
draußen im Lande verkauft werden. Das läuft schon seit vielen
Jahren <2>.
Das Corona-Jahr 2020 hat im
Hauruck-Verfahren das Regieren nach Gutsherrenart zu neuer Perfektion
veredelt.
Sind wir wieder im Feudalismus angekommen? Nun,
unsere neuen Feudalherren sind unvorstellbar reich und können ganze
Landstriche verbrauchen ohne dafür zur Verantwortung gezogen zu
werden. Sie stinken nicht aus Allonge-Perücken. Sie ernähren sich
vegan, treiben Sport und wohnen in geräumigen Nullenergiehäusern,
während sie dem gemeinen Volk bessere Hundehütten unter der
schicken Bezeichnung „Tiny Houses“ verordnen wollen. Sie haben
praktisch alle wichtigen Massenmedien unter Kontrolle. Sie
kontrollieren Gerichte und Ärztekammern. Und im Gegensatz zu den
Perücken-Feudalherren werden sie nicht nur im Brautbett richtig
übergriffig. Sie verbieten uns unter dem Vorwand des
Gesundheitsschutzes die Freizügigkeit der Bewegung. Sie verbieten
uns, unsere Meinung durch Demonstrationen kundzutun. Ja, sie dringen
sogar in unseren Körper ein und verändern unsere genetische
Ausstattung. Sie verkaufen uns das dann als „Impfung“. Wer ihnen
widerspricht, kommt an den Pranger auf dem medialen Marktplatz. Das
aufgehetzte Volk darf dann faule Eier und Tomaten auf die Querulanten
schleudern und fühlt sich dann wieder ein Stück weit versöhnt mit
jenen hohen Herren, denen der Eierwurf eigentlich gilt.
Feudalismus
global. Wir hier oben im temperierten Norden dürfen noch ein
bisschen Beifang der neokolonialen Ausbeutung des Südens genießen,
während im Kongo kleine Kinder untertage Rohmaterial für unsere
Handys schürfen müssen. Währenddessen feiern unsere Medien immer
ungenierter die neuen Sonnenkönige des globalen Neofeudalismus.
Während manche Superreichen es vorziehen, das Licht der medialen
Sonne zu meiden, scheinen manche Individuen an der Spitze der
Rangliste der Superreichen nie genug davon zu bekommen. Elon Musk zum
Beispiel lässt das gemeine Volk an seinem Familienleben teilhaben
wie die Royals in England. Elon Musk belegt auf der aktuellen Liste
der Zeitschrift Forbes mit 151 Milliarden US-Dollar indes nur den
zweiten Platz der reichsten Menschen auf diesem Globus <3>.
Ranglistenerster ist der Amazon-König Jeff Bezos mit 177 Milliarden
Dollar. Wie viel Leben muss ein Mensch absolvieren, um so ein
Vermögen zu verbrauchen? Ranglistendritter Bernard Arnault aus
Frankreich hält sich eher vornehm zurück mit seinen 150 Milliarden
Dollar, gefolgt vom Publicity-süchtigen Bill Gates mit lediglich 124
Milliarden Dollar. König Bill wird seiner abtrünnigen Königin
Melinda demnächst noch etwas von diesem Vermögen abtreten
müssen.
Oh Pardon, sind Sie der Graf von Brandenburg?
Graf
von Brandenburg? Nein, ich meine sicher nicht den dort als
Ministerpräsident agierenden Dietmar Woidke. Der warb im Jahre 2019
ganz heiß und in verlockenden Briefen um Mister Tesla, seine
Durchlaucht Elon Musk. Woidke machte darauf aufmerksam, dass er ein
extrem attraktives Gelände am Rande von Berlin zu verschenken habe.
Da hat früher die Stasi gehaust, und nach der Wende wollte BMW das
Gelände dann doch nicht haben. Woidke lockte mit einer traumhaften
Verkehrsanbindung. In einem alten russischen Flugzeug zeigte Woidke
den Abgesandten des Reiches Tesla aus der Vogelschau, wie herrlich
groß und ausbaufähig die Grünheide bei Berlin ist <4>. Da
König Elon schon eine so genannte Gigafabrik in Shanghai für seine
Elektroautos in Windeseile hochgezogen hatte, aber noch weitere
Kapazitäten für Europa brauchte, nahm er das Angebot von Mundschenk
Woidke gerne an. Und das Schöne ist: es gibt zwar jede Menge
Umweltgesetze, garantierte Rechte für Arbeiter und Steuern, sogar
für Superreiche. Aber: Steuern lassen sich steuern und deutsche
Gesetze werden zum großen Teil von Gesetzen der Europäischen Union
bereits außer Kraft gesetzt. Und die Gesetze der EU sind nun einmal
wesentlich günstiger für die Superreichen wie die alten Gesetze der
Bundesrepublik Deutschland, die aus den kaum noch erinnerlichen
Zeiten der Sozialpartnerschaft stammen.
Mundschenk Woidke
erzählt seinen Untertanen, die Ansiedlung von Musks Tesla-Werk und
der daran geknüpften Batteriefabrik brächten Steuereinnahmen und
Arbeitsplätze. Naja, und das bisschen Umwelt mit diesen
Nadelbaum-Monokulturen kann man doch wohl verschmerzen? Also kann
König Musk in Brandenburg bauen. Er hat zwar noch immer keine
Gesamtgenehmigung für den ganzen Komplex <5>. Aber er hat ja
schon zwölf richterliche Ausnahmegenehmigungen. Musk baut auf
„eigenes Risiko“. Das heißt: er baut schon mal seine Fabrik und
vernichtet ein Biotop. Falls das Gericht die Gesamtgenehmigung
letztinstanzlich nicht erteilen sollte, baut Mister Tesla alles
wieder zurück. Na denn. Wer’s glaubt, zahlt einen Taler. Der
Richter, der es wagen sollte, den Komplettabriss der Tesla-Gigawerke
anzuordnen, bräuchte vermutlich ein Leben lang mindestens zwei
hellwache Leibwächter, die ihn vor Lynchmord schützen würden. Die
bekommt aber auch ein höherer Beamter nicht zugestanden. Und: Kann
man denn so ein Biotop einfach wieder „zurückbauen“? Ist das ein
Film, den man einfach rückwärts laufen lässt? Wie
verarschungsfähig ist der Mensch im Zeitalter des digitalen
Giga-Feudalismus?
Ach ja, und dann bringt die neue
Tesla-Giga-Factory doch jede Menge Steuereinnahmen für das
gebeutelte Land Brandenburg. Oder? Das ist eher unwahrscheinlich.
Kaum einer jener sagenhaften Global Player unter den Konzern-Riesen
zahlt in Deutschland Körperschaftsteuer. Und im Übrigen: die Kosten
für den Bau von Musks Giga-Factory zahlen wir, die Steuerzahler. Und
wir, die Benutzer von geächteten Autos mit Verbrennungs- oder
Explosions-Motoren.
Wie geht das? Der über seinen
Mitbewerber Tesla verärgerte VW-Chef Herbert Diess hat jetzt über
den amerikanischen Mitbewerber gepetzt: zu den anvisierten vier
Milliarden Euro Baukosten für Grünheide steuern wir als
Steuerzahler ein Viertel, also eine Milliarde Euro bei <6>. Das
Geld stammt aus einem EU-Topf mit Namen IPCEI (Important Project of
Common European Interest). Mit dem Geld soll die Produktion von Akkus
für elektrisch betriebene Automobile massiv gefördert werden. Die
EU will den europäischen Markt vor asiatischer Dominanz schützen –
und dafür den US-Autobauer Tesla einspannen. Zudem wird der
Steuerzahler jedes Elektroauto mit 9.000 Euro bezuschussen. Weitere
100 Millionen Euro spendiert das Land Brandenburg Mister Musk im
Rahmen der „Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen
Wirtschaftsstruktur (GWR)“. Schon seit ungefähr einem Jahrzehnt
müssen zudem Hersteller von Auto-Verbrennungsmotoren an Produzenten
von Elektromotoren eine Art Ablasszahlung leisten, die Zero Emission
Vehicles Credit Points. Tesla verkauft solche Null-Emissions-Punkte
und finanziert damit die eigene Entwicklung. Allein dieses Jahr
zahlen die Verbrenner zwei Milliarden Euro an Tesla. Stellt sich doch
die Frage: woher kommt denn eigentlich der Strom, mit dem die
Tesla-Flitzer gefüttert werden? Etwa aus sauberer Energie?
Zum
vertieften Verständnis, was auf Brandenburgs Natur zukommt, hier ein
paar elementare Fakten. Der Wasserverbrauch zur Herstellung eines
Elektroautos und für die Herstellung der Batterien ist gigantisch.
Grundsätzlich werden für die Herstellung eines einzigen
Personenkraftwagens, wenn man alle Zwischenschritte und
Produktionswege aller Einzelteile zusammen rechnet, im Schnitt
400.000 Liter Wasser verbraucht <7>. Und die Zeitschrift Auto,
Motor und Sport weiß zu berichten:
„Der stellvertretende
Leiter des Helmholtz-Institut für elektrochemische
Energiespeicherung in Ulm, Maximilian Fichtner, erklärt, dass für
das Lithium eines 64-kWh-Akkus 3.840 Liter Wasser verbraucht werden.“
<8>
Also: Wenn Tesla in Grünheide jedes Jahr 500.000
Autos vom Band rollen lässt, dann werden 200 Milliarden Liter
Quellwasser in ungenießbare Brühe verwandelt – das Wasser für
die Erzeugung der dazugehörigen Batterien ist hier noch gar nicht
eingerechnet. Ach ja. Wir strengen uns doch alle total an, um den
CO2-Ausstoß zu vermindern – koste es was es wolle. Zitieren wir
hier noch einmal die Zeitschrift Auto, Motor und Sport:
„Der
Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen (Uniti)
schreibt in seinem Debattenmagazin „energie+Mittelstand“ (Ausgabe
03/2019) unter anderem unter Berufung auf die Gesellschaft für
ökologische Forschung, dass bei der Produktion eines E-Autos neun
Tonnen CO2 entstehen. Fünf Tonnen allein wegen des Akkus. Ein
Verbrenner wird hier mit vier Tonnen CO2 angegeben (…)“ <9>
Und
das alles wird von der brandenburgischen Regierung mit ihren
Koalitionsparteien SPD, CDU und Grünen an die Menschen draußen im
Lande kommuniziert. Was zählen da schon die 412 Einwendungen der
Brandenburger Bürger gegen Musks Giga-Factory? Aus der Sicht der
Interessen Brandenburgs kann man nur sagen: ein extrem
unvorteilhaftes Geschäft. Hans im Glück war da noch ein geradezu
cleverer Tauschpartner, verglichen mit dem Kabinett Woidke. Mal im
Ernst: die Politik-Darsteller erweisen sich auch bei diesem Beispiel
wieder als beflissene Lakaien der neuen Herren dieser Welt. Der Graf
von Brandenburg, Elon Musk, nimmt unsere Tribute in freundlicher
Herablassung entgegen. Wir geben alles. Und sagen noch danke. Das
sind ganz schön neofeudale Züge.
Ach ja, damit ich es nicht
vergesse Ihnen zu erzählen: Betriebliche Mitbestimmung wird es in
der neuen Giga-Factory auch nicht geben. Denn die Anlage in Grünheide
wird nach europäischem Recht als „SE“ geführt, und deshalb ist
betriebliche Mitbestimmung nicht vorgesehen …
Doch nehmen
wir noch einen weiteren Neo-Feudalherrn ins Visier. Seine Durchlaucht
Jeff Bezos geruhen ins Privatleben überzuwechseln <10>
Haben
Sie schon mal davon gehört, dass der Straßenbahnschaffner Peter
Jedermann nach einem arbeitsreichen Leben in Rente geht – und alle
Presseorgane berichten über diesen hochverdienten Wechsel eines
hochanständigen Mannes in den Ruhestand? Natürlich nicht. Alle
Schweine sind gleich, jedoch einige Schweine sind gleicher. Und wenn
sich Jeffrey Preston Jorgenson alias Jeff Bezos nach 27 Jahren an der
Spitze des von ihm gegründeten Online-Versandhauses Amazon aus dem
operativen Geschäft als CEO verabschiedet und als geschäftsführender
Vorsitzender des Verwaltungsrats von nun an eine ruhige Kugel
schiebt, dann stehen alle Presseorgane des freien Wertewestens stramm
und belobigen pflichtschuldigst den „größten Unternehmer unserer
Zeit“. So titelt das Handelsblatt in seiner aktuellen
Wochenendausgabe und stellt auf gefühlten zehn Seiten immer neue
Rekorde im Huldigen auf <11>. Im Feudalismus gab es die
Literaturgattung der Panegyrik. Bezahlte Hofschranzen bekamen
Goldtaler dafür, ihren Herren und Gönner so positiv wie möglich
darzustellen. Und Handelsblatt-Chefredakteur Sebastian Matthes singt
zur Harfe: „Mit seinem Managementstil hat Bezos eine ganze
Generation von Führungskräften geprägt. Seine Formel:
kompromisslose Kundenorientierung, Reinvestieren aller Gewinne,
Nonchalance gegenüber den Begehrlichkeiten des Kapitalmarkts –
und, ja, auch Härte.“
Und während sich die Aldi-Könige
auf ihrem billigen Käse ausruhen, tritt Bezos im Hollywood-Schinken
Star Trek als Horror-Alien auf <12> und wird noch in diesem
Sommer mit seinen Blue Origin-Raketen superreiche Touristen ins
Weltall schießen – vermutlich mit Rückreise-Option <13>.
Bisweilen wirkt Bezos schon selber wie eine Computer-Animation.
Irgendwie transhumanistisch. Und während die Mainstreampresse über
König Bezos I. grundsätzlich nur Gutes zu künden weiß, wollen wir
einen gewissen Ausgleich schaffen und ein paar Fakten zum Vortrag
bringen, die der gnädige Herr der Onlineversandpakete sicher nicht
so gerne hört.
Die Finanzbeamten dieser Erde bekommen nämlich
regelmäßig einen gehörigen Adrenalinschub, wenn sie den Namen
„Bezos“ vernehmen. So wagte die Europäische Union Mister Bezos
im Jahre 2014 untertänigst daran zu erinnern, dass er der
Solidargemeinschaft der Steuerzahler für die Jahre 2006 bis 2014 250
Millionen Euro nachzuzahlen habe. Dafür quittierte die EU allerdings
nur den berühmten Stinkefinger. <14> Nun wissen wir alle, dass
die Corona-Hysterie die Menschen dazu zwang, ihren Bedarf an
nicht-essbaren Gütern hauptsächlich über Online-Versandhäuser zu
decken.
Tatsächlich konnte Amazon im Jahre 2020 seinen Umsatz
in Deutschland um 33 Prozent steigern auf nunmehr 24,7 Milliarden
Euro <15>. Europaweit setzte Amazon im Corona-Jahr 2020 44
Milliarden Euro um.
Das ergäbe ja eine erkleckliche
Steuereinnahme für den europäischen Fiskus. Ja, wenn nicht Amazon
seinen Firmensitz in Luxemburg hätte. Und der Graf von Luxemburg
lässt es zu, dass Bezos sich als nackter Mann präsentiert, der sage
und schreibe 1,2 Milliarden Verlust geltend macht! <16> Also
beschenkt das Finanzamt Mister Bezos für 2020 mit einer
Steuergutschrift in Höhe von 56 Millionen Euro, die bei zukünftigen
Gewinnmeldungen abgezogen werden können. <17> Da befindet sich
Bezos in guter Gesellschaft. Denn die Fair Tax Foundation schätzt,
dass die großen Internet-basierten Konzerne Amazon, Facebook,
Google, Netflix, Apple und Microsoft auf diese Tour in den letzten
zehn Jahren etwa schlappe einhundert Milliarden Euro Steuern
unterschlagen haben. <18>
Auch die Gewerkschaften lieben
Mister Bezos nicht. Der Internationale Gewerkschaftsbund widmete im
Jahre 2014 Bezos einen ganzen Kongress und wählte ihn zum
„Schlechtesten Boss der Welt“. IGB-Chefin Sharan Burrow findet,
dass Amazon seine Mitarbeiter wie Roboter behandelt. <19>
Tariflohn? Unbekannt. Bezos lässt seine Leute durch das firmeneigene
Global Security Center beaufsichtigen und disziplinieren. Die
berüchtigte Firmendetektei Pinkerton platziert Undercover-Agenten in
der Belegschaft. Die Mitarbeiter trauen sich nicht auf Klo, weil auch
die Länge des Klobesuchs genau registriert wird. Trotzdem haben die
tapferen Kolleginnen und Kollegen im Amazon-Betrieb in Bad Hersfeld
durch unermüdlichen Arbeitskampf immerhin einen Betriebsrat
durchsetzen können. Besondere Verdienste erlangte der
Amazon-Mitarbeiter Christian Krähling, der mit einer intelligenten
und geduldigen Strategie die Lage der Amazon-Mitarbeiter erheblich
verbessern konnte. Leider verstarb Krähling am 10. Dezember 2020
plötzlich und ohne Vorerkrankungen an seinem dreiundvierzigsten
Geburtstag. Die Ursachen des plötzlichen Todes von Krähling lassen
sich jetzt nicht mehr aufklären. <20>
Man muss halt
heutzutage wieder ganz genau wissen, wie weit man den neuen
Feudalherren noch im Weg stehen darf. Das Machtgefälle zwischen den
Superreichen und dem regierten Volk ist durch Corona noch ein
bisschen krasser geworden. Wir hier im noch durch Wohlfühlaroma
verwöhnten Norden sehen nicht das ganze Ausmaß der humanitären
Katastrophe des neuen digitalen Feudalismus. Wir sollten uns dennoch
an unsere Würde als Menschen und unsere Freiheit als Bürger
erinnern. Die durch die Bundestagswahl politisierte Meinungskultur
sollten wir klug nutzen, um Auswege aus dem Neofeudalismus ins
Gespräch zu bringen. Es gibt immer Alternativen zur bestehenden
Misere. Wir müssen die Alternativen nur wollen.
Fußnoten:
1
In diesem Zusammenhang ein hervorragender Augenöffner ist Bernt
Engelmann: Wir Untertanen – Ein deutsches Anti-Geschichtsbuch.
Frankfurt/Main 1976
2 Hermann Ploppa: Die Macher hinter den
Kulissen – Wie transatlantische Netzwerke die Demokratie heimlich
unterwandern. Frankfurt/Main 2014
3
https://www.forbes.at/artikel/die-reichsten-menschen-der-welt-2021.html
4
https://www.zdf.de/politik/frontal-21/dokumentation-turbo-tempo-tesla-elon-musk-in-brandenburg-108.html
5
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/tesla-musk-gruenheide-1.5284350
6
Demokratischer Widerstand, Nummer 48, S.10
7
https://www.zeit.de/online/2009/25/infografik-wasser
8
https://www.auto-motor-und-sport.de/tech-zukunft/alternative-antriebe/wasserverbrauch-akku-elektroauto/
9
ebenda.
10 Dieser Abschnitt über Jeff Bezos ist als
eigenständiger Artikel im Demokratischen Widerstand Nummer 54 auf
Seite 10 erschienen.
11 Handelsblatt,
2.7.2021
https://www.handelsblatt.com/technik/it-internet/auf-versand-gebaut-amazon-ist-kein-kuschelladen-wie-der-grossstratege-und-kontrollfreak-jeff-bezos-den-tech-riesen-formte/27381942.html?ticket=ST-5196744-n0C4v9TaxxXMKwvQGCz7-ap5
12
https://www.geekwire.com/2016/jeff-bezos-alien-star-trek-beyond-amazon/
13
https://www.youtube.com/watch?v=ki7BNlfoCjc
14
https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/luxemburg-amazon-gewinnt-fall-um-steuerverguenstigungen-vor-eu-gericht-a-561aed7b-f245-4316-87f7-7137f68e8f98
15
https://netzpolitik.org/2021/steuervermeidung-in-der-eu-amazon-zahlt-trotz-rekordumsatz-keine-steuern/
16
https://www.wiwo.de/my/unternehmen/handel/amazons-eu-tochter-milliardenverlust-im-coronajahr-wie-kann-das-sein/27017630.html?ticket=ST-5201508-fdJELugby5fSjmRPvkx1-ap5
17
https://www.bild.de/geld/wirtschaft/wirtschaft/amazon-versand-riese-zahlt-trotz-corona-boom-keine-steuern-bekommt-gutschrift-76281998.bild.html
18
https://www.theguardian.com/technology/2021/may/04/amazon-sales-income-europe-corporation-tax-luxembourg
19
https://www.ituc-csi.org/jeff-bezos-von-amazon-gewinnt-die?lang=en
20
https://direkteaktion.org/rip-christian-kraehling/
Erstveröffentlichung
bei KenFM am 10. Juli 2021
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