Montag, 10. Juni 2024

Der 22. Juni und "Der heilige Krieg" - Arnold Schölzel

Entnommen:  https://www.rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2024/RF-316-06-24.pdf

„RotFuchs“ abonnieren einfach gemacht Für den Bezug des RF als Printausgabe genügt ein Anruf bei Rainer Behr: 030-98 38 98 30 Wolfgang Dockhorn: 030-241 26 73 oder die formlose Bestellung per E-Mail: vertrieb@rotfuchs.net


Tribüne für Kommunisten, Sozialisten und andere Linke RotFuchs


ROTFUCHS

Juni 2024

Der 22. Juni und "Der heilige Krieg"


Wer am 8. und 9. Mai an einem der drei großen sowjetischen Ehrenmale in Berlin – im Treptower Park, in Tiergarten oder in Schönholz – der Befreier und Sieger der Roten Armee gedenken wollte, mußte durch Polizeikontrollen, teilweise mit Leibesvisitationen. Im Tiergarten erlebte ich, wie eine ältere russische Frau, die das Bild eines Rotarmisten im A5-Format mit sich trug, zurückgewiesen wurde: Abbildungen sowjetischer Uniformen waren laut der „Allgemeinverfügung“ der Berliner Polizei, die vom 8. Mai 6 Uhr bis zum 9. Mai 22 Uhr galt, im Umfeld der Ehrenmale verboten. Das war schon im vergangenen Jahr so – diesmal hatten sich die amtlichen Tüftler antirussischer Schikanen zusätzlich ausgedacht: „Das Abspielen und Singen russischer Marsch- bzw. Militärlieder, (insbesondere aller Varianten des Liedes ‚Der heilige Krieg‘, Swjaschtschennaja woina), … sind untersagt.“

Der Text des Liedes von Wassili LebedewKumatsch erschien am 24. Juni 1941 in der „Iswestija“, zwei Tage später hatte es Alexander Alexandrow vertont. Am Belorussischen Bahnhof in Moskau, wo Freiwillige an die Front verabschiedet wurden, erlebte es seine Uraufführung. Die deutsche Fassung von Stephan Hermlin sang Ernst Busch, sie war in der DDR auf Schallplatten verbreitet. Die erste Strophe und der Refrain lauten: „Steh auf, steh auf, du Riesenland! / Heraus zur großen Schlacht! / Den Nazihorden Widerstand! / Tod der Faschistenmacht! / Es breche über sie der Zorn / wie finstre Flut herein. / Das soll der Krieg des Volkes, / der Krieg der Menschheit sein.“

Wer diesen antifaschistischen Text und die Melodie, die Flaggen und Symbole der Sieger von 1945 verbietet, weiß, was er macht und auf welche Seite er sich stellt. Auf die Seite derjenigen, die aus Osteuropa eine Kolonie bis zum Ural machen und die Bevölkerung der Sowjetunion ermorden oder als Arbeitssklaven ausbeuten wollten. Die Berliner „Allgemeinverfügung“, die so selbst in den meisten westdeutschen Städten undenkbar, in Ostdeutschland außerhalb Berlins für große Teile der Bevölkerung eine Schändung wäre, ist Ausdruck der Bereitschaft in der deutschen herrschenden Klasse, das 1945 Gescheiterte zu wiederholen. In fünf bis sechs Jahren, lügen Minister und Generäle regelmäßig, sei mit einem Angriff Rußlands auf einen NATO-Staat zu rechnen. Dem Ziel, Bundeswehr und Gesellschaft „kriegstüchtig“ zu machen, ordnet die Bundesregierung alles unter. Eine mäßigende Stimme wie die des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich wird von den Bürgermedien, die den Krieg wie stets schon führen, bevor er offiziell begonnen hat, niedergebrüllt.

Nein, die Bundesrepublik ist kein faschistischer Staat, sie verfolgt lediglich die gleichen Ziele, die der deutsche Imperialismus 1914 mit Hilfe der kaiserlichen Armee (und der SPD) und ab 1933 mit Hilfe des Faschismus und der Wehrmacht erreichen wollte: Die Zerschlagung des größten Landes der Erde Zum gleichen Zweck ließen die USA nach 1945 das deutsche Monopolkapital in Westdeutschland wiederauferstehen, wurden die BRD 1949 und die Bundeswehr 1955 gegründet. Die DDR war der Riegel, der eine Wiederholung des 22. Juni 1941, des Überfalls auf die Sowjetunion, mit verhinderte. Das Ende der DDR bedeutete die Wiederkehr der alten Pläne. Hinzu kam: Ukrainische Nationalisten, Faschisten und sogenannte Liberale stellten seit 1991 ihr Land für den Aufmarsch der NATO gegen Rußland bereit. Bereits 2003 beteiligte sich die Ukraine an der „Koalition der Willigen“, die unter Führung der USA völkerrechtswidrig in den Irak einfiel. 2006 hatte Kiew dort noch 1650 Soldaten stationiert Der 22. Juni und „Der heilige Krieg“ – das sechstgrößte Kontingent. Der Putsch von 2014 ermunterte die von den USA und der NATO ausgehaltene Regierungsclique in Kiew, Rußland sogar mit der Stationierung von Atomwaffen zu drohen.

Der Westen und die deutsche Bundesregierung haben dieses Angebot nicht nur angenommen, sie führen den Ukrainekrieg längst direkt gegen Rußland, auch mit eigenen Truppenteilen, nutzen aber vor allem ukrainische Soldaten als Kanonenfutter. Sie riskieren bewußt erneut einen Weltkrieg, der diesmal das Ende der Menschheit bedeuten würde. In der BRD und speziell ihrer Hauptstadt heißt das für die Herrschenden: Alles zu tun, um den 22. Juni 1941, um 27 Millionen tote Sowjetbürger, um den 8. und den 9. Mai 1945 aus dem Gedächtnis zu streichen. Das hatte schon in der alten BRD funktioniert. Sie werden auch diesmal nur durch militärische Macht zum Frieden zu zwingen sein. Arnold Schölzel



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen