Donbass-Republiken proklamieren »Nachfolgestaat« für die Ukraine
Von Reinhard Lauterbach
In Donezk haben führende Politiker der »Volksrepubliken« des Donbass und Delegierte aus 19 der 24 Regionen der Ukraine am Dienstag einen Staat namens »Kleinrussland« ausgerufen. Ziel der Proklamation ist nach den Worten des Donezker Republikchefs Alexander Sachartschenko ein Ausweg aus dem Krieg und die Wiedervereinigung des Landes in einem Nachfolgestaat der »gescheiterten« Ukraine. Die Namenswahl – sie war im russischen Imperium im 19. Jahrhundert üblich – trage dem Umstand Rechnung, dass sich die Bezeichnung Ukraine »diskreditiert« habe.
Sachartschenko kündigte die Ausarbeitung einer Verfassung an, über die die Bevölkerung anschließend in einem Referendum abstimmen solle. Der künftige Staat werde föderativ gegliedert sein und den Regionen große Freiheiten einräumen. Hauptstadt »Kleinrusslands« soll laut Sachartschenko Donezk werden. Kiew solle als »kulturelles und historisches Zentrum« weiterhin eine besondere Rolle spielen. Sachartschenko vertrat den Standpunkt, die heutigen »Volksrepubliken« Donezk und Lugansk seien die einzigen Teile der Ukraine, in denen die »legitime Staatsgewalt« erhalten geblieben sei. Das folgt aus der auch in Moskau vertretenen Rechtsauffassung, die den Machtwechsel in Kiew im Februar 2014 als verfassungswidrigen Putsch betrachtet. Mit dem Postulat einer staatsrechtlichen Kontinuität zwischen der Ukraine und den heutigen »Volksrepubliken« wird versucht, die Wurzeln letzterer in dem antioligarchischen Volksaufstand von 2014 zu negieren.
Als Fahne »Kleinrusslands« soll das Banner des Kosakenhetmans Bogdan Chmelnizki dienen, der im 17. Jahrhundert zunächst gegen Polen gekämpft und sich dann mit Russland verbündet hatte. Wie die Konstitution dieses »Kleinrusslands« in der Praxis vor sich gehen und wie die vorgesehene Abstimmung über die neue Verfassung in den unter Kiewer Kontrolle stehenden Gebieten durchgeführt werden soll und könnte, ließ Sachartschenko offen.
Der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin erklärte, die Ukraine werde kein »abchasisches Szenario zulassen«. In Berlin äußerte Wolfgang Gehrcke, Bundestagsabgeordneter von Die Linke, eine Staatsgründung sei eine schlechte Idee mit hohem Destabilisierungspotential. Es gebe keine Alternative zum Friedensprozess gemäß dem Minsker Abkommen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen