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Putin
im O-Ton über Russlands rote Linien
VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 1.
DEZEMBER 2021
von Thomas Röper –
http://www.anti-spiegel.ru
Der russische Präsident Putin wurde bei einer
Podiumsdiskussion nach den roten Linien Russlands gefragt. Putins
Antwort war diplomatisch, aber deutlich.
In Moskau fand
die jährliche Investoren-Konferenz „Russia is calling“ statt,
bei der Putin sich traditionell den Fragen der ausländischen
Investoren und Fachleute stellt. Dabei wurde er nach den roten Linien
gefragt, von denen die russische Regierung in letzter Zeit immer
öfter spricht. Putins Antwort war nicht überraschend, aber man
musste genau hinhören.
Putin nannte als rote Linie, wenn der
Westen in der Ukraine Raketen aufstellt. Das wäre eine rote Linie
für Russland. Angesichts der derzeit wachsenden Spannungen und der
offenen Forderungen der ukrainischen Regierung, die Nato solle genau
das tun, dürfte man im Westen genau hingehört haben. Putin sagte
zwar nicht im Detail, wie Russland darauf reagieren würde, aber
seine Antwort war trotzdem interessant. Daher habe ich die Frage und
Putins Antwort komplett übersetzt.
Beginn der
Übersetzung:
Grapenheisser: Jakob Grapenheisser,
East Capital.
Sie haben wiederholt erwähnt, dass es in den
Beziehungen zwischen Russland und der Ukraine „rote Linien“ gibt.
Bis zu einem gewissen Grad hat das auch mit dem Westen und der NATO
zu tun. Könnten Sie genauer erläutern, wo diese „Linien“
verlaufen und welche Folgen das Überschreiten dieser Linien Ihrer
Meinung nach haben könnte? Müssen sich Anleger Sorgen machen, dass
Russland möglicherweise Truppen in die Ukraine entsendet?
Putin:
Sehen Sie, von einer Entsendung russischer Truppen in die Ukraine war
schon Anfang des Jahres die Rede, als wir die Militärübung „Sapad
2021“ abgehalten haben, aber wie Sie sehen, ist das nicht passiert.
Es geht nicht darum, Truppen in die Ukraine zu schicken oder sie
nicht dahin zu schicken, zu kämpfen oder nicht zu kämpfen; es geht
darum, eine Beziehung aufzubauen, um eine gerechtere und stabilere
Entwicklung zu schaffen und die Sicherheitsinteressen aller Akteure
auf der internationalen Bühne zu berücksichtigen. Wenn wir das
ehrlich verfolgen, wird niemand sich irgendwie bedroht fühlen.
Was
die Bedrohungen betrifft, so sind die Menschen in den beiden bisher
nicht anerkannten Republiken – der LNR und der DNR – auch durch
die Truppenbewegungen in der Nähe ihrer Gebiete ständig bedroht.
Das ist das Zweite.
Drittens hat die Russische Föderation
auch gewisse Sorgen gegenüber groß angelegten Manövern in der Nähe
unserer Grenzen, auch ungeplanten Manövern, wie sie gerade erst im
Schwarzen Meer abgehalten wurden, als strategische Bomber, wie wir
wissen, mit Präzisionswaffen und möglicherweise Atomwaffen, 20
Kilometer von unserer Grenze entfernt flogen. Schließlich stellt das
alles eine Bedrohung für uns dar.
Nun zu den „roten
Linien“. Sie sind bis zu einem gewissen Grad spekulativ. Dennoch,
schauen Sie sich an, was in den letzten rund 20 Jahren geschehen ist:
Die Beziehungen zwischen Russland und der westlichen Gemeinschaft,
dem „kollektiven Westen“, waren in den 1990er und frühen 2000er
Jahren praktisch wolkenlos. Warum war es notwendig, die NATO bis an
unsere Grenzen auszuweiten? Wozu? Wer kann diese Frage beantworten?
Darauf gibt es keine vernünftige Antwort, im Gegenteil.
Es
war ein fast idyllisches Bild unserer Beziehungen, vor allem Mitte
der 1990er Jahre, wir waren fast Verbündete. Nein, trotz unserer
Warnungen, trotz unserer Gespräche, trotz unserer Bitten ist die
Infrastruktur schließlich bis an unsere Grenzen gekommen. Es ist
inzwischen so weit gekommen, dass Raketenabwehrsysteme in Polen und
Rumänien stationiert sind, und die dortigen Startrampen sind vom Typ
Mk-41. Sie können auch Tomahawks laden, also Angriffssysteme. Das
stellt eine Bedrohung für uns dar, das ist eine offensichtliche
Tatsache.
Trotz all unserer Bitten und Flehen, das nicht zu
tun, ist was passiert? Das, was wir jetzt sehen. Als Reaktion darauf
waren wir gezwungen, ich möchte das betonen, gezwungen, mit der
Entwicklung von Hyperschallwaffen zu beginnen, das ist unsere
Antwort. Wir haben das nicht als erste getan, zuerst sind unsere
Partner aus dem ABM-Vertrag und dann aus dem Vertrag über
Mittelstreckenraketen ausgestiegen.
Sie haben nach der Ukraine
gefragt: Wo sind die „roten Linien“? Das sind in erster Linie
Bedrohungen, die gegen uns zu geschaffen werden, die von diesem
Gebiet ausgehen können. Ich habe es bereits öffentlich gesagt, Sie
sind Geschäftsleute und haben und vielleicht nicht die Zeit, dem zu
folgen, aber ich sage es noch einmal: Wenn irgendeine Art von
Angriffssystem auf ukrainischem Territorium stationiert wird, dauert
es 7 bis 10 Minuten, bis sie Moskau erreichen, und 5 Minuten, wenn
sie Hyperschallwaffen stationieren. Stellen Sie sich das vor.
Übrigens leben Sie in Moskau, wie ich hörte, leben Sie in Moskau,
richtig? Die Flugzeit nach Moskau wird 5 Minuten
betragen.
Grapenheisser: Ich lebe fast 15 Jahre in
Moskau, ja.
Putin: Ja. Was sollen wir tun? Wir werden
etwas Ähnliches für diejenigen schaffen müssen, die uns auf diese
Weise bedrohen. Können Sie sich das vorstellen?
Wir können
das schon jetzt tun, denn wir haben die Waffen bereits erfolgreich
getestet und ab Anfang des Jahres werden wir einen neuen
Mach-9-Hyperschall-Seeflugkörper im Einsatz haben. Die Flugzeit zu
denen, die den Befehl geben, beträgt auch fünf Minuten.
Wo
gehen wir hin? Warum tun wir das alles? Die Schaffung solcher
Bedrohungen ist für uns eine rote Linie.
Ich hoffe, dass es
nicht so weit kommt. Ich hoffe, dass sich der gesunde
Menschenverstand, die Verantwortung für das eigene Land und für die
Weltgemeinschaft durchsetzen wird.
Ende der Übersetzung
Ob
es ein Versprecher war oder nicht, ist schwer zu sagen. Aber dass
Putin die Rebellengebiete im Osten der Ukraine als die „beiden
bisher nicht anerkannten Republiken“ bezeichnet hat, dürfte für
einiges Aufsehen gesorgt haben. Hat Russland vor, die selbsternannten
Republiken zum Beispiel im Falle eines ukrainischen Angriffs
anzuerkennenPutin im O-Ton über Russlands rote Linien
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