Samstag, 29. Oktober 2022

Steinmeier und das Sonderrecht - Arnold Schölzel - jw

 Entnommen: https://www.jungewelt.de/artikel/437657.lex-russland.html

Lex Russland
Steinmeier und das Sonderrecht


Von Arnold Schölzel

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Freitag in seinem Amtssitz

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am Freitag endlich in einer »Grundsatzrede« vorhergesagt, was die »Zeitenwende«-Erfinder seit acht Monaten wiederkäuen: »Es kommen härtere Jahre, rauhe Jahre auf uns zu.« Aber keine Bange: Das Staatsoberhaupt verzichtet auf »Kriegsmentalität«, es verlangt nur »Widerstandsgeist«. Der Russe steht vor der Tür, und der Chinese bietet für einige hundert Meter staubige Kaimauer Beteiligungsgeld an. Da steht das Land auf den Barrikaden, zumindest seine Gazetten. Ist kostenlos und hat mit Kriegsgeilheit nichts zu tun.

Die heißt jetzt anders. Zu »Kraft und Stärke«, sagt Steinmeier, die wir schon haben, »muss etwas hinzukommen: Wir müssen konfliktfähig werden, nach innen wie nach außen«. Bei letzterem haben sich Steinmeier und Co. seit dem Ende von DDR und Sowjetunion schon bemüht: Belgrad bombardiert, Afghanistan zertrümmert, mitgeholfen, Millionen Tote im Nahen und Mittleren Osten zu hinterlassen. Das alles und Millionen Flüchtlinge sind kein »Epochenbruch«. Den datiert der Präsident auf den 24. Februar 2022, denn bewaffneter Demokratie- und Rechtsstaatsexport ist regelbasiert.

Cuba Si
Aber »konfliktfähig nach innen«? Klar, 30 Jahre Krieg nach außen bedingen 30 Jahre Krieg nach innen: mehr Armut als in »normalen« kapitalistischen Zeiten – Steinmeier war Geburtshelfer der Hartz-Gesetze – und mehr Repression. Zwecks Ruhe an der Heimatfront bleiben das die zwei Seiten des Zwangsstaats, ebenfalls gewohnheitsmäßig. Das bedeutet: Gummiparagraphen für politische, insbesondere Terrorstraftatbestände, Wiedereinführung von Schutzhaft und Berufsverboten, Staatstrojaner für Totalüberwachung und nicht zuletzt Aufbau eines Sicherheitsapparates, der faschistische Mordorganisationen fürsorglich betreut, die entsprechenden Parteien päppelt und Typen wie Hans-Georg Maaßen präsidieren lässt.

Steinmeier möchte mehr, z. B. so etwas wie das vor einer Woche buchstäblich bei Nacht und Nebel durch den Bundestag gepeitschte Sonderrecht, also Willkür, zu dem, was als Volksverhetzung unter Strafe steht. Eine Lex Russland, denn kein anderes Land begeht Kriegsverbrechen, hat Steinmeier am Freitag amtlich bestätigt. Faschistenfan Andrij Melnyk roch vor einer Woche sofort das Richtige und twitterte begeistert, nun könne die Leugnung von Kriegsverbrechen, d. h. bei ihm russischen, in der Ukraine geahndet werden. Selbst die FAZ befand am Freitag, was Koalition und CDU/CSU fabriziert haben, bringe »jeden Amtsrichter in die Verlegenheit«, über Fragen zu urteilen, für deren Beantwortung internationale Strafgerichtshöfe Jahre brauchten. Die finden leider nie in USA plus angeschlossenen Ländern Schuldige, sondern fast ausschließlich in Afrika. Kraft deutscher Konfliktfähigkeit dürfen deutsche Amtsrichter das bei Demonstranten abkürzen und können Russland hinzunehmen. Gestützt auf Kraft und Stärke der Volksgemeinschaftskoalition.


1 Kommentar:

  1. Danke für diesen Kommentar. Wenn westliche politische Akrobatiker bei ihren Beschwörungen des „Widerstandsgeistes“ zu mehr „Zusammenhalt“ gen Osten, sprich Russland und China, aufhetzen und somit ihre eigenen imperialen Machtansprüche des Profits wegen als „Friedensbotschaft“ dem zu verdummenden Volk verkaufen wollen, dann gehören sie ein für allemal vor ein internationales Kriegsgericht. Wie nach 1945! Harry Popow

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