Donnerstag, 22. Juli 2021

Die Auferstehung des Dr. Faustus - Textauszug - H.P.

 

Ein Buch ist im Entstehen. Der Titel:


DER MENSCH

IM TEUFELSKREIS


Autor: Harry Popow


Bis zur Veröffentlichung braucht es seine Zeit. Schon jetzt können Sie, liebe Leser dieses Blogs, hin und wieder Textauszüge lesen und kommentieren


PROLOG

Nach nahezu 200 Jahren völliger Stille in der Gruft von Dr. Faustus, den Goethe als den modernen Menschen darzustellen versuchte, erwacht Faust durch ungeheuren Lärm. Neue Särge werden in den Friedhof verbracht und neue Gräber geschaufelt. Der Klang der Spaten erinnert Faust an seine Landeroberungen. Irgendwer hält eine Grabrede. Darin wird zwar eine Pandemie, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat, betrauert, aber zugleich betont, dass es Zeit sei, die Krise der Menschheit durch neue und strengere Maßnahmen in den Griff zu bekommen, damit die Wirtschaft neu erblühen könne. Dazu diene eine mächtige Welle von sogenannten Digitalisierungen. Gewarnt wird vor Querdenkern, vor Verschwörern und Widerständlern, die die Macht der Profiteure einschränken und letztendlich beenden wollen.

Faust, der angestrengt lauscht, aber wenig versteht, ist desto hellhöriger, als ein zweiter Grabredner dem ersteren vorwirft, die menschlichen Problem, die sozialen Fragen, völlig in den Hintergrund zu schieben, ja, sie absolut zu ignorieren. Er meint, mit den bisherigen Methoden der Jagt nach Profit seien die Probleme auf der Welt nicht zu lösen. Die Menschheit werde untergehen, und mit ihr der schöne Planet Erde. Es sei denn, die Völker stehen auf, wehren sich, jagen das Pack zum Teufel!

Bei der ersteren Rede drehte sich Faust wütend im Grabe um. Nun aber ist die zweite Rede ihm Anlass, über seine eigene Daseinsform im Goethe-Werk tiefer nachzudenken. Er erinnert sich, dass sich Faust aber vom Teufel beirren ließ, sein großes Bestreben nach allseitigem Wissen durch Angebote der seichten Unterhaltung schließlich sausen zu lassen. Ja, der Dichter stempelte ihn, den Faust, zum Mörder, zum Kaufmann und Betrüger. Schließlich glaubte dieser Goethe, den Faust durch eine göttliche Eingebung retten zu können. Soll so jegliches Verbrechen in der Menschheitsgeschichte gerechtfertigt werden, denn jeder mache mal einen Fehler? Faust ist innerlich empört. Goethe habe ihn nur benutzt. Andererseits: Hat er in der Gestalt des Teufels der Menschheit nicht einen Warnschuss vor den Bug gegeben ? Stand da nicht der tiefe Gedanke dem Dichter Pate, Geld und Gier und das alleinige Streben nach Besitz werde die Menschheit in tiefes Unglück stürzen?

Und bei dieser für Faust so wichtigen Überlegung kommt er zu einem Entschluss: Er wird aufstehen. Sich die Welt angucken. Auf den Straßen, in Familien, im Gespräch mit Menschen wie du und ich. Nach echten Erkenntnissen streben. Und Abhilfe schaffen? Nein, darum wird es nicht gehen können. Aber sich bemühen, im Streben nach Erkenntnissen ein Mensch zu bleiben, ein nachdenklicher, der stets von sich aus bejaht oder verneint, ohne einen Teufel befragen zu müssen. Den soll es als stets Mahnenden allerdings ruhig geben, dafür muss das profitgierige Teufelspack ins Visier genommen werden. 

Faust erhebt sich, streckt die Brust, wirft sich in einen Oberrock und entsteigt seiner Gruft. Er will weder als Rächer noch als Aufklärer, weder als nur Nörgler noch als Revolutionär in Erscheinung treten, sondern nur als aufgeweckter und tatendurstiger Mensch, wie Goethe ihn darzustellen versuchte. Wie dieser wirken und aussehen sollte, das ist dem Faust bei weitem nicht klar. Er weiß noch nicht, dass dieses anzustrebende Menschenbild längst das Ziel einer humanistischen Politik gewesen war, für die der Bogenschütze im Park Sanssouci als Symbol dienen mag...

Faust beschämt die Heutigen, auch durch die Hinwendung zum RUNDEN TISCH, durch die das Bemühen, tiefer die Dialektik von Widersprüchen einzudringen, die Erfahrungen seiner neuen Mitstreiter und zahlreicher klar denkender fortschrittlichen Autoren nutzend. Statt Verdummung gilt Klarsicht: Das von Goethe vorausgeahnte kapitalistische Marktsystem hat endgültig verspielt. Faust handelt – gemeinsam mit seinen neuen Freunden - er klärt auf aus ehrlicher Liebe zum Mensch-Sein. Die Verteufelung eines humanen Strebens – damit schaufelt sich die Macht des Kapitals ihr eigenes Grab. Wer, wenn nicht das Volk, rettet das Land der „Dichter- und Denker“?



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