Entnommen: https://apolut.net/die-afd-im-fokus-des-verfassungsschutzes/
Die
AfD im Fokus des Verfassungsschutzes
Die AfD im Fokus des
Verfassungsschutzes
Ein verfassungswidriger Vorgang
Ein
Meinungsbeitrag von Wolfgang Bittner.
Völlig überraschend
kam den Koalitionspartnern aus CDU/CSU und SPD der ehemalige
Gesundheitsminister Jens Spahn, Mitglied des CDU-Präsidiums, in die
Quere. Obwohl ein Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU gegenüber der
AfD gilt, hat er am 11. April in einem Interview mit der Bild-Zeitung
gefordert, mit der AfD im Parlament so umzugehen, „wie mit jeder
anderen Oppositionspartei“. Es könnte ein – inzwischen wohl
vergeblicher – Test gewesen sein, die „Brandmauer“ gegen die
AfD aufzugeben.
Wie immer man zur AfD steht: Spahns Vorschlag
war vernünftig und entspricht Recht und Gesetz. Zum einen ist die
AfD die zweitgrößte Partei im Deutschen Bundestag. Sie wurde von
20,6 Prozent der Wahlberechtigten gewählt, ist also eine
Volkspartei, und das lässt sich nicht wegdebattieren. Zum anderen
ist sie eine zugelassene Partei, die wie jede andere Partei agieren
darf, solange sie nicht verboten wird.[1]
Die AfD wird als
„gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft
Eine neue
Situation ergab sich am 2. Mai 2025, als das Bundesinnenministerium
folgende Erklärung abgab:
„Das Bundesamt für
Verfassungsschutz stuft die ‚Alternative für Deutschland‘ (AfD)
seit dem heutigen Tag aufgrund der die Menschenwürde missachtenden,
extremistischen Prägung der Gesamtpartei als gesichert
rechtsextremistisch ein.“[2]
In der dazu herausgegebenen
Pressemitteilung des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) heißt
es:
„Das in der Partei vorherrschende
ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis ist nicht mit der
freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar. Es zielt darauf
ab, bestimmte Bevölkerungsgruppen von einer gleichberechtigten
gesellschaftlichen Teilhabe auszuschließen, sie einer nicht
verfassungskonformen Ungleichbehandlung auszusetzen und ihnen damit
einen rechtlich abgewerteten Status zuzuweisen. Konkret betrachtet
die AfD zum Beispiel deutsche Staatsangehörige mit
Migrationsgeschichte aus muslimisch geprägten Ländern nicht als
gleichwertige Angehörige des durch die Partei ethnisch definierten
deutschen Volkes.“[3]
Dieser Vorwurf ist eine erstaunliche
Fehlleistung der Mitarbeiter dieser nicht unumstrittenen Behörde,
deren Ex-Präsident Thomas Haldenwang in einem Gastbeitrag für die
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 1. April 2024 unter anderem
geschrieben hatte, die Meinungsfreiheit sei „kein Freibrief“. Er
bezog sich dabei auf die 2021 von seiner Behörde eingeführte
Kategorie „Delegitimierung des Staates“ und vertrat die
verfassungswidrige Auffassung, dass der Verfassungsschutz nicht
allein strafbaren Äußerungen wie etwa Volksverhetzung nachzugehen
habe, sondern auch Meinungsäußerungen „unterhalb der
strafrechtlichen Grenzen und unbeschadet ihrer Legalität“.
Jetzt
wird der AfD unter Berufung auf die freiheitliche demokratische
Grundordnung vorgeworfen, deren „ethnisch-abstammungsmäßiges
Volksverständnis“ sei verfassungswidrig, weil es bestimmte
Bevölkerungsgruppen benachteilige. Dabei wird ignoriert, dass für
die deutsche Staatsangehörigkeit bis zu einer Reform des
Staatsangehörigkeitsrechts im Jahre 2000 noch das Abstammungsprinzip
(Jus sanguinis), also das „Recht des Blutes“ galt. Ferner wird
nicht zwischen Volk und Bevölkerung unterschieden, was aber
wesentlich ist. Denn zur Bevölkerung zählen sämtliche in
Deutschland lebende Menschen, während zum Volk nur diejenigen
Menschen gehören, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen.
Eine Unterscheidung zwischen Staatsbürgern und Nichtbürgern
ist demnach rechtens, und es ist legal, wenn Staatsbürgern besondere
Rechte wie zum Beispiel das Wahlrecht vorbehalten sind. Das gibt es
auch in den meisten anderen Ländern, und es ist völkerrechtlich
nicht zu beanstanden.
Weiter heißt es in der
Pressemitteilung:
„Insbesondere die fortlaufende Agitation
gegen Geflüchtete beziehungsweise Migrantinnen und Migranten
befördert die Verbreitung und Vertiefung von Vorurteilen,
Ressentiments und Ängsten gegenüber diesem Personenkreis."
Hier
unterscheidet das BfV zwischen Flüchtlingen, das heißt Personen
ohne Aufenthaltsstatus, und Migranten, das heißt Zugewanderten mit
oder ohne Aufenthaltsstatus. Obwohl es sich dabei um vollkommen
unterschiedliche Zuwanderer handelt, werden sie unzulässiger Weise
als ein Personenkreis verstanden. Weder Flüchtlinge noch Migranten
besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit, sie haben allerdings
bestimmte Rechte, insbesondere wenn sie als Asylanten anerkannt
werden.
Nun gibt es unter dem vom BfV genannten Personenkreis
sehr unterschiedliche Menschen, und ist es vielleicht ethisch
verwerflich, aber keinesfalls strafbar, wenn jemand die zum Teil
bedauernswerten Menschen ablehnt oder gegen eingereiste Straftäter
polemisiert. Geradezu absurd wäre die Forderung, irregulär in
Deutschland anwesende Flüchtlinge vorbehaltlos willkommen zu heißen.
Aber selbstverständlich haben alle deutschen Staatsangehörigen, ob
mit oder ohne Migrationsgeschichte, die gleichen Rechte. Wenn
einzelne AfD-Mitglieder etwas anderes sagen, ist das falsch und
entspricht auch nicht dem Parteiprogramm.[4]
Das deutsche
Staatsbürgerrecht wurde in den vergangenen Jahren nach und nach
aufgeweicht, sodass Parallelgesellschaften entstanden sind, deren
Angehörige sämtliche staatsbürgerlichen Rechte genießen, aber zum
Teil eigene Wertvorstellungen haben, zum Beispiel hinsichtlich der
Stellung der Frau. Das kann zu Auseinandersetzungen in der
Gesellschaft führen, und solange dabei keine strafrechtlich
relevanten Handlungen geschehen, fallen ablehnende Äußerungen unter
die grundgesetzlich verbürgte Meinungsfreiheit (darunter dürften
auch Bezeichnungen wie „Kopftuchmädchen“, „alimentierte
Messermänner“ oder „sonstige Taugenichtse“ fallen). Alles in
allem ist die Hauptargumentation des BfV gelinde gesagt juristisch
stümperhaft, darüber hinaus grundgesetzwidrig und offensichtlich
ideologisch regierungskonform begründet.
Unmittelbar nach der
Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ haben sich
US-Außenminister Marco Rubio und US-Vizepräsident James Vance
äußerst kritisch zu diesem Vorgang geäußert.
„Deutschland
hat seiner Spionage-Agentur gerade neue Befugnisse zur Überwachung
der Opposition erteilt“, schrieb Rubio auf der Online-Plattform X.
„Das ist keine Demokratie – das ist verkappte Tyrannei.“[5]
Er
empfahl, Deutschland sollte seine „tödliche Politik“ der offenen
Grenzen, die von der AfD abgelehnt wird, ändern. Vance
schrieb:
„Die AfD ist die populärste Partei in Deutschland
und bei weitem die repräsentativste für Ostdeutschland. Jetzt
versuchen die Bürokraten, sie zu zerstören. Der Westen hat die
Berliner Mauer gemeinsam niedergerissen. Und sie ist wieder aufgebaut
worden – nicht von den Sowjets oder den Russen, sondern vom
deutschen Establishment.“[6]
Dass eine solche kritische
Einschätzung der deutschen Politik wieder einmal von außen kommen
muss, ist ein Armutszeugnis für die Berliner Politikerkaste und ihre
dienstbaren Medien. Dem Auswärtigen Amt, noch geleitet von der
unsäglichen Ministerin Annalena Baerbock, fiel dazu nicht mehr ein
als zu verlautbaren:
„Das ist Demokratie… Diese
Entscheidung ist das Ergebnis einer gründlichen und unabhängigen
Untersuchung zum Schutz unserer Verfassung und der
Rechtsstaatlichkeit… Wir haben aus unserer Geschichte gelernt, dass
Rechtsextremismus gestoppt werden muss.“[7]
Dazu passt die
Aussage von James Vance: Die Gefahr für die westlichen Demokratien
komme nicht von außen, sondern von innen.[8]
Parteiverbot für
die AfD?
Augenscheinlich handelt es sich bei dem Vorstoß, des
Bundesamts für Verfassungsschutz, der bereits ernsthafte Folgen für
die AfD nach sich zieht, um die Vorbereitung eines Verbotsverfahrens
gegen die Partei, das erneut lautstark von einigen Politikern
gefordert wird.[9] Anstatt sich im politischen Diskurs mit den
Vorstellungen und Zielen der AfD auseinanderzusetzen, soll diese
zweitstärkste Partei Deutschlands die nach statistischen Erhebungen
zeitweise die CDU überholt hat, aus dem Weg geräumt werden.
Vorweg
soll die Partei offenbar durch Diskriminierung, Entziehung von
Grundrechten, Geldern und eventuelle Berufsverbote ausgetrocknet
werden. Denn wer geht noch in eine Partei, wenn damit zu rechnen ist,
dass sich daraus ernsthafte Probleme mit der Staatsgewalt bis hin zur
Existenzentziehung ergeben? Vorexerziert wurde das in den
1970er-Jahren am Beispiel der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP),
einer Nachfolgeorganisation der 1956 verbotenen Kommunistischen
Partei Deutschland (KPD); sie rutschte in die Bedeutungslosigkeit ab,
sodass sich weitere Maßnahmen erübrigten.
Über die AfD mag
man denken, was man will, sie ist eine zugelassene Partei, die nur
durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts verboten werden kann.
Das Verbotsverfahren unterliegt strengen Richtlinien.
Antragsberechtigt sind Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung.
Grundlage für ein Verbot ist Artikel 21 Absatz 2 des
Grundgesetzes:
„Parteien, die nach ihren Zielen oder nach
dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche
demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen
oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind
verfassungswidrig.“
Auch über den Ausschluss von staatlicher
Finanzierung (Artikel 21 Absatz 3 GG) entscheidet das
Bundesverfassungsgericht auf Antrag.
Die Hürden für ein
Parteiverbot sind hoch. Allein die Verbreitung verfassungsfeindlicher
Ideen reicht nach der bisherigen Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts nicht aus. „Hinzukommen müssen eine
aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der freiheitlich
demokratischen Grundordnung, auf deren Abschaffung die Partei
abzielt, sowie konkrete Anhaltspunkte dafür, dass ein Erreichen der
von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Ziele nicht völlig
aussichtslos erscheint.“[10] Näheres zum Verfahren regelt das
Bundesverfassungsgerichtsgesetz.
Soweit eine Partei nicht
verboten worden ist, gilt das Parteienprivileg des Artikels 21 des
Grundgesetzes auch für die „mit allgemein erlaubten Mitteln
arbeitende parteioffizielle Tätigkeit der Funktionäre und
Anhänger“, wie das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung
vom 21. März 1961 festgestellt hat.[11]
Weiter führte das
BVerfG aus:
„Ihre Tätigkeit ist durch das Parteienprivileg
auch dann geschützt, wenn ihre Partei durch eine spätere
Entscheidung des BVerfG für verfassungswidrig erklärt wird… Die
Anhänger und Funktionäre einer solchen Partei handeln, wenn sie die
Ziele ihrer Partei propagieren und fördern, sich an Wahlen
beteiligen, im Wahlkampf aktiv werden, Spenden sammeln, im
Parteiapparat tätig sind oder gar als Abgeordnete sich um ihren
Wahlkreis bemühen, im Rahmen einer verfassungsmäßig verbürgten
Toleranz. Das Grundgesetz nimmt die Gefahr, die in der Gründung oder
Tätigkeit einer solchen Partei bis zur Feststellung ihrer
Verfassungswidrigkeit besteht, in Kauf.“
Diese Entscheidung, die
in der Vergangenheit von manchen Gerichten aus ideologischen Gründen
ignoriert wurde, betraf seinerzeit die KPD, aber sie hat
selbstverständlich auch für jede andere Partei Geltung. Denn für
die rechtliche Bewertung der Zulassung einer Partei und für deren
Tätigkeit ist es unerheblich, ob sie dem rechten oder linken
Spektrum angehört.[12]
Quellen und Anmerkungen
Der
Schriftsteller und Publizist Dr. jur. Wolfgang Bittner ist Autor
zahlreicher Bücher, u.a. „Die Eroberung Europas durch die USA“
und „Deutschland – Verraten und verkauft“. Kürzlich ist im
Verlag zeitgeist sein Buch „Niemand soll hungern, ohne zu frieren.
So wie es ist, kann und wird es nicht bleiben“ erschienen.
+++
1
Dazu dezidiert das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil vom
21.3.1961: BVerfG E 12, 296, 306
2 Vgl.
https://x.com/BMI_Bund/status/1918227042392252664 (3.5.2025)
3
Siehe:
www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2025/pressemitteilung-2025-05-02.html
4
Vgl. www.afd.de/grundsatzprogramm/
5 Zit. nach
https://x.com/SecRubio/status/1918344238468649055 (3.5.2025); siehe
auch:
www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/afd-verfassungsschutz-rubio-100.html
6
Zit. nach https://x.com/JDVance/status/1918403354922799463
(3.5.2025)
7 Ebd.
8 Vgl.
www.youtube.com/watch?v=nOGr0p7PJD0&t=1598s (2.5.2025). Dazu auch
Sahra Wagenknecht, www.youtube.com/watch?v=DiVbYog9Ixc (3.5.2025)
9
Vgl.
www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/reaktion-einstufung-afd-rechtsextrem-102.html
10
Vgl.
www.bundesverfassungsgericht.de/DE/DasBundesverfassungsgericht/Verfahrensarten/Parteiverbotsverfahren/parteiverbotsverfahren_node.html
11
BVerfG E 12, 296, 306
12 Dazu Wolfgang Bittner mit weiteren
Hinweisen: „Niemand soll hungern, ohne zu frieren“, Verlag
zeitgeist 2024, S. 178.
+++
Wir danken dem Autor für
das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
+++
Bild:
AfD-Kampagnenknöpfe
Bildquelle: Westlight /
shutterstock
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