Trump lädt zum Briefing
US-Regierung heizt Korea-Krise weiter an. U-Boot und Flugzeugträger vor die Küste der DVRK entsandt. China ruft alle Seiten zur Mäßigung auf
Von Knut Mellenthin
Ist es nur ein Bluff oder eine echte Drohung? Die US-Regierung scheint kurz vor einer Verschärfung ihrer Aktivitäten gegen die Demokratische Volksrepublik Korea (DVRK) zu stehen. Am Montag abend (Ortszeit) wurde bekannt, dass alle 100 Mitglieder des Senats eingeladen wurden, am heutigen Mittwoch an einem »Briefing« im Weißen Haus über die Lage auf der Koreanischen Halbinsel teilzunehmen. Hochkarätige Präsenz verstärkt den offenbar gewollten Eindruck, dass die Senatoren mit wichtigen Neuigkeiten konfrontiert werden sollen. Laut Ankündigung von Pressesprecher Sean Spicer sollen Verteidigungsminister James Mattis, Außenminister Rex Tillerson, Generalstabschef Joseph Dunford und der Koordinator aller US-Geheimdienste, Daniel Coats, zugegen sein.
Das anscheinend kurzfristig angesetzte »Briefing« ist vor allem aus zwei Gründen eine auffällige Ausnahmeerscheinung: Erstens werden normalerweise zwar ausgewählte Kongressmitglieder über aktuelle Einschätzungen und Entscheidungen des Präsidenten und seines politisch-militärischen Führungsteams informiert, aber nicht der gesamte Senat. Zweitens finden solche Treffen in der Regel in besonders gesicherten Räumen des Kongresses im Kapitol statt, aber nicht im Weißen Haus. Rätselhaft ist außerdem, warum nur die Senatoren eingeladen wurden, nicht aber die über 400 Mitglieder des Abgeordnetenhauses. Aus dessen Reihen kam sofort das Verlangen, in der gleichen Weise informiert zu werden.
Über die zu erwartenden Inhalte der heutigen Besprechung am Wohnsitz des Präsidenten wurde zunächst nichts bekannt. Senator Lindsey Graham, gemeinsam mit seinem Kollegen John McCain der aktivste republikanische Hardliner, forderte in einem ersten Kommentar, die Regierung solle dem Senat ihre »rote Linie« gegenüber Nordkorea erläutern, sofern sie eine habe. Benjamin Cardin, der ranghöchste Vertreter der Demokraten im Außenpolitischen Ausschuss des Senats, erklärte: »Ich hoffe, wir werden etwas über ihre Politik hören, darüber, was ihre Ziele sind und wie wir diese hoffentlich erreichen können, ohne Bomben abzuwerfen.«
Gerade das ist im gegenwärtigen Moment eine entscheidende Frage. Am Dienstag traf das atomgetriebene U-Boot »Michigan« im südkoreanischen Hafen Busan ein. Das US-Kriegsschiff könnte bis zu 154 Lenkraketen vom Typ »Tomahawk« an Bord haben. Bei ihrem Militärschlag gegen Syrien am 6. April hatten die US-Streitkräfte 59 solcher Waffen eingesetzt. Außerdem wird in den nächsten Tagen der Flugzeugträger »Carl Vinson« mit drei begleitenden Kriegsschiffen in den Gewässern um die Koreanische Halbinsel erwartet. Auf dem Träger können sich bis zu 90 Kampfflugzeuge und Hubschrauber befinden.
Aktueller Hintergrund der US-amerikanischen Aktionen und Drohgesten ist, dass am Dienstag in der DVRK der 85. Jahrestag der Gründung der nationalen Streitkräfte gefeiert wurde. Aus diesem Anlass erwartete die Trump-Administration zumindest einen Raketenstart, wenn nicht sogar den sechsten nordkoreanischen Atomwaffenversuch. der US-Staatschef hat mehrfach erklärt, dass er die »Entnuklearisierung« der DVRK am liebsten durch wirtschaftliche Zwangsmittel in Zusammenarbeit mit China erreichen würde. Sollte das aber nicht möglich sein, so Trump, sei seine Regierung auch zu einem Alleingang bereit. Der chinesische Präsident Xi Jinping hat die Bereitschaft seines Landes zur Kooperation versprochen, ließ aber am Montag durch das Außenministerium erneut »alle Seiten« zur »Mäßigung« aufrufen. Es müsse »alles vermieden werden, was die angespannte Lage verschärfen könnte«.
Die Führung der DVRK hat indessen angekündigt, auf jeden militärischen Angriff in großem Maßstab zu reagieren. In diesem Zusammenhang wurde auch die Versenkung des Flugzeugträgers »Carl Vinson« angedroht.
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