„Dem
Morgendämmern vorauseilende Lichtblicke“ - ...und andere missvergnügliche Anfechtungen
Leseprobe
Ein
Wort zuvor...
„Helle, dem Morgendämmern vorauseilende Lichtflecke huschten über das ebene Land.“
Worte voller Poesie! Sie schrieb Tschingis Aitmatow in seiner wunderschönen Novelle „Dshamila“. (Nachzulesen in „Tschingis AITMATOW“, Verlag Volk und Welt, Berlin 1974, S. 102.)
Empfindet man etwas
Schönes, liest man geistvolles, erfährt man menschliche Wärme –
muss man sich da vor innerer Freude zurückhalten? Ist es nicht im
gleichen Atemzug genauso mit dem Zorn, dem Zweifel. Wie könnte man
jeglichem Angriff auf´s Menschliche widerstehen, ohne im Herzen die
Liebe zu spüren, die Kraft, die in einem ist? Mit Taten und mit
Worten. Und wenn es nur paar Zeilen sind? Eine kleine Anerkennung?
Oder gar ein Buch?
So der Autor von „Die
Jahrhundertlüge...“ Heiko Schrang, dessen Buch von Verlagen
abgelehnt wurde, zu meiner Rezension „Torschütze und lahmes
Schaf?“ Hier seine Mail an mich:
„11.09.2013:
Hallo Herr Popow, vielen
Dank für Ihre Rezension. Selten habe ich eine so gut recherchierte
und sprachlich innovative Buchbesprechung gelesen.
Mit besten Grüßen
Heiko Schrang“
Zur Sache: In diesen
verrückten Ohne-Ziel-Zeiten, ohne weitreichende Inhaltsansprüche
und mit zunehmend triumphierender Mittelmäßigkeit, kann es
passieren, dass gewisse Kulturleistungen sanft entschlummern, ehe sie
richtig wahrgenommen werden. In den braunen Zeiten wurden missfallen
erregende Texte verbrannt. Heute werden sie – dank des gesteuerten
göttlichen Bekenntnisses zu „Freiheit und Demokratie“ - ans
Licht der Öffentlichkeit gelassen, so sie denn aber zu bissig
werden, nur geduldet und schließlich totgeschwiegen.
Was da dem streitbaren Volk mitunter verborgen bleibt, ist gar nicht zu ermessen. So entstehen immer mehr Lücken im geistigen Kunstbetrieb und die Flut von übelriechender Kloake, mitunter mit brauner Soße vermischt, breitet sich aus über das politisch flach gebürstete Land.
Sind Unruhe stiftende
politische Bücher auch nicht allein der Stein der Weisen, so bilden
sie doch – Sandkorn für Sandkorn, und es werden immer mehr –
einen langsam ansteigenden Damm gegen Verdummung und Ablenkung von
wesentlichen gesellschaftlichen Fragen.
Trotzdem das Vergnügen:
Du schreibst was das Zeug hält, was dir auf der Seele brennt, was
dir nicht passt, was dich freut, was dich empört – und keiner
behindert dich. Keiner redigiert, keiner verwirft. Da stehst du nun
allein auf weiter Flur – im Netz fliegen sie herum, deine Gedanken,
setzen sich mal hier mal dort nieder. Das siehst du an den tausenden
Hits. Dann kommt eine zustimmende Meinung, dann auch mal ein
geistiger Hinterwäldler und schimpft dich einen alten Betonklotz,
einen Ewiggestrigen, ohne auch nur zu ahnen, dass es genau
andersherum ist...
So kann man unbehelligt
zahlreiche Buchtipps, die vor allem oft genug in der scharfen
Linkskurve liegen, ins Netz stellen. Da darfst´e schreiben oder
quasseln bis der Bildschirm qualmt, schimpfen, randalieren, die
Politik fertigmachen, demonstrieren. Alles
wird im pluralistischen System zugelassen, alles vermarktet, alles
ist verfügbar: Der größte parfümierte Leichen-Tuch-Quatsch, der
größte Unsinn, die größte Lüge.
Die
angepriesene Vielfalt soll für Demokratie stehen. Das ist
irritierend. Und bemäntelt gleichzeitig die wahren Absichten der
oberen Zehntausend nach Macht und Profit auf Kosten des Sozialen.
Verzettelung, Vereinzelung, Reduzierung auf´s Detail, die
Entpolitisierung, die Negierung des Gesamtzusammenhangs – das ist
Ideologie der schlimmsten Art, das ist Methode. Warum? Weil das Ende
der Geschichte ausgerufen ist. Keine Veränderungen mehr. Genug.
Alles bleibt beim Alten. Diese
geduldete „Offenheit“ und „Meinungsfreiheit“ sind der
geistigen Kommerz-Treibjagd durch Politik und Medien geschuldet. Was
ist eine Hochwassergefahr, die gebändigt werden kann, gegen eine
mächtiger werdende geistige Kloaken-Flut?
Wie aufregend! Meinst du wirklich??? Wer fragt da nach Alternativen?
Eine Sache der Gewöhnung?
So ist es. Nicht jeder lässt gerne Ernsthaftes
an sich heran. Wie auch, wenn sich die herrschende Clique mit einem
raffinierten Blendwerk umgibt und ihre wahren Ziele nicht so leicht
zu durchschauen sind. Da lässt man lieber die Finger von
aufklärerischen politischen Sachbüchern. Solche Politischen? Hände
weg! Unterhaltung auf seichteste Art liegt immer gut im Rennen, lässt
sich gut verkaufen, ist richtig cool.
Doch da rauft sich
Gegenwehr zusammen: Zu erinnern ist - um nur einige Beispiele zu
nennen - an solche hervorragende aufklärerische Lektüre wie „No
way out“ (Hrg. Hermann L. Gremliza), „Euroland
wird abgebrannt. Profiteure, Opfer, Alternativen“, (Lucas Zeise),
„Wir sind der Staat“ (Daniela Dahn), „Lob
des Kommunismus“ (Hrg. Wolfgang Beutin, Hermann Klenner, Eckart
Spoo) oder gar „Schwarzbuch Waffenhandel. Wie Deutschland am Krieg
verdient“, (Jürgen Grässlin) und viele andere Bücher, die zu
rezensieren waren und noch sind.
Warum sollte man die
geistigen und politischen Gedankenanstöße für eine bessere Welt
nicht aus der bürgerlichen Friedhofserde kritischer Literatur wieder
herauskratzen? Sie nicht bündeln? Für interessierte Leute. Für
jene, die sich noch nicht – in Zeiten der politischen und
kriegerischen Tumulte – satt zurücklehnen. Der Schrei nach
„Etwas-Tun-Wollen“ ist - spätestens seit „Empört Euch!“
von Stéphane Hessel - zum Entsetzen der Ewig-Gestrigen sehr lauter
geworden. Mögen die ehrlichen Widerständler manchen Feind haben,
aber kaum einen persönlichen Feind, denn Ideen sind nicht
totzukriegen. „Wir
sind der Staat“ von Daniela Dahn und andere nach vorne weisende
Lektüre – sie sind nur wenige Sandkörner auf dem Damm der
Vernunft gegen weltweit überschwappendes Profit-Ungemach. Aber
immerhin – vorauseilende Lichtzeichen in aufkommender
Morgendämmerung...
Danke
an die online-Zeitung „Neue Rheinische Zeitung“, deren
Herausgeber und Redakteur Peter Kleinert mir alle Artikel, die stets
linkslastig sind, immer abgenommen und veröffentlicht hat. Schwer
gefallen ist ihm das sicher nicht, stellt er doch mit der www.nrhz.de
seit
acht Jahren die
Erbin jener Neuen Rheinischen Zeitung ins Netz, die Karl Marx und
Friedrich Engels vom 1. Juni 1848 bis zum 19. Mai 1849 in Köln als
Nachfolgerin ihrer 1843 unter König Friedrich Wilhelm IV. verbotenen
Rheinischen Zeitung produziert hatten.
Harry
Popow: „Dem Morgendämmern vorauseilende Lichtblicke“, Tagebuch
und Dokumentation, 218 Seiten, Preis:
15,00
Euro – Versandkostenfrei, Oktober 2013, 1. Auflage, Druck und
Verlag: dbusiness.de Digital Business and Printing Gmbh, Prenzlauer
Allee 174, 10409 Berlin, www.copyhouse.de
.
Buchbestellungen bitte über die email Adresse info@copyhouse.de
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