Entnommen:
https://www.kundschafter-ddr.de/die-demuetigung-des-wertewestens-in-afghanistan/
Die Demütigung
des Wertewestens in Afghanistan
(Rainer
Rupp)
"Das ist nicht Saigon". Mit diesen Worten
verteidigte US-Außenminister Anthony Blinken die chaotische
Evakuierung des US-Botschaftspersonals und weiterer US-Bürger aus
der afghanischen Hauptstadt Kabul. Damit wies er die Anspielungen in
US-Medien und internationalen Presse auf die Niederlage der USA im
Vietnamkrieg 1975 zurück. Damals gingen die apokalyptischen Bilder
der Rettung des US-Personals per Hubschrauber vom Dach der
US-Botschaft in Saigon rund um die Welt.
Derweil sprechen
US-Senatoren und Kongressabgeordnete sogar von einer Situation, die
„schlimmer als Saigon“ ist und werfen Präsident Joe Biden vor,
„sich in Camp David zu verstecken, während die Taliban Amerika
erniedrigen. Die Einnahme Kabuls durch die Taliban und der US-Abzug
aus Afghanistan seien für die Vereinigten Staaten das „schlimmste
außenpolitische Desaster seit Generationen“, so z.B. Senator Ben
Sasse (Republikaner von Nebraska) letzten Montag.
Aber
Senator Sasse bellt den falschen Baum an. Nicht der überhastete US-
und NATO-Abzug aus Afghanistan ist das Desaster, sondern die
verbrecherische politische Entscheidung vor 20 Jahren, Afghanistan
militärisch zu erobern und zu amerikanisieren. Senator Sasse sollte
an die Hunderttausende von toten afghanischen Zivilisten denken und
sich empören. Stattdessen sind es die über 5.000 toten US-Soldaten
und US-Söldnern, und die 2250 Milliarden Dollar (2.250.000.000.000
$) offizieller Afghanistan-Kriegskosten, die sein Land in Afghanistan
für nichts und wieder nichts in den Sand gesetzt hat.
Auch in
den NATO-Hauptstädten hat inzwischen das politische Spielchen der
Schuldzuweisung für die dieses Desaster begonnen. Dabei geht es
wohlgemerkt nicht darum, wer für den kriminellen Angriffskrieg gegen
Afghanistan und das nachfolgende Besatzungsregime verantwortlich ist,
sondern es geht nur um das Abzugsdesaster. In Deutschland hatten sich
vor 20 Jahren alle etablierten Parteien – mit Ausnahme der „Linken“
– Hals über Kopf an der Seite der Amerikaner in den
Afghanistan-Krieg gestürzt, um Washington ihre Vasallenqualität zu
demonstrieren.
Aber genau, wie das Afghanistan-Desaster
nun auf Washington zurückfällt und auch noch die Reste seines
Prestiges als „unverzichtbare Nation“ und alleinige Supermacht
demoliert, so trifft es im gleichen Masse auch Deutschland und dort
besonders die etablierten Parteien, deren Spitzen an allen
desaströsen Afghanistan-Entscheidungen mitgewirkt haben, die dann
von deren Abgeordneten im Bundestag brav abgenickt wurden.
Vor
allem sind die CDU und Bundeskanzlerin Angela Merkel betroffen. Sie
hat den deutschen Militäreinsatz in Afghanistan in ihrer gesamten
Regierungszeit mitbegleitet und später als Kanzlerin gelenkt. In all
den Jahren hat sie stets das hohe Lied von der transatlantischen
Wertegemeinschaft und der US-geführten, Regel basierten
internationalen Ordnung gesungen, die man auch in Afghanistan
einpflanzen müsse. Dabei säuselte sie von Nationenbildung,
Demokratie und Menschenrechten und Mädchenschulen und von anderen
noblen Zielen, mit denen man Bundeswehrsoldaten und ihren Vätern und
Müttern weiß machte, dass es sich lohne dafür in Afghanistan zu
kämpfen und womöglich zu sterben.
Das Sterben deutscher Soldaten
hielt sich anfangs in Grenzen, denn die Bundeswehr vermied in den
ersten Jahren Kampfeinsätze und machte Ausbildung und Überwachung.
Von der Bevölkerung wurde der Afghanistaneinsatz damals kaum
hinterfragt. Aber als die Taliban wieder erstarkten und die Zahl der
toten, schwer verwundeten und traumatisierten Bundeswehrsoldaten
stieg, musste ein weiteres Motiv her, um die Kampfmoral zu stärken
und so erfand ein Schwachkopf von SPD-Kriegsminister die Losung:
„Deutschlands Sicherheit wird am Hindukusch verteidigt“.
Aber
nachdem die letzten Bundeswehrsoldaten vor einigen Tagen
klammheimlich bei Nacht und Nebel aus ihrem Feldlager bei
Mazar-el-Sharif nach Hause ausgeflogen worden sind, bedeutet das im
Umkehrschluss, dass niemand mehr unsere Sicherheit am Hindukusch
verteidigt und Deutschland jetzt in großer Gefahr ist. Oder? Das ist
natürlich Quatsch. Die Losung diente ebenso wie alle anderen „noblen
Gründe“ die 20 Jahre lange Mord und Zerstörungsorgie der US-NATO
in Afghanistan zu rechtfertigen.
Jetzt wurde durch den
blitzschnellen Vormarsch der Taliban der mit westlichen Werten
geschmückte Glitzer-Vorhang weggerissen, der uns eine blühende und
wehrhafte Demokratie nach westlichem Vorbild in Afghanistan
vorgegaukelt hat. Frei gegeben wurde der ungeschminkte Blick auf die
marode Kulisse eines zerfallenden und korrupten Staates. In dem waren
nicht einmal mehr die von den USA und auch von Deutschland
ausgebildeten und gut bezahlten Soldaten der Eliteeinheiten bereit,
für das abgehalfterte US-Marionetten Regime von Präsident Ghani
einen Schuss gegen die Taliban abzugeben.
Nach US-Angaben
hatte das Pentagon in Afghanistan eine der schlagkräftigsten Armeen
im Vergleich zu den zentralasiatischen Nachbarländern aufgebaut, mit
Panzerfahrzeugen, Artillerie, modernen Kommunikationsmittel und sogar
einer recht umfangreichen Luftwaffe mit Kampfhubschraubern, Bombern
und Transportflugzeugen. Der Kostenpunkt lag bei knapp 90 Milliarden
Dollar, - das ist erheblich mehr als Russland in einem Jahr für sein
Militär ausgibt, Sold und Pensionszahlungen für die Soldaten
inklusive. Das alles ist jetzt unzerstört in die Hände der Taliban
gefallen; für das Pentagon ein Albtraum.
Der Grund, warum die
Taliban so schnell und so gut wie ohne Gegenwehr alle
Provinzhauptstädte und das Land dazwischen und zuletzt auch die
Landeshauptstadt Kabul in Besitz nehmen konnten, liegt daran, dass
die Taliban-Führung allen Regierungssoldaten und auch
Regierungsbeamten Straffreiheit zugesichert und ihnen auch eine neue
Kariere in Aussicht gestellt hatte, nämlich im Rahmen einer neuen
Armee der nationalen Einheit. Damit war jede Motivation, für die von
den USA herangezüchteten, korrupten US-Regierungsmarionetten zu
kämpfen und zu sterben, dahin.
Ein Beispiel für die
Korruption der politischen Elite war, dass der amtierende Präsident
Ashraf Ghani dabei erwischt worden ist, eine große Summe Geld außer
Landes zu schmuggeln. Laut russischer Nachrichtenagenturen hatte man
ihm am Flughafen in Kabul 5 Millionen Dollar in bar konfisziert, mit
denen er sich einen Tag vor dem Fall Kabuls mit einem Militärflugzeug
über die Grenze nach Usbekistan absetzen wollte. Ghani, ein Geschöpf
der USA war ehemaliger Direktor der in Washington residierenden
Weltbank.
Was die Frage der angeblichen Unvorhersehbarkeit des
blitzschnellen Siegeszugs der Taliban betrifft, wird die Schuld für
die schwerwiegende Fehleinschätzung der Lage vor allem den
US-Geheimdiensten zugewiesen. Dabei hätte man auch in Berlin wissen
müssen, dass die US-Geheimdienste in der Regel keine realistische
Einschätzung, sondern politische Gefälligkeitsgutachten
abgeben.
Diesmal entsprach die gemeinsame Einschätzung der
US-Geheimdienste voll und ganz den persönlichen Wünschen und
Hoffnungen von Präsident Biden und seiner Mannschaft. Die hatten
sich das symbolträchtige Datum des 11. September 2021 – also genau
20 Jahre nach dem Anschlag auf die Türme des World Trade Centers in
New York– ausgesucht, um sich in einer groß inszenierten Show als
Sieger in Afghanistan zu präsentieren. An dem Tag sollte die letzte
Einheit amerikanischer Soldaten aus Afghanistan zu Hause in den USA
eintreffen, siegreich und ungeschlagen Das selbstgesteckte Ziel –
nämlich die Vernichtung von al Kaida – war erreicht. „Mission
Accomplished“ sollten die Banner auf den TV-Bildern verkünden.
In
feierlichen Reden sollte über die selbstlose US-Hilfe in Afghanistan
gesprochen werden und nun sei die Zeit gekommen, wo die afghanische
Armee und Gesellschaft stark und fähig genug sei, um selbst für
Ordnung im Land zu sorgen. Und in der Zukunft werde Afghanistan -
Dank weiterer, enger Zusammenarbeit mit den USA - in seiner Region zu
einem Pfeiler der Stabilität und einem Leuchtturm westlicher Werte
werden. So schön hatten sich Joe Biden und seine Leute im Weißen
Haus den Abzug aus Afghanistan vorgestellt. Und die US-Geheimdienste
lieferten die dazu passende Einschätzung.
Noch Anfang Juni
2021 hieß es von den US-Geheimdienstexperten, dass die Regierung von
Präsident Ashraf Ghani bis zu zwei Jahre nach dem Abschluss des
US-Rückzugs überleben könnte.i So kam es dann zu der fatalen
Fehleinschätzung im politischen Washington, wovon Präsident Bidens
Bemerkungen am 8. Juli 2021ii anlässlich einer Presseerklärung zum
Abzug der US-Streitkräfte in Afghanistan zeugen.
Bemerkungen
von Präsident Biden zur Frage:
„Ist eine Übernahme
Afghanistans durch die Taliban jetzt unvermeidlich?
DER
PRÄSIDENT: Nein, ist es nicht.
Frage: Warum?
DER PRÄSIDENT:
Weil Sie - die afghanischen Truppen haben 300,000 gut ausgestattet —
so gut ausgestattet wie jede Armee der Welt- und eine Luftwaffe gegen
so etwas wie 75,000 Taliban. Es ist nicht unvermeidlich.
Frage:
Herr Präsident, würden Sie diese Frage bitte bekräftigen. Warum
vertrauen Sie den Taliban nicht?
DER PRÄSIDENT: Es ist eine - es
ist eine dumme Frage. Vertraue ich den Taliban? Nein. Aber ich
vertraue auf die Kapazität des afghanischen Militärs, das besser
ausgebildet, besser ausgerüstet und in Bezug auf die Kriegsführung
kompetenter ist.
Frage: Herr Präsident, einige vietnamesische
Veteranen sehen Ähnlichkeiten mit ihren Erfahrungen jetzt bei diesem
Abzug aus Afghanistan. Sehen Sie Parallelen zwischen diesem Rückzug
und dem, was in Vietnam passiert ist, mit einigen Leuten, die das
Gefühl haben —
DER PRÄSIDENT: Überhaupt keine. Null. Sie
hatten ganze Brigaden, die die Tore unserer Botschaft durchbrachen
-sechs, wenn ich mich nicht irre. Die Taliban sind nicht der Süden
-die nordvietnamesische Armee. Sie sind nicht -sie sind nicht im
Entferntesten vergleichbar in Bezug auf die Fähigkeit. Es wird
keinen Umstand geben, in dem Sie sehen werden, wie Menschen vom Dach
der Botschaft gerettet werden. - der Vereinigten Staaten in
Afghanistan. Es ist überhaupt nicht vergleichbar.
(Anmerkung,
die stotternde Sprache und Unstimmigkeiten im deutschen Text sind
keine Übersetzungsfehler, sondern Präsident Biden spricht
so.)
Dann vor einer Woche, als es längst zu spät war,
änderten sich unter dem Eindruck des nicht mehr schön zu redendem
Vormarsch der Taliban die Einschätzungen der US-Geheimdienste. Sie
gaben der Hauptstadt Kabul nun nur noch 90 Tage bis zur Einnahme
durch die Taliban. Auch das erwies sich als pures Wunschdenken. Aus
den 90 Tagen wurden gerade mal 90 Stunden, bis Kabul von den Taliban
am Montag, den 16. August kampflos übernommen wurde. Das zeigt, was
von der Qualität US-amerikanischer, gemeinsamer
Geheimdiensteinschätzungen zu halten ist, vor allem, wenn sie an die
Öffentlichkeit durchgesickert werden. Aus eigener Erfahrung weiß
ich, dass sie so gut wie nie die Realität widerspiegeln, sondern auf
dem Weg durch die Geheimdienst-Bürokratie nach oben zu den
politischen Entscheidungsträgern entsprechend der gerade geltenden
Opportunität zu politischen Instrumenten zurechtgebogen werden.
Im
vorliegenden Fall tritt jedoch vor allem die geballte Inkompetenz der
Chefetagen der US-Geheimdienste zutage. Denn eine derartige
Einschätzung wie die jüngste zu Afghanistan kann nur auf dem Boden
der maßlosen US-Arroganz und des Glaubens an die eigene
Unfehlbarkeit entstanden sein, zusätzlich verstärkt durch die
engstirnige Überzeugung von der US-Überlegenheit und
Unbesiegbarkeit. Vor allem für die deutsche Politik, die sich gerne
auf gemeinsame Einschätzungen der US-Geheimdienste verlässt, sollte
das eine Lehre sein, ebenso wie für die selbsternannten deutschen
„Qualitätsmedien“, die nur zu gerne die nicht selten groben
Lügen der US-Dienste als belastbare Wahrheit verbreiten.
Aber
der dramatische Fall Kabuls, die chaotische Flucht der Amerikaner und
ihrer NATO-Verbündeten, die totale politisch-militärische
Fehleinschätzung Washingtons, wird geostrategische Auswirkungen
haben, die jahrelang nachhallen werden, nicht nur in Asien, wo
aktuell die USA und ihre NATO-Vasallen unter den APEC-Staaten neue
Verbündete gegen China zu gewinnen suchen. Auch im Mittleren Osten
und Afrika bis hin nach Lateinamerika werden alle, die sich bisher in
ihrer Politik zu sehr auf die USA verlassenen haben, vorsichtiger
werden und den siechen Hegemon mit neuen Augen betrachten.
Diesbezüglich wird auch die Art und Weise, wie lokale Politiker und
Hilfskräfte der US-NATO in Afghanistan zurückgelassen wurden, in
die Einschätzung der Verlässlichkeit der westlichen Herren
eingehen.
Die USA und die anderen NATO-Länder werden in
Afghanistan keine wichtige Rolle mehr spielen. Die Demütigung der
USA und ihrer NATO-Verbündeten ist vollkommen und die Position der
USA als globaler Hegemon liegt in Trümmern. Die aktuellen Ereignisse
in Afghanistan werden eine regionale politische, wirtschaftliche und
militärische Neuordnung zur Folge haben, deren Konturen sich bereits
seit einiger Zeit abzeichnen. China, Russland und Iran sind bereit,
mit einer Taliban geführten Regierung der nationalen Einheit
zusammenzuarbeiten und beim Wiederaufbau des Landes zu helfen.
Bei
der Planung für die post-amerikanische Zeit hatten eine hochrangige
Taliban-Delegation eine Reihe von Nachbarländern besucht. Die erste
Reise führte in den Iran, wo die Taliban herzlich empfangen wurden,
was der beste Beweis dafür ist, dass die religiös-extremistische,
von Saudi-Arabien unterstützte Wahhabi-Linie der Taliban von vor 20
Jahren in der heutigen Taliban-Bewegung nicht mehr existiert. Der
nächste Besuch der großen Taliban-Delegation führte nach Moskau
und dann nach Peking, wo jeweils Gespräche auf höchstem Niveau
stattfanden, nämlich mit den Außenministern Lawrow und Wang Yi.
Dabei zogen die Chinesen und die Russen am selben Strang.
Moskau
und China boten den Taliban Hilfe beim Wiederaufbau des Landes an,
ohne sich in dessen inneren Angelegenheiten einzumischen. Im Gegenzug
verlangten die Chinesen und Russen, dass unter einer neuen
Taliban-Regierung Afghanistan nicht wieder zum sicheren Hafen für
ausländische Terroristen werden darf, die von dort Operationen gegen
China in Xiang Jan oder gegen andere Länder durchführen.
Zudem
betonten Moskau und Peking, dass sie nur an der Unterstützung für
eine stabile Regierung in Afghanistan interessiert seien, was eine
inklusive Koalitionsregierung der nationalen Einheit voraussetzt, in
der die wichtigsten Ethnien des Landes vertreten sind und deren
Interessen berücksichtigt werden. Eine weitere Voraussetzung sei die
Abkehr von religiösem Extremismus und die Akzeptanz anderer
Glaubensrichtungen. Letzteres wurde von dem obersten, für
Religionsfragen zuständigen Taliban-Vertreter, der ebenfalls zu der
Delegation gehörte, zugesichert. Man habe dazu gelernt, sagte er und
auch den Frauen und Mädchen werde der Zugang zu Schulen, Bildung und
Beruf nicht mehr verwehrt, wie das unter dem Vorgänger Regime der
Wahhabi-Taliban geschehen war. Nur einen Chador (wie in Iran) müssten
die Frauen wieder tragen.
Das Verhalten der Taliban bei der
Befreiung des Landes von ausländischen Besatzern scheint zu
bestätigen, dass sich die Taliban aus eigener Überzeugung an diese
Vereinbarungen halten. Auch die Taliban-Fußtruppen zeigen soweit
große Disziplin. Es gab bisher keinerlei Übergriffe gegen
Regierungssoldaten, die ihre Waffen niedergelegt hatten. Es gab keine
Plünderungen oder Gewaltakte oder Beleidigungen der Zivilbevölkerung
in den eroberten Städten. Es sind die Taliban, die jetzt in den
Straßen Kabuls für Ordnung und Sicherheit sorgen, die wichtige
Gebäude bewachen und vor Plünderungen durch Zivilisten
schützen.
Für Soldaten, Polizei und Regierungsbeamte gibt es
eine allgemeine Amnestie. An die gebildete Schicht richteten die
Taliban einen Aufruf, im Land zu bleiben, denn jeder werde für den
Wiederaufbau gebraucht. In der am Flughafen in Kabul aktuell immer
noch herrschenden Panik fallen solche Aufrufe allerdings auf taube
Ohren. Die russische Botschaft in Kabul dagegen scheint den Taliban
zu vertrauen dort gibt es keine Not-Evakuierung, sondern es wird
weiter normal gearbeitet.
Alles in allem gibt es also einen
Hoffnungsschimmer für einen Neuanfang in Afghanistan - ohne
ausländische Soldaten und westliche Einmischung. Und sicherlich wird
es auch Rückschläge geben, denn die tiefen Wunden, die in den über
40 Jahren Krieg und Bürgerkrieg geschlagen wurden, werden so schnell
nicht heilen. Echter wirtschaftlicher Fortschritt und bescheidener
Wohlstand für die Menschen durch die selbstbestimmte Integration
Afghanistans in die regionalen Wirtschaftsräume wäre ein wichtiger
Schritt in diesem Heilungsprozess. Mit der Unterstützung Chinas,
Russlands, Irans, Pakistans und der zentralasiatischen Republiken,
die alle im der Shanghai Kooperationsorganisation vereint sind,
könnten die Taliban als Führer einer inklusiven Regierung der
nationalen Einheit in Afghanistan eine neue Ära einläuten.
Daher
sollten wir nicht unverantwortlichen Politikern und Medien
nachplappern, die hierzulande schon wieder eine neuen
Taliban-Terrorgefahr für Europa und Deutschland beschwören, und die
unfähig sind aus einer politischen und menschlichen Katastrophe eine
Lehre zu ziehen.
Sbg., den 17.08. 2021
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