Donnerstag, 9. Dezember 2021

Historische Parallelen - Arnold Schölzel, RotFuchs

 

Entnommen: http://www.rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2021/RF-287-12-21.pdf


RotFuchs


Tribüne für Kommunisten, Sozialisten und andere Linke 


Historische Parallelen


Dezember 2021

Historische Parallelen Geschichte wiederholt sich nicht, weil es stets Alternativen gibt. Die Errichtung der faschistischen Diktatur in Deutschland war nicht zwangsläufig. Insbesondere Kommunisten warnten früh vor ihr. Bleiben aber Eigentums- und Machtverhältnisse erhalten oder werden sie mit Hilfe von außen wie nach 1945 in Westdeutschland restauriert, setzen sich Strategien fort, ergeben sich Parallelen. Das betrifft auch den heutigen deutschen Imperialismus. Der Anschluß der DDR und die Auflösung der Sowjetunion gaben seinem Expansionsdrang und seiner Aggressivität neuen Auftrieb. Bis 1989 war er durch den realen Sozialismus und dessen militärische Macht einigermaßen gebändigt. In der Rückschau erscheint das Attribut „friedensfähig“, das ihm 1987 im gemeinsamen Papier von SED und SPD attestiert wurde, als falsch. Die BRD ist heute die aggressivste Macht Europas in Konkurrenz und Kooperation mit Frankreich und Großbritannien. Die Bundesrepublik ist mit Abstand die größte Wirtschaftsmacht in Mittel- und Westeuropa, die Staaten Ost- und Südosteuropas sind ökonomisch Halbkolonien. Die Ausdehnung dieses Zustandes auf die Ukraine und Belarus war das Ziel des Putsches in Kiew vom 22. Februar 2014 und der anhaltenden Destabilisierungsversuche in Belarus. Dabei geht es um die Wiederaufnahme einer deutschen imperialistischen Idee: Die deutsche Führung setzte schon im Ersten Weltkrieg auf nationalistische Unruhen im Zarenreich und auf dessen Zerfall. Sie hoffte auf einen Sonderfrieden mit St. Petersburg. Ähnliches spielt sich gegenwärtig ab: Die USA konzentrieren sich auf den Schlagabtausch mit China, die BRD auf den mit Rußland. Moskau soll durch eine Kombination von militärischem Druck, durch Destabilisierung eines Verbündeten wie Belarus bei gleichzeitigem reduzierten Wirtschaftsausaustausch davon abgehalten werden, sich mehr als bisher an die Seite Chinas zu stellen.


Wird die geplante neue Regierung aus SPD, Grünen und FDP an diesem Kurs etwas ändern? Die Frage kann nach allem, was bis Mitte November bekannt wurde, mit Nein beantwortet werden. Am 12. November berichtete z. B. „Der Spiegel“, ihm liege das zehnseitige Papier der Arbeitsgruppe Außen-, Verteidigungs- und Entwicklungspolitik für die Koalition aus SPD, Grünen und FDP vor. Aus Sicht der Illustrierten zeigt das Dokument „vor allem eines: Kontinuität.“ Als Beleg wird der Satz zitiert: „Vor dem Hintergrund der fortbestehenden Bedrohung für die Sicherheit Deutschlands und Europas nehmen wir die Sorgen insbesondere unserer osteuropäischen Partnerstaaten ernst, bekennen uns zur Aufrechterhaltung eines glaubwürdigen Abschreckungspotentials und wollen die Dialoganstrengungen der Allianz fortsetzen.“ Die uralte Lüge von der „fortbestehenden Bedrohung“ bleibt also Grundlage der Politik gegenüber Rußland – denn das ist gemeint. Dem ordnet sich in dem Entwurf offenbar alles unter. Der Begriff „Abschreckungspotential“ erinnert an die Äußerung der Kriegsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) vom 21. Oktober, die NATO müsse Moskau klarmachen, daß „wir am Ende … bereit sind, auch solche (atomaren, A. S.) Mittel einzusetzen“. Das sei „der Kerngedanke der NATO“. Sie sagte das an dem Tag, an dem sie mit ihren NATO-Kollegen einen „Masterplan Abschreckung“ verabschiedete, der einer Vorbereitung zum Angriff gleichkommt. Es ist keine Überraschung, daß die drei Parteien sich außerdem auf die Anschaffung bewaffneter Drohnen geeinigt haben und an der „nuklearen Teilhabe“ festhalten wollen. Beides hatten Teile von SPD und Grünen vor und im Wahlkampf abgelehnt. Es geht aber nur am Rande um den üblichen Wortbruch. Die zentrale Botschaft, die von diesem Papier ausgeht, lautet: SPD, Grüne und FDP verstärken den aggressiven Kurs insbesondere gegen Rußland.


Das bedeutet: Auf die Besonnenen, auf alle, die Nein zu Aufrüstung und Kriegspolitik sagen, kommen schwere Zeiten zu. Denn „Abschreckungspotential“ bedeutet, daß kein „heimlicher Aufmarsch“, wie Erich Weinert ihn 1927 gegen die Sowjetunion sah, sondern ein offener geplant ist. Und es bedeutet: Die Hetze gegen Rußland wird in den kommenden Jahren nicht nachlassen. Im Gegenteil, der Kampf um die Köpfe tritt in eine neue Phase. Die historischen Parallelen liegen auf der Hand. Alle, die sich für Frieden einsetzen, sind angesichts dieser Entwicklung aufgerufen, jedem zu sagen, was da geschieht. Atomwaffen raus aus Deutschland! Keine bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr! Frieden mit Rußland und China! Arnold Schölzel

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