Mittwoch, 4. Dezember 2019

RotFuchs: Krieg oder nicht Krieg?



Krieg oder nicht Krieg?

Geschichte wiederholt sich nicht, Klasseninteressen aber bleiben konstant. Das gilt auch für den deutschen Imperialismus. Vor allem mit Hilfe der USA wurde er nach 1945 in der BRD wieder auf die Beine gestellt. Denn die von den Westmächten z. B. im Münchner Abkommen von 1938 gestützte Mission Adolf Hitlers, die Sowjetunion sowie Ost- und Südosteuropa zu kolonisieren, war nicht erfüllt. Vielmehr stand die Rote Armee an der Elbe und machte den Weg frei für den ersten deutschen Friedensstaat. Die Westalliierten und ihr Bundeskanzler Konrad Adenauer erhoben zur außenpolitischen Doktrin: Erst wenn die UdSSR auf die Grenzen von 1939 zurückgeht, kann uns ganz Deutschland gehören.

Die Konterrevolution in der DDR und die Zugeständnisse Michail Gorbatschows an den Westen erfüllten 1990 diese Vorbedingungen. Seitdem hat sich aber das Verhältnis von deutschem und US-Imperialismus geändert: Elemente der Konkurrenz treten deutlich neben die der Kooperation. Die überwiegt in den gemeinsamen Kriegen wie im Nahen Osten beim Versuch, Syrien zu zerstückeln, oder bei den Sanktionen, um Venezuelas sozialistische Regierung zu erwürgen, oder denen gegen Rußland, Kuba und andere unbotmäßige Länder. Die Konkurrenz begann mit dem deutschen Vorpreschen bei der Anerkennung der Unabhängigkeit Sloweniens und Kroatiens 1991. Heute möchten die USA erneut einen „begrenzten“ Atomkrieg gegen Rußland führen können, was selbst der deutschen Großmannssucht nicht paßt. Deutschland wäre Schlachtfeld. Da hätten einige doch lieber eine eigene deutsche Atombombe. Trumps nationalsoziales Programm zur Belebung der US-Industrie schafft zusätzliche Probleme.

Auch in der Bundesrepublik hat sich eine nationalsoziale Fraktion, die früher zu CDU und CSU gehörte, in der AfD selbständig gemacht. Ihre Propagandalüge, die Bundesrepublik zahle für alles Elend der Welt und erleide durch Einwanderung den „Volkstod“, mobilisiert bundesweit bis zu 25 Prozent der Wähler. Nazis verstecken sich längst nicht mehr nur in der Anonymität des Internet, sondern zeigen sich demonstrativ im Alltag wie in Parlamenten.

Die deutsche Großbourgeoisie hat vorläufig ein taktisches Verhältnis zu ihnen. Sie schwankt zwischen transatlantischem Treuebekenntnis und Unterordnung unter Washingtons Wünsche einschließlich Kriegsvorbereitung gegen Rußland und der Gier nach Profit auf dem russischen Markt.

Ein Beispiel für erstere Haltung: Die FAZ veröffentlichte am 1. November einen Artikel unter der Überschrift „Zur Abwehr bereit“. In der Unterzeile heißt es: „Das amerikanische Heer verlegt im nächsten Frühjahr Tausende Soldaten zum Manöver nach Europa. Rußland soll wissen: Wir wollen und wir können noch.“ Der Text liest sich nicht nur wie seinerzeit „Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt“, es ist auch so gemeint. Kostprobe: „Jeder Angreifer, gemeint sind hier natürlich russische Verbände, soll wissen, daß man es beim Angriff auf einzelne Truppenteile des Bündnisses alsbald mit der ganzen Wucht der NATO zu tun bekommt.“ Die Wucht sieht beim geplanten Manöver an der russischen Grenze so aus: „Rund 33 000 Panzer, gepanzerte Fahrzeuge, Lastwagen, Jeeps und Material-Container, von denen zwei Drittel ebenfalls über den Atlantik verschifft werden.“ So liest sich Größenwahnsinn.

Faschisten, die noch nicht an der Macht sind, müssen ihre Abhängigkeit von der Bourgeoisie verdecken. Ein erprobtes Mittel ist die Spaltung der Arbeiterbewegung und aller Friedenskräfte durch Rassenwahn und Nationalismus. Die Großbourgeoisie ist es gewohnt, die eigenen Interessen dagegen vergleichsweise klar zu formulieren, läßt aber Rassisten und Hetzer gern gewähren. Die kämpfen nicht um höhere Löhne und um die Macht. Geschichte wiederholt sich nicht, aber die Stoßrichtung nach Osten, die Jagd unter Migranten und Linken auf der Suche nach Sündenböcken für Mißstände sind gleichgeblieben. Die Strategen gehen längst anderen Fragen nach: Krieg oder nicht Krieg? Arnold Schölzel

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