Freitag, 3. August 2018

KRIEGS-STRATEGIE



Die strategische Kommunikation der NATO und die Friedensbewegung


VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 3. AUGUST 2018


von Bernhard Trautvetter – https://kenfm.de

Die US-Army benutzt seit 1998 systematisch die strategische Kommunikation als Methode, die Öffentlichkeit mit Fake-News und deren Wiederholung sowie Vereinfachung und Emotionalisierung für das militärische Denken zu gewinnen. Ich habe dazu in meinem KenFM-Beitrag „Der Humanistische Grundkonsens und die Strategische Kommunikation“ vor ca. einem halben Jahr erste Ausführungen geliefert.

Traditon der Fake-News

Die NATO-Armeen stehen mit ihrer – wie sie selbst sagen – psychologischen Kriegsführung in einer unsäglich langen Tradition der Manipulation von Fakten, um die Öffentlichkeit für ihre Gewalt gefügig zu machen. Dem Ausspruch des preußischen Königs während der 1848er-Revolution „Gegen Demokraten helfen nur Soldaten“ folgte sein rechtswidriger Druck auf die preußischen Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung sie hätten ihr Mandat niederzulegen. Danach schlugen seine Militärs die Märzrevolution gewaltsam nieder. 1918 wurde die nächste Revolution in Deutschland im Blut unter anderem von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg ertränkt. Über Jahrzehnte war in bürgerlichen Kreisen die Ansicht vorherrschend, „Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, die revolutionären Massen, die USPD und die KPD, alle unter dem Begriff „Spartakisten“ über einen Kamm geschoren, wollten in Deutschland eine Herrschaft wie (…) später Stalin in Russland errichten.“ (Klaus Gietinger, November 1918, Hamburg 2018, S. 24). Auf diese Propaganda aus dem Spektrum der Mörder und ihres ideologischen Umfeldes baute später die Propaganda der Nazis gegen die von ihnen sogenannten „Novemberverbrecher“ auf, die der vermeintlich ungeschlagenen Deutschen Armee von hinten her den Dolch in den Rücken stießen und so die Schuld an der Niederlage Deutschlands im ersten Weltkrieg für Deutschland hätten. Demgegenüber schrieb General Fritz von Loßberg in seinen Aufzeichnungen vom 6. September 1918 über die oberste Heeresleitung General Ludendorfs: „Er machte die Truppe und ihre Vorgesetzten für die Vorgänge der letzten Zeit verantwortlich, ohne selbst zu bekennen, dass seine eigene verfehlte Führung die Hauptschuld an den Ereignissen trug.“ (1)

Der zweite Weltkrieg begann mit der inszenierten Lüge, die deutsche Wehrmacht schieße am Sender Gleiwitz gegen einen polnischen Angriff zurück. Der Atomschlag gegen Hiroshima wurde mit der Lüge gerechtfertigt, Truman habe den Krieg in Japan verkürzen wollen, um Menschenleben zu retten. Demgegenüber hat er in Hiroshima und Nagasaki den Kalten Krieg eröffnet, insofern als er mit diesen Kriegsverbrechen die Sowjetunion von einer Teilung des Sieges über Japan abhalten wollte, um die Vorteile des Sieges alleine einzufahren. (2)

Der Koreakrieg wurde vom Kapital als Verteidigung gegen den aggressiven Kommunismus verkauft und er war Eckpfeiler des Antikommunismus der Zeit nach dem Ende des II. Weltkrieges, der u.a. auch zum KPD-Verbot führte. (3)

Eine weitere Legitmierungslüge im Vorfeld der NATO-Gründung war die Berlin-Blockade, die der Westen als Versuch der Sowjetunion darstellte, sich das „freie Westberlin“ einzuverleiben. Die Zeitschrift Ossietzky entlarvt das Vorgehen des Westens in diesem Zusammenhang als verlogen und intrigant. (4)

Im Vietnamkrieg belog die US-Armee die Welt mit dem Märchen, man habe den Napalm-Bombenkrieg gegen Nordvietnam eröffnet, nachdem der Feind ein US-Schiff im offenen Meer vor Vietnam angegriffen hatte. Den Angriff hatten die USA selbst inszeniert. (5)

Die Lügen zu Husseins Massenvernichtungswaffen, die als Legitimation für die Eröffnung der Kriegsverbrechen letztendlich gegen die ganze Region zwischen Nord- und Mittelafrika und dem Golf dienten, sind bekannt. (6)

Die NATO hat nach Unterlagen der US-Armee seit den späten 1990er Jahren die strategische Kommunikation als Mittel der psychologischen Kriegsführung entdeckt, mit der sie die Gehirne der Menschheit in ihrem Einflussbereich waschen – will sagen verunreinigen – will; mit sehr unterschiedlichem Erfolg. Aber mit gewissen Erfolgen in den alternativen Spektren, die noch während der Studenten- und Jugend und Friedensbewegungen der 1960er, 70er und 80er Jahre Seite an Seite auf der Straße gegen den US-Imperialismus, den Notstandsstaat, die Rüstung und Atomkraftwerke, die Berufsverbote, CIA-gestützte Putsche in Asien, Afrika, Latein- und Südamerika und weitere Skandale aufbegehrten.

Töten, besiegen, verjagen, überzeugen

Die Luftwaffenuniversität der US-Armee (Air University) zitiert auf ihrer Website Frederick Kagan mit den Worten: „Der Feind im Krieg ist eine Gruppe von Menschen.“

Einige sind zu töten. Andere müssen besiegt oder ins Versteck gejagt werden. Die überwiegende Mehrheit muss überzeugt werden. (War and Aftermath Policy Review, Aug ’03) Der Feind ist nicht nur der Feind im Feindesland. Als Feind gilt auch die Gegnerschaft im eignen Land: Die Essener Jahreskonferenz des Joint Air and Space Power Competence Centre aus Kalkar fand 2015 zum Thema „Strategic Communication“ statt. In der Einladung hatten die Militärs Kräfte (Entities) in den eigenen Staaten ausgemacht, die der NATO insofern feindlich gegenüber gestanden hatten, als sie die Skepsis der Bevölkerung gegenüber Krieg und deren Friedensverstiegenheit zumal in Deutschland begünstigen, verstärken und ausnutzen. (7)

US-Army: „Opponenten der Militärs“ sind zu de-legitimieren

Dagegen hat die Luftwaffen-Akademie der USA schon 2006 die folgende Strategie entwickelt:

1. akzeptiere die geringe Akzeptanz gegenüber dem Militär kurzfristig

2. beziehe sympathische Moslems (…) in die Versuche, mit Botschaften zu überzeugen, mit ein

3. konzentriere dich darauf, das Ansehen von Opponenten in Misskredit zu bringen

4. beziehe vertrauenserweckende Botschafter nicht-militärischer Kräfte als Überbringer von Neuigkeiten und Positionen mit ein.(8)

Ein Paradebeispiel dafür ist die Kampagne gegen Ken Jebsen unter dem Stichwort Antisemit, Verschwörungstheoretiker, Querfront.

Nicht alle Akteure solcher medialer Prozesse sind Agenten der Militärs, bei einigen wirkt die Psychologie der Strategen unmerklich als Manipulation, andere sind gezielt Opfer von V-Leuten oder direkter Bestechung. Generell trifft Marx‘ Satz zu, demzufolge die Gedanken der Herrschenden die herrschenden Gedanken sind. Diese Zusammenhänge müssen dem Kapital gegenüberstehende alternative Bewegungen kennen, um den Keil, den die Herrschenden gegen sie treiben, nicht selbst noch zu verstärken, sondern um das Verbindende im Vordergrund ihres Engagements zu halten.

Die Kampagne unter Stichworten wie Verschwörungstheorien oder Querfront begann mit einer Mitteilung von Henryk M. Broder, derzufolge Ken Jebsen ein Holocaust-Leugner und somit Antisemit sei. (9)

Dies griff Jutta Ditfurth in 3sat „Kulturzeit“ auf und verbreitet es seither in vielen Vorträgen. (10)

Die Nachwirkungen haben erfolgreich dazu geführt, dass es im alternativen Spektrum unversöhnliche Ausgrenzungen und Unterstellungen gibt, die sich von Fakten unbeirrt halten.

Der Vorwurf der Holocaust-Leugnung, mit dem das alles 2014 anfing, ließ sich früh schon widerlegen:(11), Verschwörungstheorien als nach Rechtsaußen greifende Vorwürfe gegen die Nachdenkseiten, Rubikon, KenFM und andere sind ebenfalls längst widerlegt (12), wobei noch die Namens-Persiflierung in „Nachlaufseiten“ zu den harmloseren Beispielen zählt. Die Linkspartei wird hier mit Spaltpilzen angegriffen. Antideutsche, die einst mit Jürgen Elsässer „Nie wieder Deutschland“ skandierten, und die Antisemitismus sehen, wenn die rechte Regierung Israels kritisiert wird, sind an den Spaltungsbemühungen heftigst beteiligt. (13)

Warner vor Rechtsentwicklung im rechten Lager

Der Propagandist H. M. Broder, mit dessen Initiative diese De-Legitimierung eines Teils der alternativen Kräfte begann, ist inzwischen selbst komplett im rechten Lager angekommen – Seite an Seite mit AfD-Kräften angekommen: Die sogenannte „Erklärung 2018“ gegen die Flüchtlingspolitik in der Nachfolge der Ereignisse im Jahr 2015 wurde u.a. von folgenden Erstunterzeichnern in die Öffentlichkeit getragen: Henryk M. Broder, Uwe Tellkamp, Dr. Thilo Sarrazin, Jörg Friedrich, Dr. Jörg Bernig, Matthias Matussek, Vera Lengsfeld, Prof. Egon Flaig, Heimo Schwilk, Ulrich Schacht, Dr. Frank Böckelmann, Herbert Ammon, Thomas-Jürgen Muhs, Sebastian Hennig, Dr. Till Kinzel, Krisztina Koenen, Anabel Schunke, Alexander Wendt, Dr. Ulrich Fröschle, Dr. Karlheinz Weissmann, Thorsten Hinz, Michael Klonovsky, Eberhard Sens, Matthias Moosdorf, Dieter Stein, Frank W. Haubold, Andreas Lombard, Annette Heinisch, Klaus Kelle, Eva Herman, Prof. Max Otte.

Die Wortwahl der „Erklärung 2018“ ist auffällig nahe an Formulierungen von NPD-Beschlüssen. Beispiel: „(…) Wiederherstellung deutscher Staatlichkeit (…) die Wiederherstellung eines wirksamen Schutzes der  deutschen Außengrenzen vor illegaler Zuwanderung (…)“ (14) Siehe auch: http://npd.nrw/medien/parteiprogramm.pdf

Matthias Moosdorf, der ehemalige Weggefährte von Frauke Petry, inzwischen wissenschaftlicher Mitarbeiter im Büro des bayerischen Bundestagsabgeordneten Martin Hebner und Prof. Dr. Max Otte, der auf einer AfD-Website wie folgt präsentiert wird: „Ohrfeige für CDU: bekennt sich zur AfD“: Zitat von Herrn Prof. Dr. Otte von der Website: „Die CDU braucht (…) vernünftige Leute. Davon gibt es da anscheinend weniger als in der AfD.“ (15)

Unter den Erstunterzeichnern ist zudem auch Herr Matussek, der 2014 zu Pegida gepostet hatte: „Die kluge Schriftstellerin Cora Stephan untersucht das dumpfe Eindreschen von Politik und Presse auf die 15 000 Demonstranten in Dresden. Meine Ansicht: wer beim rituellen Treten gegen diese Menschen mitmacht, hat die Gesinnung von HJ-Pöbeln“. (16)

Zu den Unterstützern gehört auch Herr Kubitschek, zu dem Herr Lucke in der Zeit seines Beitritts zur AfD schrieb: „Bei Pegida und bei Legida ist Kubitschek im schwarzen Hemd und offener, brauner Uniformjacke aufgetreten. Ein Narr, wer darin nicht eine bewusste Anspielung auf die faschistischen Bewegungen im Europa der zwanziger und dreißiger Jahre sieht“. (17)

Über Herrn Kubitscheks Unterstützung freute sich Frau Lengsfeld in den Tagesthemen, da er zu etwas Richtigem „Beifall spendet“.

Im Tagesthemen-Interview durfte Frau Lengsfeld eine bei den Rechtsextremen kursierende Sicht der Dinge unkorrigiert verbreiten, wie: „Wir wollen auf ein Problem aufmerksam machen, das von der Politik nicht angepackt wird.“ Es erscheint im Beitrag auch ein Transparent mit der Botschaft „Islamisierung ist ein Krebsgeschwür“.

Fazit

„Nachrichten“ aus dem Umfeld von NATO-/Atlantikbrücken-/Militär-Kreisen auch in den sogenannten ernsthaften Programmen der Mainstream-Medien nehmen wir immer erst einmal mit kritischem Zweifel auf.

In der alternativen Bewegung macht es Sinn, der Bündnispolitik der Friedensbewegung der 1980er-Jahre zu folgen, in der Kommunisten, parteilich Ungebundene, Konservative, Christen, Grüne, GewerkschaftlerInnen (…) zusammenwirkten und ihre Differenzen diskutierten, dabei aber immer von der Schnittmenge gemeinsamer Forderungen ausgingen.

Wenn jetzt Kriege gegen Russland durch „Superschnelle Gemeinsame Eingreiftruppen (VJTF) als Speerspitze der Eingreiftruppe“ gegen Russland aufgestellt werden, wenn die neuen Atompotentiale B 61-12 nach Büchel kommen, wenn die Bundeswehr Kampfdrohnen erhalten soll, wenn der Militäretat weiter aufgebläht statt abgerüstet wird, hat die Friedensbewegung die Verantwortung, gemeinsam aufzustehen. Es geht um das Überleben der Zivilisation.

Quellen: ...





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