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Vorausfahrt
Deutsche
Fregatte im Pazifik
Von Arnold Schölzel
Kleines Schiff, gewaltige
Worte. Zur Fahrt der auf U-Bootjagd spezialisierten Fregatte »Bayern«
(4.500 Tonnen) Richtung Ostasien trompetete Heiko Maas auf der
Internetseite des Auswärtigen Amtes am Montag: »Im Indopazifik
entscheidet sich die Ausgestaltung der internationalen Ordnung der
Zukunft. Wir wollen diese mitgestalten und Verantwortung übernehmen
für den Erhalt der regelbasierten internationalen Ordnung.« Die
Bundeswehr war weniger lautstark und sah die »Bayern« auf einer
»diplomatischen Mission«. Standardvokabeln: »Zeichen für freie
Handelswege« und »Wir ducken uns nicht weg« (Marineinspekteur
Kay-Achim Schönbach). Denn furchtbar bedroht, so das aktuelle
Kanonenbootpolitmärchen, seien die internationalen Handelswege, von
denen »unser Wohlstand« (Annegret Kramp-Karrenbauer) abhänge.
Außen- und Kriegsministerium scheuten sich, diesmal China als
Bedrohungsgespenst zu nennen, zumal die scheidende Kanzlerin den
deutschen »Wohlstand« mit Hilfe der Volksrepublik retten wollte.
Das besagt: Die »Bayern«-Tour ist eine Nach-Merkel-Aktion. Die
»Mission« endet im Februar 2022, wenn die neue Bundesregierung
vermutlich installiert ist.
Diese Seereise, die offenbar nicht
nur wegen der Pandemie, sondern auch wegen Vorbehalten des
Kanzleramtes nicht 2020 stattfand, setzt eine Zäsur. Maas und
Kramp-Karrenbauer repräsentieren einen neuen imperialistischen
Geist, der nationalistischen Größenwahn, neokoloniales Diktat und
ideologischen Hegemonialanspruch vereint. Allerdings: Der neue
globale Platz an der Sonne kann nur gemeinsam mit anderen erobert
werden. In den Ozeanen vor China wird also geklotzt. Vergangene Woche
fuhr die bislang größte britisch geführte
Flugzeugträgerkampfgruppe um die »HMS Queen Elizabeth« (65.000
Tonnen) ins Südchinesische Meer ein (siehe jW vom 2.8.).
US-Kriegsminister Lloyd Austin würdigte das am 27. Juli in Singapur
als »historisch« und kündigte »integrierte Abschreckung« als
strategische Vision des 21. Jahrhunderts an.
Nicht auf der
Höhe dieser neuen Kriegsvorbereitungszeit erscheint, was z. B.
Dietmar Bartsch im ARD-»Sommerinterview« am Sonntag zu den
militärpolitischen Absichten der Linkspartei sagte. So richtig die
Forderung nach Reduzierung des deutschen Militäretats ist, so wenig
ist von der aktuellen Brandstifterei zu hören. Jetzt erst recht darf
die Bundeswehr nirgendwo als Truppe eingesetzt werden, denn Maas,
Kramp-Karrenbauer und ihre Freunde in Washington und London haben ein
neues Kapitel eröffnet. Die »Bayern« fährt nicht als Symbol,
sondern dem »echten« Krieg Joseph Bidens voraus.
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