Klartext
im Atrium
Das
war am 7. Mai 2015: Vor dem Paul-Löbe-Haus bereits vor 17 Uhr ein
ziemliches Gedränge, obwohl die Festveranstaltung anläßlich des
70. Jahrestages der Befreiung Deutschlans vom Faschismus erst 18 Uhr
beginnen sollte. Eingeladen hatte die Linksfraktion. Ich hatte mich
als78jähriger mit angemeldet. Hatte also noch eine wache Erinnerung
an den Mai 1945, den ich in Berlin-Schöneberg erlebt habe. Der Grund
für die frühzeitige Anmeldeprozedur: Die Sicherheitskontrolle.
Jacke ausziehen, Schlüssel und Brieftasche abgeben, sich
durchleuchten und von oben bis unten abklopfen lassen. Nichts
dagegen, denn überall lauern "Gefahren". Auch von den über
700 eingeladenen Gästen, Freunden, Ausländern und Parteifreunden?
Um mal sarkastisch zu werden: keine Sicherheitskontrolle ist
imstande, Gedanken zu lesen oder das zu führende scharfe Wort als
Waffe vorauszusehen.
Das
Atrium war bis auf den letzten Platz besetzt. Auch viele, sehr viele
junge Leute. Beeindruckend die Internationalität dieser
Gedenkveranstaltung. Da sprachen nicht nur der russische Botschafter,
sondern auch Veteranen des Großen Vaterländischen Krieges und
andere Zeitzeugen sowie Manolis Glezos, Widerstandskämpfer aus
Griechenland. (Im Internet ist dazu zu lesen: Am 30. Mai 1941 erklomm
er zusammen mit Apostolos Sandas die Akropolis und riss die dort seit
der deutschen Einnahme von Athen am 27. April 1941 gehisste
Hakenkreuzfahne herunter. Diese erste Widerstandshandlung in
Griechenland, durch die Glezos ein antifaschistischer Held wurde, war
ein Fanal, das viele Griechen zum Widerstand anregte.)
Alles
Gesagte mündete wie im Chor in einer Schlußfolgerung aus der
Geschichte: Nie wieder Faschismus. Nie wieder Krieg. Auch fiel von
einem Redner angesichts neuer Macht- und Kriegsgelüste das Wort "mir
graut vor diesem Deutschland". Beifall und ein 700mündiges Ja
zum Antrag an den Bundestag, den 8. Mai "als Tag der Befreiung
den Status eines gesetzlichen Gedenktages zu verleihen".
Die
Sätze und Worte in Reden – sie hallten wider im großen Atrium,
sie schnitten sich ein ins Gedächtnis der Erinnerung, sie waren Waffen der
Wahrheit, die auch durch noch so viele Sicherheitskontrollen nicht
aufgehalten werden können. Eine Befreiung von der Diktatur des
Großkapitals steht noch aus. In diesem Bewusstsein trug wohl jeder
Teilnehmer seine Nachdenklichkeit mit nach Hause.
H.P.
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