Mittwoch, 8. Februar 2017

Der Niedergang der Linken - von Craig Roberts


Wer kann Trump helfen, der Arbeiterklasse zu helfen?


Der Niedergang der Linken


Von Paul Craig Roberts

Bei mehreren Gelegenheiten habe ich in meinen Beiträgen die rhetorische Frage gestellt: Was wurde aus der Linken? Heute beantworte ich meine Frage. Die Antwort ist, dass die europäischen und amerikanischen Linken, die traditionell für die Arbeiterklasse und den Frieden standen (Brot und Frieden), nicht mehr existieren. Diejenigen, die vorgeben, die heutigen "Linken" zu sein, machen Gruppeninteressenpolitik. Die "Linken" vertreten nicht länger die Arbeiterklasse. Die wird von der "Linken" abgelehnt – als "bedauernswerte Trump-Anhänger", die aus "Rassisten, Frauenfeinden, Schwulenfeinden und Knarrenfanatikern“ bestehen. Stattdessen vertreten die Linken Gruppen, die angeblich zu Opfern geworden und an den Rand gedrängt sind – Schwarze, Homosexuelle, Frauen und Transgender. Badezimmer für Transsexuelle – eine Sache, mit der sich viele Amerikaner mobilisieren lassen – sind für die "Linke" wichtiger als die Arbeiterklasse.

Die "Linke" ist von der Arbeiterklasse abgeschnitten

Alle weißhäutigen Menschen, außer den Linken, einschließlich der offensichtlich zu Opfern gewordenen Frauen, sind per Definition Rassisten. Rassismus und Diskriminierung sind die Erklärung für alles, für die komplette Historie, für alle Institutionen und sogar für die US-Verfassung. Ein solches Programm schneidet die Linken von der Arbeiterklasse ab, die von beiden politischen Parteien verraten wurde, und hat die Verbindung der Linken zu den Menschen beendet.

Der Untergang der Linken als eine wirkungsvolle und wirklich politische Kraft folgte dem Untergang der Sowjetunion. Die Unterschicht hatte sich gegen ihre Ausbeutung gewehrt, schon bevor Karl Marx 1867 "Das Kapital" veröffentlichte. Aber Marx machte die Ausbeutung der Arbeit zu einer Sache des Kampfes, auf deren Seite die Geschichte stand. Die bolschewistische Revolution in Russland mit ihrem Umsturz der bestehenden Ordnung und der Ausrufung des sowjetischen Kommunismus schien Marx Recht zu geben.

Die sowjetischen Praktiken dämpften allerdings die linken Hoffnungen und Erwartungen, aber nichts desto trotz existierte ein alternatives System, das sich gegen die kapitalistische Ausbeutung aussprach. Als die Sowjetunion 1991 in sich zusammenbrach, haben die Neokonservativen und Neoliberalen verkündet, die Geschichte habe den Kapitalismus der Arbeiterklasse vorgezogen, und Marxens Vorhersage des Sieges der Arbeiterklasse habe sich als falsch erwiesen.

Der Zusammenbruch der Sowjetunion führte dazu, dass das kommunistische China und das sozialistische Indien ihre Wirtschaftspolitik änderten und ihre Wirtschaft für ausländisches Kapital öffneten. Ohne Kontrahenten brauchte sich der Kapitalismus nicht länger zurückzuhalten und konnte sich allenthalben Zugang zu Erträgen und Reichtum gestatten. Die Kapitalisten begannen damit, alles für sich zu vereinnahmen. Viele Studien kamen zu dem Schluss, dass die Produktivitätssteigerung, die vormals den Arbeitenden zugute kam, nun durch die Superreichen monopolisiert wurde.

Die "Linke" stellt Nicht-US-Bürger über die US-Arbeiterklasse

Eine Methode zur Konzentration von Ertrag und Reichtum ist verbunden mit dem zunehmenden – von Michael Hudson und Karl Marx in Band 3 des "Kapital" hervorgehobenen – Einfluss des Finanzkapitals auf die Realwirtschaft (financialization). Dem Finanzsektor gelang es, das frei verfügbare Einkommen der Arbeiterklasse zum Vorteil der Banken umzulenken (Hypotheken, Auto-Kredite, Kreditkarten-Schulden, Studienkredite).

Die andere Methode ist die Verlagerung von amerikanischen Arbeitsplätzen ins Ausland, gegen die Donald Trump zu Felde zieht. Was passierte, war dies: Die Wall Street schrieb den US-Herstellern vor, ihre Werke nach China auszulagern, um ihre Profite durch geringere Arbeitslöhne und Verwaltungskosten zu erhöhen. Ansonsten würde Wall Street die Übernahme der Unternehmen finanzieren, und dann würden es die neuen Eigentümer sein, die die Profitabilität der Firmen durch Verlagerung ins Ausland steigern. Große Einzelhändler wie Walmart schrieben den Zulieferern chinesische Preise vor.

Als sich die Arbeitsplätze in den USA befanden, kam der Produktivitätszuwachs der Arbeiterschaft zugute, das reale Durchschnittseinkommen der Familien wuchs mit der Zeit, und die durch den Einkommenszuwachs geschaffene Kaufkraft der Verbraucher trieb die US-Wirtschaft zum Erfolg – für immer mehr Menschen.

Als die Arbeitsplätze nach Asien verlagert wurden, hörte das Anwachsen des Durchschnittseinkommens der US-Familien auf und verringerte sich. Der große Überschuss an Arbeitsplätzen und die niedrigeren Lebenshaltungskosten in Asien bedeuteten, dass den Arbeitern in Asien nicht der Lohn entsprechend ihres Beitrags zum Ertrag gezahlt zu werden brauchte. Der Unterschied zwischen US-Löhnen und den Löhnen in Asien war groß und floss in die Unternehmensprofite. In meinem 2013 erschienenen Buch "Das Versagen des Laissez-Faire-Kapitalismus" (The Failure of Laissez Faire Capitalism) konnte ich auf der Basis von aktuellen Informationen errechnen, dass jeweils 1000 nach China verlagerte Produktionsarbeitsplätze für die US-Unternehmen die Einsparung von 32.000 Dollar pro Stunde zum Ergebnis hatte. Diese Einsparungen führten in den USA nicht zu niedrigeren Preisen für die Verbraucher der im Ausland produzierten Waren. Die Lohnkosteneinsparungen kamen geradewegs den Einkünften der Führungskräfte und Aktionäre zugute. Folglich führte die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland zu einem Produktivitätszuwachs, der von den Firmeneignern und ihren Führungskräften monopolisiert wurde.

Anstatt auf Trumps Unterstützung der Arbeiterklasse und das während der ersten Woche seiner Präsidentschaft in ihrem Sinne erfolgte Handeln – Trumps Beendigung von TPP und seine Forderung an die Autobauer, die Produktion zurück nach Amerika zu holen – zu reagieren, hat sich die "Linke" geschlossen hinter eine Opfergruppe gestellt – die illegalen Einwanderer. Die "Linken" stellen Nicht-US-Bürger über die US-Arbeiterklasse.

Die "Linke" ist der Feind der Arbeiterklasse, Trump ihr Sachwalter

Trump wurde von der Arbeiterklasse gewählt. Falls die Linke historisch als Sachwalter der Arbeiterklasse definiert ist, dann ist Donald Trump heute ihr Sachwalter, und die "Linke" ist ihr Feind.

Während der ganzen Prozedur zur Nominierung des Republikanischen Präsidentschaftskandidaten war die Linke liiert mit dem herrschenden Establishment der superreichen kapitalistischen Oligarchen und den Kriegstreibern des militärisch-industriellen Komplexes – gegen Trump. Und als die Präsidentschaft Trumps begann, war es die "Linke", die wollte, dass Trump des Amtes enthoben und delegitimiert wird – genau die Ziele der Kriegstreiber, der Super-Reichen und deren sich prostituierender Presse (deren Presstituierte).

Sogar Umweltgruppen wie Natural Resources Defense Council (NRDC), deren Mitglied ich bin, haben sich der Gruppeninteressenpolitik gegen Trump angeschlossen. NRDC-Präsidentin Rhea Suh sandte mir eine eMail, in der sie verkündet, NRDC – vermeintlicher Verfechter von Wildtieren und Umwelt – habe sich dem Marsch der Frauen auf Washington angeschlossen – gegen Trump, „zur Verteidigung unserer ganz grundlegenden Rechte als Frauen“. Es sei die „Sache von Frauen“, erklärte Rhea und fuhr fort, Trump verantwortlich zu machen für das verseuchte Wasser von Flint Michigan.

Ich bin überzeugt, dass es ein Fehler von Trump ist, den Arbeitsplätzen auf Kosten der Umwelt den Vorzug zu geben. Ob nun die globale Erwärmung ein Schwindel ist oder nicht, Umweltzerstörung ist keiner. Und es ist Tatsache, dass die Arbeiterklasse – so wie in Flint – unter der Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland leidet. [...]

Wer kann Trump helfen, der Arbeiterklasse zu helfen?

Die Frage ist: Kann Trump für die Arbeiterklasse einstehen, wenn beide politischen Parteien und die sich prostituierenden Medien, die Think Tanks, die Universitäten, die Umweltorganisationen, der militärisch-industrielle Komplex, die Wall Street und die Gerichte gegen die Arbeiterklasse stehen? Wer kann Trump helfen, der Arbeiterklasse zu helfen?


Übersetzung: Brigitte Queck / NRhZ

Original-Artikel (verfasst von Paul Craig Roberts am 25.1.2017):
The Demise of the Left
http://www.paulcraigroberts.org/2017/01/25/demise-left-paul-craig-roberts/


Dr. Paul Craig Roberts war unter US-Präsident Ronald Reagan stellvertretender Finanzminister der Vereinigten Staaten. Roberts wurde für seine herausragenden Leistungen zur Formulierung der ökonomischen Wirtschaftspolitik der Vereinigten Staaten mit dem Meritorious Service Award des US-Finanzministeriums ausgezeichnet. Nachdem er aus dem US-Finanzministerium ausschied, betätigte er sich als Berater des amerikanischen Verteidigungs- und Handelsministeriums. Dr. Roberts wurde Mitherausgeber und Kolumnist des The Wall Street Journal, Kolumnist für Business Week sowie den Scripps Howard News Service. Im Jahr 1992 wurde er mit dem Warren Brookes Award für exzellente Leistungen im Journalismus ausgezeichnet. 1993 kürte ihn Forbes Media zu einem der einflussreichsten und besten Journalisten in den Vereinigten Staaten. Im Jahr 1987 zeichnete ihn die französische Regierung für seine Leistungen einer Erneuerung der Wirtschaftswissenschaften und -strategien nach einem halben Jahrhundert des Staatsinterventionismus aus und nahm ihn in die Ehrenlegion auf.

Online-Flyer Nr. 599  vom 08.02.2017






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