Der
historische Händedruck
Klaus Steiniger
Klaus Steiniger
Gestattet
mir einen sehr persönlichen Einstieg in ein geschichtsträchtiges
Thema. Als ich eines Abends in den 70er Jahren der freundlichen
Dinner-Einladung von Hans und Madeleine Grotewohl in deren Wohnung an
Berlins Frankfurter Tor folgte, lebte deren Vater und Schwiegervater
Otto schon lange nicht mehr. Damals lag auch die schwere und bewegte
Zeit, in der die jungen Grotewohls beim Neuaufbau der von den USA
niedergewalzten nordkoreanischen Stadt Hamhung für ihre DDR Ehre
eingelegt hatten, schon hinter den beiden Chefarchitekten. Doch
während unseres stundenlangen Gesprächs war der bei Marx gebliebene
Sozialdemokrat Otto Grotewohl, der erste Ministerpräsident der
Deutschen Demokratischen Republik, imaginär zugegen. Sein Händedruck
mit dem Kommunisten Wilhelm Pieck auf dem Vereinigungsparteitag der
beiden Arbeiterparteien im April 1946 hatte der durch die Rote Armee
befreiten Arbeiterklasse und deren sozialen Bündnispartnern in einem
Drittel Deutschlands den Weg zur Errichtung ihrer politischen
Herrschaft gebahnt.
Der
historische Händedruck
Als
ich Jahrzehnte später unserer inzwischen treuen „RotFuchs“-Leserin
„Mädi“ Grotewohl im Großen Saal des Dresdner Rathauses beim
festlichen Begängnis des 80. Geburtstages von Prof. Horst Schneider
erstmals wiederbegegnete, stand auch dort das historische Werk von
Otto und Wilhelm allgegenwärtig im Raum. Sie und ihre oftmals aus
den Zuchthäusern und Konzentrationslagern der Faschisten, aus
illegalem Kampf und mutig ertragener Emigration zurückgekehrten
Mitstreiter hatten im April 1946 das wohl wichtigste Kapitel der
deutschen Nachkriegsgeschichte geschrieben. Denn ohne die vereinte
Kraft von Kommunisten und Sozialdemokraten, die angesichts eines 1934
in Prag gefaßten Beschlusses der SPD-Auslandsleitung, bei Marx zu
bleiben, auf der Basis seines Werkes erfolgen konnte, wäre es wohl
kaum am 7. Oktober 1949 zur Gründung der Deutschen Demokratischen
Republik gekommen. Eine in ihrer politischen Führung weiterhin
gespaltene Arbeiterbewegung hätte die größte Errungenschaft in der
Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung und des schaffenden Volkes
– die DDR – nicht zustande gebracht. Das Herkuleswerk der
Formierung dieses Staates wurde von den damals lebenden und aktiven
Generationen deutscher Kommunisten und Sozialdemokraten geschaffen.
Sie waren es, welche die Spaltung der Klasse überwanden, dem Krieg
den Krieg ansagten und den Weg in eine von der Ausbeutung des
Menschen durch den Menschen befreite Gesellschaft bahnten. Damit
konnte der Teufelskreis der Herrschaft des Kapitals für vier schwere
und schöne Jahrzehnte wenigstens unterbrochen werden. Diese
Feststellungen haben wir bereits vor anderthalb Jahrzehnten im
„RotFuchs“ getroffen.
Im weiteren Verlauf der Geschichte verhinderten dann objektive und subjektive, innere und äußere Faktoren sowie taktische und strategische Fehler hierzulande wie anderswo, daß der so hingebungsvoll und erfolgreich beschrittene Weg von 1946 fortgesetzt werden konnte. Dabei war es sicher nicht günstig und klug, die Mitglieder der durch den historischen Händedruck der beiden Arbeiterführer zusammengeschweißten Vorhutpartei aus Kommunisten und Sozialdemokraten, die sich nicht zufällig den Namen Sozialistische Einheitspartei gegeben hatte, übereilt in ihrer Gesamtheit als Kommunisten zu bezeichnen. Gut Ding will Weile haben, heißt es nicht ohne Grund.
Übrigens hätte man die SED angesichts ihrer historischen Leistung, die neben der Herstellung der Einheit der Klasse vor allem auch in der Teilnahme an der vier Jahrzehnte währenden erfolgreichen Sicherung des höchsten Menschheitsgutes – zumindest in Europa – bestand, auch als Sozialistische Friedenspartei Deutschlands bezeichnen können.
Als verhängnisvoll erwies sich die in Berlin getroffene Entscheidung, unablässig neue Mitglieder für eine bereits sehr aufgeschwemmte Partei bei festen Kontingentvorgaben für alle Gliederungen zu rekrutieren, was sie de facto in eine Massenorganisation verwandelte. Warum bedurfte es einer 2,3-Millionen-Partei in einem Land mit 17 Millionen Einwohnern? Die Überfrachtung der SED mit Hunderttausenden Konjunkturrittern konnte auf Dauer nichts Gutes bewirken.
Überdies beherrschte die SED der letzten Jahre leider nicht mehr die Dialektik von Vormarsch und Rückzug. Hier hätte sie lange vor 1989 bei dem Portugiesen Álvaro Cunhal in die Schule gehen können, dessen PCP es verstand, in entscheidender Stunde diesen Übergang zu vollziehen. Er befähigte sie trotz des Sieges der Konterrevolution die im Verhältnis zur Bevölkerungszahl mitgliederstärkste kommunistische Partei Europas zu bleiben. Die mit den Grünen in der gemeinsamen Wahlfront CDU zusammengeschlossene PCP errang bei den jüngsten Parlamentswahlen etwa 10 % der Wählerstimmen und führt weiterhin die nationale Gewerkschaftszentrale CGTP-Intersindical an.
Ich gehöre zu jener ersten Generation ehemaliger Mitglieder der heute durch den reformistischen Flügel der PDL um Gysi und andere mit einem Bannfluch belegten SED, die Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl, aber auch Genossen wie den sozialdemokratischen Widerstandshelden Otto Buchwitz noch persönlich kennengelernt und erlebt hat. Die Erinnerung an solche Menschen und politische Führer vermittelt Kraft und Gelassenheit auch in Zeiten der Niederlage, die zu einer Neugruppierung der politischen Kräfte zwingen.
Im weiteren Verlauf der Geschichte verhinderten dann objektive und subjektive, innere und äußere Faktoren sowie taktische und strategische Fehler hierzulande wie anderswo, daß der so hingebungsvoll und erfolgreich beschrittene Weg von 1946 fortgesetzt werden konnte. Dabei war es sicher nicht günstig und klug, die Mitglieder der durch den historischen Händedruck der beiden Arbeiterführer zusammengeschweißten Vorhutpartei aus Kommunisten und Sozialdemokraten, die sich nicht zufällig den Namen Sozialistische Einheitspartei gegeben hatte, übereilt in ihrer Gesamtheit als Kommunisten zu bezeichnen. Gut Ding will Weile haben, heißt es nicht ohne Grund.
Übrigens hätte man die SED angesichts ihrer historischen Leistung, die neben der Herstellung der Einheit der Klasse vor allem auch in der Teilnahme an der vier Jahrzehnte währenden erfolgreichen Sicherung des höchsten Menschheitsgutes – zumindest in Europa – bestand, auch als Sozialistische Friedenspartei Deutschlands bezeichnen können.
Als verhängnisvoll erwies sich die in Berlin getroffene Entscheidung, unablässig neue Mitglieder für eine bereits sehr aufgeschwemmte Partei bei festen Kontingentvorgaben für alle Gliederungen zu rekrutieren, was sie de facto in eine Massenorganisation verwandelte. Warum bedurfte es einer 2,3-Millionen-Partei in einem Land mit 17 Millionen Einwohnern? Die Überfrachtung der SED mit Hunderttausenden Konjunkturrittern konnte auf Dauer nichts Gutes bewirken.
Überdies beherrschte die SED der letzten Jahre leider nicht mehr die Dialektik von Vormarsch und Rückzug. Hier hätte sie lange vor 1989 bei dem Portugiesen Álvaro Cunhal in die Schule gehen können, dessen PCP es verstand, in entscheidender Stunde diesen Übergang zu vollziehen. Er befähigte sie trotz des Sieges der Konterrevolution die im Verhältnis zur Bevölkerungszahl mitgliederstärkste kommunistische Partei Europas zu bleiben. Die mit den Grünen in der gemeinsamen Wahlfront CDU zusammengeschlossene PCP errang bei den jüngsten Parlamentswahlen etwa 10 % der Wählerstimmen und führt weiterhin die nationale Gewerkschaftszentrale CGTP-Intersindical an.
Ich gehöre zu jener ersten Generation ehemaliger Mitglieder der heute durch den reformistischen Flügel der PDL um Gysi und andere mit einem Bannfluch belegten SED, die Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl, aber auch Genossen wie den sozialdemokratischen Widerstandshelden Otto Buchwitz noch persönlich kennengelernt und erlebt hat. Die Erinnerung an solche Menschen und politische Führer vermittelt Kraft und Gelassenheit auch in Zeiten der Niederlage, die zu einer Neugruppierung der politischen Kräfte zwingen.
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