Freitag, 17. Dezember 2021

Rede von Egon Krenz - RotFuchs, Dezember 2021

 Entnommen: http://www.rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2021/RF-287-12-21.pdf


AKTUELLES AUS dem „RotFuchs“ Dezember 2021

In bester Erinnerung...
(Titel von H.P.)

Auszüge aus der Rede von Egon Krenz

anläßlich des 75. Jahrestages der Gründung der DDR-Grenztruppen am 6. November in Berlin (…)

Deutschland ist auch nach 30 Jahren zutiefst gespalten, nicht nur in Ost und West, vor allem sozial; die Gesellschaft ist von neuen Mauern durchzogen, Zukunftsängste nehmen zu. DDR-Werte wie Gemeinwohl, Gemeinsinn, Gerechtigkeit, Geborgenheit, soziale Sicherheit und Solidarität, die wir aus unserem ersten Leben sehr gut kennen, sind dieser Gesellschaft fremd. Standen sich bis 1990 die beiden feindlichen Weltsysteme Sozialismus und Kapitalismus gegenüber, so verläuft inzwischen die Trennlinie wieder mitten durch Deutschland und teilt die Menschen nach ihrem Eigentum ein, nämlich Lohnarbeit und Kapital, wie wohl Marx und Engels das nennen würden.
Was alles haben wir seit der Rückkehr des Kapitalismus in unser Land erleben müssen! Es ist gut, dies nicht zu vergessen und sich zu erinnern, wie die Bundesrepublik Deutschland ihre selbst proklamierten Regeln für einen Rechtsstaat brach, um die DDR zu einem beispiellosen Kriminalfall der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert herabzuwürdigen.
Jeder von uns hat da seine eigene Bilanz. Das ist auch gut so. So werden Geschichte und Geschichten an die Enkel und Urenkel weitergegeben und der Nachwelt wird hinterlassen, daß die DDR trotz vieler Fehlentwicklungen anders war als ihre Gegner sie heute schildern: Sie war politisch ehrlicher, sozial gerechter, moralisch sauberer, dem Gemeinwohl verpflichtet auf dem Wege in eine Gesellschaft, in der der Mensch nicht des Menschen Wolf war, in der er mehr galt als das Scheckbuch, weil die Großkapitalisten, ihre Banken und die Großgrundbesitzer entmachtet waren.
Daß die Linke diese antikapitalistische Basis der DDR nicht als Teil ihrer Geschichte verteidigt und darauf für die Zukunft aufbaut, ist für mich ein historischer Fehler. Ohne die DDR ist Deutschland weder gerechter noch friedlicher geworden. Das Besondere an der DDR ist, das ihr kein Geschwätz nehmen kann: Sie ist d e r deutsche Staat, der nie einen Krieg geführt hat. Sie hat für Kriegsgefallene keine Ehrenhaine schaffen und ihre Soldaten nicht kopflos aus Kriegsgebieten heimholen müssen.
Kein NVA-Soldat, kein Grenzer hat je zu Kampfeinsätzen fremden Boden betreten müssen. Und das, liebe Genossen, ist das Wichtigste Eures Lebens, das Entscheidende in der Geschichte der Grenztruppen: Ihr habt beigetragen, daß die DDR Synonym ist für 40 Friedensjahre in Europa. Darauf kann jeder von uns stolz sein. (…)
Wenn heutzutage Politiker und Medien, selbst die noch amtierende Bundeskanzlerin, gönnerhaft zugestehen, die Lebensleistungen der Ostdeutschen anerkennen zu wollen, dann klingt das angesichts des bisherigen Umgangs mit DDR-Biografien, nach Treuhand als Selbstbedienungsladen für Westkapital, nach De-Industrialisierung, nach Rückgabe vor Entschädigung, nach Schleifung Volkseigener Betriebe und Landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften, nach krimineller Veruntreuung von Fördergeldern Ost im Westen, nach Arbeitslosigkeit und Rentenstrafrecht – dann klingt das mehr als heuchlerisch.
Der Bundespräsident hat kürzlich die Ostdeutschen zu mehr „Selbstbewußtsein“ aufgerufen. Eigentlich lobenswert, doch vergessen, die Wahrheit hinzuzufügen, daß die Regierenden der Bundesrepublik, ihre Medien und Institutionen seit über 30 Jahren damit beschäftigt sind, das Selbstbewußtsein von DDR-Bürgern zu brechen, ihre Erfahrungen und ihr Wissen als „Ballast“ zu denunzieren.
Als ich Anfang der 90er Jahre Gorbatschow traf, um ihn zu informieren, daß die bundesdeutsche Justiz fast 100 000 politische Ermittlungsverfahren gegen DDR-Bürger eingeleitet hatte, erzählte er mir von einem Gespräch mit Bundeskanzler Kohl. Der habe ihm gesagt, wirtschaftlich werde man die „deutsche Einheit“ schnell meistern, aber – Zitat – „Michail Sergejewitsch, wir sind da drüben im Osten einem fremden Volk begegnet. Die sind ganz anders als wir.“ (…)
Daß es Millionen selbstbewußte Bürger gab und noch gibt, die gern in der DDR lebten und sehr viele von ihnen hier auch ihr Vaterland sahen, die sich eingesetzt haben, daß das Leben lebenswerter wurde, das hatte im antikommunistischen Denken der altbundesdeutschen Elite keinen Platz. (…)
Das hat sich bis heute nicht geändert. Wenn es um die DDR geht, verfallen selbst sonst oft sachlich argumentierende Politiker in das Reich der Fantasie. Wolfgang Schäuble zum Beispiel meinte in einem Streitgespräch mit der Schriftstellerin Daniele Dahn allen Ernstes, mit der Einheit sei auch die Gesichtsfarbe der Menschen (aus der DDR) eine andere geworden. „Die war früher grau. Die Menschen gucken jetzt offener, die haben früher immer nur nach unten geschaut.“
Ein Kommentar zu solcher Albernheit ist überflüssig. Wie „stark“ aber beispielsweise das angeblich konkrete Wissen des zweiten Mannes im Staat über die DDR wirklich ist, verrät sein geradezu belustigendes Urteil: „In der DDR durfte man gar nicht studieren, wenn man nicht Mitglied der SED … war.“1 (…) 1 Vergleiche: Daniela Dahn, „der Schnee von gestern ist die Sintflut von heute. Die Einheit – eine Abrechnung“, S. 52
Zu den größten Leistungen der DDR gehört aber, daß sie das jahrhundertealte Bildungsprivileg der Ausbeuterklassen gebrochen hatte. Den nicht in der DDR sozialisierten Politikern empfehle ich zur Weiterbildung den Roman von Hermann Kant „Die Aula“, der viel über den schwierigen Weg von Arbeitern und Bauern zu Akademikern aussagt.
1990 wurden die meisten von ihnen wieder in ihren alten Stand zurückgesetzt – von Akademikern zu Zwangsrentnern mit Rentenkürzung. Und das in der schöpferischsten Phase ihres Lebens. Was für eine Demütigung und zugleich Vergeudung geistigen Reichtums.
Solche Bosheiten von Politikern wie oben angeführt sind keine einmaligen Entgleisungen. Sie sind die Fortsetzung dessen, was 1990 als Wille der Obrigkeit formuliert worden war: Die DDR habe, so das Fehlurteil eines Westberliner regierungstreuen Professors, „fast ein halbes Jahrhundert die Menschen verzwergt, ihre Erziehung, ihre Ausbildung verhunzt“.2
Altbundespräsident Gauck sprang dem Regierungsprofessor aus dem Westen bei: „Wir konnten nicht zulassen“, verkündete er, „daß die sozialistischen Globkes in ihren Ämtern und Positionen in Staat und Gesellschaft blieben.“
Dies war eine unglaubliche Gleichsetzung von Hunderttausenden entlassenen Lehrern, Wissenschaftlern, Juristen, Diplomaten, Militärs und Angestellten der DDR mit belasteten Nazis wie dem unter Konrad Adenauer als Staatssekretär in das Bundeskanzleramt geholten Mitautor des Kommentars zu den Nürnberger Rassegesetzen, die den Mord der Nazis an Juden, Sinti und Roma legitimiert hatten.
Um noch einmal in Erinnerung zu rufen, mit welchen Mordgesellen die DDR-Verantwortlichen durch Herrn Gauck verglichen wurden: Globke war Oberregierungsrat im Reichsinnenministerium der Nazis. Er schrieb: „Die Juden müssen sich damit abfinden, daß ihr Einfluß auf die Gestaltung des deutschen Lebens ein für alle Mal vorbei ist.“
Globke wurde in der DDR zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt. Das war nicht Propaganda, wie das oft behauptet wird, sondern eine prinzipielle politische Auseinandersetzung mit der faschistischen Diktatur und ihren Aktivisten.
In diesem Zusammenhang sagen Zahlen viel darüber aus, mit welchem Personal man rücksichtsloser umgesprungen ist, mit Nazis oder mit Antifaschisten: 1933 wechselten die Nazis elf Prozent der Eliten der Weimarer 2 Professor A. Baring „Deutschland, was nun?“ RotFuchs / Dezember 2021 Seite 13 Republik aus. In Westdeutschland wurden 1945 dreizehn Prozent der Nazikader entfernt. Nach dem Anschluß der DDR an die Bundesrepublik schickte die neue bundesdeutsche Herrschaft 85 Prozent der DDREliten ins berufliche und damit oft auch ins soziale Aus.
Vergangenheit als SS-Angehöriger störte bei der Übernahme in bundesdeutsche Ämter nicht, IM gewesen zu sein dagegen wurde zum Kainsmal auf Lebenszeit.
Meines Wissens hat niemand aus der Bundesregierung je solchen Diskriminierungen widersprochen. Wie auch dem Slogan nicht „Leben wie bei Kohl und arbeiten wie bei Honecker“, was uns DDR-Bürgern quasi zu Schmarotzern erklärte oder dem Urteil, Ursache für rechtes Gedankengut im Osten sei das „Zwangstopfen“ in den Kinderkrippen der DDR. Der westdeutsche General Schönbohm war sich als brandenburgischer Innenminister sicher, daß der fürchterliche Babymord in Finkenheerd unbedingt eine „Folge der Proletarisierung in der DDR“ gewesen ist. Nicht vergessen auch die wiederbelebte Kampagne gegen die Roten Socken, in deren Folge nicht wenige DDR-Bürger durch Selbstmord aus dem Leben geschieden sind. Bis in die Gegenwart hinein wird keine Statistik darüber veröffentlicht, wer aus Verunglimpfung, Verurteilung oder finanzieller Not im Zusammenhang mit der „deutschen Einheit“ aus dem Leben ging. (…)
Wie man sich auch dreht und wendet, die Diskriminierung von DDR-Bürgern war staatlich gewollt, von der „Aufarbeitungsindustrie“ erfunden, von der Regierung angeordnet und – wo notwendig – von den Gerichten ausgeführt.
Ich frage mich manchmal schon, warum das alles?
Es geht ja nicht um die Aufbereitung historischer Fehler. Daran würde ich mich ja gern beteiligen. Schon, damit es kommende Generationen besser machen als wir. Nein, es geht nicht einmal nur um Revanche dafür, die Macht des Kapitals für einige Jahrzehnte eingeschränkt zu haben. Es geht um Prävention, daß die Erinnerung an die tatsächliche DDR als Impuls für kommende Kämpfe wirken könnte.
Ein Streit um die Geschichte ist immer auch ein Streit um die Gegenwart. Die Umdeutung der Geschichte ist inzwischen auch mit einer Neuverteilung geschichtlicher Schuld verbunden. In den Ersten Weltkrieg sei man halt nur so reingerutscht, ganz ohne imperiale Interessen. Für den Zweiten Weltkrieg gibt es gleich zwei Verantwortliche: Stalin und Hitler, womit deutsche Schuld relativiert wird. Die Schuld für die Spaltung Deutschlands wird allein der DDR angedichtet. Was für ein Geschichtsrevisionismus!
Zu den absurdesten Vorwürfen gehört, DDRBürger hätten 40 Jahre auf der „falschen Seite der Geschichte gestanden“. Der Mann, aus dessen Mund das stammt, ist noch immer vom Siegesrausch seines Gleichen benebelt. Wer, bitte schön, bestimmt, wo die richtige Seite der Geschichte war? Etwa der mit dem zweifelhaften Titel „Ostbeauftragter“, ein Parteifreund des früheren rechtslastigen Präsidenten des Verfassungsschutzes? Nein, schauen wir auf die über 200jährige Geschichte nach der Französischen Revolution und der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution und ihre Auswirkungen, dann stellen wir einen Kampf von Revolution und Konterrevolution fest. Genau das erleben wir auch jetzt. Wie dieser Kampf ausgeht, wird die Zukunft erweisen.
Unzählige Ereignisse in der Welt und in Deutschland haben die DDR-Bürger immer zur Parteinahme herausgefordert: die nie heilenden Wunden von Hiroshima und Nagasaki, die Todesschüsse auf Patrice Lumumba, Martin Luther King, Salvador Allende, Mandela in rassistischem Gewahrsam auf Robben Island, US-Invasionen von Vietnam über Kuba bis Grenada, Befreiungskriege in Angola, Mozambique und weiteren Staaten in Asien und Afrika.
Und die Bundesrepublik Deutschland? Immer – offen oder verdeckt – an der Seite der Invasoren, der Apartheid in Südafrika und der Diktatoren in Griechenland, Portugal, Spanien und Chile. Bis heute werden deutsche Waffen an Diktaturen geliefert.
Wie verwirrt muß jemand sein, der vor diesem geschichtlichen und aktuellen Hintergrund DDR-Bürger auf „diktatursozialisiert“ reduziert, die auch „nach 30 Jahren nicht in der Demokratie angekommen“ seien. Abgesehen davon, daß es ja für die DDR spricht, wenn sich so viele ihrer erinnern. Der Herr vergißt vor das Hauptwort „Demokratie“ die Adjektive „westdeutsche“ oder „bürgerliche“ zu setzen. Auf die Idee, daß diese Demokratie weit weg ist von dem, was Volksherrschaft wirklich bedeutet, kommen diese Leute nicht. Wenn man unsere Sozialisation schon mit einem Wort ausdrückt, dann sind wir vor allem „humanismussozialisiert“.
Wir verstanden uns als Arbeiter-und-Bauern-Staat, wenn man so will, als eine Diktatur der Mehrheit über die Minderheit. Diktatur hin und her, entscheidend ist doch die Rolle, die die Menschen in einem Staat spielen. Kein Realist wird bestreiten können, daß wir bei allem Unvollkommenen da besser waren als die Bundesrepublik heute ist. Es kann nicht gelingen, den Leistungen der Ostdeutschen mehr Respekt zu zollen, wenn gleichzeitig der Staat, auf dessen Boden diese erst ermöglicht wurden, als Unrechtsstaat herabgewürdigt wird. Wie lächerlich ist doch die Behauptung, DDR-Bürger hätten ihre Leistungen „trotz SED-Regimes“ vollbracht.
Den Regierenden ist offensichtlich bis in unsere Tage hinein entgangen: DDR-Bürger hatten nicht nur die Trümmer des Zweiten Weltkrieges beseitigt, Städte und Dörfer wieder bewohnbar gemacht, wertvolle kulturhistorische Bauten wiedererrichtet, sondern auch zahlreiche neue Betriebe, Straßen, Stadtteile und Städte mit modernen Wohnungen, Schulen, Kinderkrippen und Kindergärten, Ambulatorien, Krankenhäusern, Sport- und Kulturstätten geschaffen. Nicht zu vergessen, daß jene historischen Gebäude, in denen sich die heute Regierenden selbst feiern, von der DDR wiederaufgebaut wurden: das Schauspielhaus Berlin, die Semperoper Dresden, das Gewandhaus Leipzig und vieles mehr. Es gab 1945 nichts, aber auch gar nichts, was die SED hätte runterwirtschaften können, wie ihre Gegner behaupten. Mit Schmerz haben wir dagegen erleben müssen, daß der moderne „Palast der Republik“, mit dem Fleiß des Volkes aufgebaut, dem reaktionärsten Traditionsbewußtsein der Konservativen weichen mußte. Zurecht empfinden viele das als ein kulturpolitisches Verbrechen.
Wenn die DDR so großartig war, höre ich oft, warum gibt es sie dann nicht mehr? In der Regel erwartet man von mir die Antwort sogar in einem Satz. Diesen einen Satz kenne auch ich nicht.
Die Antworten fielen dann auch in den zurückliegenden Jahren sehr unterschiedlich aus. Für die einen war Honecker der Bösewicht, der vom Altersstarrsinn befallen sein sollte, für andere hatte Krenz, also ich, zu spät gehandelt und dann alles in den Sand gesetzt; Modrow hätte es besser gekonnt. Für einen ganzen Parteitag, der das Kind mit dem Bade ausschüttete, wiederum war der Stalinismus schuld, jener Gummibegriff, der als Totschlagsargument für alles und nichts benutzt werden kann. Andere fanden heraus, die DDR hätte 1985 einfach nur Gorbatschow und seiner Perestroika folgen müssen, dann wäre alles gut gegangen, obwohl inzwischen erwiesen ist, daß diese Politik letztlich zur Zerschlagung der Sowjetunion geführt hat. Es gab auch Leute, die einen anderen Sozialismus als den in der DDR wollten, ohne zu wissen, wie der denn hätte aussehen sollen, ohne Marx und ohne Lenin. Mehr Demokratie hätte die DDR retten können, meinen wiederum andere. Viele finden persönliche Gründe heraus: herzloses Handeln von DDR-Verantwortlichen, fehlende Reisefreiheit, mangelndes Vertrauen, Amtsmißbrauch und Korruption. Inzwischen ist Gorbatschow der „Verräter“, der für alles verantwortlich ist. Darin liegt viel Wahrheit, vor allem die Entsendung seines Beauftragten Portugalow hinter dem Rücken der DDR am 21. November 1989 zu Gesprächen nach Bonn war die entscheidende Operation zur Preisgabe der DDR.
Verrat hat nur einen „Schönheitsfehler“. Es sagt nichts darüber aus, warum wir uns haben verraten lassen.
Bei jedem der oben genannten Gründe gibt es sicher ein Körnchen Wahrheit, das zum Gesamtbild beiträgt, bei dem einen weniger, bei dem anderen mehr. Für Gregor Gysi jedoch ist die Sache einfach: Die DDR sei an sich selbst gescheitert und das zurecht, meint er. Sie sei uneffektiv, undemokratisch und unökologisch gewesen. Basta! Das ist für mich eine unzulässige Vereinfachung. Ich verkenne nicht, daß ein Großteil subjektive Schuld auch bei der Partei- und Staatsführung lag, der ich angehörte und sie zum Schluß selbst leitete. Je schwieriger die Situation wurde, um so weniger haben wir die Realitäten des Lebens wahrgenommen. Die gesellschaftliche Realität wurde vom Politbüro geschönt und dieses schöne Bild als die gültige Realität ausgegeben. Das Vertrauensverhältnis zwischen Partei und Volk wurde so über einen langen Zeitraum zusehends zersetzt. Vor allem haben wir versäumt, die Veränderungen in der Welt Seite 14 RotFuchs / Dezember 2021 aus marxistischer Sicht zu analysieren und daraus Schlußfolgerungen zu ziehen und diese mit der Bevölkerung offen und ehrlich zu diskutieren. Die DDR-Bevölkerung war doch politisch hochgebildet und interessiert. Dieses Potential haben wir leider in den 80er Jahren ungenutzt gelassen. Als uns im Sommer 1989 so viele Bürger verließen, waren Politbüro und Regierung sprachlos und hatten nur die unsinnige Aufforderung parat, den Flüchtigen „keine Träne nachzuweinen“.
Trotz allem scheint mir, die Antwort auf einen komplexen historischen Vorgang, auf den Untergang einer geschichtlichen Epoche, kann auch nur komplex sein. Die DDR ist als Teil eines Ganzen, als ein Land des europäischen Sozialismus, von der politischen Landkarte getilgt worden. Sie ist an objektiven historischen Umständen zerbrochen, vor allem daran, daß von Moskau bis Berlin die viel beschworene Einheit von sozialistischer und wissenschaftlich-technische Revolution nicht wirklich in Angriff genommen wurde. Dafür aber das Wettrüsten, das Unsummen verschlang. Die UdSSR lief in die von den USA aufgestellte strategische Falle des Wettrüstens.
Man darf nicht alles auf den imperialistischen Gegner schieben. Aber daß der von Anfang an und mit allen möglichen und unmöglichen Mitteln versucht hat, die DDR zu beseitigen, darf man nicht kleinreden. Die DDR war ihm von Anfang an ein Dorn im Auge. Er unterschob uns schon Verbrechen, als wir noch gar nicht existierten. Als 1948 das Grundgesetz der Bundesrepublik ausgearbeitet wurde, hat Carlo Schmid (SPD) formuliert: Man wolle „treuhänderisch“ für das gesamte deutsche Volk ... ein Rumpfdeutschland, das den Anspruch erhebt, Gesamtdeutschland zu repräsentieren. Eine Folge wäre, daß man die Bevölkerungsteile Mittel- und Ostdeutschlands als Irredenta (beanspruchtes Gebiet im Ausland – d. Red.) anzusehen hätte, deren Heimholung mit allen Mitteln zu betreiben wäre. Wer sich diesem Anspruch einer westdeutschen Regierung nicht unterwerfe, hieß es weiter, wäre „als Hochverräter zu behandeln und zu verfolgen“.3
Kohl und seine Leute griffen in diesem Sinne zu, als das Hauptland des Sozialismus, die UdSSR, schon auf dem Sterbebett lag. Die Sowjetunion und mit ihr wir hatten den Kalten Krieg verloren. (…)
Vor zwei Jahren hat der Bundespräsident in seinem Amtssitz eine Gesprächsreihe „Geteilte Geschichte“ eröffnet, was wohl so viel heißen sollte, die Geschichte beider deutscher Staaten und ihrer Menschen zu erzählen. Eigentlich eine gute Idee. Aber
3 Verfassungskonvent vom Herrenchiemsee vom 10. bis 23. August 1948. Protokolle der Sitzungen der Unterausschüsse, Unterausschuß I: Grundsatzfragen, Bundesarchiv
(Koblenz), Z. 12, Nr. 26, S. 4/5. Zit. nach R. Badstübner: Friedenssicherung und deutsche Frage. Vom Untergang des Reiches bis zur deutschen Zweistaatlichkeit 1943 bis 1949, Berlin 1990, S. 379
„aufgearbeitet“ wird ja bisher leider nicht die Geschichte beider Staaten, sondern nur die der DDR. Und das ist noch geschönt ausgedrückt. Tatsächlich steht die DDR am Pranger, während die Bundesrepublik alles Gute und Schöne der deutschen Geschichte repräsentieren soll.
Der Eröffnungsvortrag des Bundespräsidenten setzt leider diese negative Tradition fort. Es wimmelt nur so von Verdächtigungen gegen die DDR ohne Bezug auf die zeitgeschichtlichen Zusammenhänge. Vermißt habe ich beispielsweise Vorgänge, für die Stichworte stehen wie:
• Wer eigentlich ist verantwortlich für die Spaltung Deutschlands,
• wer für die nahtlose Wiederverwendung großer Teile des Personals der Hitlerdikatatur in der jungen Bundesrepublik,
• wer für die Remilitarisierung und den Aufbau der Bundeswehr mit Hilfe von Hitlergenerälen, • wer für den Beitritt der BRD zur NATO,
• wer für die Teilnahme an aktuellen Kriegen, vordergründig an dem längsten Krieg der neuesten deutschen Geschichte in Afghanistan?
Die Sünden der Bundesrepublik werden verschwiegen. In den 50/60 Jahren wurden linke und andere demokratische Kräfte vor Gericht gestellt und saßen dort Richtern und Staatsanwälten gegenüber, von denen sie bereits in der Nazizeit verfolgt worden waren. Ausgangspunkt waren die von der Adenauer Regierung verfaßten Blitzgesetze, auf deren Grundlage bei den Gerichten Sonderstrafkammern für politische Strafverfolgung eingerichtet wurden. Von 1950 bis 1968 wurden mehr als 500 000 politische Ermittlungsverfahren durchgeführt, die zu etwa 25 000 bis 30 000 Verurteilungen führten. Der Besitz von Büchern aus der DDR galt als kriminelles Vergehen ebenso wie die Inszenierung von Brecht-Stücken.
Höhepunkt der Kriminalisierung politischer Gegner war das Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands, der FDJ und weiterer demokratischer Organisationen. Das alles war verbunden mit Inhaftierungen, mit der Aberkennung bürgerlicher Rechte, mit dem Verlust von Arbeitsplätzen, schwerwiegenden sozialen Benachteiligungen, nicht zuletzt führen sie zu erheblichen Einbußen bei der Rente. Bis zum heutigen Tage ist keine Rehabilitierung der Opfer der bundesdeutschen Gesinnungsjustiz erfolgt.
Es gibt keinen Grund, alles Schlechte in der deutschen Nachkriegsgeschichte der DDR und alles Gute der Bundesrepublik anzuheften. Die beiden deutschen Staaten standen von Anfang an in einem Verhältnis von Aktion und Reaktion: Nicht die Gründung der DDR und ihre 40jährige Existenz sind Schanddaten der deutschen Geschichte, sondern die Versuche, die Lehren der deutschen Geschichte nicht zu ziehen und zu vergessen, daß Deutschlands Unglücksdatum der 30. Januar 1933 war. (…)
Kürzlich wurde eine neue „Beauftragte des Bundestages für die SED-Opfer“ gefunden, die als Einstand bekanntgab: In der DDR waren etwa 300 000 Bürger aus politischen Gründen inhaftiert.
O, wie grausig. Wo nur sollen so viele Gefängnisse gewesen sein, zumal diese vor allem für normale Gesetzesbrecher bestimmt waren. Am 20. Juni 1987 zum Beispiel befanden sich exakt 27 523 Erwachsene in Haft. 4% von ihnen hatten einen politischen Hintergrund. Amnestiert und aus der Haft entlassen wurden in dieser Zeit 24 621 Personen. Es blieben also rund 3000 Personen in den Gefängnissen übrig. Dies waren Naziund Kriegsverbrecher, Mörder, Gewalt- und Sittlichkeitsverbrecher.
1987 gab es in der DDR 46 Strafvollzugsanstalten und 36 Untersuchungshaftanstalten. Um nicht mißverstanden zu werden: Jeder zu Unrecht Verurteilte war einer zu viel. Und ich bedaure dies um so mehr, weil es keine Staatsdoktrin war, Unrecht zuzulassen. Aber auch hier sollte das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes gelten. Es gibt nämlich hunderttausende Opfer der politischen Justiz der alten Bundesrepublik, für die es keine Opferbeauftragten gibt.
Ich benutze das Kürzel „Stasi“ nicht. Nicht nur, weil es historisch korrekt „MfS“ (Ministerium für Staatssicherheit) heißen müßte, sondern weil inzwischen „STASI“ und „GESTAPO“ zu Wortpaaren gemacht wurden wie beispielsweise Faschismus und Sozialismus. Damit wurde es ein ideologischer Kampfbegriff, der keiner wirklichen Aufarbeitung der Geschichte dienen kann.
Ich wundere mich gelegentlich, wie leicht dennoch das Wortgebilde „STASI“ selbst gestandenen DDR-Funktionären über die Lippen geht, obwohl es zum Schimpf- und Hauptwort der Delegitimierung der DDR gemacht wurde. Das MfS war wie alle anderen Ministerien auch Verfassungsorgan und insofern weit entfernt von der Reduzierung auf den ideologischen Begriff „Geheimpolizei“. Bei allem, was auch kritisch zum MfS zu sagen ist, bleibt doch wahr, daß die DDR wie andere Staaten auch ein berechtigtes Sicherheitsbedürfnis hatte.
Die neuen Machthaber wissen nur allzu gut, warum sie alle Erkenntnisse des MfS zu den Machenschaften des BND und anderer westlicher Geheimdienste gegen die DDR bis heute unter Verschluß halten. (…)
Zurückliegende geschichtliche Ereignisse können zu Daten der aktuellen Politik werden und erklären, warum beispielweise Rußland angesichts der Ausbreitung der NATO berechtigt um die Sicherheit seiner Grenzen besorgt ist. Ein solches Datum ist der 22. Juni 1941, der Tag des Überfalls Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion, der sich kürzlich zum 80. Mal jährte, und den Bundestagspräsident Schäuble der Erinnerung im Deutschen Bundestag nicht für notwendig hielt.
Bei Bodo Ramelow las ich in seinem Onlinetagebuch: „Beide Daten – der 22. Juni 1941 sowie der 13. August 1961 – markieren auf natürlich sehr verschiedene, aber dennoch einschneidende Weise für Millionen Menschen in Deutschland, Europa und der Welt katastrophale Wendepunkte ihres Lebens.“ Für 27 Millionen Sowjetbürger gab es keine Wendepunkte ihres Lebens mehr. Sie starben RotFuchs / Dezember 2021 Seite 15 in den Kämpfen des Zweiten Weltkrieges, in den Schlachten um Stalingrad und Berlin, während der verbrecherischen Blockade Leningrads durch die deutsche Wehrmacht, an der auch spätere führende Politiker der Bonner Republik beteiligt waren.
Für jeden Deutschen sollte sich eine Verharmlosung dieser Verbrechen verbieten. Auch ich sehe einen Zusammenhang zwischen dem 22. Juni 1941 und dem 13. August 1961. Er ist grundsätzlicher. Zur Logik der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts gehört nämlich die Erkenntnis: Ohne den 30. Januar 1933, den Machtantritt des Verbrechers Hitler, kein 1. September 1939, kein Überfall auf die Sowjetunion, keine deutsche Niederlage, keine deutsche Spaltung, ohne Spaltung keine Bundesrepublik und keine DDR, keine Mauer, keine Militärbündnisse. (…)
Ich habe während meines Studiums in Moskau in direkter Wohngemeinschaft mit sowjetischen Menschen viermal den Erinnerungstag an den 22. Juni 1941 erlebt. Ich konnte dabei nachempfunden, daß mit dem Aufruf zum Heiligen Krieg des Sowjetvolkes 1941 gegen die faschistischen Eindringlinge immer auch ein patriotisches Versprechen der sowjetischen Bürger verbunden war, das auch im heutigen Rußland gilt. Es lautet: Nie wieder soll es irgendwelchen Aggressoren gelingen, so nahe der eigenen Landesgrenze zu stehen, wie damals die Deutschen.
Diese Überlegung spielte 1945 eine Rolle, als mit dem Kriegsende die erste strategische Verteidigungslinie der sowjetischen Armee von der einstigen Staatsgrenze weg an die Oder und Neiße gelegt wurde.
Sie war präsent, als nach der Ablehnung der sowjetischen Note zur deutschen Einheit im März 1952 durch die drei Westmächte und die Bundesrepublik diese Grenze von der Oder und Neiße an die Elbe und Werra vorverlegt wurde.
Und sie war gegenwärtig, als 1955 und 1961 aus der ersten strategischen sowjetischen Verteidigungslinie zusätzlich die Außengrenze des Warschauer Vertrages zur NATO militärisch gesichert wurde wie keine andere Grenze auf der Welt. (…)
Gorbatschow ließ sich von den USA über den Tisch ziehen, gestand der NATO ihre weitere Existenz trotz Auflösung des Warschauer Vertrages zu und machte hinter dem Rücken der DDR-Führung den Weg zur „deutschen Einheit“ frei, ohne dafür vertraglich bindend politische Gegenleistungen zu fordern.
Das Ergebnis: Das Territorium der Warschauer Militärkoalition, das einst die Sowjetarmee vom Faschismus befreit hatte, wurde innerhalb kurzer Zeit nicht etwa blockfrei, sondern dem Militärbündnis des politischen und militärischen Gegners zugeschlagen.
Ein einmaliger Vorgang in der Weltgeschichte, der von den Regierenden allzu gern unterschlagen wird.
Gorbatschow gab sich leichtgläubig mit einer mündlichen Versicherung zufrieden, daß sich die NATO nicht weiter nach Osten ausdehnen würde. Zwar bestreiten einige Politiker nachträglich, daß es je eine solche Zusicherung gegeben habe. Doch die Archive sprechen eine andere Sprache. Der damalige NATO-Generalsekretär Wörner hatte am 17. Mai 1990 öffentlich bekanntgegeben: „Schon der Fakt, daß wir bereit sind, die NATO-Streitkräfte nicht hinter den Grenzen der BRD zu stationieren, gibt der Sowjetunion feste Sicherheitsgarantien.“
Das war – wie gesagt – im Mai 1990. Da gab es die DDR noch. Das heißt: Die Sicherheitsgarantie der NATO lautete eigentlich sogar: Östlich von Elbe und Werra, also der damaligen Ostgrenze der BRD, sollten keine NATOTruppen stationiert werden. Das bedeutet: Auch auf dem Territorium der DDR nicht! Daß Monate nach dieser Erklärung die UdSSR zerschlagen wurde, kann nicht als Vorwand dafür gelten, die gemachten Zusagen der NATO nicht einzuhalten.
Bekanntlich ist die Sowjetunion nicht durch Volkes Willen aufgelöst worden. Nicht durch einen Volksaufstand. Eine Volksbefragung hatte dagegen ergeben, daß die Mehrheit der Sowjetbürger für den Erhalt der Union war. Die Sowjetunion wurde von Teilen der sowjetischen Elite von oben zerschlagen. Das hat Gorbatschow und Jelzin die Sympathie des Westens gesichert. Mit dem ständig alkoholisierten Jelzin hatten die USA und ihre Verbündeten zudem ein leichtes politisches Spiel. Sie wurden sagar Saunafreunde, die „vergaßen“, nationale Interessen der Sowjetbürger wahrzunehmen. In den Vorzimmern der Macht saßen plötzlich US-amerikanische Berater.
Damıt und mit der Verschleuderung des russischen Volksvermögens an US-amerikanische und internationale Konzerne (...) hat Putin Schluß gemacht. Nach den demütigenden Jelzin-Jahren ist Rußland zurückgekehrt in den Status einer Großmacht. Putin stellt wieder legitime russische Interessen in den Vordergrund. Seine Politik hat dem russischen Volk seine Würde wiedergegeben.
Damıt hat er den Haß jener Kräfte auf sich gezogen, die Rußland als gleicberechtigten Teilnehmer an der Lösung internationaler Probleme ausschalten wollen und das Land lediglich – wie es einst Obama arrogant verkündete – als „Regionalmacht“ betrachten. Ziel ist es, in Rußland ein dem Westen zugewandtes Regime zu installieren. Nichts lieber hätten diese Leute als einen Maidan auch auf dem Roten Platz in Moskau. An diesem Punkt muß angesetzt werden, wenn es um die Ursachen der Konflikte in der Welt geht. Vieles, was heute durcheinandergeraten ist, ob die Konflikte im Irak, in Syrien, in Libyen, im Jemen, aber auch in der Ukranine, hängen mit den Jahren 1989 bis 1991 zusammen, als die Sowjetunion zerschlagen wurde.
Die UdSSR war bis dahin eine Barriere gegen die Weltmachtambitionen der USA. Undenkbar, daß es bei ihrer Existenz einen so breiten Gürtel von Bürgerkriegszonen gegeben hätte, wie wir sie jetzt im Nahen und Mittleren Osten erleben, wo der Westen unter der Losung des „Sturzes von Diktatoren“ und der „Bewahrung von Menschenrechten“ im Prinzip Bürgerkriege erst möglich gemacht hat.
Inzwischen ist klar, daß es den USA 1989 keineswegs in erster Linie um die „deutsche Einheit“ ging. Sie war nicht ihr Hauptziel. Sie war ein Mittel, um die Streitkräfte der UdSSR und später der Rußlands aus dem Zentrum Europas zu drängen.
Der Warschauer Vertrag wurde einseitig aufgehoben. Die NATO blieb. Die russischen Streitkräfte zogen aus Mitteleuropa ab. Die USA setzten sich hier fest. Sie haben in Deutschland nach wie vor Atomwaffen stationiert. Condoleezza Rice, die spätere Außenministerin der USA, bekannte freimütig: Mit dem vereinten Deutschland, eingebettet in die NATO, war „Amerikas Einfluß in Europa gesichert“. Daß inzwischen auch wieder deutsche Soldaten mit Panzern und schwerem Gerät an Rußlands Grenzen stehen, ist ein entscheidender Punkt der Fehlentwicklungen seit 1990.
Nicht die Rückkehr der altrussischen Krim in die Russische Föderation ist die Ursache dafür, daß Rußland und sein Präsident vom Westen verteufelt werden. Nein, die Zukunftsvision eines friedliebenden Europas zerschellte nicht in der Ostukraine, auch nicht auf der Krim, auch nicht in Belorußland. Sie zerbrach schon in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als NATOStaaten, darunter Deutschland, Jugoslawien bombardierten. Sie machten damit aus dem Kalten einen heißen Krieg. Erstmals seit 1945. Und das mitten in Europa.
Rußland und Putin werden hierzulande politisch instrumentalisiert, um angebliche deutsche Verantwortung in der Welt militärisch zu begründen, die Aufrüstung der NATO-Staaten zu rechtfertigen und mehr Geld für die Aufrüstung zu bekommen. (…) Sie werden nicht klüger, diese Exporteure sogenannter westlicher Werte. Der versuchte Export solcher Werte hat zuletzt zu der Katastrophe von Afghanistan geführt, er ist verantwortlich für die Situationen im Irak, in Syrien, in Libyen, im Jemen und manch anderen Staaten. Die deutschen Politiker müssen endlich akzeptieren, daß die Russen ihre Lebensart haben, ihre Souveränität verteidigen und nicht zulassen können, daß die NATO ständig an ihren Grenzen provoziert. (…) Ohne Rußland ist kein globales Problem der Menschheit zu lösen. Deshalb ist es so kurzsichtig, daß Deutschland gegenüber Rußland amerikanische Außenpolitik betreibt. (…)
Wir gehörten zu den Generationen, für die der Sozialismus Gegenwart und Zukunft bedeutete. Daß es hätte auch anders kommen können, hatte in unserem damaligen Denken keinen Platz. Wir verstanden uns als Sieger der Geschichte und standen plötzlich als deren vermeintliche Verlierer da. Das ist sehr hart und muß erst einmal verkraftet werden. Von jedem einzelnen! Das kostete und kostet weiter Kraft.
Ist das aber Nostalgie? Ich glaube nicht. Wer nicht fähig ist, sein sinnvoll gelebtes Leben in bester Erinnerung zu behalten, dem mangelt es an Emotionen, wer nur in der Vergangenheit lebt, ohne an Gegenwart und Zukunft zu denken, dem mangelt es an Optimismus. Wir, davon bin ich überzeugt, werden – solange Leben in uns ist – keine Ruhe geben, um die Geschichtslügen über die DDR zu entlarven. Redaktionell gekürzt Seite 16 RotFuchs / Dezember

Ein dringendes Anliegen des „RotFuchs“:


Quelle: IMI-Standpunkt 2021/049. 30.August 2021
Redaktionell gekürzt
Auf der Seite 27 des Oktoberheftes schreiben Dr. Arnold Schölzel, Bruni Steiniger, Wolfgang Dockhorn und Jürgen Claußner u.a.:

Wir sind der Meinung, daß die Verantwortung des „RotFuchs“ – sowohl der Zeitschrift wie des Fördervereins – wächst. Der Imperialismus steigert die Kriegsgefahr und pfeift auf seine Rechtsordnung. Für Letzteres ist der Versuch, die DKP von den Bundestagswahlen auszuschließen und ihr den Parteistatus zu entziehen, ein besonders drastisches Beispiel. Das wurde vorläufig gestoppt, aber angesichts ähnlicher Attacken auf die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes–Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) und auf die Tageszeitung „junge Welt“ läßt sich feststellen: Linke Stimmen in der BRD sollen eingeschüchtert und mundtot gemacht werden.

Gleichzeitig sympathisieren Teile des Staatsapparates mit Faschisten, sitzen Nazi-Abgeordnete in allen deutschen Landesparlamenten und im Bundestag. In dieser Situation mehren sich in der Partei Die Linke Stimmen, die deren friedenspolitische Positionen revidieren wollen. Der „RotFuchs“ bleibt gerade in diesem Punkt kompromißlos parteilich – so wie in der Verteidigung der DDR und der Traditionen der Arbeiterbewegung. Wir halten den Kampf für den Frieden und gegen imperialistischen Krieg heute für die wichtigste Aufgabe von Kommunisten, Sozialisten und allen anderen Linken. Aus unserer Sicht ist es dringend nötig, den Einfluß unserer „Tribüne“ zu erweitern. (…)

Wer noch nicht Mitglied im „RotFuchs“-Förderverein ist, der kann dies gerne werden. Ein Anruf genügt: 030-241 26 73. Wir, die „RotFuchs“-Macher, brauchen Eure Hilfe, damit die von ihren Freunden und Mitstreitern geliebte und vom Gegner gehaßte kommunistisch-sozialistische Zeitschrift weiter erscheinen und
verbreitet werden kann.


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