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https://linkezeitung.de/2025/03/18/billionenschulden-und-klimaschutz-wenn-protest-gefragt-ist-schweigt-das-land/
Billionenschulden und „Klimaschutz“: Wenn Protest gefragt ist, schweigt das Land
VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 18. MÄRZ 2025 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR
Von Dagmar Henn – https://rtnewsde.com
Vielleicht ist es der Schock über die Plötzlichkeit der Ereignisse oder
die depressive Erwartung, dass sich ohnehin nichts bessert. Aber der
fehlende Widerstand gegen den angekündigten Raubzug samt Krieg
erschüttert schon, wenn man bedenkt, wegen welcher Lappalien
demonstriert wird.
So angenehm es meistens ist, sich die Entwicklungen in Deutschland aus
der Ferne anzusehen, es gibt Tage, an denen man die Hoffnung aufgeben
möchte und daran zweifelt, ob es Sinn hat, sich ihnen nach Kräften
entgegenzustellen. Ob überhaupt noch etwas von dem Land übrig ist, das
gerettet werden könnte, das rettenswert ist.
Das ist es, was die Ereignisse der letzten Wochen auslösen, bei mir
zumindest. Hunderttausende ließen sich durch eine gefälschte Geschichte
der dubiosen Firma Correctiv im letzten Jahr auf die Straßen locken, in
der Überzeugung, eine ungeheure Gefahr abwenden zu müssen. Aber in dem
Moment, in dem tatsächlich Handlungen stattfinden, die man nur als einen
gegen die Bewohner des Landes gerichteten Putsch beschreiben kann,
herrscht absolute Ruhe.
Das Skript, das derzeit umgesetzt wird, wirkt nicht spontan; das ist
bestenfalls der Versuch, es noch mit dem alten Bundestag in Szene zu
setzen. Inzwischen gibt es ja sogar die Aussage des berühmten
Kriegstreibers Roderich Kiesewetter, hätte man das vor der Wahl gesagt,
hätte das die Ergebnisse verhagelt. Die schnelle Bereitschaft, auf den
Billionenkredit auch noch die Aufnahme von Klimaneutralität ins
Grundgesetz zu setzen, deutet eher an, dass das, was jetzt passiert,
genau das ist, was – ohne jede Kenntnis der Wähler – schon zuvor geplant
war, wofür aber im neuen Bundestag, auch aufgrund der Ablehnung der
grünen Politik durch die Bevölkerungsmehrheit, keine
Verwirklichungsmöglichkeit bestünde.
Es gibt Tatsachen, die sich nicht leugnen lassen. Beispielsweise die,
dass Deutschland seine pflanzlichen Lebensmittel zu 80 Prozent
importieren muss und sich nur mit Getreide und Fleisch selbst versorgen
kann, was sich aber ebenfalls schnell erledigt haben wird, wenn all das
umgesetzt wird, was in dem Paket „Klimaneutralität“ drinsteckt. Wie eine
massive Verringerung des Einsatzes von Kunstdünger. Dass Deutschland
bei vielen Rohstoffen auf Importe angewiesen ist und die beiden
einzigen, die es im Überfluss hat, Eisenerz und Kohle, nichts mehr
nützen. Weil die Steinkohleförderung schon vor Jahrzehnten mit Nachdruck
beendet wurde – die alten Schächte wurden vielfach mit Beton
verschlossen – und die Stahlherstellung aktuell wegen der hohen
Energiepreisen verendet.
Die Automobilindustrie tritt gerade ab. Der Maschinenbau hat inzwischen
massive Konkurrenz, auch aus China, und viele der Unternehmen stürzen
sich derzeit in die unsinnigste Produktion überhaupt, die Rüstung. Die,
das muss man auch offen erwähnen, außerhalb des Landes nicht vermarktbar
ist, dafür ist das Preis-Leistungs-Verhältnis zu schlecht, die also nur
existieren kann, wenn sie vom eigenen Staat gekauft wird.
Was soll da die Lebensgrundlage sein? Wovon sollen sich die Menschen
noch ernähren, wenn die stetig steigenden CO2-Abgaben (die nur besser
getarnte Verbrauchssteuern sind, Mehrwertsteuer Plus sozusagen) zusammen
mit dem Rückgang der landwirtschaftlichen Produktion dank Düngerentzug
die Preise in den Himmel schießen lassen? Diese Klimanummer in der
Verfassung ist womöglich noch ein Stück schlimmer als der
Irrsinnskredit, weil die Selbstzerstörung damit in Stein gemeißelt wird.
Und das für ein koloniales Konzept, das weltweit bereits gescheitert
ist, an dem die kleine Aristokratie, die „politischen Eliten“ aber
hängen, als ginge es dabei um ihr Leben.
Kein Protest. Was sich da abspielt, ist die gröbste Missachtung der
Wähler seit Adenauers Remilitarisierung, und die liegt bereits 70 Jahre
zurück. Das Verfassungsgericht, das schon zu Zeiten von Corona zur
führenden Anstalt zur Gehorsamkeitsförderung wurde, winkt den Zirkus
auch noch durch, und die Abgeordneten der sogenannten Linken erklären
öffentlich, sie würden keinesfalls eine Einberufung des neuen Bundestags
zusammen mit der AfD beantragen, weil sie „nicht mit Faschisten
zusammenarbeiten“ würden.
Die ganzen letzten Jahre, mit Corona angefangen, werden die bürgerlichen
Rechte in Deutschland nur noch als Abrissmaterial behandelt; die Liste
der Abscheulichkeiten, die insbesondere Innenministerin Nancy Faeser
auftischte, ist lang, bis hin zu einem Klon des Nazigesetzes „Zur
Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“. Atemberaubend. Aber da konnte
man den fehlenden Protest noch damit schönreden, dass es dabei ja nur um
Rechte ging, so etwas wie Meinungsfreiheit und Versammlungsrecht, nicht
um die Existenz.
Es gibt auch unzählige Gründe, warum viele Wähler in ihrer
Wahlentscheidung vor allem einer Absicht folgten: kein Grün mehr. Robert
Habeck hat als Wirtschaftsminister eine Spur der Verwüstung
hinterlassen, und die Folgen zeigen sich jetzt erst, langsam. Aber das
derzeitige Putschtheater schaltet die Abrissbirne auf Turbo und
hinterlässt verbrannte Erde, selbst dann, wenn es im späteren Verlauf
aufgehalten würde.
Und es herrscht Schweigen im Land. Als wäre das alles nur eine Erzählung
aus einem fernen Winkel der Welt, ein Ereignis, das man ohne jede
Konsequenz ignorieren kann. Als ginge der Alltag weiter wie gewohnt.
Dabei ist schon das Gewohnte ungeheuerlich. Während halb Griechenland
protestiert, weil bei einem durch Sparmaßnahmen mitverursachten
Zugunglück vor zwei Jahren 57 Menschen starben und die Verantwortlichen
bisher nicht zur Rechenschaft gezogen wurden, hat die Ahrtalflut, die
134 Tote forderte, gerade mal ein paar Rücktritte ausgelöst, mit großer
Verzögerung. Verantwortung? Die Rechnung für derartige Ereignisse wird
in Deutschland nicht einmal ausgestellt, geschweige denn eingetrieben.
Die kleine Aristokratie („politische Elite“ ist ein für diese Ansammlung
arroganter Idioten unpassender Begriff) ergeht sich in einer
Kriegslüsternheit, als wäre es der Juli 1914, „jeder Schuss ein Russ“,
will die Wehrpflicht lieber heute als morgen wieder einführen, Aussicht
auf Fronteinsatz inbegriffen. Und die Bevölkerung verhält sich, als wäre
sie, wie schon einmal in der Geschichte, auf Mitläufertum
konditioniert, nur dass sie sich diesmal sogar ohne jedes soziale
Versprechen über den Löffel balbieren lässt.
Nein, im Gegenteil, all die akkumulierten Probleme, die nicht gelöst
werden konnten, weil ja im Interesse der nachfolgenden Generationen
keine Schulden aufgenommen werden sollten, bleiben auf genau der
Abraumhalde liegen, auf die sie schon zuvor befördert wurden, ob es nun
um Wohnungsmangel geht oder die Probleme im Bildungswesen, während mit
vollen Händen Geld in die Rüstung fließt. Und es gibt keine Empörung.
Die Gewerkschaften, die längst das letzte Restchen Rückgrat verloren
haben, kämpfen nicht gegen den Klimawahn und schaffen angesichts der
Verschrottung der Industrie gerade noch ein zaghaftes „vielleicht etwas
langsamer“.
Überhaupt, das Rückgrat. Es hatte schon etwas Eigenartiges, über Artikel
zu stolpern, die das 500. Jubiläum des Großen Deutschen Bauernkriegs
zum Thema haben. Ein Aufstand, der an zwei Dingen scheiterte – an 30
Kilometern, die zu einem Zeitpunkt, als das Bauernheer stärker war als
die kaiserlichen Truppen, die beiden Parteien trennten, und an der
Feigheit der Bürger, die sich in den meisten Städten lieber dem Adel
unterwarfen als sich den aufständischen Bauern anzuschließen. Der Preis,
den das Land für diese Niederlage zahlte, war enorm, er gipfelte im
Dreißigjährigen Krieg und danach mehr als zweihundert Jahren
Kleinstaaterei.
Ist da wirklich nichts? Ist dieses andere Deutschland, das Hölderin,
Heine, Brecht besungen und geliebt haben, nur eine Illusion und das
Grinsen eines Bundeskanzlers Olaf Scholz bei US-Präsident Joe Bidens
Ankündigung, Nord Stream 2 zu verhindern, die wahrhaftige Verkörperung
des Nationalcharakters? Ist nichts als die Lakaienseele übrig geblieben,
die im Bückling verharrt, selbst wenn die Herrschaft nach ihr tritt?
Die schweigend und gehorsam zur Kenntnis nimmt, wenn der Wirbellose Olaf
Scholz durch den Hochstapler Friedrich Merz ersetzt wird?
Es ist schon eigenartig, wenn die Generation, die einmal den zivilen
Ungehorsam predigte, als Lehre aus dem Mitläufertum, nun eine
Gesellschaft hinterlassen hat, die einen Kult der Unterwerfung
praktiziert. Wenn von dem Geist des Aufruhrs, der einmal die stärkste
Arbeiterbewegung gebar, nichts mehr übrig ist als ein lemurenhafter
Schatten, aufs Trefflichste verkörpert von dieser Linkspartei, die
hundert Ausflüchte zu finden bereit ist, um wie die sozialdemokratischen
Ahnen des Jahres 1914 diesen Kriegskrediten zuzustimmen. Als wäre der
Maskenwahn vor einigen Jahren so tief ins Gebein gefahren, dass schon
der Gedanke, zu widersprechen, unmöglich wurde.
Die kleine Aristokratie verwandelt das Land in ein Buffet für Geier,
tritt jedes errungene Recht mit Füßen und versieht sich selbst mit
zusätzlichen Privilegien. Schlimm genug, die Politik eines Habeck
hinzunehmen; es zu dulden, dass er für sich das Recht in Anspruch nimmt,
selbst vor Spott verschont zu werden, ist schlimmer, denn damit gibt
man auch noch die Würde preis. Merz ist nun bereit, jede Aussicht auf
Zukunft auf den Roulettetisch zu werfen und den Pöbel reif zu machen für
die Schlachtbank.
Wären es Wohnungen, die gebaut würden, nicht Panzer – da könnte man
sogar mit all den hoffnungslosen jungen Männern etwas anfangen, die
importiert wurden, für das Wohl der Menschen im Land, auch für ihres.
Die kleine Aristokratie kennt nur ihr eigenes Wohl und das der großen
Fürsten, für die BlackRock steht, aber nichts ist ihr gleichgültiger als
das Wohl der Mehrheit. Was ein beherrschbares Problem wäre, hätte
ebendiese Mehrheit noch die Instinkte der Bauern von 1525, aber sie hat
sie nicht, sie beugt sich.
Dieses Deutschland von heute ist mir auf schmerzliche Weise fremd. Seine
Worte klingen gleich, aber noch das Schönste verwandelt sich in eine
Lüge. „Die Freiheit“ gegen „den Russen“ verteidigen, während die
Industrie zerfällt und die Landwirtschaft für das Klima geopfert wird,
während die Innenstädte zerfallen und sich mit Obdachlosen und Junkies
füllen (in Frankfurt ist inzwischen auch Fentanyl auf dem Drogenmarkt)
und ein pünktlich eingetroffener Zug schon ein Anlass zum Feiern ist –
gibt es da wirklich keinen Wunsch nach mehr, ist die alte Forderung nach
Gleichheit endgültig aus dem Gedächtnis geschwunden, nach der es keine
Knechte mehr geben soll und daher auch keine Herren?
„Dieses Blatt“, schrieb Georg Büchner im Hessischen Landboten 1834,
„soll dem hessischen Lande die Wahrheit melden, aber wer die Wahrheit
sagt, wird gehenkt, ja sogar der, welcher die Wahrheit liest, wird durch
meineidige Richter vielleicht gestraft. (…) Das Leben der Vornehmen ist
ein langer Sonntag, sie wohnen in schönen Häusern, sie tragen zierliche
Kleider, sie haben feiste Gesichter und reden eine eigne Sprache; das
Volk aber liegt vor ihnen wie Dünger auf dem Acker. Der Bauer geht
hinter dem Pflug, der Vornehme aber geht hinter ihm und dem Pflug und
treibt ihn mit den Ochsen am Pflug, er nimmt das Korn und lässt ihm die
Stoppeln.“
Wie anders ist das Deutschland des Jahres 2025? Kommissionspräsidentin
Ursula von der Leyen, noch so eine kleine Aristokratin, stets bereit,
sich frisches Schmiergeld zu holen, fantasiert bereits, man müsse an die
Ersparnisse der Bürger kommen, und wer glaubt, da gehe es um
freundliche Investitionsvorschläge für die Sparguthaben, hat in den
letzten zwanzig Jahren nicht aufgepasst. Jemand muss für die Budgets
bluten, die in Brüssel und Berlin Rüstung und Krieg finanzieren sollen,
und das wird das gemeine Volk sein, im doppelten Sinne.
Die Billionen von heute waren im Hessen des Jahres 1834 noch Millionen Gulden:
„Ihnen gebt ihr 6.000.000 Gulden Abgaben; sie haben dafür die Mühe, euch
zu regieren; d. h. sich von euch füttern zu lassen und euch eure
Menschen- und Bürgerrechte zu rauben. Sehet, was die Ernte eures
Schweißes ist.“
Delegitimierung des Staates nennt man das heute. Büchner starb übrigens
im Schweizer Exil, drei Jahre nach jener Flugschrift. Von da an dauerte
es noch weitere elf Jahre, bis das, was in der Literaturgeschichte als
„Vormärz“ bekannt ist, zur Revolution des Jahres 1848 reifte. Ein
weiterer Moment des Scheiterns in der deutschen Geschichte. Wie meist,
als wäre es ein deutscher Fluch, große Gedanken, aber zu kleine Taten.
Ist noch etwas übrig geblieben? Es sind sicher genug, die erkennen, wie
irrwitzig die Pläne der kleinen Aristokraten sind; die ganze Geschichte
schreit Lug, Trug und Überheblichkeit; wäre das Äußere dem angemessen,
was diese Berliner Bagage gerade treibt, sie müsste in Seidenstrümpfen
und mit Perücken einherstolzieren.
Aber sie sind es nicht, die um die Hoffnung ringen lassen. Es sind die
anderen, die stumm jedes Joch tragen, das ihnen auferlegt wird. Die das
Kriegsgeschrei hinnehmen, und die Billionenschuld, und den Klimawahn in
der Verfassung, und das ganze kommende Elend, als hätten diese kleinen
Aristokraten das Recht, es ihnen zuzuteilen, als hätten sie keinen
Anspruch auf eine friedliche Zukunft, als wären sie nicht die Beraubten.
Als geschähe ihr ganzes Dasein einem unbekannten Dritten.
Wenn dieser Putsch, den Merz & Co. gerade inszenieren, Erfolg hat,
dann hat das Land keine Verfassung mehr, keine Rechte, keine Demokratie.
Nein, nicht einmal mehr diese schamhafte Entschuldigung für eine
Verfassung namens Grundgesetz. Was da unterzeichnet wird, erinnert mehr
an einen Selbstmordpakt als an eine politische Vereinbarung.
Auch das ist ein Motiv, das sich durch das ganze deutsche politische
Exil zieht – wie soll man die Liebe zu einem Land bewahren, das in jeder
historischen Prüfung scheitert? Kann es wirklich sein, dass es nie zu
seiner Selbstachtung, nie den Weg zu einem friedlichen Dasein inmitten
anderer Völker findet? Und auf ewig nur eine Form der Knechtschaft durch
eine andere ersetzt wird?
Vielleicht fällt der Schuldturm, an dem Merz und seine Spießgesellen
gerade mauern, eines Tages, und vielleicht genügt ihr Wahn doch nicht,
das Land zuvor in Asche zu verwandeln; vielleicht ist doch noch etwas
übrig, irgendwo, von jenem anderen Deutschland. Aber jetzt, in diesen
Tagen, lastet auf mir der Zweifel.
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