Sonntag, 25. Juli 2021

DER MENSCH IM TEUFELSKREIS - Textauszug - H. Popow

 

Ein Buch ist im Entstehen. Der Titel:


DER MENSCH

IM TEUFELSKREIS


Autor: Harry Popow


Bis zur Veröffentlichung braucht es seine Zeit. Schon jetzt können Sie, liebe Leser dieses Blogs, hin und wieder Textauszüge lesen und kommentieren. Der Autor freut sich über jede noch so kleine kritische Bemerkung. Auch, wer sich selbstverständlich per Mail äußern möchte. Vielen Dank im Voraus.



Textauszug:

FRIEDHOFS-LÄRM

Diese Geschichte begab sich, sagen Zeitzeugen, als sich in jüngster Zeit (2020/2021) über Land und Leute, gar über den ganzen Planeten, eine unheimliche Stille ausbreitete – eine tödliche. Ein Virus ging um, und die Menschen verschanzten sich hinter Mundmasken und hinter den Mauern ihrer Häuser.  Wie so oft in Gefahrensituationen beschlich den einen oder anderen diese oder jene Erinnerung, als es noch menschengemachte tödliche und maschinell betriebene Abschlachtungen gab.

Als der Lärm der Spatenstiche während der Beerdigungen auf den Friedhöfen wegen der Überfülle der  heran zu karrenden Toten enorm zunahm, da kam auch einem  gewissen Dr. Faustus, der sich schier in seiner Gruft umdrehen wollte vor Wut, das Grübeln. Wer wagt es, ihn, den großen von Goethe geschaffenen Literaturhelden in seiner nahezu 200-jährigen Stille zu stören? Was ist zu tun? Wie sich zu wehren? Gegen wen richte sich der Protest?


Noch bevor die Stille auf dem riesigen Friedhof am Nachmittag für´s erste Ausklang, erinnert sich der hellhörige Dr. Faust in seiner Gruft an den Urfaust, seinem Vorgänger. Im Gegensatz zur orthodoxen Kirche, die sich durch diesen in ihrer Machtposition bedroht fühlte, stärkte Goethe diesem den Rücken. Rebellieren sei gut und richtig, aber es müsse dem auch Taten folgen. Und so schuf der Dichter ihn, den Dr. Faust, der stärker als der Urfaust den Herrschenden tüchtig in die Parade fahren würde, als moderner Mensch, der dem Menschenrecht genüge tun sollte. Aber es hilft ihm, dem Grufti, kein nachträgliches Klagen. Schuld habe schließlich der Teufel. Er, der Mephisto habe ihn immer wieder abgelenkt von seinem Streben, ein moderner Mensch zu werden. Gewiss, Faust wurde dadurch angehalten, im Menschen jedweden Zweifel, jeglichen erdenklichen Widerspruchsgeist zu nähren. Warum? Der strebende Mensch solle nicht erschlaffen, solle wach bleiben, Fragen stellen, neugierig bleiben, sich nicht durch Tricks und Betrügereien von seinem Bemühen um Menschlichkeit ablassen.


Faust wird in seiner Gruft sehr nachdenklich. Überflüssiges Denken? Das ins Nichts führt? Was könne denn er, der Alte Grufti heute noch bewirken? Und warum?
Vorsichtig öffnet er den Deckel über seiner Gruft. Tief atmet er durch. Öffnet ganz behutsam die Augen. Sieht sich bewundernd um:  Bäume, Gräber, leichter Wind in den Baumkronen. Eine liebliche Melodie. Vogelgezwitscher. Plötzlich fahren Autos vor. Laden Särge ab. Will kein Ende nehmen. Jemand, der Friedhofswärter wohl, brüllt über ein Sprachrohr: „Keine Kapazität mehr. Bringt die Leichen woanders hin.“
Doch weitere Autos mit Särgen halten vor dem Friedhofstor. Männer in schwarzen Kapuzen und mit Masken vor Mund und Nasen schleppen sie zu einem bereits vorbereiteten größerem Grab. Der Wärter schimpft, er habe keinen Platz mehr, der stille Ort sei bereits überfüllt... Doch Polizei hält ihm den Mund zu, er solle sich bitte der Obrigkeit fügen, denn sie habe alles fest im Griff.


Die Auferstehung eines Grufti bleibt nicht unbemerkt. Ein Polizeiauto mit Sirene. Platz da für einen hohen Beamten. Ohrenbetäubender Lärm. In einer plötzlichen Ruhe ist ein lautes Stöhnen zu hören. Die Obrigkeit sieht mit Erschrecken: Eine Gruft öffnet sich. Ihm entsteigt eine alte Figur mit sehr langem Bart. Schaut sich neugierig um.


Eine Melodie erklingt: „Thränen des Vaterlandes“. Einige Grableute glauben, Goethes Faust in dem Alten entdeckt zu haben. Sie schreien auf: „Was willst Du denn hier. Wir haben andere Zeiten. Geh ins Grab zurück.“ Andere wieder: „Lasst ihn gewähren. Er musste sterben, weil Mephisto ihn dazu getrieben hat.“
Faust, sehr leise: „Ich will Euch alle Erdenkinder vor Unheil schützen. Bin aufgewacht, um Euch zu sagen, hütet Euch vor den Teufeln.“


Zwischenruf eines Arbeiters: „Die gibt es nicht mehr. Dafür aber ein Virus, der uns zu schaffen macht und uns alle einsperren will, ne richtige Knechtschaft.“
Faust: „Beruhigt euch, alles hat seine Ursachen. Man muss nur herauskriegen, woher der Wind mit dem Unheil kommt. Das zu erkennen, dazu reicht nicht euer sinnloses Staunen und Begaffen der Symptome.“


Ein Arbeiter: Kommt alle, dem Alten ist nicht zu helfen. Machen wir besser weiter wie bisher... Und sie graben weiter an zusätzlichen Gräbern, denn es kommen immer mehr Frachten mit Särgen. Werden auf dem Feld bestattet, da der Friedhof überfüllt ist. Der Mann flucht.

Während es über der Gruft im Friedhof – wo sonst nur Totenstille herrscht – nach wie vor ein Scharren und Schippen und Fluchen zu hören ist, wendet sich der Zeitzeuge an Dr. Faustus, der seit 1831 hier in der Gruft in Frieden ruht, und spricht ihn flüsternd an: „Herr Doktor, wenn ich nicht irre, dann scheint die Ruhe dahin. Über uns in den Weiten des großen Friedhofes scheinen sich Dinge abzuspielen, die für recht ungewöhnlich gelten. Bei Ihrer sprichwörtlichen Wissbegier, was das Menschliche und Göttliche betrifft, ihrem Streben, allwissend zu sein und den Dingen auf den Grund zu gehen, dürfte das derzeitige Geschehen an der Erdoberfläche durchaus von Interesse sein.“

Faust, stöhnend: „In meiner Erinnerung bin ich gerettet worden und trage keinerlei Verantwortung mehr für das Irdische.“ Lasst mich weiter ruhen in Frieden und in Gottes Schoß.“

Zeitzeuge: „Sie haben ja so Recht, verehrter Dr. Faust, aber nunmehr wirft man Ihnen im modernen Zeitalter des 21. Jahrhunderts Mord- und Totschlag vor, den sie auf Geheiß des Teufels begangen haben. Also ließen Sie Ihren Drang nach Wissen und Bildung zugunsten eine euphorischen Bindung an Liebesbetäubung und Lustbarkeit in den Himmel fahren, um nur Ihrer persönlichen Begierde zu folgen. Glaubten Sie wirklich, dass dies Verhalten einem edlen Menschen gut zu Gesicht steht? Ist es nicht deutlich genug: Wer sich mit dem Teufel einlässt, sei unrettbar verloren?“
Faust: „So unrecht ist das nicht. Man muss überlegen, auch wenn es, so scheint es, für nachträgliche geistige Einkehr viel zu spät ist. Ich habe wohl egoistisch mein Streben, Göttliches zu erreichen, bedenkenlos andere Menschen zugrunde gerichtet. War ich nur Schuld? Oder waren es die Umstände, die mich zu dem frevelhaften Pakt mit dem Teufel getrieben haben? Ich will herausfinden, ob mich die Schuld alleine trifft.“



Faust stutzt. Ganz in seiner Nähe hat sich offenbar eine Bestatterin in Position gebracht. Was sie da offenbart, lässt Faust im Innersten erschüttern:

1. Rede:


Und doch leben wir in schwierigen Zeiten… Staatliche Zwangsmaßnahmen wegen einer Pandemie unterdrücken jedes Lebensgefühl. Und es ist völlig unverständlich, wieso gerade dieser letzte Abschied von einem geliebten Menschen, diese wertvollen letzten Stunden und Minuten im Leben eines Sterbenden, unter dem Vorwand einer Corona-Pandemie so herzlos, so mitleidlos und mit einer unmenschlichen Kälte durch die Regierung dieses Staates behindert, ja unmöglich gemacht werden. Und es ist eine Schande, dass die Toten, auf deren Totenschein „infektiös“ oder „Covid“ steht, in einem Plastiksack wie Unrat beseitigt werden und die Nahestehenden sich nicht einmal mehr von ihren Angehörigen verabschieden können.


Eine Gesellschaft, die so mit den Menschen umgeht, wie wir es heute erleben, ist es wert, daß sie zugrunde geht. Diese Gesellschafstformation ist der Kapitalismus. Sie beruht auf dem Privateigentum an den Produktionsmitteln und auf der Ausbeutung der Lohnarbeiter. Der Kapitalismus stürzt von einer Krise in die andere. Millionen und Abermillionen Menschen werden an den Rand gedrängt, sind nutzlos, werden ausgespien und sterben verfrüht. Kinder verhungern, alte Menschen siechen dahin, bis der Tod sie abholt.“


2. Rede


„Kliniken, die aus allen Nähten platzen. Schwerstkranke, die sich vor Intensivstationen stauen und elendig auf ihren Tod warten. Ärzte, die notfalls auswürfeln müssten, welchem Patienten sie helfen und welchem nicht. Im Zuge der Corona-Krise haben sich Bilder wie diese tief im kollektiven Bewusstsein eingegraben. Seit über einem Jahr beschwören Politiker, Wissenschaftler und Medien das Szenario eines Gesundheitssystems vorm Kollaps: Steigende Infektionszahlen, steigende Krankenzahlen, steigende Todeszahlen – wird man dem Virus nicht Herr, sind italienische Verhältnisse programmiert. Selbst bei sinkenden Zahlen dräut es aus allen Kanälen: Lassen wir heute den Lockdown schleifen, erleben wir morgen unser Bergamo.“


Faust bereut nicht, seine Gruft verlassen zu haben. Er ist wütend und ratlos zugleich. Der Zeitzeuge hat recht. Er wird der Gruft endgültig den Rücken kehren. Zumal er mit Schrecken und Neid soeben vernommen hat, der Urfaust in der Gruft nebenan hat längst sein unterirdisches Gefängnis verlassen. Wie Faust oft von ihm gehört hat, wird er wohl aufs große Austoben aus sein, ohne Sinn und Verstand. Das hält Faust nun vollends nicht davon ab, selbst das irdische Paradies zu betreten und zu durchforsten. Und ob auch Mephisto erwacht ist? Vorsicht ist geboten.

Noch kann Faust nicht einmal ahnen, dass die Sterbe-Statistik seit Beginn der Pandemie bis Juli 2021 nicht einmal die normale Höhe überschritten habe.  Siehe:

(< www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=27565 >.)


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