ALARM
IM WEIH-RAUCH-ZELT
Es
war zu Weihnachten im Jahre 2019, da riefen die Zirkusbesitzer das
Volk zu einem gemeinsamen Singen unter dem wasserdichten Zeltdach
auf. Erwünscht und vorgegeben war Beethovens Ruf nach Einigkeit
unter Brüdern und Schwestern. Getreu dem warnenden Aufruf aus der
Clique der Rüstungsgesellen, man möge an einem Strang ziehen und
einer solle für alle da sein und alle für einen.
Doch
der Militärische Abschirmdienst und der Schutz der Verfassung vor
Unheil steckten beizeiten ihre nach sogenannten Auswegen, sprich
Lügen, glühenden Köpfe zusammen und fummelten Einsatzpläne für
den Fall der Fälle: Könne es doch sein, dass eine Gruppe von
Ungehorsamen und EWIG-GESTRIGEN urplötzlich die Strophe „Brüder
zur Sonne zur Freiheit...“ in die Welt hinausposaunen. Deshalb
wurden im WEIH-NACHTS-ZELT digitale Überwachungsapparaturen
angebracht, die jeden unerwünschten Laut umgehend und unverzüglich
melden sollten.
Gut
gebrüllt Löwe, dachten selbstzufrieden die Aufpasser vom Dienst.
Doch es kam noch schlimmer als vermutet, denn die Überwachungskameras
konnten auch sogenannte gefährliche Träume an eines zwar
eingezäunten aber gerade deshalb friedlichen Landes digital
registrieren.
Plötzlich
schrillten tatsächlich im Überwachungszentrum die Alarmglocken. Was
tun? Denn im Dunst des Weihrauches schieden sich die Geister. Die
einen beschimpften den Träumer mit seinen Erinnerungen, die anderen
warfen ihm absolute Dummheit vor. Zur Beruhigung der anscheinend
eskalierenden Lage wurden die Medien unverzüglich angewiesen, den
Lämmern zum x-ten Male einen Beitrag über einen sogenannten
Schießbefehl vor die Fernsehglotzen zu schmettern, und das am
21.12.2019 am Abend, so ganz aus heiterem Himmel, was nicht seine
Wirkung verfehlte. Denn nun war kein Träumen mehr nötig, dafür
aber breitete sich Angst aus vor neuen an die Wand gemalten Feinden.
Dem EWIG-GESTRIGEN wurde ein Küchenmesser an die Kehle gelegt und
man stimmte erneut das Lied an, dass alle Menschen Brüder seien.
Einige
der getreuen und staatsnahen Michels konnten nicht ahnen, dass die
ideologische Vermassungsbehörde insgeheim auch diesen Moment der
Angsterzeugung im Publikum für sich auszuschlachten wusste. Am
nächsten Morgen fanden alle Teilnehmer der Festlichkeit im
staatlichen Zirkuszelt unter ihrem Fußabtreter vor der häuslichen
Türe einen freiwilligen Einberufungsbefehl. Denn das neue angemahnte
Großmanöver von US-Truppen auf deutschem Boden im Jahre 2020, dass
sich wiederholt gegen den Osten richten sollte, bräuchte Männer und
Frauen, die an einem Strang ziehen für „Volk und Vaterland“. Für
alle Fälle! Wie gehabt...
Harry
Popow
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