Ukraine als
Aufmarschgebiet der NATO: Bereits 10.000 Soldaten der westlichen
Allianz im Land
VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 21. DEZEMBER 2021
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Betrachtet
man die Zahlen der in der Ukraine stationierten NATO-Kräfte, kommt
man zu dem Schluss, dass die Ukraine de facto schon lange ein
NATO-Mitglied ist, welches enger mit dem Bündnis zusammenarbeitet,
als manch andere NATO-Staaten in der Region.
Moskau wirft der
NATO eine schleichende Vereinnahmung der Ukraine für antirussische
Zwecke vor. Eine mögliche Mitgliedschaft des nach Russland
zweitgrößten Staates in Osteuropa im transatlantischen
Militärbündnis ist gegenwärtig womöglich der größte
geopolitische Zankapfel weltweit. In den vergangenen Wochen erhöhten
sich die diplomatischen Spannungen um diese Frage noch einmal
deutlich.
Trotz russischer Einwände: NATO verspricht weitere
Expansion
Der Kreml bezeichnet eine mögliche NATO-Mitgliedschaft
des Nachbarlandes als inakzeptabel. Im Wesentlichen besteht die
Ukraine aus Territorien, die über Jahrhunderte hinweg zu den
Kerngebieten Russlands gehörten. Auf diese Tatsache machte der
russische Präsident Wladimir Putin im Juni in einem Essay über die
Geschichte der beiden Länder aufmerksam.
In einem
begleitenden Fernsehinterview sagte er, dass eine Stationierung von
Raketensystemen in der Ukraine eine existenzielle Bedrohung für
Russland darstelle. Putin sprach von einer fortschreitenden
„militärischen Erschließung“ der Ukraine durch die NATO.
Die
Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa gab
während ihrer wöchentlichen Pressekonferenz am Mittwoch Aufschluss
über die Anzahl der in der Ukraine befindlichen NATO-Soldaten. Im
Land seien etwa 10.000 NATO-Soldaten stationiert, wobei 4.000 von den
USA und 6.000 weitere von anderen Staaten der Allianz gestellt
würden.
Sie betonte, dass für das Jahr 2022 neun gemeinsame
Militärübungen der Ukraine mit NATO-Staaten geplant seien und wies
darauf hin, dass die Anwesenheit ausländischer Streitkräfte in dem
Land gegen die Minsker Vereinbarungen verstoße. Mit
Friedensbemühungen hätten dies nicht zu tun, kritisierte die
Diplomatin:
„Die Übungen haben eines gemeinsam – sie
sind gegen Russland gerichtet.“
Russland und China
versus USA mit NATO-Verbündeten: Vorbereitungen auf den Ernstfall
laufen
Zum Vergleich: Mehr US-Soldaten östlich der Oder sind nur
in Polen stationiert (5.000). In kaum einem anderen Land entlang der
gesamten östlichen Flanke der NATO von Griechenland bis Estland
befinden sich so viele ausländische Soldaten der Allianz wie im
Nichtmitgliedsland Ukraine. Das Gleiche gilt für die Zahl der
gemeinsamen Militärübungen und Einrichtungen. Verschiedenen
Schätzungen zufolge, gibt es in der Ukraine zwischen zehn und 20
NATO-Einrichtungen, die laut einer Recherche als Trainingszentren
getarnt sind. Auch die Zahl der tatsächlich in der Ukraine tätigen
Soldaten aus verschiedenen NATO-Staaten könnte die von Sacharowa
genannte übersteigen.
Russische Zeitung: Ukraine ist de
facto NATO-Mitglied
„Bis zu 4.000 US-Soldaten und
weitere 8.300 Soldaten aus anderen NATO-Ländern könnten sich heute
auf ukrainischem Gebiet befinden“, schreibt etwa die russische
Zeitung Komsomoskaja Prawda mit Verweis auf Insiderquellen in den
ukrainischen Militärstrukturen.
Laut dem Autor der Recherche,
dem Kriegskorrespondenten und Militäranalysten Alexander Kots, seien
offizielle Waffenlieferungen der USA und Großbritanniens an Kiew nur
die Spitze des Eisbergs. „Ihr unsichtbarer Teil sind Militärbasen,
Sabotage und Cyber-Informationszentren sowie psychologische
Angriffe“, die der Vorbereitung eines Kriegs gegen Russland dienen
könnten.
Ukrainischer Verteidigungsminister fordert NATO zur
Lieferung von Angriffswaffen auf
Allein auf dem Übungsplatz
Yworiw im Westen der Ukraine seien 400 NATO-Angehörige stationiert.
Wie am Fließband würden dort ukrainischen Streitkräften die
Kriegsführung nach NATO-Standards beigebracht. Allein seit April
hätten 13 Bataillone und acht Brigaden der ukrainischen Armee diese
Militärausbildung durchlaufen, hieß es.
In dem
beachtenswerten Artikel ist auch die Rede von geheimen Lieferungen
tödlicher Angriffswaffen wie etwa Schiffsminen oder
Scharfschützengewehren und dem Bau von NATO-Stützpunkten für die
Marine der USA und Großbritanniens in südukrainischen Hafenstädten.
NATO-Instrukteure seien unmittelbar an Vorbereitungen von
Sabotageakten, Terrorangriffen und Entführungen auf der russischen
Halbinsel Krim beteiligt. So sei im Jahr 2019 die Entführung von
Wladimir Zemach, einem angeblichen Zeugen des Abschusses der
malaischen Boeing MH17, und dessen Überführung nach Kiew die
Examensarbeit ukrainischer Absolventen eines US-Sabotagekurses
gewesen. Auch Militäraufklärer und geheimdienstliche Organe aus den
NATO-Staaten seien tief in die Strukturen der ukrainischen
Streitkräfte integriert. Der Autor schlussfolgert:
„Das
heißt, wenn wir sagen, dass die Ukraine den Beitritt zur NATO
anstrebt, müssen wir verstehen, dass sie de facto bereits Mitglied
der NATO ist. Das heißt, sie ist bereits von ausländischen
Kontingenten besetzt.“
Russland fordert
Sicherheitsgarantien und NATO-Abzug aus der Ukraine
Am
Freitag hatte das russische Außenministerium an die Adresse der USA
und der NATO zwei russische Vertragsentwürfe veröffentlicht. In
diesen Dokumenten fordert Moskau unter anderem den Verzicht auf eine
weitere NATO-Osterweiterung und schlägt gegenseitige
Sicherheitsgarantien vor. Explizit ist in dem Papier von der Ukraine
und Georgien als den wahrscheinlichsten Kandidaten für den Beitritt
zur NATO die Rede.
Verzicht auf Osterweiterung: Russland
übermittelt Entwürfe für Sicherheitsverträge mit USA und NATO
Wie
jüngste Analysen allerdings zeigen, genießt die Ukraine auch ohne
NATO-Mitgliedschaft einen Sonderstatus im Netzwerk des Bündnisses.
Nicht zuletzt dank der militärischen Zusammenarbeit auf direktem
Wege mit NATO-Ländern wie Großbritannien, den Niederlanden, Polen,
Litauen und der Türkei. Dabei können diese Staaten zusammen mit den
USA ihre Ziele im militärisch-politischen Bereich in der Ukraine
auch ohne Beistandsverpflichtungen nach Paragraph fünf der
NATO-Bestimmungen erreichen.
Das weiß Russland und fordert
mehr als nur die Garantien für einen Nichtbeitritt der Ukraine.
Russland schlägt eine Rückkehr zum Status quo des Jahres 1997
vor:
„Die Nichtverlegung von Streitkräften und
Rüstungsgütern durch Russland und die NATO-Länder in das
Hoheitsgebiet aller anderen europäischen Staaten, zusätzlich zu den
Streitkräften, die sich am 27. Mai 1997 bereits in diesen
Hoheitsgebieten befanden.“
Darüber hinaus sollen die
NATO-Staaten in der Ukraine sowie in anderen osteuropäischen,
transkaukasischen und zentralasiatischen Staaten auf alle
militärischen Aktivitäten verzichten. Das würde im Grunde nichts
anderes als einen kompletten Rückbau aller bisher fortgeschrittenen
militärischen Verflechtung zwischen der NATO und der Ukraine
bedeuten. Russland appelliert direkt an die USA:
„Die USA
sollten keine Militärstützpunkte auf dem Territorium ehemaliger
Sowjet- und Nicht-NATO-Staaten errichten, deren Infrastruktur nicht
für militärische Aktivitäten nutzen und keine bilaterale
militärische Zusammenarbeit mit ihnen entwickeln.“
Bisherige
Reaktionen aus US- und NATO-Kreisen auf Russlands Forderungen deuten
darauf hin, dass die Verhandlungen über die neue
Sicherheitsarchitektur in Europa extrem schwierig sein werden –
falls sie überhaupt je zustande kommen. Der Kommentar des
litauischen Verteidigungsministers Arvydas Anušauskas bei einer
gemeinsamen Pressekonferenz mit seiner deutschen Amtskollegin
Christine Lambrecht dürfte hierfür als Beispiel dienen.
„Wir
nehmen Putin und sein Umfeld ins Visier“ –
Verteidigungsministerin Lambrecht droht Russland
Anušauskas
zufolge (Zitat dpa) dürfe Russland nicht erlaubt werden, „rote
Linien zu ziehen“. Es sei auch nicht akzeptabel, dass die Führung
in Moskau über Einflusszonen in Europa verhandeln oder einen Rückzug
der NATO-Partner aus östlichen Mitgliedsstaaten des Bündnisses als
Verhandlungsziel auf den Tisch legen könne. Er erklärte zudem, dass
sein Land zu Waffenlieferungen an die Ukraine bereit sei.
Bislang
haben die russischen Vize-Außenminister in ihren Kommentaren zum
Vertragsentwurf bekräftigt, dass Russland fest entschlossen ist, die
grundlegende Änderung der Sicherheitsarchitektur durchzusetzen. Im
Notfall durch die Schaffung einer neuen Bedrohung für die NATO und
die USA. In einem Interview sagte der stellvertretende russische
Außenminister Aleksandr Gruschko:
„Entweder man nimmt
das ernst, was wir auf den Tisch gelegt haben, oder man hat es mit
einer militärisch-technischen Alternative zu tun.“
Er
wies zudem darauf hin, dass Moskau seine Bereitschaft signalisiere,
die Überführung des militärischen Szenarios in einen politischen
Prozess zu diskutieren, der die militärische Sicherheit im
OSZE-Raum, im euro-atlantischen Raum und in Eurasien stärken würde.
Für den Fall, dass dies nicht gelänge, habe Moskau gegenüber der
NATO bereits angedeutet, dass man in den Modus einer reziproken
Bedrohung übergehen
werde.
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