DKP
GEGEN BUNDESWAHLAUSSCHUSS
Kommunisten
erringen Wahlsieg
Verfassungsgericht
kippt Entscheidung des Bundeswahlausschusses. DKP kann im September
an Bundestagswahl teilnehmen
Von Nico Popp
Die
Deutsche Kommunistische Partei (DKP) kann an der Bundestagswahl im
September teilnehmen. Das Bundesverfassungsgericht hat die
anderslautende Entscheidung des Bundeswahlausschusses, der die Partei
nicht als solche anerkannt und in der Folge nicht zur Wahl zugelassen
hatte, vollumfänglich aufgehoben. Das geht aus der Abschrift des
Beschlusses des Zweiten Senats vom 22. Juli hervor, die der
anwaltlichen Vertretung der DKP am Dienstag zugestellt wurde und jW
vorliegt.
Der Bundeswahlausschuss hatte am 8. Juli mit einer
Mehrheit von zehn zu eins entschieden, dass die 1968 gegründete
kommunistische Partei »als Partei nicht anerkannt« wird, da sie
sechs Jahre lang keinen Rechenschaftsbericht bei der
Bundestagsverwaltung eingereicht habe, der den Mindestanforderungen
genüge. Laut Parteiengesetz verliert eine Partei unter anderem dann
die Parteieigenschaft, wenn sie sechs Jahre lang keinen
Rechenschaftsbericht einreicht. Die von der DKP bis einschließlich
für das Jahr 2017 verspätet eingereichten Rechenschaftsberichte
wurden vom Bundeswahlausschuss unter seinem Vorsitzenden Georg Thiel
faktisch als im Sinne der Rechtsnorm nicht abgegeben betrachtet: Die
Mehrheit, zu der auch die Vertreterin der Partei Die Linke gehörte,
legte die fragliche Norm so aus, als erfasse sie auch verspätet
abgegebene Berichte.
Nur der Vertreter von Bündnis 90/Die
Grünen im Bundeswahlausschuss, der Rechtsanwalt Hartmut Geil, wies
darauf hin, dass das so nicht im Gesetz stehe. Nach der Entscheidung
des Bundeswahlausschusses wurde zudem bekannt, dass der
Bundeswahlleiter auf die im September 2020 an ihn gerichtete
Nachfrage der DKP, ob die Partei die Voraussetzungen der Kandidatur
mit Blick auf die Rechenschaftslegung erfülle, nicht konkret und
eindeutig geantwortet hatte – ein Indiz dafür, dass Thiel die DKP
bis zum letzten Augenblick über die beabsichtigte Entziehung des
Parteienstatus im unklaren lassen wollte.
Die von Beobachtern
als »kaltes Parteiverbot« bezeichnete Entscheidung des
Bundeswahlausschusses wurde von der DKP am 12. Juli in Karlsruhe mit
einer sogenannten Nichtanerkennungsbeschwerde angefochten. In dieser
verwies sie auf die ihrer Ansicht nach unzulässige Gleichsetzung von
verspäteter Abgabe und Nichtabgabe und betonte zudem, dass sie vom
Bundeswahlleiter im Vorfeld nicht ausreichend auf eventuelle
Hindernisse einer Wahlzulassung hingewiesen worden war. Auch die
Bundestagsverwaltung habe auf eine entsprechende Frage nicht
geantwortet.
Das Bundesverfassungsgericht folgte nun in den
Grundlinien der Argumentation der DKP. Der Verlust der
Parteieigenschaft trete nicht bereits dann ein, wenn eine Partei in
einem Zeitraum von sechs Jahren mehrere nicht fristgerechte
Rechenschaftsberichte einreiche, heißt es in dem Beschluss. Das
ergebe sich aus dem Zweck der Norm, deren Rechtsfolge »lediglich
Ultima ratio« sein solle. Auch ein verspäteter Rechenschaftsbericht
trage den »verfassungsrechtlichen Transparenzanforderungen«
Rechnung und könne nicht einfach als »Nichteinreichung« gewertet
werden. Die Ansicht des Bundeswahlleiters, der Gesetzgeber habe die
nicht fristgerechte Einreichung des Rechenschaftsberichts der
Nichteinreichung gleichstellen wollen, sei falsch. Insgesamt, so der
Tenor des Beschlusses, habe der Bundeswahlausschuss es an einer
»Gesamtwürdigung der tatsächlichen Verhältnisse« der DKP fehlen
lassen, die ohne Zweifel eine Partei sei, die die »Ernsthaftigkeit
ihrer Teilnahme am Prozess der politischen Willensbildung
nachgewiesen« habe.
Der DKP-Vorsitzende Patrik Köbele sprach
am Dienstag gegenüber jW in einer ersten Reaktion von einem »Sieg
auf der ganzen Linie«. Die Begründung des Gerichts sei eine
»schallende Ohrfeige für den Bundeswahlleiter«. Der Versuch, die
Existenz der DKP »mit bürokratischen Mitteln« zu gefährden, sei
zurückgewiesen worden. Dieser Erfolg sei auch ein »Ergebnis der
großen nationalen wie internationalen Solidarität, die wir erfahren
haben«.
Nach einer Mitteilung des Bundesverfassungsgerichts
war die DKP als einzige der vom Bundeswahlausschuss nicht zur Wahl
zugelassenen Organisationen mit ihrer Beschwerde erfolgreich. In 19
anderen Fällen wies das Gericht die Einsprüche als unbegründet
oder unzulässig zurück
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